FPÖ Politiker möchte gläubige Juden registrieren lassen

Servus,

der FPÖ Landesrat Waldhäusl hat einen interessanten Vorschlag gemacht:
Angriff auf die Religionsfreiheit?

In Niederösterreich geschächtetes Fleisch soll künftig nur mehr an Juden
und Jüdinnen verkauft werden, die nachweislich koscher essen- und daher
eine entsprechende Genehmigung zum Kauf von koscherem Fleisch erhalten
haben. Nur sie hätten einen Bedarf, wird argumentiert.

Konkret würde das Folgendes bedeuten:

Wie der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, Oskar
Deutsch, Montag Abend im Plenum des Kultusvorstands berichtete, dürften
demnach künftig nur mehr Juden und Jüdinnen koscheres Fleisch kaufen,
die zuvor namentlich erfasst wurden und wo nachgewiesen werden kann,
dass sie immer koscher essen, „denn das Recht der freien
Religionsausübung sei nur ein individuelles“.
[…]
In der Praxis bedeutet das aber auch: Da gibt es dann eine Aufstellung
mit Namen von observant lebenden Juden. „Das ist wie ein negativer
Arier-Paragraph“, meinte Deutsch in der Sitzung.

Die Autorin des Artikels bringt es imho sehr gut auf den Punkt:

Was mich persönlich doch ziemlich schockiert: Im Grunde sprechen wir
wieder einmal von Listen. Da wird also eine Aufstellung von Namen von
Menschen gefordert, die künftig berechtigt sein sollen, koscheres
Fleisch zu kaufen und zu konsumieren. Damit hat man gleichzeitig aber
auch eine Liste mit Namen von Jüdinnen und Juden, die observant leben.
Das sorgt bei mir für ein mulmiges Bauchgefühl.

Übertreibt die IKG oder sind das berechtigte Bedenken?

LG

Der Vorstoß ist meines Erachtens als rassistisch einzustufen, nur richtet er sich wohl eigentlich gegen die Salafisten und andere rückständige Vertreter des Islams, die ihre Schlachttiere barbarisch schächten. Aus Tierschutzgründen ist ein Verbot des Schächtens durchaus zu erwägen. Beim Schächten wird dem Schlachttier die Halsschlagader mit einem Messer aufgetrennt und es verblutet. Koscher und Halal ist hier dasselbe.

Eine „merkwürdige“ Rhetorik pflegt man in Österreich. Das man dort neuerdings wieder in Arier und Nicht-Arier unterteilt stört dort keinen?

Die Bedenken sind zumindest nachvollziehbar. Was mich allerdings wundert ist, dass man sich mehr Gedanken über die Art der Tötung von Tieren macht, als über die „Verstümmelung“ von kleinen Jungen.

Glückauf!

Nicht ganz, denn die meisten Islamschulen betrachten auch Fleisch von Tieren, die mittels Elektroschock betäubt wurden, als halal; teilweise kommt auch nach dem Halsschnitt eine Betäubung zum Einsatz.

Abgesehen davon ist das Argument mit dem Tierschutz natürlich lediglich ein Vorwand, da die Leutchen ja keineswegs mit derselben Vehemenz gegen die industrielle Massenschlachtung protestieren, bei der eine große Zahl von Tieren noch lebt, wenn sie ausgeweidet werden.

Bereits im Nationalsozialismus war der Tierschutz ein Vorwand, um Juden zu diskriminieren: http://www.spiegel.de/einestages/nazis-und-tierschutz-a-947808.html

:paw_prints:

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Wenn man die europäische Geschichte kennt, sind diese Bedenken absolut berechtigt.

Im Moment sind ja die Flüchtlinge der Sündenbock, aber irgendwann dreht der Wind und die Juden sind wieder an der Reihe. Da sind solche Listen dann sehr praktisch (Sarkasmus aus).

Gruß,
Steve

Dann stellt sich aber die Frage, ob Waldhäusl bewusst war, dass auch gläubige Juden betroffen sind. Und falls ja, wieso er trotzdem kein Bedenken hat, so etwas vorzuschlagen.

