Frage an Rabbiner zu der Thora

Hallo. Ich habe eine Frage zu der Thora. Ich bin selber Jude und ein Freund von mir hat mich mit etwas konfrontiert was mich schockiert hat. Er meinte, dass in der Thora steht, dass die Juden kein Eigenen Statt geschweige das heillige Land fuer sich beanspruchen duerfen. Somit Waehre Israel nach dem gezets der Thora eben gesetzeswidrig und eine Suende. In wie weit stimmt das. Steht das wirklich in der Tora geschrieben? Ich hoffe Sie koennen mich aufklaeren.

Hallo Ruslan,

diese Frage kann man von sehr unterschiedlichen Seiten her diskutieren.
Das ist so viel Stoff, da könnte man ganze Bibliotheken füllen.
Ich fühle mich davon etwas überfordert und grüße ganz herzlich

Iris

Soweit ich weiß steht es nur G´tt zu einen jüdischen Staat zu errichten, nicht aber den Menschen. Viele orthodoxe Juden erkennen deshalb den Staat Israel nicht an. Welcher Abschnitt der Thora dazu herangezogen wird kann ich nicht sagen.

Hallo Ruslan,

also leider kann ich dir keine exakte antwort geben.
Fast alles in der Tora ist auslegungs und interpretationssache.
In der Tora steht, dass die Juden ein Staat von Gtt bekommen werden. Die meisten Juden sehen es also als „rechtmäßig“ an, dass es den Staat Israel gibt. Sehr wenige strömungen der Charedim („ultraothodoxe“) sind der Meinung, die Juden hätten sich den Staat selbst genommen und nicht von Gtt bekommen. Und lehnen daher den Staat ab, das ist aber wirklich eine verschwindent kleine Minderheit.

Ein klares Verbot für einen eigenen Staat (Israel oder ein anderen) kenne ich nicht.

Wie du siehst ist dieses Thema recht komplex. Frag doch deinen Freund nach der genauen Quelle (welches Buch z.b.) und was das genau seiner meinung nach bedeutet. Dann kann ich versuchen das genauer herauszufinden.
Es kursieren leider eine Menge behauptungen darüber was in der Tora steht und was nicht, und vieles wird falsch interpretiert (ähnlich wie beim Koran), selbst von Juden (oder eben Muslimen).
Die Tora kann man nicht einfach lesen und verstehen, man muss sie mit einem Gelehrten lernen, um den Inhalt richtig zu deuten.

Liebe Grüße und Purim Sameach (frohes Purim)
Adrian

Hallo,
also nirgendwo steht geschrieben, dass es keinen Staat Israel geben darf. Allerdings gibt es ja ultraorthodoxe jüdische Gruppierungen, die den jüdischen Staat nicht anerkennen, weil er nicht der Staat des Messias ist.
Allerdings sehe ich nicht, das der Staat Isael eine Sünde sei.
Viele Grüße,
Learisa

B"H

Hallo,

wenn Du Dir die Thora genau anschaust, so wirst Du ohne Probleme feststellen, dass G - tt das Land Israel (urspruenglich in noch groesserer Form) den Juden gab. Und das auf ewig. G - tt spricht immer wieder davon und fuehrte die Juden letztendlich aus Aegypten nach Israel.

Ein weiterer Beweis, dass die Thora davon spricht, dass den Juden Israel gehoert:
Im Judentum gibt es Mitzwot (Thoragesetze), welche nur allein im Land Israel ausgefuehrt werden koennen. Zum Beispiel SCHMITTAH.

Eine gesetzeswidrige Suende ist der Staat Israel also nicht. Ganz im Gegenteil !
Juden warten auf den Messias und es heisst, dass, wenn er kommt, die Mehrheit der Juden wieder nach Israel zurueckkehren wird.

Antizionistische Juden jedoch sehen in einer Aussage des Talmud einen Beweis fuer die Illegalitaet des heutigen Staat Israel. Dazu siehe meine Erklaerung hier:

http://chassidicstories.blogspot.com/2008/01/der-tal…

Viele Gruesse,
Miriam Woelke
www.hamantaschen.blogspot.com

Hallo Ruslan

Ich bin kein Jude (auch kein Rabbiner). Ich bin am Judentum interessiert, aber kann dir da keine sichere Antwort geben. Ich versuche aber trotzdem dir etwas weiter zu helfen.

