Flüchtlinge, Moral und Menschenrechte

Ich will herausfordern, basics.

Im Grunde genommen ein einfaches Thema:

Menschenrechte begründen sich auf moralisches Recht.

Mein moralisches Recht ist subjektiv.

Es erfordert ein Gegenüber, der/die/das eine moralische Pflicht mir gegenüber hätte.

Gleichzeitig kann ich anderen keine Pflicht abverlangen. Sonst stünde mein Recht über dessen Recht und Pflicht.

Beispiel:

Ich kaufe Allgemeingut, Wasser"rechte", und nehme andere dafür in die Pflicht, dafür zu bezahlen, und nehme möglicherweise gleichzeitig ein subjektives (und objektives?) Menschenrecht auf freien Zugang zu (überlebensnotwendigem) Wasser. Ich habe moralisch aber kein Recht anderen etwas zu nehmen, um sie dafür in eine Pflicht zu nehmen, die sie (Pflicht) ursprünglich nicht haben.


Flüchtling.

Mein/sein Recht. Seine/meine Pflichten. Hilfe, Unterstützung, überlebensnotwendiges. Moralisch subjektive Rechte und Pflichten namens Menschenrecht.


Jetzt zur Frage:

Inwieweit ist das moralische Recht eines „Staatsoberhaupts“, subjektives Recht, mitnichten kein Menschenrecht,

gegenüber einem Einzelnen oder gar der Gemeinschaft als moralisch (ersatzweise humanitär) zu rechtfertigen, wenn dort keine Pflicht besteht?

Franz

Mit dem erforderlichen Gegenüber ist eine Autorität gemeint, die befugt ist, Recht durchzusetzen. Die Menschenrechte gelten als unabdingbar.

Natürlich kann man von dieser Autorität verlangen zu handeln. Wie könnte die Autoriät denn sonst von begangenem Unrecht erfahren?

Nun zu Deiner Eingangsfrage:

Jede eingesetzte Autorität ist geltendem Recht unterworfen. Würde die Autoriät ohne triftigen Grund (subjektives Recht) nicht nach den oder gegen die für sie maßgeblichen Pflichten handeln, beginge die Autorität eine unentschuldbare Rechtsbeugung oder sogar gar eine Rechtsverletzung.

Grüße mki

Nicht wirklich. Menschenrechte basieren auf dem unbeweisbaren Axiom, dass alle Menschen gleiche Grundrechte haben. Dieses Axiom ist philosophisch, nicht moralisch. Keine Person darf aus dieser Sicht beanspruchen, aufgrund einer vermeintlichen ´höheren Geburt´ oder eines höheren sozialen
Status oder eines vermeintlich ´höheren´ religiösen Status (z.B. König ´von
Gottes Gnaden´, Papst, Bischöfe) oder aufgrund der Zugehörigkeit zu einer ´höheren´ Rasse die von der Verfassung garantierten Rechte anderer Personen zu beschneiden. Das hat gar nichts mit Moral zu tun, aber viel mit philosophischer Ethik.

In Bezug auf Menschenrecht tritt Moral als Faktor erst in Erscheinung,
wenn es um die Gestaltung der Formen des menschlichen Miteinander auf der
Grundlage der Menschenrechte geht. Z.B. ist Vergewaltigung aus menschenrechtlicher
Sicht nicht unmoralisch, weil sie unmoralisch ist, sondern weil sie gegen das
menschenrechtliche Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung verstößt. Daraus
folgt, dass manche sexuellen Verhaltensweisen wie z.B. Fremdgehen nicht
unmoralisch sind, da sie gegen kein Grundrecht verstoßen. Aus dem gleichen
Grund ist auch Homosexualität nicht unmoralisch, sondern ihre juristische
Verfolgung.

(1)

Es gibt kein ´moralisches Recht´. Ein
solches könnte nur Sinn machen im komplementären Verhältnis zur moralischen
Pflicht. Hat eine Person X das moralische Recht, von einer Person Y zu
verlangen, keine sadistischen Handlungen gegen X auszuüben? Es könnte so
aussehen, da Person Y unbestritten die moralische Pflicht hat, sadistische
Handlungen gegen X zu unterlassen. Bedeutet das automatisch, dass X auf diese
Unterlassung ein Recht hat und dass gerade dieses Recht des X die moralische
Pflicht bei Y begründet? Nein. Denn daraus würde folgen, dass eine moralische
Pflicht nur gegenüber Subjekten besteht, die ein moralisches Recht beanspruchen
können. Zweifellos besteht für Menschen auch eine moralische Pflicht gegenüber
Tieren, sadistische Handlungen zu unterlassen. Begründet das die Annahme, Tiere
hätten moralische Rechte? Wohl kaum. Also gibt es moralische Pflichten ohne
moralrechtliches Pendant, was die Annahme von moralischen Rechten überhaupt
überflüssig macht. Als Begründung für eine moralische Pflicht reicht hier das
Mitgefühl mit anderen Lebewesen, das erfordert, ihnen nicht unnötig Schmerzen
zu bereiten. Mehr noch: Hätten Tiere wirklich ´moralische Rechte´, wo bleiben
diese dann in den Schlachthöfen? Man kann doch nicht sagen: In diesem Punkt
haben sie Rechte und in jenem nicht. Das wäre unlogisch.

