Frage zum Kriegsrecht

Hallo

ich diskutiere gerade in einem US-politics-Forum mit einem, der die Meinung vertritt, wenn man mit einem anderen Staat Krieg führt (wie z. B. dem Irak), müsse man das gegnerische Staatsoberhaupt sofort ohne Federlesens exekutieren, sobald man seiner habhaft wird.

Ich hatte geschrieben, das sei gegen das Kriegsrecht (Kriegsgefangene). Er sagt, er meine ja nicht die Soldaten oder Offiziere, sondern das Staatsoberhaupt, das wäre was anderes.

Kann mir einer was dazu sagen, ob das den internationalen Gepflogenheiten entspricht?

Viele Grüße Simsy

PS: Ziemlich üble Ansichten haben die da größtenteils …

Das wäre dann einfach nur Mord.

ich diskutiere gerade in einem US-politics-Forum mit einem,
der die Meinung vertritt, wenn man mit einem anderen Staat
Krieg führt (wie z. B. dem Irak), müsse man das gegnerische
Staatsoberhaupt sofort ohne Federlesens exekutieren, sobald
man seiner habhaft wird.

Eine Meinung, die mutmaßlich auf einem etwas „eingeschränkten“ Weltbild basiert. :wink:

Ich hatte geschrieben, das sei gegen das Kriegsrecht
(Kriegsgefangene).

Ein Staatsoberhaupt ist grundsätzlich kein Kriegsgefangener, da er keiner entsprechenden Gruppe angehört, die den Kriegsgefangenenstatus mit sich bringt. Er ist Zivilist und Staatsoberhaupt. In bestimmten Staaten kann das Staatsoberhaupt aber auch gleichzeitig Soldat oder Oberkommandierender sein, im ersten Fall hat er dann auch Anspruch auf den Kriegsgefangenenstatus, im zweiten Fall würden wir uns in einer Grauzone bewegen, was dann automatisch bis zur Statusklärung den Kriegsgefangenenstatus mit sich bringen würde. Ein Kriegsgefangener darf für von ihm begangene Verstöße gegen das Humanitäre Völkerrecht vor Gericht gestellt werden, die Todesstrafe ist hier explizit nicht ausgeschlossen. Standgerichte oder pauschales Töten von Kriegsgefangenen ist aber in jedem Fall ein verstoß gegen das Humanitäre Völkerrecht.

Ist das Staatsoberhaupt kein Kriegsgefangener und gilt er als Zivilist darf ein anderer Staat nicht über ihn richten, da das Völkergewohnheitsrecht ausschließt, dass gleiche über gleiche richten. Ein internationales Tribunal oder ein zuständiges UN-Gericht könnte hier ein Urteil Fällen oder aber ein Gericht des Staates, dem das Staatsoberhaupt angehört, das geht aber nicht, wenn ein illegaler (weil gegen das Humanitäre Völkerrecht verstoßender) „regimechange“ vorgenommen wurde (wie z.B. im Irak oder in Afghanistan).

PS: Ziemlich üble Ansichten haben die da größtenteils …

Na ja, aus unserer Sicht natürlich, aber wenn du davon ausgehst, dass der durchschnittliche US-Amerikaner im Sinne der Nachwirkungen und ziele des Manifest Destiny erzogen wird und Gesellschaft und Medien ein entsprechendes soziales Umfeld schaffen, dann kannst du das dem Einzelnen nicht vorwerfen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Manifest_Destiny

Gruß Andreas

Hallo

Ein internationales Tribunal oder ein zuständiges UN-Gericht könnte hier ein Urteil Fällen oder aber ein Gericht des Staates, dem das Staatsoberhaupt angehört, das geht aber nicht, wenn ein illegaler (weil gegen das Humanitäre Völkerrecht verstoßender) „regimechange“ vorgenommen wurde (wie z.B. im Irak oder in Afghanistan).

Ach so, das war dann auch völkerrechtswidrig, war mir gar nicht so klar, aber irgendwie war es klar auch ohne dass man es wusste.

… dann kannst du das dem Einzelnen nicht vorwerfen:

Ich werfe das dem Einzelnen nicht vor, ich bin sogar beeindruckt davon, wie unaggressiv und ausführlich teilweise auf solche Äußerungen wie z. B. „in einem Rechtsstaat gibt es keine Todesstrafe“ antworten. Aber ich finde die Ansichten trotzdem sehr erschreckend.

Viele Grüße
Simsy

Hallo,

ich diskutiere gerade in einem US-politics-Forum mit einem,
der die Meinung vertritt, wenn man mit einem anderen Staat
Krieg führt (wie z. B. dem Irak), müsse man das gegnerische
Staatsoberhaupt sofort ohne Federlesens exekutieren, sobald
man seiner habhaft wird.

Ich hatte geschrieben, das sei gegen das Kriegsrecht
(Kriegsgefangene). Er sagt, er meine ja nicht die Soldaten
oder Offiziere, sondern das Staatsoberhaupt, das wäre was
anderes.

Hallo,

Kann mir einer was dazu sagen, ob das den internationalen
Gepflogenheiten entspricht?

