Freiheit & Unterordnung

Anmerkung: Wir haben in der letzten Woche von unserem Deutschlehrer einen - für mich - aufregenden Wochenplan bekommen, nämlich einen Essay (Kommentar) zum Thema „Der Mensch zwischen Freiheitsstreben und Unterordnung“ zu schreiben. Bevor ich den Text auf Papier schreibe, wollte ich ihn mit euch besprochen haben. Er ist komplett von mir selbst geschrieben. Ich bitte um eure Meinung dazu, aber auch zum Thema an sich. Wie denkt ihr dazu - was würdet ihr hinzufügen?

Der Mensch stellt sich zwischen dem Streben nach der Freiheit und ihren Grenzen - kurzum: Er steht im Mittelpunkt der Moral und der Vernunft. Alphonse Karr, ein französischer Journalist, Schriftsteller und Satiriker belehrt uns nämlich: „Die Freiheit eines jeden hat als logische Grenzen die Freiheit der anderen.“

Unter dem Begriff „Freiheit“ verstehen wir, dass wir die Möglichkeit dazu haben, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglichkeiten eine Entscheidung zu fällen, und doch ist der Mensch von Natur aus frei, da ausschließlich er aus seinen persönlichen Entscheidungen die Konsequenzen zu ziehen hat, aber dennoch seine Entscheidungen entsprechend seiner Möglichkeiten fällen kann; de facto setzt die Fällung einer Entscheidung nämlich voraus, dass sie geringstenfalls sowohl eine positive als auch eine kontraproduktive Auswirkung in sich birgt, weshalb ein Individuum definitionsgemäß nie von der „absoluten Freiheit“, also einer Entscheidung, die keines Zwanges bedarf, sprechen kann, sich seiner Freiheit trotz alledem bewusst ist und von ihr je nach momentaner Stimmung Gebrauch machen kann.
Schon als Kind wird man belehrt: „Spiel nicht mit dem Feuer!“ Ab diesem Zeitpunkt - oder spätestens dann, wenn wir unsere Finger mit einem Feuerzeug verbrannt haben - werden wir uns dessen bewusst, dass mit Feuer nicht zu spaßen ist, sodass wir daraus eine Lehre ziehen. Gleichwohl wird diesem Kind die Freiheit überlassen, noch einmal mit dem Feuer zu spielen, doch diesmal ist er sich den Konsequenzen seiner Wahl im Klaren und entscheidet sich dafür, das Feuerzeug zur Seite zu legen, um weder sich selbst noch anderen - nämlich seinen Erziehern - zu schaden. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass Mutter Natur das Individuum mit seinem wertvollsten Wesensmerkmal geschaffen hat: der Vernunft, woran wir unsere Entscheidungen messen, jener aber auch dafür „schuldtragend“ ist, dass das Individuum nicht von einer „absoluten Freiheit“ sprechen kann; nämlich das Infragestellen des eigenen Denkens und der persönlichen Entscheidungen, sodass es sich über die positive und negative Konsequenz der Entscheidung bewusst wird.
Die Vernunft und die Infragestellung jeder Persönlichkeit ist es doch, wodurch das Individuum an sich überhaupt existiert, die aber in dem Moment ihren Sinn verliert, wenn sich ein Lebewesen nicht über die Konsequenzen seiner Entscheidungen bewusst wäre; so würde zum Beispiel eine Gesellschaft gar nicht existieren können, wenn ein Volk frei von jeglichen Gesetzen wäre, denn so würden die Individuen ihre Macht zu ihrem eigenen Zweck einsetzen und zeitgleich die Freiheit anderer bestehlen - zum Beispiel durch Mord oder Raub.
Wie könnten wir überhaupt von einer („absoluten“) Freiheit sprechen, wenn wir von Gott dazu veranlagt wären, einem uns vorgegebenen Ziel nachzugehen? Denn auch an dieser Stelle entpuppt sich die Freiheit als Unterordnung, da wir uns nicht mehr des eigenen Verstandes bedienen würden, sondern die einer uns gestellten Fähigkeit, wodurch wir unsere Gedanken nämlich erst nicht einmal mehr in Frage stellen könnten, also gar nicht mehr die Freiheit nach anderen Auswegen hätten. Im Umkehrschluss dieser These nämlich ist die Möglichkeit des eigenen Infragestellens gerade doch ein freiheitlicher Akt, der dem Individuum in den Weg gelegt wurde.