(2)

Rechte sind nie „subjektiv“, sondern bezogen
auf eine Gruppe und deren Mitglieder objektiv definiert, entweder als
geschriebenes oder als ungeschriebenes Recht. Wären Rechte subjektiv, könnte
jeder sein privates Recht erfinden, was ein Rückfall in das Faustrecht wäre,
also das Recht des Stärkeren, welches kein ´moralisches´ Recht ist. Moral dient
– ihrem Anspruch nach - der Gemeinschaft, das Recht des Stärkeren aber nicht.

Ein ziemlicher Insalata mista, den du da
präsentierst. Menschenrechte sind nicht „moralisch subjektiv“, sondern die
Basis bzw. die Grundkoordinaten einer moralischen Ordnung.

Das Moralthema ist in Bezug auf die
Flüchtlingskrise sehr komplex. Diese Krise hat Aspekte, die nur schwer oder
vielleicht auch unmöglich unter einen Hut zu bringen sind. Zunächst einmal ist
klarzustellen, dass nur ein Teil der ´Flüchtlinge´ wirklich vor etwas geflohen
ist. Zudem erinnere ich an die Sex-Exzesse in Köln. Die betroffenen (und vor
allem die vergewaltigten) Frauen hätten wahrscheinlich Mühe, nachzuvollziehen,
dass es eine moralische Pflicht war, ihre Peiniger ins Land zu lassen. Ebenso kann
es keine moralische Pflicht sein, Tausende oder Zehntausende von Personen in
ein Land aufzunehmen, dessen demokratischen und ethischen Werten diese Personen von vornherein feindlich gegenüberstehen, was man ´Verfassungsfeindlichkeit´ nennt. Man kann sich auch nicht darauf hinausreden, dass man vorher nicht wissen konnte, dass sich die Dinge so entwickeln. Natürlich konnte man das vorher wissen, es gab warnende Stimmen zuhauf.

Hier ist ein Gedankenspiel:

Angenommen, man hätte (per Kristallkugel oder wie auch immer) vor der großen Immigrationswelle 2015/16 schon gewusst, welche Gewalttaten von immigrierten Flüchtlingen verübt würden. Würdest du dann
sagen: „Die verübten Gewalttaten und daraus entstandenen Leiden der Opfer sind
zu unbedeutend, um eine Rechtfertigung für die Abweisung aller Flüchtlinge darzustellen“?

Wenn ja: Das könntest du doch nur aus der
Warte eines von jenen Gewalttaten Nichtbetroffenen sagen. Aus der Warte eines
Betroffenen würdest du das – aufrichtigerweise – nicht sagen, da bin ich mir
sicher.

Aber du bist anscheinend nicht betroffen. Deine unkritisch positive Haltung zum Flüchtlingsphänomen verdankt sich also nur dem Zufall, dass du zu den Nichtbetroffenen gehörst, nach dem Motto „Hauptsache, mir geht’s gut“.

Herzlichen Dank für deinen Beitrag. Ich habe aus Zeitgründen erst einmal ein Lesezeichen gesetzt.
Irritierend ob des letzten Absatzes als Schlussfolgerung.
Und ob der individuellen/subjektiven Pflichten, ohne Rechte, wenn ich es richtig gelesen und verstanden habe:

Dann würden auch keine individuellen/subjektiven Pflichten existieren. Auch nicht innerhalb (oder gegenüber) einer Gemeinschaft.

Ähnliches auch zu Moral/Ethik eines Individuums.

Als erste Gedanken.

Franz

Diese Ansicht vertrete nicht nur ich…andere drohen mit Verfassungsklage, in einem Fall würde sie vom BVerfG ohne Begründung gar abgelehnt.

Meine eigentliche Frage richtet sich, s. Beitrag von The_Pusha, schon eher in Richtung individueller Pflichten/Rechte, gegenüber gemeinschaftlichen Pflichten/Rechten. Die Vertretung der Gemeinschaft mit „subjektiven“ moralischen Empfindungen und ihren Entscheidungen gegenüber einer mehr oder weniger homogenen Gemeinschaft und die Berechtigung zu diesen Entscheidungen. Wie beispielsweise J.S.Mill in „Über die Freiheit“ versucht hat, zu erklären.

Also nicht die juristischen Fragestellungen.

Franz

Rechte seien philosophisch aber nicht moralisch begründet? Von was leitet die Philosophie aber dann die Rechte ab?

Vergewaltigung ist eine Art Nötigung und dennoch nicht unmoralisch?

Was ist denn bitte „Tierquälerei“?

Wie steht´s dann um die „Meinungsfreiheit“?

Faustrecht kann auch das Recht des Schwächeren sein, ein zutiefst ein subjektives Recht (Notwehrhandlung).

Doch, sowohl als auch.

