AEG existiert als Unternehmen schon lange nicht mehr. Wie u. a. bei Grundig, Blaupunkt, Telefunken gibt es nur noch den Namen, der aufgrund seines einst guten Rufs bis heute als Handelsmarke genutzt wird. Bei Interesse kannst ja mal recherchieren. Nach meinem Kenntnisstand vermarktet ein türkischer Hersteller einige Warengruppen in D unter AEG. Aber diverse sehr verschiedene Unternehmen verfahren ähnlich. So werden u. a. Nähmaschinen über Discounter wie Penny unter AEG verkauft, haben aber mit dem einstigen Unternehmen wirklich gar nichts zu tun.
Wer aufgrund der Bezeichnung AEG glaubt, das Produkt eines alten, angesehenen deutschen Herstellers zu kaufen, wird getäuscht. Die Täuschung ist einziger Zweck der Veranstaltung. Das muss aber nicht bedeuten, dass die Ware nichts taugt. Sie wird nur unter einem gekauften Namen von irgendwem produziert.
Zu seinen guten Zeiten deckte AEG von E-Loks, über Kraftwerke bis zu Hausgeräten beinahe das gesamte Spektrum elektrischer und elektronischer Produkte ab, verdiente sich während des Krieges und auch danach am Rüstungsgeschäft dumm und dämlich, baute die Elektronik (mit eigenen Solarzellen schon in den 70ern) für Satelliten, produzierte Ziel- und Nachtsichtgeräte, rüstete Schiffe und U-Boote, Flugzeuge und Panzer aus. Aber seit Ende der 70er, spätestens Anfang der 80er, ging es rapide bergab. Zwischendurch gehörte AEG zu Daimler-Benz. Mehr Sachverstand und schlankere Strukturen gab es aber nicht. Veränderungen erschöpften sich regelmäßig in neuen Abteilungsbezeichnungen an Zimmertüren. Außer Umbenennungen änderte sich nichts, die gleichen Strukturen, die gleichen Nasen. Ach doch, an der obersten Spitze stand mal Cipa, mal Dürr, mal Stöckl. 1996 war endgültig Schluss mit dem Unternehmen. Einige Bereiche wurden komplett von anderen Produzenten, u. a. Electrolux für Hausgeräte und Bombardier für das Bahngeschäft, übernommen und trugen noch das AEG-Logo auf dem Geschäftspapier. Aber auch das erledigte sich bald. Heute gibt es nur noch Lizenznehmer an Namensrechten.
Als vor sehr langer Zeit persönlich betroffener Entwickler bekomme ich bis heute einen dicken Hals, wenn ich an damalige unternehmerische Taten der riesigen Hierarchiestrukturen mit vielen Ebenen denke - in einem Jahrhundert aufgebläht und den Kontakt zum Markt verloren. Komplette Entwicklungs- und Fertigungsstandorte wurden verkauft und sündhaft teuer wieder angemietet. Der AEG gehörte schließlich gar nichts mehr, außer einem fürs Publikum wohlklingenden Namen und Rechte an Technologie. Nützt aber nichts, wenn der Vertrieb zwar trinkfest ist, seine Strukturen aber ungeeignet sind, Fähigkeiten des Unternehmens und Marktbedarf zu verknüpfen. Meine IR-Kamera wurde von Hoimar v. Ditfurth im ZDF benutzt und mein IR-Zielgerät erfolgreich der Erprobungsstelle der BW vorgeführt. Danach nahm mich eine AEG-Führungsfigur vom Vertrieb zur Seite und fragte mich, wie ich die Sache getürkt hatte (er sagte wirklich „getürkt“. Ich hatte monatelang Tag und Nacht mit 300 Stunden/Monat gearbeitet und nichts „getürkt“). Das wollten mir der Dummkopf und auch seine Vorstandskollegen nicht glauben. Damit war das Projekt tot. Mein letzter Versuch, „mein Kind“ zu retten und deshalb Thermografie an Gebäuden als Anwendung vorschlug (grüne Ideen muteten damals vielen Zeitgenossen geradezu anarchistisch an. In einer Gruppe militärischer Entwicklung war es beinahe schlimmer als ein Urlaubsfick mit einer Frau aus dem Ostblock, was man unbedingt hätte beichten müssen, weil man dauernder Kontrolle unterlag, in unserer Abteilung durch einen ehemaligen Reichswehr-Offizier, der nichts anderes zu tun hatte), wurde abschlägig beschieden. Dafür gäbe es überhaupt keinen Bedarf, hieß es. Meine damaligen Kontakte und einschlägigen Erfahrungen hätten es aus heutiger Sicht erlaubt, ein Budget wenigstens für eine Studie beim Bund aufzutun, um noch ein paar Monate weiterzumachen, aber dafür war ich zu ausgelaugt und gefrustet. Das Ende der AEG-Geschichte ist einerseits ein Jammer, aber ein Jahrzehnt Einblick in die Strukturen des Unternehmens sagen mir, dass es ein Ende mit Ansage war. Hoffnungslos verknöchert und deshalb letztlich nicht schade drum. Auf ähnliche Weise wirtschafteten sich in der Folgezeit mehrere Unternehmen in den Ruin. Statt an den Strukturen etwas zu ändern und marktgerecht zu agieren, wird das Tafelsilber verhökert, um Liquidität zu schaffen. Sodann folgen hoffnungslos überteuerte Mieten. Am Ende hat das Unternehmen ertragsunabhängig hohe Miet- und Leasingraten zu schultern und ihm gehört nur noch der Inhalt der Papierkörbe. Die Papierkörbe schon nicht mehr, alles geleast. Karstadt ist so ein Beispiel, Air Berlin wohl auch. Passiert wohl, wenn man angestellte BWL-Bätcheläär ohne persönliche Verantwortung von der Leine lässt…
Gruß
Wolfgang