Frage zu Hornstimmungen

Hallo!

Das Ventilhorn gab es Ende des 19. Jahrhunderts schon längst, und dennoch verstehe ich nicht ganz, wieso z.B. in der Oper „Hänsel und Gretel“ von 1893 Hörner in D, Es, E und F verlangt werden.

Oder in der „Salome“ von Strauss, von 1905. Hier werden Hörner in F und E verlangt.

Ich kenne das normale F-Horn, aber wurde z.B. HUG für ventillose Hörner geschrieben? Oder wieso findet man noch diese verschiedenen Stimmungen?

LG,
Stefan

Tradition
Hallo Stefan

Eine ganz kurze Antwort, eben: (Notations-)Tradition.

Diese hat zwei konkrete Vorteile:
a) weniger Vorzeichen (weil der aktuellen Tonart angepasst)
b) die Hörner heben sich dadurch im Partiturbild noch mehr vom Rest ab und erleichtern so die Orientierung des Lesers.

Gute Nacht!
dodeka

Lieber dodeka,

Diese hat zwei konkrete Vorteile:
a) weniger Vorzeichen (weil der aktuellen Tonart angepasst)

Das verstehe ich nicht ganz, denn Hörner werden normalerweise immer OHNE Vorzeichen notiert, unabhängig von der Tonart.

Worum es mir im speziellen geht ist, dass zu dieser Zeit Ventilhörner schon Standard waren, und dennoch schreiben die Komponisten hier verschiedene Hornstimmungen auf. Oder gab es damals Ventilhörner in Es und in E und in D?

Das kann ich mir nicht vorstellen, weil diese beiden Opern komplett auf EINEM Instrument gespielt werden können, ohne es wechseln zu müssen.

LG,
Stefan

Servus Stefan

a) weniger Vorzeichen (weil der aktuellen Tonart angepasst)

Hörner werden normalerweise immer OHNE Vorzeichen notiert, unabhängig von der Tonart.

Du hast ja recht. Ich nenne halt in meinem Musikerjargon alle Kreuze, Bes, Auflösungszeichen immer nur Vorzeichen, auch wenn sie nicht am Anfang der Zeile, sondern direkt vor den Noten stehen. „Akzidentien“ klingt mir viel zu gestelzt, zu gespreizt. Übrigens habe ich mit dieser Sprechweise noch nie Probleme mit Kollegen oder Sängern gehabt. (Ich spreche auch nur von Geigern und nie von Violinisten.)

Also ich meinte folgendes:

Diese hat zwei konkrete Vorteile:
a) weniger Akzidentien (weil der aktuellen Tonart angepasst)

Wenn ein in F notiertes Horn E-Dur spielen soll, braucht man alle naslang Akzidentien. Das gleiche in E notiert ist doch wesentlich übersichtlicher. :wink: Und (mir jedenfalls) fällt ins Auge, dass da kaum Vorzeichen sind (ich meine Akzidentien!) und dass die notierte Grundtonart sich (wahrscheinlich) im Bereich C-G-F-Dur bewegt.

Worum es mir im speziellen geht ist, dass zu dieser Zeit Ventilhörner schon Standard waren, und dennoch schreiben die Komponisten hier verschiedene Hornstimmungen auf.

Eben das meinte ich mit „Tradition“. Oder halt Notations-Konvention. Es hat nichts mit dem geforderten Instrument zu tun.

Oder gab es damals Ventilhörner in Es und in E und in D?

Wohl kaum.

Das kann ich mir nicht vorstellen, weil diese beiden Opern komplett auf EINEM Instrument gespielt werden können, ohne es wechseln zu müssen.

Und so wird es ja auch gemacht.

Lieben Gruss
dodeka

Servus Stefan

a) weniger Vorzeichen (weil der aktuellen Tonart angepasst)

Hörner werden normalerweise immer OHNE Vorzeichen notiert, unabhängig von der Tonart.

