Firma gründen, sich selber ins Ausland entsenden?

Hallo Wissende,

ich frage mich gerade, ob es möglich ist, eine Firma zu gründen und sich selber ins Ausland zu entsenden. Ich denke da z.B. an die Gründung einer GmbH.

Man würde dann ein Gehalt von dieser Firma beziehen. Die Firma würde ihre Gewinne in Deutschland versteuern, man selber sein Gehalt im Zielland.

Geht sowas überhaupt?

Schöne Grüße

Petra

Servus,

ja, das geht. Die Voraussetzungen für die Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ausschließlich im anderen Land müssen freilich gegeben sein, und sinnvollerweise auch die unbeschränkte Steuerpflicht ausschließlich im anderen Land, d.h. kein Wohnsitz oder dauernder Aufenthalt in Deutschland.

Wahrscheinlich ein interessantes Modell zur Kostenmaximierung.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo,

danke für deine Antwort. Werde diesem Denkansatz zu gegebener Zeit einmal genauer auf den Zahn fühlen.

Wahrscheinlich ein interessantes Modell zur Kostenmaximierung.

Es gibt auch einen Vorteil. Wenn ich da nicht falsch informiert bin, kann man bei einer Entsendung seine deutsche Krankenversicherung behalten. (Ich habe da mal etwas von einer Mitarbeiterin des Goethe-Instituts gelesen, bei der eben genau das ein Thema war - und die war jahrzehntelang ins Ausland entsendet.)

Manchmal geht es eben nicht nur um die Gewinnmaximierung, sondern um die Machbarkeit. … Aber ich sehe schon, ich muss dieses Thema wirklich einmal mit einem Anwalt in RL fortsetzen.

Schöne Grüße

Petra

Servus,

der Beibehalt der deutschen Sozialversicherung setzt, das ist richtig, eine Entsendung voraus - d.h. die von vornherein geplante Rückkehr nach Deutschland im Rahmen des Dienstverhältnisses.

Jahrzehntelang kann eine Entsendung im Sinn des Sozialversicherungsrechtes nicht dauern, der beschriebene Fall ist nur möglich, wenn mehrere Entsendungen zeitlich nahe aneinander anschlossen, und dazwischen jeweils kurze Zeitabschnitte der Beschäftigung in Deutschland lagen.

Es werden also bei einer Entsendung im Normalfall nicht die Voraussetzungen für den Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland vorliegen.

Bei der Planung einer solchen Gestaltung ist ferner zu berücksichtigen, dass es vor Jahrzehnten eine gegenseitige Anrechnung von Beitragszeiten innerhalb Europas nicht gab. Es haben sich also die Rahmenbedingungen geändert, und was jemand vor dreißig Jahren vorteilhaft erschien, sieht heute ganz anders aus.

Der gefühlte oder tatsächliche Nutzen ist eine Seite der Medaille. Die andere Seite besteht aus:

Kosten für die Gründung und für die laufende Verwaltung einer Kapitalgesellschaft
Kosten für deren Domizilierung in Deutschland
Ggf. Kosten für die Tätigkeit eines Geschäftsführers, wenn der Gesellschafter und einzige Mitarbeiter die unbeschränkte Steuerpflicht in D vermeiden will
Bei Einzelunternehmern häufig: Kosten der externen Erledigung der laufenden Buchhaltung für die Kapitalgesellschaft, die für das Einzelunternehmen noch intern erledigt werden konnte.
Bei freiberuflich Tätigen: Gewerbesteuerbelastung durch die Gründung einer Kapitalgesellschaft, die im Einzelunternehmen nicht gegeben ist
Und natürlich ein ganzer Karton voll Rechts- und Beratungskosten in zwei Ländern, die für das Konstrukt anfallen

Da kommt eine ganze Latte zusammen, während der Vorteil auf der anderen Seite erst noch zu definieren wäre.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Umkehrung
Hallo Blumepeder,

Wie sähe die Angelegenheit denn umgekehrt aus?
Da sei ein Unternehmen in einem Drittland, das einen in Deutschland lebenden Deutschen für eine Tätigkeit in Deutschland einstellt. Sei es als Servicetechniker oder Berater.
Abrechnung der jeweiligen Kunden erfolgt mit dem Stammhaus im Drittland, Entlohnung des deutschen Mitarbeiters erfolgt durch den Arbeitgeber aus dem Drittland.
Ist so eine Konstellation möglich?

