Föhl = Mädchen

Hallo Sprachfüchse,

im Allgäu wird mancherorts die Bezeichnung „Föhl“ für „Mädchen“ verwendet:

„Doch auch beim weiblichen Geschlecht,
bezeichnet man die Föhl mit Recht
wenn sie nicht schön, zumeist als greule, …“

Ich wüsste gern, woher dieses Wort stammt. Einen Hinweis dazu hab ich gefunden:

„…z.B. wenn wir im anscheinend so normalen deutschen Wort »Mauer« oder »Bier«, oder sogar in dialektalen Worten wie »Bub« oder »Föhl« oder »Radi« die Römer entdecken …“

Könnte es also aus „filia“ entstanden sein?

Mehr konnte ich im IN bisher nicht finden, deshalb würd´s mich freuen, wenn jemand noch etwas darüber sagen könnte (oder weiß, wo ich suchen soll).

Gruß
Kreszenz

Hallo, Kreszenz,

im Schwäbischen Handwörterbuch wird in der Tat die Föhl , allerdings in der Schreibweise:

Fel und auch Fechel mit dem Plural Felen

angeführt mit den Bedeutungen: Mädchen und Tochter (sic!).

Somit spricht sehr viel für deine Vermutung:

Könnte es also aus „filia“ entstanden sein?

Ein Beleg ist das freilich noch nicht.

Beste Grüße Fritz

im Schwäbischen Handwörterbuch wird in der Tat die
Föhl
, allerdings in der Schreibweise:

Fel und auch Fechel mit dem Plural Felen

angeführt mit den Bedeutungen: Mädchen und Tochter (sic!).

Somit spricht sehr viel für deine Vermutung:

Könnte es also aus „filia“ entstanden sein?

Ein Beleg ist das freilich noch nicht.

Herzlichen Dank, Fritz, dass du dir zu so später Stunde noch die Mühe gemacht hast! Immerhin scheine ich ja nicht ganz daneben zu liegen :wink:

Freundliche Nachteulen-Grüße

Kreszenz

Hallo Ralf,

[ot: so heißt man eigentlich nur im Allgäu, und auch das nur,
wenn man über 80 ist]

So steht´s nun mal in meiner Geburtsurkunde [glücklicherweise nur als Zweitname :wink:] - Das mit dem „über 80“ deprimiert mich jetzt scho a bissle :frowning:

http://www.philhist.uni-augsburg.de/faecher/germanis…
und http://www.karlkeck.de/mundart.htm, dazu noch aus dem
Ostallgäu das schöne Seichfehl (Vorsicht: könnte jemand
verstehen).

Danke für die Links.

Ob Fohlen wohl auch mit dem Fehl verwandt
ist?

Oder der „Fehler“ :smile:)) ???

Gruß
von der betagten Kreszenz

Hallo, Ralf und Kreszenz!

Ob Fohlen wohl auch mit der* Fehl verwandt
ist?

Das war auch mein erster Gedanke. So ein lebhaftes Fohlen, das sich auf der Weide tummelt mit fliegenden Pferdeschwanz und schlanken Gliedern. Aber das Fohlen hat im ahd und mhd ein „o“ im Stamm, während die „Föhl“ sicher von Fêl oder vêl abgeleitet ist.

Bei Lexer (Mittelhochdeutsches Wörterbuch) findet sich kein Eintrag zu vêl in der Bedeutung Mädchen oder Tochter.

Die Bildung muss also jünger sein.

* Auch wenn es DAS Mädchen heißt, es heiß die Föhl/Fehl, auch wenn manche das ignorieren.

Oder der „Fehler“ :smile:)) ???

Auch das halte ich für unwahrscheinlich. Lexer bietet vêl als Fehler und falsch. Es handelt sich also um einen eigenen Wortstamm.

Eine Verbindung von vêl = Fehler zu Fêl = Mädchen sehe ich nicht; es sei den man ließe sich auf Volksetymologien ein; a la: Lucus ab non lucere und der Bodensee heißt Bodensee, weil ich keinen Boden seh.

