Freistellung während Krankschreibung?

Hallo,

Angenommen man ist krankgeschrieben. Der Chef hat telefonisch mitgeteilt, dass der Vertrag zum 15.4.2019 ausläuft und nicht verlängert wird. Er verweist auch auf eine sofortige unwiderrufliche Freistellung unter Anrechnung der 8 Resturlaubstage aus dem Vorjahr sowie der vorhandenen 19,5 Überstunden. Das Ganze liegt mittlerweile auch schriftlich vor.

Da eine Krankschreibung vorhanden und eingereicht ist (krank vor der ausgesprochenen Freistellung bzw Mitteilung, dass der Vertrag nicht verlängert wird), können da die Resturlaubstage angerechnet werden oder müssen diese ausbezahlt werden? Kann vielleicht eine Rechtsgrundlage genannt werden, auf die man den noch-Arbeitgeber aufmerksam machen könnte, sollte das nicht der Fall sein?

Vielen Dank für Rückmeldungen!
Advena

Hallo,

der AG denkt wohl, dass er mit dieser Formulierung Urlaubstage und Überstunden kostenneutral egalisieren kann.
Beim Urlaub stimmt das aber nicht:
Freistellung unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen?

Wollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung unwiderruflich freistellen, wurde bis 2015 häufig auf folgende Standardfloskel zurückgegriffen: „Sofortige Freistellung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche“. Dabei wurde der Resturlaub im Prinzip direkt mit der Freistellung abgegolten.

Im Februar 2015 änderte das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung und passte sich damit an die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs an. Dieser geht nämlich von einem einheitlich-zweigliedrigen Urlaubsbegriff aus, der sich wie folgt zusammensetzt:

Urlaub = Freizeit + Entgelt

Laut BAG handelt es sich nur dann um bezahlten Erholungsurlaub, wenn dem Arbeitnehmer sowohl Freizeit als auch Urlaubsentgelt gewährt wird. Beriefe sich ein Arbeitsgeber bei einer fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung nun darauf, dass der Arbeitnehmer unter Anrechnung sämtlicher Urlaubsansprüche freigestellt wird, ist zwar das Recht auf Freizeit gewährt, nicht aber das auf das zugehörige Entgelt. Der Resturlaub muss im Falle der sofortigen Freistellung also ausbezahlt werden.
Quelle: https://www.deutsche-anwaltshotline.de/urlaub-und-freistellung-nach-kuendigung

Bei Krankheit können auch keine Überstunden abgebaut werden, Urlaubsansprüche sowieso nicht.
Solltest du also noch einen Monat arbeitsunfähig erkrankt bleiben (AU-Bescheinigungen unbedingt einreichen!), dann sind Urlaub und Überstunden auszubezahlen, sonst nur der Urlaub.

Nur nochmal zum Verständnis: es war also von Beginn an (also lange vor Krankheit und Anruf vom Chef) klar, dass der Vertrag am 15.4 enden wird? Es war nur nicht klar, ob der verlängert wird oder nicht, richtig?

Irgendwie kommt mir das komisch vor. Denn kein Chef wird sich doch wegen popeliger vier Wochen auf juristisches Glatteis begeben. Grad wenn noch ungefähr zwei Wochen aus Resturlaub und Überzeit anfallen. Dann reden wir von ungefähr zwei Wochen, in denen Du noch da wärest und bei aktueller Krankschreibung wissen wir ja gar nicht, wie lange die Krankheit noch dauern wird. Bist Du sicher, dass es keine komplett irrelevanten Details in dieser Geschichte gibt, die wir vielleicht wissen müssten?

Und gehen wir auch davon aus, dass das - obwohl die Beschreibung danach klingt - nicht im öffentlichen Dienst spielt?

Hallo und vielen Dank für die Rückmeldungen,

der Vertrag war befristet, aber bis Ende Februar hat man noch massenhaft Aufgaben übertragen bekommen, die darauf schließen lassen, dass der Vertrag verlängert wird (aufgrund der langfristigen Bearbeitung.) Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass der Vertrag auslaufen soll. Feedback bis zur Krankschreibung immer positiv.

