Fremdsprache vs. Muttersprache

Hallo Pädagogen,

imm Freundeskreis haben wir ein Kind, dessen Muttersprache Englisch ist, das aber hier in Deutschland aufgewuchs und ebenfalls sehr gut die Vatersprache Deutsch spricht. In der Schule wurde nun eine Leseschwäche festgestellt, die aber nur im Deutschen auftritt. Anscheinend werden Sprachen an unterschiedlichen Stellen im Gehirn abgelegt, da könne es schon mal vorkommen, dass nur bei der einen oder anderen Sprache Störungen auftreten. Beim Test des Kindes stellte sich auch heraus, dass es sih im Englischen heimischer fühlt, lieber Englisch spricht, denkt und liest als Deutsch. Nun wäre es naheliegend, das Kind auf eine englischsprachige Schule / Internat zu schicken. Bloß befürchten die Eltern, dass der Schulwechsel das Kind mehr belasten würde als die Leseschwäche (außerdem dürfte das Kind seinen künftigen Lebensweg vermutlich eher in Deutschland zurücklegen als in GB oder USA).

Was haltet ihr von einem Schulwechsel? Oer wie kann man der Leseschwäche beikommen?

Danke für Eure Ratschläge!

Wolfgang D.

Hallo Wolfgang,

wie alt ist denn das Kind?

Schöne Grüße,
Jule

Hola,

Ja, das Alter wäre interessant!

Ich kann nur ein eigenes Beispiel geben:

Meine Tochter ist halb Deutsch, halb Französisch geborene. Als sie 1,2 war sind wir nach Indonesien ausgewandert, vobei der Vater 1 Jahr später verschütt gegangen ist.

Sie ist mittlerweile 12,5 Jahre, spricht fließend Deutsch und Indonesisch und Englisch.
Nach 4 Jahren in einer balinesischen Schule - wobei dort die Umgangssprache Balinesisch war, also versteht sie auch dieses - ist sie nach der 6. Klasse in eine internationale Schule gekommen und gleich in die 8. Klasse gestuft worden.
Dort wird nur Englisch gesprochen und sie kommt fließend mit!

Ich denke die Leseschwäche wird sich geben, nicht den Kopf verlieren!
Oft wird viel zu früh interveniert.

Nochmal ein Jahr draufgeben und dann weiter sehen.

Grüße
Susanne

Hallo,

ganz banal: WO wohnt das Kind?
Wenn nicht im Rhein-Main-Gebiet oder in Berlin (oder der Vater Mitglied der amerikanischen Streitkräfte ist), wird die englischsprachige Schule nämlich sehr teuer. Wir reden von ca. 1000€ im Monat aufwärts für internationale, englischsprachige Privatschulen in Deutschland.

Ich würde gegen einen Schulwechsel plädieren. Eine LRS haben auch andere Kinder, die nicht auf eine andere Sprache ausweichen können und die ihre Schullaufbahn dennoch erfolgreich abschließen.

Gruß
Elke

Hallo,

ganz banal: WO wohnt das Kind?
Wenn nicht im Rhein-Main-Gebiet oder in Berlin (oder der Vater
Mitglied der amerikanischen Streitkräfte ist), wird die
englischsprachige Schule nämlich sehr teuer. Wir reden von
ca. 1000€ im Monat aufwärts für internationale,
englischsprachige Privatschulen in Deutschland.

Ich würde gegen einen Schulwechsel plädieren. Eine LRS haben
auch andere Kinder, die nicht auf eine andere Sprache
ausweichen können und die ihre Schullaufbahn dennoch
erfolgreich abschließen.

Hi Elke,

eine konkrete Schule ist noch nicht angepeilt. Aber wenn es im Raum Göppingen - Stuttgart keine geeignete Schule gibt, wäre auch ein Internat nicht ausgeschlossen.

Wir meinen auch, dass ein Schulwechsel erhebliche Probleme verursachen würde die eigentlich „nur“ wegen einer Leseschwäche unangemesen sind. Die Eltern sind dabei, auf die Lehrer einzuwirken, z.B. dem Kind die Prüfungsaufgaben vorzulesen, denn es braucht einige Zeit einen Text zu lesen und zu verstehen.

Wolfgang D.

Hallo Jule,

der hoffnungsvolle Sprößling ist bald 9 Jahre alt.

Wolfgang D.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Wolfgang

eine konkrete Schule ist noch nicht angepeilt. Aber wenn es im
Raum Göppingen - Stuttgart keine geeignete Schule gibt, wäre
auch ein Internat nicht ausgeschlossen.