Es ist immer bedenklich, wenn jemand - insbesondere ein Staat - derartige Überlegungen anstellt.
Dieselbe Aufregung wäre gerechtfertig, wenn Herr Waldhäusl überlegen würde, beispielsweise den Bierkonsum derart einzuschränken, dass nur noch Verbraucher, die nachweislich auf das Reinheitsgebot achten, nach dem Reinheitsgebot gebrautes Bier kaufen dürften - oder irgendein anderer praktisch kaum durchzusetzender Blödsinn.
Im aktuellen Fall ist es halt besonders delikat, weil es a) um Religion und b) um Juden und c) indirekt um andere schächtende Religionen geht, dazu noch vor dem Hintergrund, dass das Schächten an sich sehr kontrovers diskutiert wird.

Gruß,

Kannitverstan

PS: Interessant ist, wie es zu dem Vorschlag kam! Auszug aus den BND-Protokollen der Abhörung in Waldhäusls Waldhäusl:

Waldhäusl: „Die Fischlieferung ist auf dem Weg. Hab gestern ein Reh abgeschossen, das hätt ich gern serviert. Aber heut is ja Freitag… Ach, und die Weiber kommen erst heut Abend. Noch nen Obstler?“
unbekannter Gast: „Ach Menno! Ja, schenk ein.“
Waldhäusl: „Endlich mal Ruhe! Die verd@#* Presse sitzt mir im Nacken. Die Deutschen nehmen uns die Flüchtlingsdebatte ab, sonst läuft’s im Land ganz gut… die wissen nicht, was sie den Sommer über bringen sollen!“
unbekannter Gast: „Und was hast du damit zu tun?“
Waldhäusl: „Was, was?! Ich muss liefern! Hab doch damals dieses saudumme Agreement gemacht…“
unbekannter Gast: „Wenn das rauskäme, das wär allerdings…“
Waldhäusl: „Pst! Halt bloss die Fresse!“
unbekannter Gast: „Mach doch irgendwas mit Juden. Das geht immer (lacht)
Waldhäusl: „Bist deppert? Da kann ich ja gleich zurücktreten!“
unbekannter Gast: „Natürlich nicht so offensichtlich! Lass es wie ein Entgegenkommen aussehen. Den Bezug zu Nazi-Methoden stellen schon andere her, da brauchst dir nicht die Finger dreckig machen.“
Waldhäusl: „Hm. Da hat doch die SPÖ mal was gemacht… (überlegt)
unbekannter Gast: „Du meinst jetzt aber nicht die Sache mit dem Fleisch, oder?!“
Waldhäusl: „Warum nicht? Wenn’s schief läuft, kann ich’s immer noch dem Androsch in die Schuhe schieben - ist doch ideal!“
unbekannter Gast: „Du bist a Hund! Damit wär das Sommerloch ein gutes Stück gefüllt. Apropos: Ist dein Fisch eigentlich koscher, alter Katholik?“
(beide lachen)
Waldhäusl: „Depp du! (lacht) Prost!“
krrzrkrzrzzzzz…

JessasMaria&Josef,

wenn ein paar kreuzbrave rechtsextremistische FPÖ-Granden aus Tierschutzgründen gerne wieder mal Juden auf Listen sehen möchten, wer möchte es ihnen verwehren? Wo haben die das bloß her? Doch nicht etwa von den (Halt! Das Wort darf man hier ja nicht mehr verwenden!).

Wir reden hier von Österreich. Wie die Türkei, Ungarn und Polen gehört dieses Land auf meiner privaten Weltkarte zu Asien. Sperrt doch ein, wen ihr wollt, baut Lager, schießt an der Grenze auf Flüchtlinge. Denn was nützt es schon, wenn rechtsradikales Gedankengut in Österreich geschützt ist, man es aber nicht umsetzen darf?

