Frage ohne These

Moin,

ich stelle diese Frage hier, weil ich davon ausgehe, dass in den Sozialwissenschaften größtenteils methodisch korrekt geforscht wird und damit entsprechende theoretische Grundlagen weit verbreitet sind:

Kann es eine Frage (in einer wissenschaftlichen Untersuchung) ohne These geben? Vielfach wird dies verneint.

Was aber ist die These hinter einer offenen Frage wie:
„Durch welche Umgebungsfaktoren fühlen Sie sich in Ihrer Konzentration bei … gestört?“ [Freitextantwort]

Eine These ist m.E. hier nicht vorhanden, wenn tatsächlich offen gefragt, also ohne Vorbelastung auf Erfahrungen der Befragten gehofft, wird.

thx
moe.

Hallo,

ein Sozialwissenschaftler bin ich nicht. Aber meiner Meinung nach ist die (unausgesprochene) These: „Umgebungsfaktoren können die Konzentration bei … stören“.

[Haie als Umgebungsfaktoren können meine Konzentration beim Arbeiten nicht stören, beim Hochseeangeln schon eher :wink:]

Pit

Hi Pit,

[Haie als Umgebungsfaktoren können meine Konzentration beim
Arbeiten nicht stören, beim Hochseeangeln schon eher :wink:]

Kommt auf deine Arbwit an - einen perlentaucher können die schon bei der Arbeit stören :smile:
aber ansonsten gebe ich dir Recht.

Grüße,
JPL

Hallo!

Ich kann mit deiner Frage, so wie sie gestellt ist, nichts anfangen.
Darum nur der Hinweis darauf, dass es im Rahmen der sog. „qualitativen Sozialforschung“ eine verbreitete methodische Forderung ist, eine Forschungsarbeit ganz bewusst OHNE Forschungshypothese anzutreten, die Forschungshypothese erst im Laufe der Forschung aus dem Material selbst heraus „emergieren“ zu lassen.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Hallo,

ich versuche es anders zu formulieren:
Folgendes Vorgehen scheint mir üblich zu sein:

  1. These aufstellen
  2. Datenerhebung
  3. Prüfung der These
    4a. Null-Hypothese verwerfen (–> These signifikant bestätigt)
    4b. Null-Hypothese akzeptieren (–> These nicht bestätigt)

Oftmals habe ich gelesen, dass man die These im Ramen der Thesen-Prüfung nicht anpassen dürfe, sondern von der ursprünglichen These ausgehen müsse.
Ist das in jedem Fall so?
Was spricht dagegen, eine Gegenthese aufzustellen, diese mit den gleichen Erhebungsdaten zu prüfen (wenn die Datenerhebung auch bei der Gegenthese gleichermaßen hätte stattfinden können) und auf umwegen zu einer signifikanten Aussage zu kommen?

Zusatz:
Wo kann ich diese „verbreitete methodische Forderung“ exemplarisch (und möglichst referenzierbar) nachlesen?

thx
moe.

Hi,

ich versuche es anders zu formulieren:
Folgendes Vorgehen scheint mir üblich zu sein:

  1. These aufstellen
  2. Datenerhebung
  3. Prüfung der These
    4a. Null-Hypothese verwerfen (–> These signifikant bestätigt)
    4b. Null-Hypothese akzeptieren (–> These nicht bestätigt)
    Oftmals habe ich gelesen, dass man die These im Ramen der
    Thesen-Prüfung nicht anpassen dürfe, sondern von der
    ursprünglichen These ausgehen müsse.
    Ist das in jedem Fall so?

Nein. statistiscj ist das vorgehen ein Muss, aber wie Candide schon schreibt, weiß man nicht unbedingt immer vorher, was man eigentlich wissen will. Das sind stat. geseehn zwei unterscheidliche Konzeote, die klar voneinander getrennt werden müssen. Im oben genannten Fall handelt es sich um ein prüfendes Verfahren, bei dem unter Berücksichtigung man davon ausgehen kann, dass mand as signifikanzniveau auch einhält, sich also nur zun einem gewissen %-satz irrt.
Im anderen Verfahren prüft und testet man mal so alles, was einem in den Sinn kommt. Um das dann zu verfestigen, muss man eine Studie mit der ersten Methode machen, sonst läuft man Gefahr, dass man entweder seine Hypothesen nur nach „fishing-for-significance“ auswählt oder das Alpha-niveau nicht einhält.