Es gab einen Todesfall in der Familie und nun ist man seit dem 22. Februar 2019 krank geschrieben, bis Ende März 2019. Die AU wird voraussichtlich verlängert.

Und nein, kein öffentlicher Dienst.

Herzliches Beileid, erstmal. Und es ist natürlich übel, wenn zu dem persönlichen Schmerz dann auch noch so eine Sache dazu kommt :frowning:

Advena:
Die AU wird voraussichtlich verlängert.

Aber dann ist doch alles gut? Dann bleibste krank geschrieben bis der Vertrag ausläuft, so dass Du keine Chance hast, Urlaub und Überzeit abzubummeln.

Nochmal ne Zwischenfrage: es gab aber nicht wirklich ein Gespräch mit Deinem Chef, in dem er Dir explizit die Verlängerung vom Vertrag angeboten hat? Oder gar irgendwelche Mails, in denen er schreibt „ab Mitte April machen Sie dann…“? Ich vermute aber nicht und ich vermute auch, dass Du nach dieser Nummer von Deinem Chef dort erstmal nicht weiter arbeiten willst? [Und eine Anmerkung dazu: falls Du Dich noch nicht arbeitssuchend gemacht hast, hol das bitte schleunigst nach! Normalerweise musst Dich 3 Monate vor Ablauf eines befristeten Vertrags melden!]

Aber dank Deiner Erklärung verstehe ich Deinen Chef (vermutlich kleiner Betrieb ohne große Weitsicht, richtig?): hatte jede Menge Arbeit für Dich, nun fällst Du erstmal ne Weile aus - da nutzt er die „Chance“ Dich loszuwerden… Das ist schlimm, traurig, schrecklich und verwerflich aber erstmal nicht zu ändern. Das einzige was ich glaub ich in dem Fall tun würde (vorausgesetzt, Du kriegst das gesundheitlich hin!) wäre auf allfällige Post vom Chef die um Deine Unterschrift bittet mit einer Antwort eines Fachantwalts zu kontern. Wenn ich mir das richtige Bild von dieser Situation mache, wird der Chef beim ersten anwaltlichen Schreiben einknicken und Dir alles mögliche auszahlen :wink: Das musst Du natürlich aber wissen, ob Du den so einschätzt…

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Hallo nochmal und nochmal danke,

Emails in der Art nicht, nein, nicht das ich auf Anhieb wüßte. Ich bin in seinem Brief auch aufgefordert worden Firmeneigentum (Schlüssel, Mitarbeiterkarte) nun umgehend abzugeben. Einen Anwalt will ich nicht wirklich bemühen. Ich denke er wird, wenn ich die Rechtsgrundlage in meinem Schreiben schildere, auch entsprechend reagieren. So schätze ich ihn schon ein.

Ja, es ist ein kleiner Betrieb, aber es ist für mich auch kein Verlust, im Gegenteil. Habe zu Beginn des Jahres wieder angefangen Bewerbungen zu schreiben. Aus diversen Gründen ist das kein Betrieb mit dem ich alt werden wollte.

Die AfA hat mich kürzlich erst angeschrieben, ja, da muss ich mich noch melden.

Danke vielmals.

Was ist Dir , 44 Min nach X_Stroms Beitrag noch so unklar gewesen, dass Du meinst dies beizutragen müssen? ramses90

Danke für diese interessierte und nette Nachfrage samt Abwertung :slight_smile: Freut mich. Und gut dass wir drüber gesprochen haben. Für Dich alles liebe :heart:

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Ja, das verstehe ich :slight_smile: Aber ich denke mal, dass das die beste Möglichkeit ist, die Sache für Dich schnell, schmerzfrei (und mehr Schmerz ist vermutlich das letzte was Du aktuell brauchst) und finanziell gut (wir wissen ja noch nicht, ob Du ggf. ne Sperrzeit bekämest) über die Bühne zu bringen. Denn bedenke, nicht nur willst Du „dort raus“ sondern Du willst auch noch ein anständiges Zeugnis (was erfahrungsgemäß in solchen Konstellationen nicht automatisch und wunschgemäß passiert)

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