Du hast ja recht. Ich nenne halt in meinem Musikerjargon alle
Kreuze, Bes, Auflösungszeichen immer nur Vorzeichen, auch wenn
sie nicht am Anfang der Zeile, sondern direkt vor den Noten
stehen. „Akzidentien“ klingt mir viel zu gestelzt, zu
gespreizt. Übrigens habe ich mit dieser Sprechweise noch nie
Probleme mit Kollegen oder Sängern gehabt. (Ich spreche auch
nur von Geigern und nie von Violinisten.)

Alles klar, dann habe ich dich nur falsch verstanden. Du meintest die Versetzungszeichen, nicht die Generalvorzeichen.

Also ich meinte folgendes:

Diese hat zwei konkrete Vorteile:
a) weniger Akzidentien (weil der aktuellen Tonart angepasst)

Wenn ein in F notiertes Horn E-Dur spielen soll, braucht man
alle naslang Akzidentien. Das gleiche in E notiert ist doch
wesentlich übersichtlicher. :wink: Und (mir jedenfalls) fällt ins
Auge, dass da kaum Vorzeichen sind (ich meine Akzidentien!)
und dass die notierte Grundtonart sich (wahrscheinlich) im
Bereich C-G-F-Dur bewegt.

Hmm, ich versuche das gerade nachzuvollziehen. Du meinst, dass diese Bezeichnungen „in E“, „in Es“ etc. NICHT bedeuten, dass da unterschiedliche Hörner in diesen Stimmungen verwendet werden, sondern dass diese Angaben quasi eine Art Ersatz für die fehlenden Generalvorzeichen des Instruments sind?

Das würde mir einleuchten, was ich jedoch (noch) nicht verstehe ist, welche Auswirkung das auf den Spieler in der Praxis hat.

Ich meine, für ihn wären die einzelnen Versetzungszeichen doch eigentlich einfacher zu lesen, als sich zu MERKEN, welche Stimmung er spielt, und wieviele Vorzeichen diese Stimmung hat.

Liebe Grüße,
Stefan

Hallo Stefan

Du meinst, dass diese Bezeichnungen „in E“, „in Es“ etc. NICHT bedeuten, dass da unterschiedliche Hörner in diesen Stimmungen verwendet werden,

Genau das.

sondern dass diese Angaben quasi eine Art Ersatz für die fehlenden Generalvorzeichen des Instruments sind?

Nun ja, wie wir beide wissen, werden die Generalvorzeichen ja gar nicht geschrieben. Aber die Notation kommt auf diese Weise (in der Regel) mit weniger Versetzungszeichen vor den Noten aus.

welche Auswirkung das auf den Spieler in der Praxis hat.

Er muss gut transponieren können. :wink:

Ich meine, für ihn wären die einzelnen Versetzungszeichen doch eigentlich einfacher zu lesen, als sich zu MERKEN, welche Stimmung er spielt, und wieviele Vorzeichen diese Stimmung hat.

Du hast völlig recht, man muss immer im Kopf haben, wie man gerade transponieren muss. Das macht die Sache für den Spieler nicht gerade einfacher.

Übrigens habe ich gerade hier im zweiten Band der Instrumentationslehre von Berlioz-Strauss interessante Bemerkungen über Naturhörner gefunden. Das geht an auf S. 274 (= S. 36 im PDF) mit

„Vier Hörner derselben Stimmung anzuwenden, würde fast immer ein Zeichen von grosser Ungeschicklichkeit sein.“

und geht weiter u. a. über Klangeffekte mit verschiedenen Naturhorn-Stimmungen in Unisono-Kombinationen. Sehr interessant!

(Hier kann man das Werk in einem aufwendigeren Faksimile lesen und sogar herunterladen [links oben auf den Werktitel klicken]. Den ersten Teil gibt es natürlich auch dort und bei IMSLP da.)

Schöne Grüsse
dodeka

Lieber dodeka,

Du hast völlig recht, man muss immer im Kopf haben, wie man
gerade transponieren muss. Das macht die Sache für den Spieler
nicht gerade einfacher.

