Fortsetzung zu Deschner

Ergänzung: Heaven CIS vs. Christus
Um eventuellen Einwänden in der Jesus-Historizitätsfrage vorab zu begegnen, poste ich hier einen Abschnitt aus dem letzten Viertel meiner Fantasy-Story „Heaven CIS“, die das Thema unterhaltsam behandelt, vor allem für NCIS-Fans - im ganzen nachzulesen im Story-Brett (15. Post von oben):

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Heaven-CIS-Verhörraum:

GIBBS sitzt wieder CHRISTUS und dem ANWALT gegenüber. DAVID hat sich schräg hinter GIBBS postiert.

ANWALT:
Ich bewundere Ihre Hartnäckigkeit, Agent Gibbs. Dabei sollte Ihnen doch klar sein, dass mein Mandant sich nichts vorzuwerfen hat.

GIBBS:
Unsere Ermittlungen zeichnen in der Tat ein neues Bild der Lage. Sie, Mr. Christus, behaupten, vor 2000 Jahren auf die Erde gekommen zu sein, um die Menschen von ihren Sünden zu erlösen.

CHRISTUS:
Mein Vater hat mich mit diesem Auftrag zu den Menschen gesandt, ja.

DAVID:
Lassen wir Ihren Vater für den Moment beiseite und konzentrieren wir uns auf die Faktenlage. Was belegt eigentlich Ihre Existenz vor 2000 Jahren? Können Sie uns Zeugen benennen?

CHRISTUS tuschelt mit dem ANWALT.

ANWALT:
Es gibt zuverlässige Berichte über die Existenz meines Mandanten durch die Geschichtsschreiber Tacitus, Josephus Flavius, Sueton und Plinius.

DAVID:
Vergessen Sie Tacitus. Die Erwähnung eines ´Christus´ in Tacitus´ Annalen 15, Kapitel 44, stammt gar nicht von dem römischen Senator, sondern ist ein späterer Einschub von christlicher Hand. Man nennt so etwas Interpolation.

GIBBS:
Severus hat Jahrhunderte später, als er von Tacitus abschrieb, diese Erwähnung nicht übernommen. Es gab also einen Tacitus-Text ohne die Christus-Erwähnung. Zudem hätte Tacitus binnen weniger Sätze sicher nicht die Schreibweise verändert, also in einem Satz ´Chrestiani´ mit ´e´ und in einem folgenden Satz ´Christus´ mit ´i´. Das Tacitus-Zeugnis ist wertlos, weil gefaked.

CHRISTUS und der ANWALT sehen sich an.

DAVID:
Auch Josephus können Sie vergessen. Hätten seine Schriften die Erwähnung des „weisen Mannes“ Christus von Beginn an enthalten, warum haben christliche Autoren aus dem 2. und 3. Jahrhundert wie Justin, Hippolyt, Irenäus, Tertullian und Origenes nicht ein einziges Mal darauf Bezug genommen? Josephus war Jude, also wäre sein Zeugnis über den „weisen Mann“ gut geeignet gewesen, Kritik der Juden an den christlichen Lehren das Wasser abzugraben.

GIBBS:
Daraus folgen wir, dass die Josephus-Stelle, nicht anders als die Tacitus-Stelle, eine nachträgliche christliche Interpolation ist. Auch die angeblichen Zeugnisse bei Sueton und Plinius sind anfechtbar.

CHRISTUS tuschelt mit seinem ANWALT.

ANWALT:
Die Evangelien berichten sehr detailliert über meinen Mandanten. Sie wurden ab dem Jahr 70 verfasst, beginnend mit dem Markusevangelium. Das sind zeitnahe Belege.

DAVID (lächelt):
Die Datierung ´ab 70´ ist wissenschaftlich gesehen unhaltbar. Korrekt müsste es lauten: ´nach 70´. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die vier kanonischen Evangelien erst Mitte des 2. Jahrhunderts verfasst wurden. Für eine Datierung in das 1. Jahrhundert spricht nur das Wunschdenken der Anhänger Ihres Mandanten.

GIBBS:
Und abgesehen davon, dass die Autorennamen Markus, Matthäus, Lukas und Johannes fiktiv sind und mit den tatsächlichen Verfassern nichts zu tun haben, werden die kanonischen Evangelien zum ersten Mal bei Irenäus von Lyon erwähnt, also um das Jahr 180. Bei Justin um das Jahr 150 werden sie dagegen nie erwähnt. Also ist eine Entstehung ab 150 anzunehmen, was mit ´zeitnah´ gar nichts zu tun hat.

ANWALT:
Ja, aber Paulus? Er war Zeitgenosse meines Mandanten. Seine Briefe stammen aus dem 1. Jahrhundert.

GIBBS:
Dafür gibt es keine Beweise. Die ersten Briefe tauchen um das Jahr 140 auf. Eine historische Person Paulus ist überhaupt nicht nachgewiesen. Was umso mehr verwundert, als er im 1. Jahrhundert doch so viele Gemeinden gegründet haben soll. Nein, wir halten diesen Paulus für eine im 2. Jahrhundert erfundene Figur und seine Briefe für Produkte anderer Autoren.

(usw.)

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Kompetentere Info unter:

http://www.radikalkritik.de/achtThesen.htm

sowie in anderen Beiträgen auf dieser Website.