Gruß Fritz

von der betagten Kreszenz

die aber vermutlich noch weiter wachsen wird!
Vivat, crescat, floreat! :wink:

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Servus Kreszenz,

die Herkunft der Föhl von filia halte ich für eindeutig. Dass in den einschlägigen Quellen dazu nichts zu finden ist, hängt damit zusammen, daß dort ein „schwäbisches“ Sprachgebiet politisch/historisch definiert wird, so daß dem Allgäuer Alemannischen keine rechte Aufmerksamkeit zuteil wird. Leider mit Recht, weil sich in von mir erlebten vergangenen vierzig Jahren die Grenze vom Schwäbischen und Bajuwarischen im Norden zum Alemannischen im Süden ständig weiter nach Süden verschoben hat (z.B. gwäa/gsei, Dinschdig/Zaisdig, ebber/numme, so/derweag, emmer/allat etc.). Wenn man einmal in eine Landkarte den Limes einzeichnet, findet man südlich davon einige Begriffe romanischen Ursprungs. Der erste, der mir unmittelbar einfällt, ist die Scheuer (horreum).

Analoge, aber historisch besser rekonstruierbare Einflüsse der Besatzersprache findet man in der Pfalz, wo ich im Exil bin. Dort war man ja in den letzten dreihundert Jahren öfter einmal französisch und die Stachelbeeren heißen heute noch „Gruschele“ = grosseilles.

Die Föhl = filia ist im romanischen Alpenraum ebenfalls belegt, mit gleicher Entwicklung (Wegfall der Endung) allerdings bloß für Buben: Rätoromanisch il figl, Plural ils figls = Sohn, Söhne. Was mit dem Vokal los ist, bleibt es bitzle neablig.

Die Herleitung von „Fohlen“ halte ich für wenig wahrscheinlich, weil dieses Wort nicht im Süddeutschen Sprachraum daheim ist. Rösser werden im unebenen Voralpenraum erst seit ganz kurzem gehalten, vielleicht ein paar hundert Jahre lang. Da sind Rindviecher daheim, mit entsprechenden eigenen Begriffen Häge, Budele, Rind (bloß weiblich bis zur ersten Kalbung) etc. Es würde ja von der Bedeutung auch keinen Sinn geben, weil sich Allgäuer Föhla ja nicht durch irgendwelche Pferdestatur auszeichnen, sondern durch ihre sonst nirgendwo auf der Welt zu findenden Augen-Blicke, abgesehen von aussterbenden Kenntnissen im Dennatamacha, die übrigens (Pizza, tarte flambée, Tacos…) ja auch romanisch sind im Kern.

Aber wer moint, wemmer Kreszenz hoißt miaßtma achtzge si, sellem ka ma mit Denneta, Chässpatza ond Chriesekratzede et komma, der werd äba bi dr Wollevesperer- (= Fast Food) Fraktion drhoi si.

Pfiagott fir hit, s ischt Hai honda

MM

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

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Griaß di, Martin,

danke für die ausführliche Erläuterung [und Bestätigung meiner Vermutung :wink:]

Hast du vielleicht auch eine Idee, woher das „Häs“ (für Kleid) kommt? Das konnte ich selbst mit Fritz´ (*wink*) fachkundiger Unterstützung nicht zweifelsfrei eruieren. Ich spekuliere über einen Zusammenhang mit „Habitus“, „Habit“.

Aber wer moint, wemmer Kreszenz hoißt miaßtma achtzge si,
sellem ka ma mit Denneta, Chässpatza ond Chriesekratzede et
komma, der werd äba bi dr Wollevesperer- (= Fast Food)
Fraktion drhoi si.

Des hasch nett g´sagt :smile:)

Pfiadi
Kreszenz

Häs
Griaß di, Kreszenz,

wie schön das klingt. Und da wollen mir welche einreden, dass man bei WWW ganz gut ohne Begrüßung und Pfiati auskommen könne. Tstststs.

Aber eine Schlafhaube bin ich annewäga.

Das habe ich inzwischen gefunden:

http://www.welfen-gymnasium.de/faecher/lat/Facharbei…

und es bloß noch nicht mitgeteilt. Du musst ein bisschen nach unter schrauben.

Also auch hier hast du Recht behalten.
Graddulaziô!

Und bhüeti!

Fritz

Feal/Gitsch

Hallo alle,

nicht bei uns (ich stamme aus Heidenheim auf der Ostalb), aber weiter südöstlich
(Gegend von Weißenhorn -Weißahoara-) habe ich den Ausdruck als „Feal/Feala“
(ausgesprochen eher wie Fäal/Fäala) gehört und bisher immer gedacht, das sei eine
ziemlich böse Bezeichnung für „nixnutzige Nachkommen“, da ja früher, zumal auf
dem Land, nur die männlichen Nachkommen und Stammhalter richtig etwas darstellten
– also die Feal sozusagen als Fehler, als Niete. Ich bin froh, dass dies nicht so
ist …
By the way: Bei unseren Südtiroler Freunden höre ich den Ausdruck
„gitsch/gitschn“ für Mädchen/Töchter. Woher kommt denn das?
Gruß
Bolo2L

Das habe ich inzwischen gefunden:

http://www.welfen-gymnasium.de/faecher/lat/Facharbei…

Bingo!