Viele Grüße Simsy

Ziemlich üble Ansichten haben die da größtenteils …
das stimmt, und die sind auch sehr oft von keinerlei Ahnung von egal was getrübt.
Gruss
Rainer

Hallo Simsy Mone

Ich werfe das dem Einzelnen nicht vor, ich bin sogar
beeindruckt davon, wie unaggressiv und ausführlich teilweise
auf solche Äußerungen wie z. B. „in einem Rechtsstaat gibt es
keine Todesstrafe“ antworten. Aber ich finde die Ansichten
trotzdem sehr erschreckend.

Nun ja. Gerade und auch in dem speziellen Fall „Tötung eines Staatsoberhauptes“ muss der unbedingte Gegner der Todesstrafe seinen kategorischen Imperativ immer auf den hypothetischen Prüfstand „Gefangennahme Adolf Hitlers“ stellen lassen…

Gruß
smalbop

Hallo,

ein Frage, die mich brennend interessieren würde, aber leider höchstwahrscheinlich nie geklärt werden wird:
Hätte ein psychologisches Gutachten, wie sie in modernen Prozessen üblich sind, bei Hitler Schuldfähigkeit festgestellt?

Gruß,
Markus

Hallo Smalbop

Nun ja. Gerade und auch in dem speziellen Fall „Tötung eines Staatsoberhauptes“ muss der unbedingte Gegner der Todesstrafe seinen kategorischen Imperativ immer auf den hypothetischen Prüfstand „Gefangennahme Adolf Hitlers“ stellen lassen…

Das mit der Todesstrafe stand (in einem anderen Forum, wie ich ja erwähnte) in einem völlig anderen Zusammenhang und ist hier OT.

Hier geht es um eine Frage aus dem Kriegsrecht (wo es natürlicherweise immer die Todesstrafe gibt, den wer ginge da schließlich sonst noch hin?) und um die ‚Exekution‘ eines feindlichen Staatsoberhauptes ohne jeden Prozess.

Viele Grüße

Hallo

Hätte ein psychologisches Gutachten, wie sie in modernen Prozessen üblich sind, bei Hitler Schuldfähigkeit festgestellt?

Was glaubst du denn, was seine Schuldfähigkeit eingeschränkt haben könnte? Was für eine Geisteskrankheit o.ä. vermutest du bei ihm?

Für mich ist klar, dass er soweit schuldfähig war, auch wenn er sich anscheinend nicht schuldig fühlte, nach dem was man weiß (Führer-Vermächtnis).

Viele Grüße

Hallo,

ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass die traumatischen Erlebnisse des ersten Weltkriegs über eine PTBS oder ähnliches zu einem ausreichenden psychischen Problem gefährt haben könnten.
Auch soll er einige „Ticks“ gehabt haben, z.B. unkontrolliertes Zucken - keine Ahnung, ob und worauf das hindeuten könnte.
Ist aber natürlich reine Spekulation, ich bin kein Psychologe, wobei ich mir vorstellen kann, dass auch für einen solchen eine genaue Diagnose post mortem ziemlich schwierig sein dürfte.
Wobei bei einer Gefangennahme Hitlers wahrscheinlich auch keiner auf die Idee gekommen wäre, entsprechende Untersuchunge durchzuführen bzw. diese in einen Prozess einzubringen.

Gruß,
Markus

Vermutlich eher haftunfähig als schuldunfähig, denn seine Verbrechen hat er schon begangen, als er noch kein tablettensüchtiges Wrack war. Er wäre also, die heutige Rechtsprechung bundesdeutscher Prägung vorausgesetzt, nach Feststellung einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung mit seinem Bewährungshelfer an der Seite irgendwann auf dem Obersalzberg als Landschaftsmaler gestorben - möglicherweise aber erst nach einem zweiwöchigen Segeltörn im Mittelmeer zur Erhöhung der Sozialkompetenz, dann wohl zusammen mit Herrmann Göring (ebenfalls haftunfähig, da morphiumsüchtig).

Gruß
smalbop

Hier geht es um eine Frage aus dem Kriegsrecht (wo es
natürlicherweise immer die Todesstrafe gibt, den wer ginge da
schließlich sonst noch hin?)

Das ist so nicht korrekt. Das Humanitäre Völkerrecht (früher Kriegsvölkerrecht) regelt selbst nicht, ob es eine Todesstrafe für Kriegsverbrecher gibt oder nicht, es gibt nur die regeln für bewaffnete Konflikte vor. Das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe vom 15. Dezember 1989 hingegen erlaubt explizit für den Bereich des Kriegsrechts und Militärstrafrechts im Krieg/bewaffneten Konflikt die Todesstrafe - übrigens die einzige Konstellation in der die Todesstrafe international anerkannt ist (aber z.B. in Deutschland nicht vorgesehen ist). Letztlich ist das Strafmaß eine Frage von nationalem Recht des rechtsprechenden Staates oder des angewandten Rechts bei internationelen Gerichten oder Tribunalen. Bei den Nürnberger Prozessen wurde diesbezüglich Rechtsgeschichte geschrieben, weil hier zum einen deutsches recht vom Zeitpunkt vor der Machtergreifung herangezogen wurde, aber auch internationales Recht und Gewohnheitsrecht.

Gruß Andreas