Was spricht dagegen, eine Gegenthese aufzustellen, diese mit
den gleichen Erhebungsdaten zu prüfen (wenn die Datenerhebung
auch bei der Gegenthese gleichermaßen hätte stattfinden
können) und auf umwegen zu einer signifikanten Aussage zu
kommen?

Im Grunde nichts. Aber pro Hypothese musst du das Alpha-Niveau anpassen -> http://de.wikipedia.org/wiki/Alphafehler-Kumulierung

Zusatz:
Wo kann ich diese „verbreitete methodische Forderung“
exemplarisch (und möglichst referenzierbar) nachlesen?

Im Grunde ist das sie konsequente Umsetzung von „adjustnment for multiplicity“, was sich in zahllosen stat. büchern und guidelines (for clinical trials) wiederfindet.

Grüße,
JPL

Hallo,

Im anderen Verfahren prüft und testet man mal so alles, was
einem in den Sinn kommt.

Gibt es dafür einen wissenschaftlichen Ausdruck?

Um das dann zu verfestigen, muss man
eine Studie mit der ersten Methode machen, sonst läuft man
Gefahr, dass man entweder seine Hypothesen nur nach
„fishing-for-significance“ auswählt

und? warum soll man keine Erkenntnisse festhalten, die einem vor die Füße fallen? Sie sind ja auch nicht schlechter, oder?

oder das Alpha-niveau
nicht einhält.

Ist mir leider nicht ganz klar. Geht es dabei um die Frage der einseitigen oder zweiseitigen Betrachtung?

[…] Aber pro Hypothese musst du das Alpha-Niveau
anpassen ->
http://de.wikipedia.org/wiki/Alphafehler-Kumulierung

Leider habe ich das nicht auf Anhieb verstanden. Gibt es vielleicht ein plakatives Beispiel zu dieser Problematik?

Im Grunde ist das sie konsequente Umsetzung von „adjustnment
for multiplicity“, was sich in zahllosen stat. büchern und
guidelines (for clinical trials) wiederfindet.

Danke. Schönes Stichwort.

thx
moe.

Hallo,

Im anderen Verfahren prüft und testet man mal so alles, was
einem in den Sinn kommt.

Gibt es dafür einen wissenschaftlichen Ausdruck?

Hypothesenbidung oder - generierung im Gegensatz zu Hypothesenprüfung.

Um das dann zu verfestigen, muss man
eine Studie mit der ersten Methode machen, sonst läuft man
Gefahr, dass man entweder seine Hypothesen nur nach
„fishing-for-significance“ auswählt

und? warum soll man keine Erkenntnisse festhalten, die einem
vor die Füße fallen? Sie sind ja auch nicht schlechter, oder?

Doch, weil die Chance sich zu irren viel größer ist. Ausserdem neigen viele dazu, sich für eine Hypothese zu entscheiden, die stat. gesehen abgelehnt wurde, egal, ob das nun inhaltlich Sinn macht oder nicht (bzw. die Datenerhebung und Analyse überhaupt ind er Lage ist, die Hypothese korrekt zu prüfen).

oder das Alpha-niveau
nicht einhält.

Ist mir leider nicht ganz klar. Geht es dabei um die Frage der
einseitigen oder zweiseitigen Betrachtung?

Nein.

[…] Aber pro Hypothese musst du das Alpha-Niveau
anpassen ->
http://de.wikipedia.org/wiki/Alphafehler-Kumulierung

Leider habe ich das nicht auf Anhieb verstanden. Gibt es
vielleicht ein plakatives Beispiel zu dieser Problematik?

wenn du das signifikanznivau auf 5% festsetzt, dann ist die W’keit, die Hypothese (H0) korrekterweise anzunehmen (1-0.05) = 95%, so wie es sein soll. Wenn du jetzt aber zwei tests machst und beide zum Niveau von 5% ist die W’keit für das korrekte Annhemen (1-0.05)^2 = 0.9025, d.h. dein tatsächlicher Feher ist knapp 10%. Entpsrechend verhält es sich, wenn man noch mehr Tests macht: Bei n Tests ist der tatsächliche Fehler 1-(1-0.05)^n.
D.h. aber, dass einige der angeblich signifikanten ergebnisse es gar nicht sind, und vor allem sind es mehr als 5%.

Grüße,
JPL

Hallo,

Um das dann zu verfestigen, muss man
eine Studie mit der ersten Methode machen, sonst läuft man
Gefahr, dass man entweder seine Hypothesen nur nach
„fishing-for-significance“ auswählt

und? warum soll man keine Erkenntnisse festhalten, die einem
vor die Füße fallen? Sie sind ja auch nicht schlechter, oder?

Doch, weil die Chance sich zu irren viel größer ist.

Ich versteh’s nicht!
Wenn meine These ist: Raucher leben länger als Nicht-Raucher. Diese These nicht bestätigt werden kann, wohl aber die These, dass Raucher kürzer leben als Nicht-Raucher, warum ist die Chance sich zu irren dann größer?
Oder:
Wenn meine These ist, vegetarische Nicht-Raucher spielen besser Schach als nicht vegetarische Raucher und ich bei der Datenauswertung feststelle, dass Vegetarier tendenziell häufiger rauchen als Nicht-Vegetarier, wo ändern sich da irgendwelche Irrtumswahrscheinlichkeiten?

Ausserdem
neigen viele dazu, sich für eine Hypothese zu entscheiden, die
stat. gesehen abgelehnt wurde, egal, ob das nun inhaltlich
Sinn macht oder nicht (bzw. die Datenerhebung und Analyse
überhaupt ind er Lage ist, die Hypothese korrekt zu prüfen).

Na gut. Shit in Shit out. Dass man keinen Mist machen darf ist schon klar.

oder das Alpha-niveau
nicht einhält.

Ist mir leider nicht ganz klar. Geht es dabei um die Frage der
einseitigen oder zweiseitigen Betrachtung?

Nein.

Sondern?

[…] Aber pro Hypothese musst du das Alpha-Niveau
anpassen ->
http://de.wikipedia.org/wiki/Alphafehler-Kumulierung

Leider habe ich das nicht auf Anhieb verstanden. Gibt es
vielleicht ein plakatives Beispiel zu dieser Problematik?

wenn du das signifikanznivau auf 5% festsetzt, dann ist die
W’keit, die Hypothese (H0) korrekterweise anzunehmen (1-0.05)
= 95%, so wie es sein soll.

Du meinst abzulehnen, oder?

Wenn du jetzt aber zwei tests
machst und beide zum Niveau von 5% ist die W’keit für das
korrekte Annhemen (1-0.05)^2 = 0.9025, d.h. dein tatsächlicher
Feher ist knapp 10%. Entpsrechend verhält es sich, wenn man
noch mehr Tests macht: Bei n Tests ist der tatsächliche Fehler
1-(1-0.05)^n.
D.h. aber, dass einige der angeblich signifikanten ergebnisse
es gar nicht sind, und vor allem sind es mehr als 5%.

Warum werden die Werte kumuliert? Was hat der Test „Spielen Vegetarier besser Schach?“ zu tun mit „Sind Schachspieler häufig Nichtraucher?“?

Ich versuch’s nochmal nachzulesen, bin aber weiterhin dankbar für klärende Hinweise.

thx
moe.

Hallo!

ich versuche es anders zu formulieren:
Folgendes Vorgehen scheint mir üblich zu sein:

  1. These aufstellen
  2. Datenerhebung
  3. Prüfung der These
    4a. Null-Hypothese verwerfen (–> These signifikant bestätigt)
    4b. Null-Hypothese akzeptieren (–> These nicht bestätigt)

JPL hat ja schon darauf hingewiesen, dass das nur für einen Teilbereich der empirischen Forschung in den Sozialwisschenschaften gilt. Ums also schematisch zu sagen:

  • Erstens gilt es nur für die sog. „quantitative Forschung“, nicht für die „qualitative Forschung“.
  • Zweitens gilt es innerhalb der „quanitativen Forschung“ nur für den Teilbereich eines „hypothesenprüfenden“ Vorgehens, nicht für den eines „explorativen“ (hypothesengenerierenden) Vorgehens (wobei die Unterscheidung prüfend/explorativ eher eine idealtypische ist, in der Praxis ist das nicht immer streng getrennt).

Oftmals habe ich gelesen, dass man die These im Ramen der
Thesen-Prüfung nicht anpassen dürfe, sondern von der
ursprünglichen These ausgehen müsse.
Ist das in jedem Fall so?

In diesem Bereich quantitativ+hypothesenprüfend ist dem so, weil ich logischerweise eine Hypothese nicht prüfen (= falsifizieren) kann, wenn ich sie ad hoc dem Material anpasse.

Was spricht dagegen, eine Gegenthese aufzustellen, diese mit
den gleichen Erhebungsdaten zu prüfen (wenn die Datenerhebung
auch bei der Gegenthese gleichermaßen hätte stattfinden
können) und auf umwegen zu einer signifikanten Aussage zu
kommen?

Gib mal ein Beispiel, wie du das meinst.

Zusatz:
Wo kann ich diese „verbreitete methodische Forderung“
exemplarisch (und möglichst referenzierbar) nachlesen?

Die Forderung, ohne Vorab-Hypothesen ins Feld zu gehen? In jedem Lehrbuch qualitativer Sozialforschung, aber ich vermute, dass es dir um qualitative Forschung bei deiner Frage ja gar nicht geht.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Hi moe,

Ich versteh’s nicht!
Wenn meine These ist: Raucher leben länger als Nicht-Raucher.
Diese These nicht bestätigt werden kann, wohl aber die These,
dass Raucher kürzer leben als Nicht-Raucher, warum ist die
Chance sich zu irren dann größer?

Du denkst nicht statistisch. Hypothese=H0= „Raucher leben länger als Nicht-Raucher“ und demnach ist die Alternative=H1=„Raucher leben nicht länger als Nicht-Raucher“. Stat. Tests sind nun darauf ausgelegt, Hypothesen zu verwerfen, deswegen kannst du nur H0 ablehnen , aber niemals annehmen. Du kannst nur immer wieder keinen Hinweis finden, dass H0 nicht verworfen wird und daraus dann die Gültigkeit vom H0 empirisch annhmen.

Die Alpha-fehler-Kumulation bezieht sich auf verschiedene Hypothesen, also etwa H01 = „Raucher leben länger“, H02=„Meerschweinchen sind schwerer als Menschen“, H03=„Wasser ist Quecksilber“ und so weiter.

Oder:
Wenn meine These ist, vegetarische Nicht-Raucher spielen
besser Schach als nicht vegetarische Raucher und ich bei der
Datenauswertung feststelle, dass Vegetarier tendenziell
häufiger rauchen als Nicht-Vegetarier, wo ändern sich da
irgendwelche Irrtumswahrscheinlichkeiten?

wie vorab beschrieben: Du hast dann 2 Hyothesen (1. „vegetarische Nicht-Raucher spielen besser Schach als nicht vegetarische Raucher“ und 2. „Vegetarier weniger rauchen als Nicht-Vegetarier“.) die du beide zum 5% nieau testest. Da du 5% Irrtum zulässt, ist die W’keit, dass 1. richtig ist und du sie auch als solche erkennst ist dann (oh wunder) (1-0.05)=0.95. Soweit so gut. Wenn du jetzt aber noch eine Hypothese hast, dann gilt für die dasselbe und da die Tests unabhängig sind, multiplizieren sich die Wahrscheinlichkeiten: (1-0.05)^2 = 0.9025. Damit ist der globale Alphafehler (siehe Entscheidungstabelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Fehler_2._Art) dann aber 1-(1-0.05)^2, also fast 10%, statt 5% wie festgelegt.

oder das Alpha-niveau
nicht einhält.

Ist mir leider nicht ganz klar. Geht es dabei um die Frage der
einseitigen oder zweiseitigen Betrachtung?

Nein.

Sondern?

Um das, was wir hier die ganze Zeit diskutieren.

[…] Aber pro Hypothese musst du das Alpha-Niveau
anpassen ->
http://de.wikipedia.org/wiki/Alphafehler-Kumulierung

Leider habe ich das nicht auf Anhieb verstanden. Gibt es
vielleicht ein plakatives Beispiel zu dieser Problematik?

wenn du das signifikanznivau auf 5% festsetzt, dann ist die
W’keit, die Hypothese (H0) korrekterweise anzunehmen (1-0.05)
= 95%, so wie es sein soll.

Du meinst abzulehnen, oder?

Nein, ich meine anzunehmen. Korrekt abzulehnen entspricht der power eines Tests (beta-Fehler / Fehler 2.Art).

Warum werden die Werte kumuliert? Was hat der Test „Spielen
Vegetarier besser Schach?“ zu tun mit „Sind Schachspieler
häufig Nichtraucher?“?

Gar nichts. aber wenn man das Signifikanzniveau auf 5% festlegt, dann will man sich über alle Tests hinweg, sozusagen global, nur mit 5% irren. In der Umkehrung bleibt dann weniger alpha für den einzelnen Test übrig, damit es zusammen immer noch

Hallo!

danke für die Ausführungen.

Oftmals habe ich gelesen, dass man die These im Ramen der
Thesen-Prüfung nicht anpassen dürfe, sondern von der
ursprünglichen These ausgehen müsse.
Ist das in jedem Fall so?

In diesem Bereich quantitativ+hypothesenprüfend ist dem so,
weil ich logischerweise eine Hypothese nicht prüfen (=
falsifizieren) kann, wenn ich sie ad hoc dem Material anpasse.

Auf Anhieb finde ich das so logisch nicht.
Nochmal das bereits genannte Beispiel.
These: A > B (stark vereinfacht für qualitative These)
Datenerhebung bestätigt dies nicht.
Daten deuten auf B > A
Neue These: B > A
statistische Auswertung: B > A signifikant bestätigt.

Warum soll das nicht gehen / schlechtere Ergebnisse liefern?
Wo ist mein Denkfehler?

Was spricht dagegen, eine Gegenthese aufzustellen, diese mit
den gleichen Erhebungsdaten zu prüfen (wenn die Datenerhebung
auch bei der Gegenthese gleichermaßen hätte stattfinden
können) und auf umwegen zu einer signifikanten Aussage zu
kommen?

Gib mal ein Beispiel, wie du das meinst.

siehe oben.

Zusatz:
Wo kann ich diese „verbreitete methodische Forderung“
exemplarisch (und möglichst referenzierbar) nachlesen?

Die Forderung, ohne Vorab-Hypothesen ins Feld zu gehen? In
jedem Lehrbuch qualitativer Sozialforschung, aber ich
vermute, dass es dir um qualitative Forschung bei deiner Frage
ja gar nicht geht.

Ich würde sagen quantitativ mit qualitativen Aspekten :wink:

thx
moe.

Moin,

Ich versteh’s nicht!
Wenn meine These ist: Raucher leben länger als Nicht-Raucher.
Diese These nicht bestätigt werden kann, wohl aber die These,
dass Raucher kürzer leben als Nicht-Raucher, warum ist die
Chance sich zu irren dann größer?

Du denkst nicht statistisch. Hypothese=H0= „Raucher leben
länger als Nicht-Raucher“ und demnach ist die
Alternative=H1=„Raucher leben nicht länger als Nicht-Raucher“.
Stat. Tests sind nun darauf ausgelegt, Hypothesen zu
verwerfen, deswegen kannst du nur H0 ablehnen , aber niemals
annehmen. Du kannst nur immer wieder keinen Hinweis finden,
dass H0 nicht verworfen wird und daraus dann die Gültigkeit
vom H0 empirisch annhmen.

Klar.
Und warum kann ich nicht Hypothese H0 „Raucher leben länger“ umdefinieren in H0’ „Raucher leben kürzer“?
Dann sollte die statistische Auswertung doch sauber sein?!

Die Alpha-fehler-Kumulation bezieht sich auf verschiedene
Hypothesen, also etwa H01 = „Raucher leben länger“,
H02=„Meerschweinchen sind schwerer als Menschen“, H03=„Wasser
ist Quecksilber“ und so weiter.

?!
—Bahnhof—
?!
leider vollziehe ich nicht nach, was der Kern der Problematik ist.

Oder:
Wenn meine These ist, vegetarische Nicht-Raucher spielen
besser Schach als nicht vegetarische Raucher und ich bei der
Datenauswertung feststelle, dass Vegetarier tendenziell
häufiger rauchen als Nicht-Vegetarier, wo ändern sich da
irgendwelche Irrtumswahrscheinlichkeiten?

wie vorab beschrieben: Du hast dann 2 Hyothesen (1.
„vegetarische Nicht-Raucher spielen besser Schach als nicht
vegetarische Raucher“ und 2. „Vegetarier weniger rauchen als
Nicht-Vegetarier“.) die du beide zum 5% nieau testest. Da du
5% Irrtum zulässt, ist die W’keit, dass 1. richtig ist und du
sie auch als solche erkennst ist dann (oh wunder)
(1-0.05)=0.95. Soweit so gut. Wenn du jetzt aber noch eine
Hypothese hast, dann gilt für die dasselbe und da die Tests
unabhängig sind, multiplizieren sich die Wahrscheinlichkeiten:
(1-0.05)^2 = 0.9025. Damit ist der globale Alphafehler (siehe
Entscheidungstabelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Fehler_2._Art) dann aber
1-(1-0.05)^2, also fast 10%, statt 5% wie festgelegt.

hmm. langsam glaube ich zu wissen, worauf du hinaus willst.
Geht es um den Fall, dass die Ergebnisse der ersten Untersuchung (Hypothese) als Basis für die folgende Untersuchung (Hypothese) dienen sollen? Dann ist mir die Kumlierung klar.
Aber jetzt kommt die Aussage „Kumulierung bei Unabhängigkeit der Thesen“, die sich mir nicht erschließen will. Was interessiert denn die eine These, ob ich vielleicht noch zwei andere teste? Das würde doch heißen, dass meine (mit Bleistift auf Papier geschriebenen) Daten schlechter werden, wenn ich mich dafür entscheide, später noch eine weitere These hinzuzunehmen und diese zu testen?!

[…] Aber pro Hypothese musst du das Alpha-Niveau
anpassen ->
http://de.wikipedia.org/wiki/Alphafehler-Kumulierung

Leider habe ich das nicht auf Anhieb verstanden. Gibt es
vielleicht ein plakatives Beispiel zu dieser Problematik?

wenn du das signifikanznivau auf 5% festsetzt, dann ist die
W’keit, die Hypothese (H0) korrekterweise anzunehmen (1-0.05)
= 95%, so wie es sein soll.

Du meinst abzulehnen, oder?

Nein, ich meine anzunehmen. Korrekt abzulehnen entspricht der
power eines Tests (beta-Fehler / Fehler 2.Art).

OK, Denkfehler erkannt aber noch nicht ausgeräumt. Muss ich durchdenken.
Danke.
Mal sehen ob mir das auch für die Alpha-Kumulierung hilft…

Warum werden die Werte kumuliert? Was hat der Test „Spielen
Vegetarier besser Schach?“ zu tun mit „Sind Schachspieler
häufig Nichtraucher?“?

Gar nichts. aber wenn man das Signifikanzniveau auf 5%
festlegt, dann will man sich über alle Tests hinweg, sozusagen
global, nur mit 5% irren. In der Umkehrung bleibt dann weniger
alpha für den einzelnen Test übrig, damit es zusammen immer
noch 800 Seiten hab ich zur Genüge zur Hand. Aber „was man nicht in zwei Sätzen erklären kann, hat man nicht wirklich verstanden“… Meine zwei Sätze kann ich leider noch nicht formulieren.

thx
moe.

Hi,

Aber „was man nicht in zwei
Sätzen erklären kann, hat man nicht wirklich verstanden“…

Wenn man mal von Endlossätzen absieht, muss das aber nicht stimmen.
Ich kann ja nicht in zwei Sätzen alle deine Denkfehler und fehlendes Wissen vorausahnen und darin unterbringen.
Egal…

Klar.
Und warum kann ich nicht Hypothese H0 „Raucher leben länger“
umdefinieren in H0’ „Raucher leben kürzer“?
Dann sollte die statistische Auswertung doch sauber sein?!

Kannst du schon, aber nicht innerhalb einer Studie.

hmm. langsam glaube ich zu wissen, worauf du hinaus willst.
Geht es um den Fall, dass die Ergebnisse der ersten
Untersuchung (Hypothese) als Basis für die folgende
Untersuchung (Hypothese) dienen sollen?

Nein. Bsp.: Du hast 100 Probanden, von denen du Blut nimmst und 25 Blutwerte bestimmst. Jetzt willst du geschlechter-Unterschiede und amchst das für alle 20 Parameter, erhälst also 20 Tests. alpha soll (global) 5% sein, d.h. nur 5% aller Hypothesen werden fähscliche abgelehnt (also 1 Hypothese überhaupt). Da du das alpha aber für jeden Test auf 5% gesetzt hast, ist der gesamte Fehler 64.15141%, d.h. bis zu 13 deiner Hypothesen sind fälschlich abgelehnt worden.

Aber jetzt kommt die Aussage „Kumulierung bei Unabhängigkeit
der Thesen“, die sich mir nicht erschließen will. Was
interessiert denn die eine These, ob ich vielleicht noch zwei
andere teste? Das würde doch heißen, dass meine (mit Bleistift
auf Papier geschriebenen) Daten schlechter werden, wenn ich
mich dafür entscheide, später noch eine weitere These
hinzuzunehmen und diese zu testen?!