Hallo Fritz,

wieder einmal: vielen Dank (mei „Dootle“ sel. hätt g´sagt: " ´gelt´s Gott, i bet.")

Also auch hier hast du Recht behalten.
Graddulaziô!

Hach! :wink:

Sonnige Grüße
Kreszenz

Hallo Bolo!

By the way: Bei unseren Südtiroler Freunden höre ich den
Ausdruck „gitsch/gitschn“ für Mädchen/Töchter.

Diesen Ausdruck gibt es nicht nur im schönen Südtirol, auch in Nord- und Osttirol und in Teilen Kärtntens ist das eine durchaus positive Bezeichnung für Mädchen.

" Woher kommt denn das?

Das wird wohl schwer zu beantworten sein, aber vielleicht hilft dir ein Auszug aus dieser Seite
http://www.kloepffer.de/Walter_Klopffer/Sidelines/HP…
weiter:

Gitsch(e) (Gidschn), die
(westösterr.) Mädchen [Du8].

‚Die erglühende Gitsch macht schlampige Augen trotz aller distinguierten Contenance.‘ Fritz von Herzmanovsky-Orlando: Rout S.147.

‚…das war ihr zuzutrauen, dieser Gitsche. Daß er das vergessen hatte! So hatte er sie doch genannt, mit dem windischen Namen für Mädchen , die „Gitsche“, die für ihn der Inbegriff aller Gitschen war;‘ Ingeborg Bachmann: Franza, Werke 3, S.359;

‚Abends lehnen die Gitschen in ihren roten Kitteln am Ufer, und man hört diese Weisen noch weit außer den Weidenbüschen verklingen.‘ Ingeborg Bachmann: Eine Jugenderzählung, Werke 2, S.491.

'Schöne Gitschen aus Ranuy versüßen die Szenerie, und zwei Biedermeier-Dämonen verwehren dem zugereisten Wüstling Félicien Rops wegen allzu derber Sitten den Eintritt ins Haus, denn FHO ist Aristokrat mit ungemein feinen Manieren,… ’ Paul Flora: Fritz von Herzmanovsky-Orlando, S.5.

friaul. chiccia Hündin [Hornung]

Dr.Ziller, der Verfasser eines Mundartwörterbuches, vermutet event. einen Zusammenhang mit dem ungar. „giczazon“…

Vielleicht findet noch jemand Genaueres, tät mich auch interessiern…

Servus!
Helene

1 Like

Halo, Helene,

das:

friaul. chiccia Hündin [Hornung]

deutet aber eher auf eine negative Bedeutung.

Dr.Ziller, der Verfasser eines Mundartwörterbuches, vermutet
event. einen Zusammenhang mit dem ungarisch „giczazon“…

Was aber bedeutet dieses Wort?

Ich kannte „Gitsch“ von dem hier ebenfalls zitierten Herzmanovsky - ein eigenartig fesselnder und langweiliger Autor übrigens - und der Kontext ließ mich immer an "Gänse, Gössel, Hühner und „große weiße Wasservögel (Erhardt)“ denken. Nun scheint es aber doch in Richtung Hündin => bitch zu gehen.

Vielleicht findet noch jemand Genaueres, tät mich auch interessiern.

Dem schließe ich mich an.

Sciavo!
Fritz

Und das ist ein wundervoller Link!

Gitsch/giczazon
Hallo Fritz,

Dr.Ziller, der Verfasser eines Mundartwörterbuches, vermutet
event. einen Zusammenhang mit dem ungarisch „giczazon“…

Was aber bedeutet dieses Wort?

Ich habe diese Frage mal im Fremdsprachenbrett gepostet. Mal sehen, ob wir bald
schlauer sind …
Gruß
Bolo
(Siegrid ist wirklich sehr nett!)

38 Klicks …

Ich habe diese Frage mal im Fremdsprachenbrett gepostet. Mal
sehen, ob wir bald
schlauer sind …

… und keine Antwort!
Bolo :frowning:

Hallo, Bolo :frowning:,

ich habe bereits an meine Tante in Ungarn geschrieben, den Brief aber noch nicht fertig und es dauert dann wohl auch noch eine Zeit, bis die Antwort kommt.
Aber die Sache ist am Laufen.

Jetzt kehr mal deinen grumpy um zum smily! :wink:

Gruß Fritz

Ich wusste es …
… lieber Fritz,

auf Dich ist Verlass! :smile:))
Bolo