Wo bleibt das Positive, Herr K.?
Servus,
ich bin ja selten nicht deiner meinung, aber du knodderst mir
hier zuviel bei dem thema.
Ich trete hier als Geist, der stets verneint, auf - meine Darstellungen, unter welchen Bedingungen das Konzept jedenfalls nicht funktioniert, können (und sollen) durchaus von dem Gründer, der („und das ist gut so“) von seiner Idee begeistert ist, als Hinweise aufgefasst werden, dass, wo und wie er sich nach seiner Zielgruppe umschauen kann. Dass das alles recht knodderisch herauskommt, kommt teils auch daher, dass ich eine Art Gegengewicht zu Kasis erster Einlassung bilden möchte, der die genau richtig gezielten Fragen von expertin (69? - habs vergessen) schlicht damit abgetan hat, dass sie „das Konzept nicht verstanden“ hätte.
Mir gehen dabei einige schnell wieder verschwundene gastronomische Unternehmungen aus näherer und fernerer Nachbarschaft im Kopf rum, die ich teils sehr begrüßt habe (z.B. ein einfaches Lokal mit authentischer afrikanischer Küche aus Kamerun, eben nicht dem ganzen Maghreb-Kram mit Zebra-, Krokodil- und Antilopenfleisch verziert, das genau wegen seiner Authentizität - es gab dort nichts Ungekochtes, dementsprechend auch keine Deko-Salatblättlein und Tomatenspalten - eben keine Kundschaft gefunden hat, aber auch ein Lokal mit richtiger türkisch-osmanischer Küche, dem man leider erst im Innenraum ansah, dass es keine Dönerbude war) - allen, auch denen, deren rasches Verschwinden ich nicht so sehr bedaure, wie einem US-Hotdogstand und einem Currywurststand, der als Alleinstellungsmerkmal die extreme Schärfe seiner Currysoßen ausersehen hatte, war gemein, dass die Gründer etwas machten, was es vorher in dem Viertel oder in der Stadt nicht gegeben hatte (positiv), aber falsch eingeschätzt hatten, ob sich denn außer ihnen selber auch andere dafür begeistern würden.
Am interessantesten im gegebenen Zusammenhang ist die misslungene Expansion des Monnemer „Soup-iT“: Ein gelungenes Konzept, mal was anderes zu bieten als die anderen, das mit einem großen Repertoire an Eintöpfen und Suppen übrigens auch über die Preise locker mit den Dönerfritzen und den China-Buffets mithalten kann, brummt im Zentrum, und ist ein Stück weg davon, wo einige Banken, Bilfinger&Berger und dergleichen sitzen, gefloppt, schlicht weil es in diesem Viertel schon eine große Auswahl teilweise sehr guter und nicht sehr teurer Mittagstisch-Adressen gibt (einschließlich der Kantine von Bi&Be, die sich nicht verstecken braucht).
Hier:
dafür würde ich auch fast nen zehner hinlegen.
wird es meines Erachtens schon bissel haarig: Wenn ich die Skizzierung des UP nicht ganz verkehrt verstanden habe, wird er sich eher in der Gegend von 15…20 € für ein Essen am Stehtisch unter freiem Himmel bewegen - das kann er jedenfalls nicht dort, wo Lokale, die hauptsächlich abends besucht sind, für den Mittagstisch „Eh da“-Preise mit winzigen Deckungsbeiträgen kalkulieren können. Dort, wo in den entsprechenden Gewerbegebieten und Bürovierteln tatsächlich bloß „Susi’s Truck Stop“, „Marmara Döner“ und „Pizzablitz“ verfügbar sind, kann das eher gehen - die Standorte muss man sich halt ziemlich genau anschauen; auch daraufhin, wie die Gehaltsstrukturen der dort Beschäftigten ausschaut.
wieso ging das eigentlich bei den amis und soll hier nicht
funzen?
Es könnte vielleicht schon, aber nicht 1:1 übertragen, weil die Bedingungen auch nicht 1:1 übertragen werden können:
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In D gibt es auch in der eher zahlungskräftigen oberen Hälfte der Hierarchien nicht wenige Leute, die vier Räder nicht als Körperteil erleben, so dass sie das Verfolgen eines zufällig irgendwo befindlichen Schnellrestaurants per GPS und Smartphone von vornherein davon abhält, dieses zu besuchen.
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In D sind die Orte, an denen zahlungskräftiges Publikum für ein Schnellrestaurant mit gehobener Küche empfänglich ist, viel dünner gestreut, weil es dort, wo sich dieses tagsüber konzentriert aufhält, schon in ganz vielen Städten eine Gastro-Szene gibt, die in dieser Reichhaltigkeit den USA wohl allenfalls in NYC zu finden ist: Etwas Besonderes zu bieten, wofür Leute in Kauf nehmen, unter freiem Himmel am Stehtisch rumzukleckern, ist in Louisville viel leichter als in Weinheim.
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Das hat auch damit zu tun, dass sich in D die Eigentümer und Manager von Gewerbe- und Büroparks auf der grünen Wiese um ihre Leerstände auch dadurch kümmern, dass sie jedesmal, wenn ein gehobener Caterer in ihrem Büropark pleite ist, zusehen, dass sie wieder einen neuen mit mietfreier Zeit usw. geködert kriegen.
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Last, but not least, scheint mir in D auch bei Leuten unter 40, bei denen man relativ mehr finden kann, die ihr erstes einigermaßen sichtbares Gehalt gleich wieder ausgeben, die Zahl derer viel größer als woanders in der Welt zu sein, die Wert auf Adressen legen, wo sie „immer hingehen“ - d.h. die nicht erst geortet werden müssen, damit man weiß, obs heute wieder bloß Gummipizza gibt oder richtiges Essen. Es würde mich nicht gar so sehr überraschen, wenn demnächst bei US-Marktforschern als deutsches Fremdwort der Begriff „stamcoonshaft“ auftauchte.
Wie auch immer - diese Bedenken lassen sich vielleicht ausräumen, aber sie sollten jedenfalls ausgeräumt werden, bevor der Leasingvertrag für den LKW unterschrieben ist. Den Inso-Verwalter wird es nämlich im Zweifelsfall überhaupt nicht beeindrucken, wenn man ihm sagt, dass er schlicht das Konzept nicht kapiert hat, wenn er den Betrieb nicht weiterführen will.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder