Frage zu EU-Verfassung

Hallo,

steht die EU-Verfassung jetzt eigentlich ÜBER den jeweiligen Länderverfassungen und wenn ja, wie siehts dann mit unserem Grundgesetz aus?

mfg

Ja, steht drüber. Für uns bedeutet das, das wir europäische Grundrechte am EUGH einklagen dürfen. Für Deutschland ist das nicht weiter spannend, aber England bekommt durch die EU-Verfassung die erset geschriebene Verfassung seiner Geschichte. Dies ist für England ein Novum, da es die horizontale Parlamentssouveränität entgültig aufhebt.

mfg,
Hannes Roebke

Ja, steht drüber. Für uns bedeutet das, das wir europäische
Grundrechte am EUGH einklagen dürfen. Für Deutschland ist das
nicht weiter spannend, aber England bekommt durch die
EU-Verfassung die erset geschriebene Verfassung seiner
Geschichte. Dies ist für England ein Novum, da es die
horizontale Parlamentssouveränität entgültig aufhebt.

Das liegt aber nicht daran, daß Großbritannien so rückständig wäre, sondern an der völlig anderen Rechtsquellenkultur

Stefan

Ja, steht drüber. Für uns bedeutet das, das wir europäische
Grundrechte am EUGH einklagen dürfen.

Auch wenn die Frage sich vielleicht etwas abwegig anhört – ich kenne mich in rechtlichen Sachen nicht wirklich aus –, will ich sie stellen: Was geschieht, wenn ein Artikel unseres Grundgesetzes, der nicht verändert werden darf, gegen die europäische Verfassung verstößt?

Diese ist zwar ein konstruiertes Problem; dennoch kann es vorkommen, dass die deutsche und die europäische Verfassung einmal im Widerspruch zueinander stehen …

Hallo,

kannst du bitte erklären, was die „horizontale Parlamentssouveränität“ ist?
danke im Voraus,

Omar Abo-Namous
http://www.islaminhannover.de

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

steht die EU-Verfassung jetzt eigentlich ÜBER den jeweiligen
Länderverfassungen und wenn ja, wie siehts dann mit unserem
Grundgesetz aus?

Hallo,

die EU-Verfassung soll in wesentlichen Punkten künftig über den Verfassungen der einzelnen Länder gehen.

Voraussetzung jedoch ist, dass in den einzelnen Ländern die EU-Verfassung vom eigenen Parlament ratifiziert wird. Mit dem ist zumindest derzeit in Polen nicht zu rechnen. Auch England wird wohl aussen bleiben.

Ich wage die These, dass ein Kerneuropa mit Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich, Ungarn, den lettischen und baltischen Staaten entsteht. Möglicherweise noch Spanien. In der Einheit Europas wird es das Europa der „zwei Geschwindigkeiten“ geben.

Ich bedaure deshalb, dass sich die Parlamentarier bis heute nicht entschliessen konnten in die Verfassung aufzunehmen, wer nicht der EU-Verfassung beitritt, darf auch nicht aus EU-Geldern finanziert werden.

Gruss Günter

Mit „horizontal“ werden die verschiedenen Ebenen von Politik bezeichnet. In Deutschland z.B. Gemeinde, Kreis, Bundesland, Bund…
Jede dieser Ebenen hat eine gewisse Souveränität: Die Gemeinde über die Abwasserabgaben, die Bundesländer über Bildung, der Bund über Landesverteidigung etc.,etc.,etc.
Souveränität bedeutet in diesem Sinn, dass der Bund (sprich Regierung/Parlament) nicht die Abwasserabgaben von irgendeiner Gemeinde in Deutschland regeln darf. Das ist Souveränität der Gemeinde.

In England gibt es nur eine Stelle der Souveränität und das ist das Unterhaus (Parlament). Von dort aus darf grundsätzlich alles geregelt werden. Untere Politikebenen (wie Gemeinden) haben nur auf Zustimmung des Parlaments Macht. Diese kann jederzeit entzogen werden, ja sogar Gemeindeverwaltungen können einfach vom Parlament aufgelöst werden (wie unter Thatcher geschehen). Außnahmen sind hier nur Schottland, Nord-Irland und Wales und gewisse Änderungen die unter dem Titel „devolution“ laufen.
Daher hat England eine ganz andere politische Kultur. Durch die EU wird die uneingeschränkte Souveränität das erste mal gebrochen und durch die Verfassung (besonders: Grundrechte) wird das erste mal Parlamentspolitik durch Recht eingeschränkt.
Das beantwortet zum Teil auch, warum sich Engländer so schwer mit der Souveränitätsabgabe an die EU tun.

mfg,
Hannes Roebke

Ganz einfach:

Die Hessische Verfassung kennt die Todesstrafe, doch weil Hessen Teil von Deutschland ist und das deutsche Grundgesetz dies nicht vorsieht gibt es keine Todesstrafe in Hessen. Der Grundsatz ist: Bundesrecht bricht Länderrecht.

Mit der EU verhält sich das genauso: EU-Recht bricht Staatenrecht. Wenn das Grundgesetz im Konflikt mit der EU-Verfassung wäre - was meines Wissens rein hypothetisch ist - wäre dieser Teil einfach ungültig.

mfg,
Hannes Roebke

Ratifizierung und Kerneuropa
Hallo Günter,

die Ratifizierung hängt nicht nur von den Parlamenten, sondern in einigen Ländern auch von Volksabstimmungen ab. Wie das ganze ausgehen wird, weiß niemand, aber ich gebe dir recht, es gibt die Gefahr das manche Länder die Verfassung nicht ratifiziern werden.
Die Frage ist, ob sie dann trotzdem zustande kommt, wie du schreibst, oder erstmal in der Schublade verschwindet.

Zum Thema „Kerneuropa“:
Die ganze Diskussion scheint mir zu eindimensional. Die EU hat unterschiedliche Auswirkungen auf jedes Land. Es gibt auch heute schon Länder die mehr integriert sind, als andere (man denke nur an den Euro, oder Schengen). Auch manche Länder die (noch?) nicht in der EU sind, haben sich stark angepasst (Schweiz, Norwegen, Kroatien).
Das ganze in zwei Gruppen aufzuteilen, scheint mir etwas undifferenziert. Es gab bei der Entwicklung eines geeinten Europas immer Vorreiter, Nachzügler und Verweigerer. Das war bisher kein Drama und wird es auch nicht werden.

Schließlich noch eins: Die Verfassung irgendwie mit der Verteilung von Geldern in Verbindung zu bringen, ist falsch. Das sind wirklich Äpfel und Birnen!

mfg,
Hannes Roebke

Hallo Hannes,

die Ratifizierung hängt nicht nur von den Parlamenten, sondern
in einigen Ländern auch von Volksabstimmungen ab. Wie das
ganze ausgehen wird, weiß niemand, aber ich gebe dir recht, es
gibt die Gefahr das manche Länder die Verfassung nicht
ratifiziern werden.

okay

Die Frage ist, ob sie dann trotzdem zustande kommt, wie du
schreibst, oder erstmal in der Schublade verschwindet.

Zum Thema „Kerneuropa“:
Die ganze Diskussion scheint mir zu eindimensional. Die EU hat
unterschiedliche Auswirkungen auf jedes Land. Es gibt auch
heute schon Länder die mehr integriert sind, als andere (man
denke nur an den Euro, oder Schengen). Auch manche Länder die
(noch?) nicht in der EU sind, haben sich stark angepasst
(Schweiz, Norwegen, Kroatien).

Dies ist richtig. Jedoch wird in der Zusammenarbeit, denn letztlich wird auch die militärische Zusammenarbeit notwendig werden, die Entwicklung von heute fortgesetzt werden. Mit England ist in vielen Punkten nicht zu rechnen. Es wird - aus meiner Sicht - eine stärkere Zusammenarbeit auf dem Land gegenüber der Insel geben.

Das ganze in zwei Gruppen aufzuteilen, scheint mir etwas
undifferenziert. Es gab bei der Entwicklung eines geeinten
Europas immer Vorreiter, Nachzügler und Verweigerer. Das war
bisher kein Drama und wird es auch nicht werden.

Das war auch mit dem Europa der zwei Geschwindigkeiten - einem vorübergehenden Kerneuropa gemeint - .

Schließlich noch eins: Die Verfassung irgendwie mit der
Verteilung von Geldern in Verbindung zu bringen, ist falsch.
Das sind wirklich Äpfel und Birnen!

Man wird grundsätzlich die Frage klären müssen, ob ein Land, das der EU angehören will, wenn es eine Verfassung gibt und dieses Land anerkennt die Verfassung nicht, weiterhin zur EU gehören kann. Ich bin hier schon der Meinung, dass die Politiker sich zu wenige um diese Frage - wegen des Erfolgsdruckes einer Verabschiedung der Verfassung - zu wenig Gedanken gemacht haben. Es wird einen Aussenminister der EU geben. Er hat die Interessen der EU-Staaten zu vertreten. Dabei wird die innerstaatliche Aussenpolitik auf ein Minimum zurückzudrängen sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Verabschiedung ohne Zustimmung der Parlamente/der Bürger zur Verfassung z.B. England erlauben wird, die EU-Aussenpolitk zu übernehmen. Und hier werden auch die Polen ihre Probleme haben.

Hier ist einfach vorhersehbar, dass sich Europa - auch angesichts der Vorgänge im Irak durch die USA - zwangsweise von der so nahen Politik zu den USA distanzieren müssen. Dasselbe gilt für Nahost. Die Europäer haben, auch wenn es Kriege gegeben hat, ein offenbar völlig anderes Wertesystem wie es derzeit in den USA besteht. Die USA haben mit Ausnahme von England und Polen sehr viel Vertrauen verloren. Die beidne Staaten sind zu eng mit den USA verflochten. Die EU kann sich aber intern nicht eine Opposition und schon überhaupt nicht einige Kreigstreiber leisten.

Es mag zu kurz gesprungen sein, wenn den Ländern, die die Verfassung nicht ratifizieren kein Geld gegeben wird. Doch ein derartiges System bedarf aus meiner Sicht einer klaren Linie „entweder oder“.

GRuss Günter