Alles klar, dann habe ich es jetzt verstanden. Die Bezeichnung „in E“ z.B. heißt somit soviel wie „Denke dir die Tonart E-Dur mit ihren vier Kreuzvorzeichen“.

Eine Frage bleibt da noch: wie sieht es mit älteren Partituren aus, Beethoven, Mozart, Weber etc., als es noch keine Ventilhörner gab? Bedeuten diese Angaben „in D“, „in Es“ dann, dass tatsächlich mehrere Hörner verwendet werden, die in der entsprechenden Stimmung gebaut sind?

Danke übrigens für den Tipp mit der Instrumentationslehre, die ich schon seit einiger Zeit studiere. Ich bin allerdings erst beim Kontrabass, die Streicher habe ich alle durch. In der Tat sind die Ausführungen sehr interessant zu lesen!

Mal sehen, was die beiden zu den Hörnern sagen …

LG,
Stefan

Hallo Stefan

Die Bezeichnung „in E“ z.B. heißt somit soviel wie „Denke dir die Tonart E-Dur mit ihren vier Kreuzvorzeichen“.

Diese Formulierung ist für mich missverständlich, so als ob man einfach die Vorzeichen wegliesse… Ich denke nicht, dass du das so gemeint hast, aber ich will nur (auch für andere, die mitlesen) klarstellen, dass in jedem Fall transponiert werden muss.

Wenn eine Passage in (klingendem) E-Dur für ein („normales“) F-Horn geschrieben wurde, steht in der Stimme H-Dur, und somit haben wir fis, cis, gis, dis, ais. Wenn die gleiche Stelle für „Horn in E“ geschrieben ist, steht in der Stimme einfach C-Dur.

Eine Frage bleibt da noch: wie sieht es mit älteren Partituren aus, Beethoven, Mozart, Weber etc., als es noch keine Ventilhörner gab? Bedeuten diese Angaben „in D“, „in Es“ dann, dass tatsächlich mehrere Hörner verwendet werden, die in der entsprechenden Stimmung gebaut sind?

Nicht ganz. Man konnte die Stimmung wechseln, indem man Bögen in das Instrument einsetzte, die das Rohr entsprechend verlängern/verkürzen. Die ersten Ventile waren übrigens eher ein Ersatz für diese Bögen. Sicher wird aber ein Instrumentalist damals wie heutzutage auch durchaus mehrere Instrumente besessen haben.

In diesem Forumsthread hier wird das Thema ein paarmal, wenn auch nur am Rande, erwähnt, zum Beispiel im 4. Beitrag:

In der Zeit der Romantik splittete sich der Gebrauch der Hörner in Solo-Aufgaben und in Orchester-Aufgaben. Die Solisten benützen lieber ein „Cor-solo“ (G-Horn mit in der Mitte einschiebbaren F,E,Es und D-Bögen ), Während man im Orchester die normalen Hörner mit Vorschaltbögen (vom hoch-C-Stift bis zum B-Basso bogen) und eines Couplers (gewissermaßen ein Verlängerungsbogen des Einführungsstutzen). Damit konnte man ziemlich flexibel kombinieren und notfals bis in die G-basso Stimmung kommen.

und im 7. Beitrag:

ich hatte - jetzt im Besitz von Ulli Hübner - ein1 Cor d‘Orchestre von 1868 im Original Holz-Kasten
Raoux Fournisseur de l‘empereur, rue Serpent à Paris
1er Prix decerné à J. Mellet 1868
Conservertoire impérial de musique et de declamation
mit dem Siegel von Auguste Raoux
komplett mit 10 Vorschaltbögen , 2 Kuppler und einen einschiebbaren Ventilstock (sauterelle), französisches System (3. Ventil einen Ganzton aufwärts) von Millerau breveté Paris Nr. 6071 plus 4 Vorschaltbögen und C-alto-Stift
absoluter Bestzustand.

Lieben Gruss
dodeka