Die reine Kumulierung basiert auf der W’keitstheorie von unabhängigen Ereignissen. Das hat nix der Qualitt der Daten zu tun, sondern nur mit dem Fehler, den du zulassen willst, Hypothesen fälschlich abzulehnen.

Grüße,
JPL

Hi,

Aber „was man nicht in zwei
Sätzen erklären kann, hat man nicht wirklich verstanden“…

Wenn man mal von Endlossätzen absieht, muss das aber nicht
stimmen.
Ich kann ja nicht in zwei Sätzen alle deine Denkfehler und
fehlendes Wissen vorausahnen und darin unterbringen.
Egal…

Das war eher an mich selbst gerichtet, nicht an Dich. Und ich denke weiterhin, dass es stimmt.
Egal…

Klar.
Und warum kann ich nicht Hypothese H0 „Raucher leben länger“
umdefinieren in H0’ „Raucher leben kürzer“?
Dann sollte die statistische Auswertung doch sauber sein?!

Kannst du schon, aber nicht innerhalb einer Studie.

Warum?
Das ist genau die Frage, auf die ich hinaus will. Was spricht dagegen?

thx
moe.

Hi,

Klar.
Und warum kann ich nicht Hypothese H0 „Raucher leben länger“
umdefinieren in H0’ „Raucher leben kürzer“?
Dann sollte die statistische Auswertung doch sauber sein?!

Kannst du schon, aber nicht innerhalb einer Studie.

Warum?
Das ist genau die Frage, auf die ich hinaus will. Was spricht
dagegen?

Das ist aber nicht die Frage, die du gestellt hast?
Dennoch: Wenn du H0:A>B hast und der test ergibt p=0.4446, dann ist P(B>=A)=1-P(A>B)=1-0.4446 und du hast also nix gewonnen.

Wenn aber P(A>B)=0.9978 ist, dann ist P(B>=A) zwar 0.0022 und damit signifikant, aber du hast wieder nix gewonnen, weil du es schon aus der Urspungshypothese wusstest.

Was du mit einem Wechsel der Hypothesen aber dem Leser klar machst:
a) Du hast keine Ahnung von der Richtung der Wirkung (also A>B oder B>A), hast aber keinen Bock einen zweiseitigen Test zu machen (warum?). Das weißt darauf hin, dass du
b) weder inhaltlich noch stat. Ahnung von Hypothesenaufstelung hast und
c) Wenn du hier schon data-driven Hypothesen aufstellst, wirst du es bei kritischen Sachen ebenfalls tun. Insbs. wirst du Hypothesen weglassen, wenn sie dir der outcome nicht gefällt und spontan weitere testen, ohne dir über die Konsequenzen wegen multiplem testen Gedanken zum machen.

Kurzum: Stat. gewinnst du keine Erkenntis in der Umdrehung der Hypothese (denn aus dem Punktschätzer kannst das Ergebnis eh adäquat interpretieren), wissenschaftlich stellst du dir damit nur selber ein Armutszeugnis aus.

Grüße,
JPL

Hi,

Klar.
Und warum kann ich nicht Hypothese H0 „Raucher leben länger“
umdefinieren in H0’ „Raucher leben kürzer“?
Dann sollte die statistische Auswertung doch sauber sein?!

Kannst du schon, aber nicht innerhalb einer Studie.

Warum?
Das ist genau die Frage, auf die ich hinaus will. Was spricht
dagegen?

Das ist aber nicht die Frage, die du gestellt hast?

Richtig. Meine Ursprungsfrage ist beantworet. Aber diese Frage hat sich aus dem Zusammenhang ergeben und ist mir auch wichtig.

Dennoch: Wenn du H0:A>B hast und der test ergibt p=0.4446,
dann ist P(B>=A)=1-P(A>B)=1-0.4446 und du hast also nix
gewonnen.

Wenn aber P(A>B)=0.9978 ist, dann ist P(B>=A) zwar 0.0022 und
damit signifikant, aber du hast wieder nix gewonnen, weil du
es schon aus der Urspungshypothese wusstest.

OK. Ich glaube mein Denkfehler war folgender:
Die Umkehrung der These (oder der Berechnung wie Du es oben zeigst) ist nicht zulässig, wenn man einen Zusammenhang (A>B) gegen eine Unabhängigkeit (keine Korrelation zw. A&B) vergleicht. Sie ist zulässig, wenn man A>B gegen B>A vergleicht. Dann ist auch eine reale Umkehrung der These (wie Du unten schreibst) gar nicht nötig, weil es sich rechnerisch lösen lässt.

