Fragen zu isländischen Krediten

Hallo,

ich schaue gerade einen Dokumentarfilm zum Thema Überschuldung. Es wird auch die isländische Kreditblase/ -krise angesprochen.

Darin heißt es: in Island orientieren sich die Kredite am Verbraucherpreisindex. Leider wird dieser Satz nicht weiter mathematisch erklärt. Es werden ein paar Leute gezeigt, die inzwischen durch diesen Automatismus völlig überschuldet sind. So ganz verstehen tue ich die finanzielle Mechanik dahinter nicht.

Wenn ich in Deutschland einen Kredit abschließe (ich werde es etwas vereinfacht darstellen) gibt es eine Tabelle, auf der die Kreditsumme steht, Nebenkosten und Zinskosten über die Laufzeit. Das Ergibt Summe X. Die wird in Y Monaten abbezahlt. X geteilt durch Y ergibt die monatliche Rate Z. Das praktische: ich weiß jederzeit, wie hoch mein Saldo noch ist. (Gesamtbetrag minus Anzahl gezahlte Raten multipliziert mit Z).

Wenn ich das richtig verstehe, stieg in Island die monatliche Rate Z zusätzlich noch um die Steigerung der Verbraucherpreise (de facto also um die Inflationsrate), ohne dass diese Mehrbelastung zur Abzahlung genutzt wurde. Man konnte entweder die Rate Z um die Inflationsrate erhöhen (also mehr pro Monat bezahlen) oder die Restschulden um die Inflationsrate erhöhen (also gleich viel bezahlen aber dafür deutlich länger). Der Nachteil: ich kann eigentlich vor Abschluss nicht sagen, wann ich fertig bin mit der Abzahlung und/oder wie viel ich am Ende bezahlt haben werde.

Habe ich das isländische System so richtig verstanden? War vor der Krise die Inflation so gering und stabil, dass der durchschnittliche Kreditnehmer das mögliche Risiko nicht sah?

Grüße

Hallo,

tatsächlich war es wohl so, daß die Zinssätze für Kredite nicht selten an den Verbraucherpreisindex oder andere Faktoren (z.B. ) Wechselkurse gebunden waren. Das führt bei steigenden Preisen natürlich zu höheren Kreditzinsen, bei geringer Inflation aber zu niedrigeren Zinsen. Dieses System ist uns in Deutschland aber auch nicht fremd. Kreditnehmer finanzieren langfristige Kredite variabel, um von den niedrigeren Zinsen zu profitieren (allen voran der Staat) oder nehmen Fremdwährungskredite auf, um auf diesem Wege an niedrigere Zinssätze zu kommen (derzeit eher selten, vor zehn Jahren aber häufiger).

All diese Ideen beruhen auf der grundsätzlich falschen Annahme, daß sich a) am status quo nichts ändert und b) der Kreditnehmer den richtigen Riecher hat, was langfristige Entwicklungen angeht. Gegen diesen möglichen Vorteil setzt man wie im Spielkasino seine wirtschaftliche Zukunft ein.

Nur selten hat man dabei das Glück, daß einen der Staat bei seiner Spekulation unterstützt (sie Fremdwährungskredite in Ungarn). In jedem anderen Fall riskiert man damit mehr als man gewinnen kann.

Gruß
C.