Das Vermögen, Gedanken in Frage zu stellen und seine Entscheidungen an der Vernunft zu messen, dient als Grundlage einer kultivierten Gesellschaft, die nach Freiheit strebt. Das Individuum an sich kann gar nicht ohne Gesellschaft existieren, eine Gesellschaft wiederum kann nicht ohne Toleranz bestehen, und um dies zu gewährleisten, bedient man sich einer Freiheit, die dem anderen nicht schadet, sodass eine sogenannte „Kosten-Nutzen-Situation“ ensteht: Wir handeln lieber gefühlsmäßig moralisch und werden dafür belohnt, statt einer Gesellschaft zu schaden, um im Nachhinein ein schlechtes Gewissen zu bekommen.

Hallo,

TEXTANFANG

Der Mensch stellt sich zwischen dem Streben nach der Freiheit
und ihren Grenzen - kurzum: Er steht im Mittelpunkt der Moral
und der Vernunft. Alphonse Karr, ein französischer Journalist,
Schriftsteller und Satiriker belehrt uns nämlich: „Die
Freiheit eines jeden hat als logische Grenzen die Freiheit der
anderen.“

Korrekturen:

  • er stellt sich zwischen das und jenes, nicht zwischen dem und jenem
  • richtiger: er steht zwischen Freiheit und Notwendigkeit

Wer steht im Mittelpunkt der Moral und Vernunft? Jeder einzelne Mensch? Der Mensch als Mensch? Bitte konkret bleiben. „Der Mensch“ ersetzen durch „Jeder Mensch“.

Unter dem Begriff „Freiheit“ verstehen wir, dass wir die
Möglichkeit dazu haben, ohne Zwang zwischen verschiedenen
Möglichkeiten eine Entscheidung zu fällen.

Punkt. Kurze klare Sätze = guter Stil. Unnötig lange Sätze (und hier kann man einen Punkt setzen) dienen selten der Klarheit. Entscheidungen werden getroffen, Urteile gefällt.

Und doch ist der
Mensch von Natur aus frei, da ausschließlich er aus seinen
persönlichen Entscheidungen die Konsequenzen zu ziehen hat.

Punkt. Das Und doch zeigt einen Gegensatz, z.B. dazu dass wir nicht die Möglichkeit haben, ohne Zwang … Entscheidungen zu treffen. Wo ist der Gegensatz?

Aber dennoch seine Entscheidungen entsprechend seiner
Möglichkeiten fällen kann; de facto setzt die Fällung einer
Entscheidung nämlich voraus, dass sie geringstenfalls sowohl
eine positive als auch eine kontraproduktive Auswirkung in
sich birgt.

Das „Aber dennoch“ impliziert einen Widerspruch, wie eben: Wogegen richtet sich das „aber dennoch“? Entscheidungen werden auch hier getroffen, und wenn Urteile gefällt werden, dann haben wir es mit dem Fällen von Urteilen zu tun, nicht mit der Fällung.

weshalb ein Individuum definitionsgemäß nie von
der „absoluten Freiheit“, also einer Entscheidung, die keines
Zwanges bedarf, sprechen kann, sich seiner Freiheit trotz
alledem bewusst ist und von ihr je nach momentaner Stimmung
Gebrauch machen kann.

Freilich kann ein Individuum davon sprechen. Vielleicht kann man bei einem Individuum nicht davon sprechen. Eines Zwanges bedürfen und keines Zwanges entbehren sind zwei verschiedene Dinge. „Trotz alledem“ widerspricht wieder irgendwas. Wieso, das ist erläuterungsbedürftig, sind die Tatsache, dass es in deinem Sinne keine absolute Freiheit gibt und das Bewusstsein der eigenen Freiheit entgegengesetzt?

Schon als Kind wird man belehrt: „Spiel nicht mit dem Feuer!“
Ab diesem Zeitpunkt - oder spätestens dann, wenn wir unsere
Finger mit einem Feuerzeug verbrannt haben - werden wir uns
dessen bewusst, dass mit Feuer nicht zu spaßen ist, sodass wir
daraus eine Lehre ziehen.

Gut, ein Beispiel.

Gleichwohl wird diesem Kind die
Freiheit überlassen, noch einmal mit dem Feuer zu spielen,
doch diesmal ist er sich den Konsequenzen seiner Wahl im
Klaren und entscheidet sich dafür, das Feuerzeug zur Seite zu
legen, um weder sich selbst noch anderen - nämlich seinen
Erziehern - zu schaden.

  • Es ist das Kind, und es (nicht: er) ist sich über die (nicht: den) Konsequenzen im Klaren.