Stuttgart hat eine internationale Schule:
http://www.international-school-stuttgart.de/pages/s…
Allerdings muessten die Eltern wirklich, wie Elke schon sagte, mit Schulgebuehren um die 900 Euro pro Monat rechnen.
Die Frage ist halt auch, wie gut ihr Englisch wirklich ist. Kann sie in der Sprache fliessend lesen und schreiben? Hat sie das noetige Vokabular um bei allem mitzukommen (z.B. kenn ich einige Woerter auf Deutsch nicht, weil ich sie nie benutzt haben…Ich muss dann immer Sachen umschreiben, die ich auf Englisch ganz problemlos erklaeren kann.)? Mit 9 wuerde sie bei uns ja schon in die 5. Klasse kommen…

Ob ich ein Kind im Alter von 9 Jahren wirklich wegen einer Leseschwaeche auf ein Internat sonstwohin verfrachte, wuerde ich mir wirklich gut ueberlegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass normale dt. Schulen damit nicht auch umgehen koennten.

Die Eltern sind dabei, auf die
Lehrer einzuwirken, z.B. dem Kind die Prüfungsaufgaben
vorzulesen, denn es braucht einige Zeit einen Text zu lesen
und zu verstehen.

Den Teil find ich etwas komisch. Wieso muessen denn die Eltern dazu auf die Lehrer einwirken? Was wuerden die Lehrer denn sonst machen? Ich lese (und schreibe) fuer einige meiner Schueler regelmaessig im ganz normalen Unterricht, obwohl die offiziell keine Schwierigkeiten haben. Ausserdem habe ich fuer den Grossteil meiner Mathegruppe Leseunterstuetzung fuer die Pruefungen am Jahresende beantragt, weil sich gezeigt hat, dass sie alleine dadurch oft die doppelte Punktzahl schaffen. Allerdings muss ich nachweisen koennen, dass sie diese Unterstuetzung im Unterrichtsalltag bekommen, sonst ist es fuer die Pruefungen nicht zulaessig.

Kel

hallo wolfgang, mir wurde in meiner schulzeit auch öfters eine leseschwäche diagnosiziert. doch aus mir ist was geworden! ich habe mittlerweile den quali nachgeholt und bin eine angesehene fachkraft in meinem mätier. also brauchst du keine angst haben wegen deiner tochter denn aus der wird auchnoch was .

grus
Marvin

Hallo,

eine konkrete Schule ist noch nicht angepeilt. Aber wenn es im
Raum Göppingen - Stuttgart keine geeignete Schule gibt, wäre
auch ein Internat nicht ausgeschlossen.

Von der Int. Schule in Stuttgart hat Kel schon geschrieben. Wie gesagt: Privatschule. Internat wird noch teurer.

Wir meinen auch, dass ein Schulwechsel erhebliche Probleme
verursachen würde die eigentlich „nur“ wegen einer
Leseschwäche unangemesen sind. Die Eltern sind dabei, auf die
Lehrer einzuwirken, z.B. dem Kind die Prüfungsaufgaben
vorzulesen, denn es braucht einige Zeit einen Text zu lesen
und zu verstehen.

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass eine LRS in einer Sprache so ausgeprägt ist, dass das das Kind dem normalen Unterricht nicht folgen kann und in der anderen Sprache keinerlei Probleme haben soll.
Bedenkt auch: wenn sich in der englischsprachigen Schule dann ebenfalls eine besondere Förderung als nötig erweist, kann man die in Deutschland auf Englisch nicht so leicht bekommen wie auf Deutsch.
Hinzukommt, was Kel auch schon angedeutet hat: da das gesamte Umfeld (bis auf den Vater) für das Kind deutsch ist, wird es mit einer englischsprachigen Schule nicht einfach.
Ich würde mir das mit einer englischsprachigen Schule noch dreimal überlegen.

Gruß
Elke

Hallo Wolfgang,

nach meiner Erfahrung nutzen Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, ihre Sprachfähigkeiten ökonomisch. D.h. sie beherrschen oft verschiedene Dinge in den verschiedenen Sprachen unterschiedlich gut. Wenn beide Sprachen regelmäßig benutzt werden, entwickelt sich eher selten ein deutlicher Unterschied zu Gunsten oder zu Lasten einer Sprache.

Da, wie du schreibst, der Lebensmittelpunkt Deutschland bleiben soll, würde ich persönlich zum Besuch einer deutschen Schule raten, da nicht zuletzt auch Kulturtugenden gelernt werden, die sich von denen in internationalen Schulen unterscheiden.

