Hi Peggy,
Frankreich gehört der politischen Allianz der NATO an, nicht
aber der militärischen Organisation.
Stimmt. Die NATO ist ein rein politisches Bündnis, dass jedoch eine militaerische Kommandostruktur unterhaelt. Jedes Partner-Land hat das Recht, sich nicht der militaerischen Kommandostruktur anzuschliessen.
Was bedeutet das konkret?
Keine Teilnahme an Manövern?
Selbstverstaendlich nimmt Frankreich an NATO-Uebungen teil. Warum nicht? Nur, weil es nicht in der Kommandostruktur der NATO vertreten ist? Es gibt dann eben halt zwei Staebe, die miteinander kooperieren.
Keine Verpflichtung zur Teilnahme im Verteidungsfall?
Frankreich ist Vollmitglied der NATO. Nicht irgendein halbherziges, minderwertiges Mitglied oder Halbmitglied. Es ist Mitglied mit allen Rechten und Pflichten, auch dann, wenn es nicht in der Kommandostruktur der NATO vertreten ist. Auch im Buendnisfall gibt es dann einen franzoesischen Militaerstab, der franzoesische Aktionen mit den Staeben der NATO abstimmt. Diese Staebe koennen durchaus in einem Haus sitzen, die Generalitaet kann morgens gemeinsam fruehstuecken.
Was bringt denn denn die „politische Allianz“ im Unterschied
zu völliger Nichtmitgliedschaft?
Der NATO-Vetrag definiert keine militaerische Organisation! Der ledigliche Verzicht auf die Unterstellung von Truppen in die NATO-Kommandostruktur bedeutet nicht, dass Frankreich auch nur ansatzweise ein Staat ist, der sich im NATO-Rahmen Sonderrechte vorbehaelt. Es besitzt alle Rechte und Pflichten, ueber die auch alle anderen NATO-Staaten verfuegen.
Frankreichs Verzicht auf eine Integration in die NATO hat daher absolut nichts mit Atomwaffenverfuegungsgewalt zutun, wie an anderer Stelle behauptet wurde. Auch indiziert dieser Verzicht kein geringeres Interesse an einer kollektiven Verteidigung oder ein Interesse, anderen NATO-Staaten nur dann beizustehen, wenn es gerade fuer Frankreich guenstig erscheint. Nein. Frankreich ist voll dabei!
Frankreichs Verzicht liegt kein militaerisches Kalkuel zugrunde, sondern ruht vielmehr darauf, dass Frankreich noch immer der Ansicht ist, dass
a) „sich in zwei Weltkriegen zeigte, dass sich Frankreich auf seine Westverbuendeten USA und GB nicht verlassen kann“
b) „niemals wieder ein franzoesischer Soldat in den Tod rennen soll, nur weil dies ein britischer Lord oder amerikanischer Cowboy fordert, um seine eigenen Truppen nicht aufzureiben.“
Zitate franzoesischer Politiker, nachlesbar in: „NATO Enlargement During the Cold War: Strategy and System in the Western Alliance (Cold War History)“ by Mark Smith (Royal Military University of Sandhurst). ISBN: 0312236069 Buch anschauen
Dort wird also im Prinzip beschrieben, dass Frankreichs Verzicht auf Truppenstellung in Kommandobehoerden der NATO auf einer historischen Abrechnung mit den USA und GB ruht. Also auf dem allseitsbekannten und beruehmten franzoesischen Patriotismus; keineswegs auf militaerischem Kalkuel. Natuerlich kann man als franzoesischer Politiker eine solche Begruendung nicht offen aussprechen. Daher wird ein „militaer-politischer“ Grund vorgeschoben, der allerdings bei genauer Betrachtung des NATO-Vertrages keinen Sinn macht. Z. B. hat auch UK stets die volle Verfuegungsgewalt ueber eigene Atomwaffen behalten und stimmt sich freiwillig in der „Nuklearen Planungsgruppe“ mit der NATO ab. Eine verpflichtende Einflussnahme durch andere Staaten aber gibt es definitiv nicht.
Gruesse
tigger