Dieses Beispiel soll verdeutlichen,

dass Mutter Natur das Individuum mit seinem wertvollsten
Wesensmerkmal geschaffen hat: der Vernunft, woran wir unsere
Entscheidungen messen, jener aber auch dafür „schuldtragend“
ist, dass das Individuum nicht von einer „absoluten Freiheit“
sprechen kann;

Wer ist „jener“? Vernunft, woran… oder Vernunft, an der/mit der ? Wer ist schuldtragend dafür, dass das Individuum nicht von einer absoluten Freiheit sprechen kann? Mutter Natur? Wieso ist sie ein er? Und dieser er trägt auch noch eine Schuld?

nämlich das Infragestellen des eigenen Denkens
und der persönlichen Entscheidungen, sodass es sich über die
positive und negative Konsequenz der Entscheidung bewusst
wird.

Der Gedanke ist einleuchtend, wie dieser Satz mit dem letzten zusammenpasst, ist mir noch nicht klar.

Die Vernunft und die Infragestellung jeder Persönlichkeit ist
es doch, wodurch das Individuum an sich überhaupt existiert,
die aber in dem Moment ihren Sinn verliert, wenn sich ein
Lebewesen nicht über die Konsequenzen seiner Entscheidungen
bewusst wäre;

Bitte schreib mit Punkten, nicht mit Semikola. Das Individuum existiert an sich überhaupt, wenn es jede Persönlichkeit infragestellt?
… die aber ihren Sinn verlöre, wenn … wäre.
Not: die aber ihren Sinn verliert, wenn … wäre.
Aber: die aber ihren Sinn verliert, wenn … ist.

so würde zum Beispiel eine Gesellschaft gar
nicht existieren können, wenn ein Volk frei von jeglichen
Gesetzen wäre, denn so würden die Individuen ihre Macht zu
ihrem eigenen Zweck einsetzen und zeitgleich die Freiheit
anderer bestehlen - zum Beispiel durch Mord oder Raub.

Das sind die Schranken, die Grenzen meiner Freiheit im Miteinanderleben. Führe doch diesen Gedanken genauer aus, trenne zwischen Beschränkung der Freiheit durch andere freie Wesen und Beschränkung der Freiheit durch die Natur.

Wie könnten wir überhaupt von einer („absoluten“) Freiheit
sprechen, wenn wir von Gott dazu veranlagt wären, einem uns
vorgegebenen Ziel nachzugehen?

Das ist wieder eine dritte, theologische Frage, die von den anderen zu unterscheiden wäre.

Denn auch an dieser Stelle
entpuppt sich die Freiheit als Unterordnung, da wir uns nicht
mehr des eigenen Verstandes bedienen würden, sondern die einer
uns gestellten Fähigkeit, wodurch wir unsere Gedanken nämlich
erst nicht einmal mehr in Frage stellen könnten, also gar
nicht mehr die Freiheit nach anderen Auswegen hätten.

Klarheit der Sätze. „Da wir uns nicht mehr des eigenen Verstandes bedienen würden, sondern die einer uns gestellten Fähigkeit, wodurch…“
bring erstmal den Satz mit der Fähigkeit zu Ende bitte.

Im
Umkehrschluss dieser These nämlich ist die Möglichkeit des
eigenen Infragestellens gerade doch ein freiheitlicher Akt,
der dem Individuum in den Weg gelegt wurde.

Du hast bisher leider keine These präsentiert, sondern viele richtige Sätze durcheinandergesagt. Zur These fehlt noch die Struktur.

Das Vermögen, Gedanken in Frage zu stellen und seine
Entscheidungen an der Vernunft zu messen, dient als Grundlage
einer kultivierten Gesellschaft, die nach Freiheit strebt.

Nicht das Vermögen, sondern der Gebrauch des Vermögens doch wohl. Aber ja, der Teil ist wiederum ziemlich aufklärerisch.

Das
Individuum an sich kann gar nicht ohne Gesellschaft
existieren, eine Gesellschaft wiederum kann nicht ohne
Toleranz bestehen, und um dies zu gewährleisten, bedient man
sich einer Freiheit, die dem anderen nicht schadet, sodass
eine sogenannte „Kosten-Nutzen-Situation“ ensteht: Wir handeln
lieber gefühlsmäßig moralisch und werden dafür belohnt, statt
einer Gesellschaft zu schaden, um im Nachhinein ein schlechtes
Gewissen zu bekommen.

Gut, hier geht es wieder ganz klar um Gesellschaft. Dann schreibe doch den Text daraufhin, dass er das Problem: Leben in Gesellschaft, zwischen absoluter Freiheit und Gesetzen, behandelt. Mir fehlt noch massiv an Struktur, was auf ein unklares Nebeneinanderbestehen aufklärerischer Gedanken zurückzuführen ist. Beschränke dich auf einen Problemkontext und du wirst eine bessere Struktur finden. Inhaltlich schreib, was dich überzeugt, aber um andere zu überzeugen, musst du das besser mitteilen.

Grüße

Eric