Die Zukunft Europas findet woanders statt. In offenen Gesellschaften, die ihren Menschen wirklich Heimat sein wollen. Wo jede Stadt und jeder Landkreis ihre Eigenarten behalten, weil (nicht obwohl!) sie Bestandteile dieses großen, offenen Raumes sind, den Vereinigten Staaten von Europa.

Weltoffenheit ist Heimatpflege
Rupert Schützbach

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Natürlich sind die Bedenken berechtigt.
Darüber kanns keine sinnvolle Debatte geben, zumal die Geschichte ja zeigt, dass Schächtverbote immer (frühe) Mittel staatlicher Judenverfolgung waren, und zumal, wenn solche Vorstöße von einer teilweise-nazi-affinen Partei kommen.

Es ist (für mich) unangenehm, dass ich es in der Sache gar nicht falsch finde, einen Kompromiss zu finden, der den Zugang zu koscherem/halalam Fleisch prinzipiell ermöglicht, aber auch deutlich erschwert.
Das leistet Waldhäusls Vorschlag an sich durchaus.
Da das aber offenbar nur unter antisemitischen und antiislamischen Vorzeichen geschehen kann, kann ich dem natürlich nicht zustimmen.

Den Aussagen des Textes wie z.B. „Es gibt ein paar Eckpfeiler, ohne die ein jüdisches Leben in einem Land nicht möglich ist: … dazu gehört das Schächten – also die Produktion von koscherem Fleisch“ aber auch nicht. Was für eine extrem lächerliche Aussage!

Ich finde (für mich) in der Debatte wenig Platz zwischen (rechtem) Antisemitismus/Antiislamismus und (linksliberalem) Kulturalismus. Nur weils jüdische Traditionen sind, sind sie für mich nicht per se schützenswert, so dass ich auch hier dem Text nicht zustimmen kann: "Dann muss aber gleichzeitig auch dafür gesorgt werden, dass Jüdinnen und Juden gemäß ihrer Traditionen leben können. " Nein, muss nicht, ganz gar nicht pauschal.

Ich kenne, über Dritte, jemanden in Wien, der jüdisches Catering betreibt. Ohne Frage wird dort koscheres Fleisch massenhaft an Personen geliefert, die durchaus auch nicht-koscheres akzeptieren würden. Das Thema ist also durchaus kein reines Pseudo-Thema. Und dass Leute wie Waldhäusl sonst mit der Fleischindustrie auf Du und Du stehen, zeigt zwar dessen Gesinnung, halte ich aber für kein brauchbares Argument in dieser Sachdiskussion.

So, langer Kommentar geworden, ich hör schon auf …

Gruß
F.

würde mich sehr wundern. FPÖ Politiker machen keine interessanten Vorschläge, höchstens lächerliche.

Danke Hans-Jürgen, für dieses Zeugnis der Kleingeistigkeit. Bei zukünftigen moralinsauren Exzessen künstlicher Empörung Deinerseits, weiss ich jetzt, was ich davon zu halten habe.

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Äpfel - Birnen…

Lieber Goetz,

natürlich ist das kleingeistig. Ich habe Dir einen Stern gegeben.

Ich musste mir das einfach mal von der Seele schreiben. Aus allen drei von mir erwähnten Ländern kenne ich Leute, die ich sehr schätze. Und ich möchte, dass sich die Politik dort hin zu mehr Offenheit verändert. Ich will alle im Boot.

Danke auch Dir, Goetz.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Kleines Update: Die FPÖ NÖ unterstützt ihren Landesrat und spricht von „künstlicher Aufregung“. Es handelt sich also nicht nur um einen Alleingang eines Politikers…

Lass mich raten: Du bist auch für offene Grenzen und Bleiberecht für alle.

In Zeiten in denen man täglich von Datendiebstahl durch Hacker liest und Juden in Europa zunehmend Opfer von muslimischen Extremisten werden ist so eine Liste nicht gerade sicherheitsfördernd.

Der Kanzler aller Österreicher hat ja schon festgestellt, dass es mit ihm keine Registrierung gläubiger Juden gibt.