Chan

PS. Corrigendum: In der Story ist zu Beginn versehentlich von der „Steinzeit“ die Rede - Tippfehler. Korrekt heißt es „Neusteinzeit“ (Neolithikum)

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Hallo Chan,
ja es ist leider sinnvoll, die Diskussion hier zu beenden. Meine Kritik an Deschner ist ja vorsichtig und von Respekt und Dankbarkeit geprägt. Du scheinst allerdings schon die kleinste Kritik an Deschner als Sakrileg (!) zu empfinden und wirfst mir Dinge vor, die mit der Diskussion gar nichts zu tun haben.
Schade, ich hatte mehr von dir erwartet.
Karl

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`Respekt´ für einen ´gefährlichen Laien´?

Meine Kritik an Deschner ist ja vorsichtig und von Respekt und
Dankbarkeit geprägt.

Vorsichtig? Du hast ihm grobe Verstöße gegen den wissenschaftlichen Anstand vorgeworfen, in dem Sinne, dass er nur Behauptungen aufstellt, die er entweder unzureichend oder gar nicht begründet. Dann ziehst du das Fazit:

Dennoch ist seine Vorgehensweise gefährlich, laienhaft, fehlerbehaftet und angreifbar. Und daher kann ich ihn nicht vollständig ernst nehmen!

Gefährlich - laienhaft - fehlerbehaftet…

Echte Dankbarkeit und echter Respekt sehen ganz anders aus.

Du scheinst allerdings schon die kleinste
Kritik an Deschner als Sakrileg (!) zu empfinden

Obengenannte Adjektive bedeuten also eine „kleinste Kritik“… Da habe ich echte Schwierigkeiten, mir vorzustellen, mit welchen Vokabeln eine „größere“ Kritik operieren würde. Deine Adjektive lassen nämlich kaum noch Luft nach oben.

und wirfst mir Dinge vor, die mit der Diskussion gar nichts zu tun haben.

Vermutlich meinst du den Mangel an Mitgefühl für die Christentum-Opfer, den ich dir - eher andeutend - vorgeworfen habe. Dazu sind zwei Dinge zu sagen:

  1. Hier wäre für dich die Gelegenheit gewesen, den Vorwurf als Missverständnis aufzuklären. Aber Fehlanzeige. Wieder kein Sterbenswörtchen.

  2. Diese „Dinge“ (falls auf das Mitgefühl bezogen) haben mit einer Debatte über Deschner immer etwas zu tun. Denn die Gewaltverbrechen der Kirche sind Deschners Hauptmotiv für seine Anklagen gegen die Kirche. Hätte die Kirche keine Menschenleben auf dem Gewissen, hätte Deschner ihr mit Sicherheit nicht sein Lebenswerk geweiht. Daraus folgt, dass seine Texte nur für Leser wirklich verständlich sind, die Deschners Mitgefühl für die Opfer teilen. Wem es daran ermangelt, der wird sich automatisch an Deschners angriffslustigem Stil reiben, dessen Motor die Empörung über Folter und Mord durch Kleriker ist.

Zu deiner ´dialektischen´ Methode einer wissenschaftlichen Darstellung (ich nenne das jetzt mal höflich ´dialektisch´) ist noch folgendes zu sagen:

Das klingt alles wie gerade aus dem Schulunterricht gelernt, wo einem vermittelt wird, dass ein Thema thesenartig strukturiert und dabei das Für und Wider erörtert werden sollte. Nun ist das eine gute Methode, Heranwachsende in objektivem Denken zu schulen, macht aber nur begrenzt Sinn für empirische Studien, worunter auch geschichtliche Darstellungen fallen (wobei auch ein kleinerer Anteil Hermeneutik dazugehört). Du verlangst Thesenbildungen und hin- und herwälzende Argumentationen und schreibst an einer Stelle, dass sich Deschners Buch (Hahn) im Umfang verdoppeln würde, wäre es so geschrieben, wie es dir vorschwebt. Ich sehe in einer solchen Methode aber keinen Sinn angesichts von Deschners Themen. Er hat eine einzige These: Die Kirchengeschichte ist eine Kette von kriminellen Handlungen , und diese These belegt er akribisch über Tausende von Seiten. Dass es seinen Kritikern nicht gelungen ist, ihm relevante sachliche Fehler nachzuweisen, schrieb ich dir schon, worauf du natürlich nicht eingegangen bist, weil das dein negatives Deschner-Bild stört (siehe obige Adjektive).

Was der Grund für deine innere Gespaltenheit, ja Zerrissenheit in Bezug auf Deschner ist (einerseits ist er „gefährlich“, andererseits zollst du ihm - angeblich - dankbaren Respekt), kann ich nur vermuten. Mit Logik hat das jedenfalls nichts zu tun. Würde ich jetzt die Psychoanalyse auspacken, könnte ich über eine ´ambivalente Liebe-Hass-Beziehung zu einer Vaterfigur´ spekulieren. Das passt übrigens gut zu den Theorien zweier von mir hochgeschätzter jüdischstämmiger Psychoanalytiker (Reik, Fromm) über das ödipale Motiv hinter der Anbetung eines Mensch-Gottes (Christus): nämlich das Aufbegehren gegen die Allmacht des unbewusst gehassten Vaters (Jahwe) durch die Vergöttlichung des Sohnes (Jesus).

Chan

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wieder mal Freud

Wenn Freud die Religion als Zwangsneurose - also als eine Art
von Krankheit oder von kindlicher Unreife - beschreibt

Ja, wenn - hat er aber nicht. Insbesondere hat Freud der Religion nicht unterstellt, eine pathologische Erscheinung (" eine Art von Krankheit") zu sein. Hatten wir alles schon mal: http://www.wer-weiss-was.de/religionswissenschaft/fr…

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