Hallo vdmaster,
Lenin: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Kontrollieren
können wir erst den Vertragstext. Solange sollte der Grundsatz
„in dubio pro reo“ gelten. In der Diskussion in D scheint mir
aber meist der Grundsatz zu gelten, dass „die Großkonzerne“,
da sie einem fiesen Tätertypus ähneln würden, schon einmal
verurteilt sind. Und „den USA“ und „der EU“ gehts dann
genauso. Dabei haben die bereits in zahlreichen Verträgen viel
sinnvolles ausgehandelt. Aber jetzt gehts ja um das „böse
Chlorhühnchen“ und Gentechnik und lauter so „üble Sachen“. Da
kommen sachliche Argumente leider sehr oft zu kurz.
Lenin zitierte mit „Man soll vertrauen, man soll aber auch kontrollieren“ ein altes russisches Sprichwort, das in seiner Ambivalenz aber natürlich prima für einen Diktator geeignet ist.
Charles E. Lindblom hat bereits 1983 (Lindblom, Charles E.: The Market as prison. In: Journal of Politics 44, S. 324-336, 1983) geschrieben, dass, wer über Arbeitsplätze verfüge, ein hohes Druck-, ja Erpressungspotenzial gegenüber der Politik habe. Drastisch hat Lindblom gelegentlich vom „Markt als Gefängnis“ gesprochen: er lege die Politik in Fesseln (zitiert nach: Peter Graf Kielmansegg: Die Grammatik der Freiheit, Nomos-Verlag, 2013). Auch wenn Kielmansegg selbst der Kombination Demokratie-Marktwirtschaft durchaus positiv gegenüber steht, kann er dieses Argument nicht wegdiskutieren. Dies könnte erklären, warum Politiker hinter TTIP stehen, obwohl es ihnen Handlungsspielräume nimmt.
Ich habe als deutscher Bürger ein Klagerecht gegen den deutschen Staat und kann bestimmte Entscheidungen anfechten. Das wird dann vor einem ordentlichen deutschen Gericht verhandelt. Ich kann zwar behaupten, dass unsere Judikative parteiisch sei, außer Ärger wird mir das aber nichts bringen. In jeder AGB steht ein Gerichtsstand drin, das kann man auch bei internationalen Verträgen so machen. Und wenn diese Lösung doch - aus welchen Gründen auch immer - unbefriedigend sein sollte, könnte man ja einen internationalen Gerichtshof um eine Wirtschaftskammer erweitern.
Dass ein Staat oder eine Staatengemeinschaft eine der drei staatstragenden Gewalten teilweise aus der Hand gibt und einem geheim tagenden Schiedsgericht, das keine Berufungsmöglichkeiten kennt und mit privaten Wirtschaftsanwälten besetzt ist, übergibt, halte ich für äußerst bedenklich. Wer solches fordert, ist IMHO interessengeleitet.
Grüße, Thomas