Hallo!
Angeregt durch eine Diskussion im allgemeinen Naturwissenschaften-Brett möchte ich hier einen Thread starten. Es interessiert mich, wie der freie Wille in der Philosophie gesehen wird.
Hier mal meine Gedanken dazu: Ein Mensch hat die Wahl zwischen zwei Handlungen. Wenn seine Entscheidung nur von äußeren Einflüssen abhängen würde, würden wir sie nicht als „frei“ bezeichnen. Also gibt es auch innere Faktoren, die für die Wahl ausschlaggebend sind. Die Neurophysiologie geht nun davon aus, dass alle inneren Faktoren irgendwie kausal (nicht notwendigerweise deterministisch) erklärt werden können. Es handelt sich um angeborene oder erworbene Strukturen in unserem Gehirn, also z. B. Triebe, Prägungen, Erinnerungen, … Man könnte nun auch hier sagen: Wenn die inneren Faktoren eine rational begründbare Ursache haben, dann sind sie es auch nicht, die uns in unseren Entscheidungen eine freie Wahl lassen. Was bleibt dann noch übrig?
Meiner Ansicht nach muss man den „freien Willen“ radikal anders sehen. Er ist nicht das, was von den rational verständlichen Ursachen abgekoppelt ist, sondern er ist eine emergente Eigenschaft unseres aus Nervenzellen und Synapsen aufgebauten Gehirns.
Um es mal auf den Punkt zu bringen: Wenn ein Mensch als Mörder vor Gericht steht und die Verteidigung Freispruch fordert, weil der Mord nicht seine freie Willensentscheidung war, sondern nur eine unausweichliche Reaktion seines Gehirns auf die Umstände, dann muss der Richter dieses Argument abschmettern. Zwar ist es richtig, dass es dem Angeklagten unmöglich war, etwas anderes zu wollen. Aber nichtsdestotrotz handelte er entsprechend seinem Willen. (Etwas anderes wäre die Tat eines Geisteskranken, der jemanden gegen seinen eigenen Willen tötet.)
So sehe ich das zumindest. Wie steht die Philosophie dazu?
Michael