Zuerst möchte ich einen groben, stichwortartigen Überblick über die Geschichte Israels geben:

  • Abraham wird das Land Israel verheissen.
  • ca. 1270 vor Ch. : Mose führt die Israeliten aus Ägypten in die Wüste. In der Wüste bekommt er das Gesetz. Die Thora beschreibt die Geschichte seit der Schöpfung der Erde bis hier in der Wüste und hält die Gesetzte fest.
  • 1230: Josua erobert Land Israel.
  • 1200 bis 700 vor Ch.: Die Israeliten wohnen in Israel. Am grössten ist das Land unter den Königen David und Salomo. Mit der Zeit wird die Thora durch Kommentare und die Bücher der Propheten ergänzt.
  • 700 vor Ch.: Israel wird von den Babylonieren erobert und viele Leute verschleppt.
  • 540 bis 430: ein Teil der Leute kehrt zurück. Es regieren die Perser, dann die Ägypter, Syrer und dann die Römer.
  • 60 vor Ch. : Die Juden lehnen sich immer wieder gegen die Römer auf. es entstehen religiöse Gruppierungen (Pharisäer, Essener, Christen)
  • 60 bis 70 nach Ch. : Die Römer schlagen die Aufstände nieder und vertreiben die Juden aus Israel.
  • Die Juden leben in vielen Ländern. An vielen Orten werden sie verfolgt und vertrieben.
  • 1850 bis heute: Es ziehen immer mehr Juden nach Isreal und 1948 wird der heutige Staat gegründet.

So nun zurück zu der Frage.

  • Die Ablehnung des Staates wird kaum aus der Thora kommen, denn sie entstand vor dem ersten Staat Israel und enthält viele Landverheissungen und hat ja grundlegend zur Entstehung des ersten Staates beigetragen.
  • der heutige Staat wird von ultra-orthodoxen Juden als weltlich abgelehnt. Nach ihrer Vorstellung wird erst der Messias das Land einnehmen und König werden. Darum lehnen sie die jetzige (weltliche) Regierung ab und leisten keinen Militärdienst. (Das hindert die Ultra-orthodoxen aber nicht, in Israel zu leben und in vom Staat bezahlten Schulen die Thora zu studieren.)
  • die anderen in Israel lebenden Juden unterstützen den Staat grundsätzlich, auch wenn sie unterschiedliche politische Ansichten haben und unterschiedlich stark religiös sind.
  • unter den Christen gibt es grob gesagt zwei Meinungen zu Israel. Es gibt die Israelfans, die in der Entstehung des heutigen Staates als erfüllte Verheissung Gottes sehen (Gott sammelt sein Volk aus der Zerstreuung). Dann gibt es die Palästinenserfreunde, die den Juden vorwerfen das Land den früheren Bewohnern weg genommen zu haben.

Das Zusammenleben in Israel ist sehr spannungsgeladen. Die verschiedenen Meinungen werden oft recht einseitig, rechthaberisch und unversöhnlich vertreten. Aber irgendwie werden die verschiedenen Gruppen auch weiter nebeneinander auskommen müssen.

Die Argumente deines Freundes scheinen mir am ehesten aus der ultra-orthodoxen Meinung kommen. Möglicherweise hat er die Argumente aber auch nur irgendwo aufgeschnappt und es passt zu seiner palästinenserfreundlichen Haltung. Seine sonstige Einstellung kannst du besser abschätzen als ich.

Ich hoffe, dass ich jetzt niemandem zu fest auf die Füsse getreten bin. Ich lasse mir die einzelnen Positionen gerne erklären. Ich bin aber auch froh, dass ich die Situation von aussen betrachten kann, und nicht selbst von den Konflikten betroffen bin.

viele Grüsse Martin

Hallo Ruslan,

tut mir leid, ich bin heute zum ersten Mal wieder bei der Seite wer-weiss-was.de

Um Ihre Frage ansatzweise zu beantworten: Es gibt sehr orthodoxe Juden, z. B. die Haredim, die meinen, dass der israelische Staat der Versuch sei, die messianische Zeit durch den Menschen herbeizuführen. Sie, die Haredim, meinen, dass das nur G´tt kann. Daher sehen sie den Staat Israel als g´tteslästerlich an und lehnen ihn ab. Dennoch leben sie in diesem Staat als israelische Staatsbürger.

Ich selbst bin nationalreligiöser Zionist. Ich denke, das ist meine persönliche Meinung, dass das jüdische Volks lange so intensiv seit dem ersten und besonders seit dem zweiten Exil gelitten hat, dass es mehr als das Recht hat, Israel als seinen eigenen Staat zu beanspruchen. Und btw: die Haredim oder auch die meschuggene Sekte der Neturej Karta (Wächter der Tempelmauer) studieren ständig die Torah, während ihre Altersgenossen bei der Zahal den Dienst tun, auch für sie, und in Ausübung ihrer Pflicht sterben oder gefangen genommen werden wie Gilat Shalit. Und dennoch alimentiert der Staat diese Staatsverleugner, denn auch sie sind Juden. Mit einer anderen Meinung zwar, die auch völlig konträr zur Staatsraison ist, so waren Mitglieder dieser ultraorthoxen Sekte zu Besuch bei Achmachihndochplatt, aber es sind dennoch Juden, die vom Staat beschützt werden.

Ich hoffe, Ihnen bei Ihrer Frage ein bißchen geholfen zu haben, auch wenn die Frage nun schon fast ein halbes Jahr später kommt.

Ich würde Ihnen empfehlen, Ihren Freund zu frage, ob er Ihnen die Stellen in der Torah zeigen kann, die seine Behauptung stützen.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr

Sauerstoff