Geschichtlicher Hintergrund
Hi.
Wieso werden Frauen in diversen Sendungen doof und
unselbstständig dargestellt und wieso regt sich kein
Widerstand? Oder habe ich nur zufällig zu viele Sendungen
gesehen wo das der Fall war und meine Beobachtung ist
verzerrt?
Das TV ist ein komplexes Phänomen. Deine Feststellung gibt nicht das Gesamtbild wieder. Im Ganzen gesehen werden Frauen im TV und in Filmen nicht dümmer präsentiert als Männer. Beispiele sind zahlreich und reichen von Politshows über Showsendungen bis zu Serien und Filmen. Gerade in US-Serien gibt es massenweise toughe Frauenfiguren. Was du rauspickst, sind zwar keine Ausnahmen, aber auch nicht die Regel.
Dennoch fragt sich, wie es zu dem Vorurteil der weiblichen Beschränktheit gekommen ist, das im Alltag - also im „wahren Leben“ - bei Männern viel verbreiteter ist als in den Medien erkennbar. Es bringt meiner Ansicht nach gar nichts, die Gründe dafür in der gegenwärtigen Gesellschaft zu suchen. Frauenverachtung ist ein Phänomen mit jahrtausendealter Tradition und nahm ihren Anfang vor ungefähr 8000 Jahren, als die ersten patriarchalen Sozialstrukturen sich herausbildeten - die wichtigste davon natürlich die Institution Ehe, die dem Mann ermöglichte, eine Frau an sich zu binden und so kontrollierbar zu machen. Vorher gab es nämlich keine festen Paarbeziehungen, die Sozialstruktur war matrifokal. Es dauerte dann noch Jahrtausende (bis in 1. Jt. vuZ), bis die Frau auch auf religiösem Gebiet so weit entrechtet war, dass ihre angebliche Minderwertigkeit eine religiöse Fundierung und damit Legitimität erhielt: Die weibliche Göttin und damit auch das „weibliche Prinzip“ wurde im Monotheismus abgeschafft und das männliche Prinzip (in Gestalt des einziges Gottes) verabsolutiert. Man sollte sich nicht damit täuschen, diese Ideologie sei „nur“ ein Glaubensgebilde gewesen - die Menschen jener Zeit unterschieden (außer in Philosophenkreisen) in keinster Weise zwischen Religion und Wissenschaft, für sie war Religion eine exakte Weltbeschreibung.
Über die christliche Tradition hat sich die misogyne Ideologie bis in unsere Zeit fortgepflanzt. Sie steckt bewusst oder unbewusst immer noch in fast allen (männlichen und weiblichen) Köpfen. Der Sohn lernt vom Vater und anderen Figuren, wie „mann“ mit einer Frau umgeht - nämlich offen oder verdeckt verächtlich. Diese Kettenreaktion zieht sich durch die Jahrhunderte bis zum heutigen Tag. Man kann nicht erwarten, dass hundert Jahre Emanzipationsbestrebungen das misogyne Vorurteil um mehr als fünf oder zehn Prozent vermindert hätten - es wird noch Jahrhunderte brauchen, um das gesteckte Ziel zu erreichen. So lange nämlich wird es brauchen, bis es man aufhört, Kindern die Adam-und-Eva-Geschichte mit der unsäglichen Rippeneplsode vorzulesen. Erst dann wird die christliche Ideologie endgültig abgewirtschaftet haben.
Chan