Geschichte des Teufels - Teil 2
Hi Kate,
Nicht vom Widersacher?
Nein. Im AT gibt es zwar die Schrift „Ijob“, in der dem satan dieser Job übergeben wird. Aber der satan hat hier, wie auch sonst im AT, eine ganz andere Konzeption als der satan des NT: Er ist hier Gottes Verhandlunspartner in einer hochrangigen Stellung.
Im Johannes-Evangelium, das für so manche christliche Begriffsbildung ausschlaggebend war, wird an einer Stelle von einem satan gesprochen:
Joh. 13.27: „Als Judae das Brotstück genommen hatte, fuhr der satan in ihn hinein“
D.h. hier ist satan bereits, wie in den nachexilischen Schriften, zu einem Dämon geworden, der Besitz vom einem Menschen ergreifen kann: Ein Erbstück babylonischer Dämonologie.
Ansonsten hat Johannes dreimal den diabolos aus griechischem Erbe:
Joh. 6.17: „und einer von euch ist ein diabolos“
was sich auch auf Judas Iskariot bezieht, nur daß dieser hier selbst gemeint ist, und nicht als Besessener.
Joh. 8.44: „Ihr habt den diabolos zum Vater, und nach dem Begehren eures Vaters wollt ihr handeln“
Gleich danach wird dieser auch genauer bestimmt, nämlich als „Menschenmörder von Anfang an“
Joh.13.2 „… als schon der diabolos ihm ins Herz gegeben hatte, ihn zu verraten …“
Spätestens hier ist nun die Rolle des satan mit der des diabolos identisch: Der also als Dämon den Willen des Menschen besetzt und unterminiert.
Und weiter gibt es dann noch dreimal bei Joh. den archon tou kosmou, den „Herrscher der Lebenswelt“, über den kosmologische Aussagen gemacht werden:
Joh. 12.31 „jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden“
Joh. 14.30 „… denn es kommt der Herrscher der Welt. Über mich hat er keine Macht“
Joh. 16.7-11 „… daß der Herrscher der Welt gerichtet ist“
Dann gibt es im sehr viel späteren Brief desselben Autors (1.Joh.) noch weitere, deutlichere kosmologische Aussagen:
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Joh. 3.8 „wer die Sünde tut [die bei Joh. ausschließlich darin besteht, daß jmd nicht an ihn glaubt!] ist aus dem diabolos, weil der diabolos sündigt von Anfang an [siehe oben]. Dazu ist der Sohn Gottes erschienen, damit er die Werke des diabolos zerstöre.“
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Joh. 3.10 „Darin werden offenbar die Kinder des Gottes und die Kinder des diabolos“
In beiden Passagen erkennt man deutlich sowohl zarathustrischen Einfluß, als auch die Verwandtschaft mit gnostischem und hermetischem Gedankengut.
Wenn ja, warum ignoriert den heutzutage jeder?
Du wirst im Gegenteil immer wieder erleben, daß Christen den „Teufel“ zu Hilfe nehmen, um sich aus dem Problem der „Theodizee“ herauszumogeln.
Die „ungläubige“ Formulierung dieses Problems weist ja nur auf einen Widerspruch:
Da es das Übel in der Welt gibt, wie kann es dann einen allmächtigen liebenden Gott geben?
Aber die „gläubige“ Formulierung hat eine Aporie:
Da es das Übel in der Welt gibt, wieso läßt Gott das zu, da er doch allmächtig und liebend ist?
Und an dieser Stelle wird dann - als ausweichende 08/15-Lösung, der Teufel ins Spiel gebracht „der hat auch noch was mitzureden“. Das widerspricht zumindest der johanneischen Theologie.
Ich war immer der Auffassung, wer an Gott glaubt, muss auch an einen Teufel glauben.
Da wirfst du unterschiedliche Begriffe von „Glauben an …“ durcheinander. Im eigentlichen Sinne des (ebenfalls johanneischen) Begriffs „glauben an/in ihn“ dürften Christen nicht sagen, sie „glauben an“ den Teufel.
(Für Buchempfehlungen zum Thema Widersacher im AT/NT bin ich auch dankbar)
Dafür haben wir FAQ:1518 [Kurze Geschichte des Teufels]
Außerdem gibt es ganze Bibliotheken über die Geschichte des Teufelsglaubens. Ich werd mal sehen, das „Teufels-FAQ“ damit anzureichern, im Augenblick fehlt mir die Zeit dazu.
Gruß
Metapher