Frauenverachtend von Dir. Frauen können differenzieren. Deine Unterstellungen sind subjektiv begründet. Es ist Deine Meinung (subjektives Recht) das so lange zu behaupten, bis Du jemanden zu Unrecht persönlich bezichtigst. Ab dann wird Dein subjektives Recht durch objektives Recht mittels Bußgeldbescheid in die Schranken gewiesen .

Meine Meinung: Alles lauter Unsinnigkeiten von Dir.

Bedaure mki

Ich weiß wohl, daß Beispiele nur dafür gelten, wofür sie gemeint sind. Deshalb ist es ungehörig, dein Beispiel mit den Wasserrechten mit Argumenten zerpflücken zu wollen, die gar nicht auf das zutreffen, was du gemeint hast.
wenn ich das nun dennoch tu, dann aus einem gewissen Schuldgefühl heraus: Die Firma, die da Quellen aufkauft in afrikanischen Ländern, hat ihren Hauptsitz in meinem Land, ist einer der fünf welgrößten Nahrungsmittelkonzerne, erfand die allerpeinlichste aller Fallen (die Kaffeekapsel).
Wasserrechte werden - wie andern- oder gleicherorts Landrechte - erworben. Gekauft. Sie sind keine Rechte im ethischen, sondern im iuristischen Sinn. Diese Unterscheidung ist wichtig.
Ethisches Recht fragt danach, was du vor deinem Gewissen verantworten kannst und was nicht. Iuristisches Recht fragt danach, in welcher Weise deine Tat der Form entspricht, die man ihr gegeben hat.
Selstverständlich können dahinter auch ethische Erwägungen stehen; so wäre es zum Beispiel aus rein sachlichen Erwägungen heraus ziemlich unötig, Mord zu verbieten, denn Morde dezimieren die Bevölkerung insgesamt unerheblich. „Etwas in uns“ sträubt sich aber dagegen, daß Menschen andere ungestraft umbringen. (Der hebräische Urtext des Dekalogs empfiehlt nicht etwa „du sollst nicht töten“, wie Luther übersetzt, sondern „morden sollst du nicht.“ Falls du das Recht der alten Israeliten kennenlernen willst, lies die Buber/Rosenzweig-Übersetzung. Die beiden übersetzten - anders als Luther - aus dem hebräischen Urtext. Man liest - und staunt. Und ehrlich: Glaubst du nicht, es würde uns bei der Lektüre des Koran ziemlich genau gleich ergehen, verstünden wir denn arabisch und könnten das Original lesen?)
Nun kann es sein, daß die Form, die wir iuristich dem Recht und dem Unrecht geben, kollidiert mit der Form, zu der andere gefunden haben. Die dann zu uns kommen.
Das ist ziemlich einfach: Wenn immer wir uns als Gemeinschaft darauf verständigen, was wir - aus welchen Gründen auch immer - zulassen wollen und was nicht, gilt das Recht der Gemeinschaft, in der ich gerade bin.
Wenn ich weiß, daß es in Gunnabwoué Sitte ist, Männer, die ein bereits versprochenes Mädchen umgarnen, umzubringen, dann sollte ich es tunlichst unterlassen, die wunderbare anmutige Ngamba verführen zu wollen. Die Männer des Dorfes werden mich töten, das ist ihr “gutes Recht”. Also schlage ich schnell die Augen nieder, wenn ich ihr begegne und gehe so schnell wie möglich weiter.
Wenn Mehtin und Ahmed in Deutschland Gisela Schmidt vergewaltigen, weil sie dachten, wer so rumläuft, will die das doch und der Mann habe ja sowieso ein natürliches “Recht” auf jede Frau, die sich in der Öffentlichkeit unverhüllt bewegt, geht es ihnen ebenso wie mir in Gunnabwoué: Sie bekommen die ganze Härte des Gestzes zu spüren. Du siehst - mit “Recht” im ethischen Sinne hat das wenig zu tun, in beiden Fällen ist es nur die Form, die dem gegeben wird, was man tun darf und was nicht - auch wenn, und jetzt wird es problematisch - diese Form in beiden Fällen auf einer bestimmten ethischen Auffassung beruht.
Wenn ich in eine Wohngemeinschaft ziehe, in der es ein Tabu ist, daß Männer stehend pinkeln, muß ich mich nicht wundern, wenn mich der gesammelte Zorn der Mitbewohnerinnen trifft, wenn sie meine Spritzer neben der Schüssel entdecken. Wenn deine Frau dich in deiner Stammkneipe aufsucht, wo du dir gerade mit Kumpels ein Fußballspiel deiner Lieblingsmannschaft angeschaut hast, muß sie sich nicht darüber wundern, daß du möglicherweise ein Bier zu viel gehabt hast. Jede Gemeinschaft hat ihre Regeln, ihre Gesetze. Mit Ethik hat das nur insofern zu tun, daß das Bedürfnis, die Regelform festzuschreiben, letztlich ethisch beschreibbare Grundlagen hat.
Ich hoffe, meine Antwort war hilfreich.