Danke für Antworten,

tantal

Servus,

Ist so eine Konstellation möglich?

ja, und sie kommt auch relativ häufig vor.

Dabei muss ein Unternehmen, das bei einer solchen Konstellation überhaupt nichts mit dem deutschen Fiskus zu tun haben möchte, allerdings je nach Fall ziemlich Obacht geben, dass keine Betriebsstätte und auch keine „feste Einrichtung“ im Sinn von Doppelbesteuerungsabkommen entsteht.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Hallo Blumepeder,

danke für Deine Antwort.
Nur um nichts falsch zu verstehen: Angenommen, die UP wird von einer Drittlandfirma, die evtl. einem Lebensgefährten oder Freund der UP gehört, eingestellt.
Weiter angenommen, der Auftraggeber im EU-Land zahlt dem Auftragnehmer „Drittlandfirma“ Beratungshonorar von 250,-€/h, aber Arbeitgeber „Drittlandfirma“ entlohnt seine Mitarbeiterin UP mit 50,-€h.

Abgesehen vom Homeoffice der UP besteht keine feste Einrichtung von „Drittlandfirma“ in D, sonstige Arbeitseinrichtungen werden im Unternehmen des Auftraggebers zur Verfügung gestellt.

Das kann legal sein?

Danke für Antworten,

tantal

Servus,

ja, das kann legal sein und wird in etwas größerer Dimension, aber nach eben diesem Muster gestrickt, schon auch auch von größeren Akteuren als „Gewinnpumpe“ eingerichtet.

Wenn freilich das Homeoffice der UP auch von der Drittlandfirma genutzt wird, kann diese leicht in eine Besteuerung ihrer deutschen Erträge in D hineinrutschen - und dann unter Umständen sogar in eine doppelte Besteuerung, selbst wenn sie in einem Land sitzt, mit dem ein DBA besteht: Es braucht in so einem Fall schon mal ziemlich Geduld und Spucke, die beiden beteiligten Finanzbehörden zu einer „tatsächlichen Verständigung“ zu bringen.

Wer bei so einer Konstellation sicher sein will, ungefähr 24/7 im Fokus der deutschen Finanzverwaltung zu stehen, domiziliert die „Drittlandsfirma“ in Dubai - es wird kaum einen deutschen Finanzbeamten geben, der nicht ausgesprochen hellhörig wird, wenn er „Dubai“ liest oder hört.

Schöpfer derartiger Gestaltungen scheitern oft genug schon daran, dass sie all den hübschen papierenen Rahmen, den sie sich ausgedacht haben, in der Praxis überhaupt nicht beachten - die einfachste Version, wie so etwas kaputt gehen kann, ist, dass z.B. im Zusammenhang mit Ausschreibung und Vertragsverhandlungen zu einem Projekt oder auch später in dessen Verlauf ausschließlich der deutsche „Consultant“ als Partner des Auftraggebers am Anfang der Kette auftritt und eben nicht der Unternehmer aus der Föderierten Republik Ruralia, der das Projekt angeblich ausführt und einzelne Tätigkeiten an den deutschen Consultant untervergibt: Dann klappt das ganze Kartenhaus ruckzuck zusammen.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Hallo Blumepeder,

vielen Dank für Deine Antwort.
Auch wenn das Thema für mich als Otto Normalverdiener nicht nachvollziehbar ist, so scheint es doch interessanter zu sein, als mancher Krimi.
Hast Du evtl. Links oder Literaturtipps für mich?
Vielen Dank und viele Grüße,

tantal

Hiho,

betreffend internationale Besteuerung ist der Standardkommentar der Debatin/Wassermeyer, wo nicht bloß alle Doppelbesteuerungsabkommen von Deutschland mit anderen Staaten kommentiert sind, sondern auch die Grundzüge der Besteuerung in den Staaten erläutert werden, die mit D ein Doppelbesteuerungsabkommen haben.

Der Debatin/Wassermeyer deckt freilich bloß das Thema Steuern ab, und er ist auch bloß für Leser geeignet, die mit den Grundbegriffen des Steuerrechts schon vertraut sind.

Zum Thema Sozialversicherung, die soviel ich weiß nicht nur in Norwegen mit der Besteuerung des Einkommens über einen Kamm geschoren wird, kenne ich kein Standardwerk.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Hallo Blumepeder,

danke für Deine Antwort. Das hört sich jetzt nur nach trockener Kost an, nicht mehr wie Wirtschaftskrimi.

VG,

tantal