Kann es das gewesen sein?

Was du mit einem Wechsel der Hypothesen aber dem Leser klar
machst:
a) Du hast keine Ahnung von der Richtung der Wirkung (also A>B
oder B>A)

möchte ich widersprechen. Beispiel: Einzelinterviews zeigen A>B; Umfassende Studie zeigt B>A.

hast aber keinen Bock einen zweiseitigen Test zu
machen (warum?).

Weil die Einzelinterviews bereits einen gerichteten Zusammenhang vermuten lassen und auch (augenscheinlich plausible) Argumente für die Richtung vorliegen.

Das weißt darauf hin, dass du
b) weder inhaltlich noch stat. Ahnung von Hypothesenaufstelung
hast und

s.o.

c) Wenn du hier schon data-driven Hypothesen aufstellst, wirst
du es bei kritischen Sachen ebenfalls tun.

Ich wurde noch nicht überzeugt, dass data-driven Hypothesen „böse“ sind und auch wenn das vielleicht eine Mindermeinung ist, so ist es zumindest keine Einzelmeinung.

Insbs. wirst du
Hypothesen weglassen, wenn sie dir der outcome nicht gefällt.

Halte ich für nicht angemessen. Dass dieses Bild erzeugt wird ist natürlich durchaus möglich.

und spontan weitere testen, ohne dir über die Konsequenzen
wegen multiplem testen Gedanken zum machen.

Richtig. Das multiple Testen hat sich mir noch nicht im Detail erschlossen.

Kurzum: Stat. gewinnst du keine Erkenntis in der Umdrehung der
Hypothese

Richtig. Wenn ich es jetzt verstanden habe (siehe oben), dann ist es in der Tat nicht nötig.

(denn aus dem Punktschätzer kannst das Ergebnis eh
adäquat interpretieren)

werde ich recherchieren.

wissenschaftlich stellst du dir damit
nur selber ein Armutszeugnis aus.

Womit ich meiner Domäne alle Ehre machen würde und möglicherweise sogar noch einäugiger König würde :wink:

thx
moe.

Hi,

OK. Ich glaube mein Denkfehler war folgender:
Die Umkehrung der These (oder der Berechnung wie Du es oben
zeigst) ist nicht zulässig, wenn man einen Zusammenhang (A>B)
gegen eine Unabhängigkeit (keine Korrelation zw. A&B)
vergleicht. Sie ist zulässig, wenn man A>B gegen B>A
vergleicht. Dann ist auch eine reale Umkehrung der These (wie
Du unten schreibst) gar nicht nötig, weil es sich rechnerisch
lösen lässt.

So könnte man das sehen.

Weil die Einzelinterviews bereits einen gerichteten
Zusammenhang vermuten lassen und auch (augenscheinlich
plausible) Argumente für die Richtung vorliegen.

Dann hast du eben als outcome: H0 konnte nicht abglehnt werden und die Pnuktschätzer lassen sogar den Schluß zu, dass es anders herum sein müsste. Das genügt vollauf.

Ich wurde noch nicht überzeugt, dass data-driven Hypothesen
„böse“ sind und auch wenn das vielleicht eine Mindermeinung
ist, so ist es zumindest keine Einzelmeinung.

Es zeigt aber, dass du deine Hypothesen nach den signifikanzen generierst. Solange du nicht explizit in der Hypothesenfindung bist - und dann hätte man zweiseitig gestestet - zeigt dies kein wissenschaftliches Vorgehen an.

Kurzum: Stat. gewinnst du keine Erkenntis in der Umdrehung der

Womit ich meiner Domäne alle Ehre machen würde und
möglicherweise sogar noch einäugiger König würde :wink:

Aber es gibt immer noch recht viele zweiäugige.
Grüße,
JPL

Hi,
Fragen und Thesen bedingen sich notwendiger Weise nicht.
Es mag sein, daß ideologische Thesen sich als FrageVoraussetzung zu etablieren suchen. Tatsächlich untergraben solche Versuche nur die Freiheit der Fragestellung, präzise wird die Freiheit ideologisch unerwünschter Fragen beschnitten, um die Ideologie, sprich Ideologen, über Wasser zu halten.
liebe Grüße
Christian