Als Mutter würde ich eher Wert darauf legen, dass mein Kind in einem möglichst konstanten und zu seinen sozialen Bedürfnissen passenden Umfeld aufwächst - ein bisschen Leseschwäche hin oder her.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

imm Freundeskreis haben wir ein Kind, dessen Muttersprache
Englisch ist, das aber hier in Deutschland aufgewuchs und
ebenfalls sehr gut die Vatersprache Deutsch spricht.

Hier wäre interessant zu erfahren, welche Sprache zuhause gesprochen wird. Sollte es Englisch sein, wäre für das Kind vielleicht hilfreich, wenn man mal einige Zeit nur deutsch spricht.

In der Schule wurde nun eine Leseschwäche festgestellt, die aber nur
im Deutschen auftritt. Anscheinend werden Sprachen an
unterschiedlichen Stellen im Gehirn abgelegt, da könne es
schon mal vorkommen, dass nur bei der einen oder anderen
Sprache Störungen auftreten.

Die neuere Forschung hat inzwischen gezeigt, daß dies nicht so zutrifft. Die Vernetzung im Gehirn ist ausgesprochen engmaschig und so gut wie alles mit allem verbunden, es bilden sich auch ständig neue Neuronen, die neue Verbindungen herstellen. Um das zu fördern könnte es hilfreich sein mal kleine Übersetzungsspiele deutsch-englisch-deutsch mit dem Kind zu machen. Oder der Vater tut so als würde er etwas Englisches bei der Mutter nicht verstehen und wendet sich hilfesuchend dem Kind zu…

Beim Test des Kindes stellte sich
auch heraus, dass es sih im Englischen heimischer fühlt,
lieber Englisch spricht, denkt und liest als Deutsch.

Und da liegt wohl auch der Grund für die sog. Leseschwäche. Vermutlich spricht die Mutter nur Englisch mit dem Kind, dazu kommt die enge Bindung von Mutter und Kind. Ich bin selbst zweisprachig aufgewachsen, als Kind und Jugendliche waren mir beide Sprachen zwar gleich lieb, später änderte sich das, vermutlich dadurch, daß meine Eltern darauf achteten, daß alle Kinderbücher in deutsch waren, weil sie befürchteten, daß Deutsch sonst ins Hintertreffen geraten würde. Das bewirkte aber, daß ich als Jugendliche keine Bücher in der Fremdsprache lesen mochte, obwohl es in der Schule damit nie Probleme gab.

Aus diesem Grund würde ich den Eltern dieses Kindes empfehlen, es dazu zu animieren, deutsche Bücher zu lesen - sie sollten dann solche Inhalte haben, die spannend sind und den Interessen des Kindes zur Gänze entsprechen. Zu Beginn auch mit vielen Bildern und ansprechender Aufmachung. Mir besorgten damals die Eltern die Nesthäkchen-Bände in der altdeutschen Schrift, die ich nicht kannte - das lernte ich aber ganz schnell, wollte ich doch unbedingt wissen, was da im Buch alles geschah!

Nun wäre es naheliegend, das Kind auf eine englischsprachige Schule /
Internat zu schicken. Bloß befürchten die Eltern, dass der
Schulwechsel das Kind mehr belasten würde als die Leseschwäche
(außerdem dürfte das Kind seinen künftigen Lebensweg
vermutlich eher in Deutschland zurücklegen als in GB oder
USA).

Und genau so würde ich auch denken. Die Leseschwäche dürfte auf jeden Fall vorübergehend sein und hängt mit der Vorliebe für’s Englische zusammen. Bei einer englischen Schule, würden im Deutschen dann Lücken entstehen, die man zwar später noch aufholen könnte, aber das Leben in Deutschland einen Tick erschweren würde. Das sollte man aber auch nicht überschätzen - wenn man in einem Land lebt, und gute Grundkenntnisse der Sprache schon in der Kindheit lernte, kann man es immer noch nachholen und dann die Sprache trotzdem fließend beherrschen. Das gilt natürlich auch für die bereits erworbenen Englischkenntnisse. Das geht nicht mehr verloren. Ich sprach eine Sprache mal 5 Jahre garnicht, bei einem Neuanfang verstand ich alles, brachte aber keinen Satz mehr zusammen - drei Wochen mit Freunden in dieser Sprache und alles war wieder da!

Was haltet ihr von einem Schulwechsel? Oder wie kann man der
Leseschwäche beikommen?

Davon halte ich nur wenig. Das Kind verliert die Freunde, kommt in eine völlig neue Umgebung und wird womöglich noch von den Eltern getrennt und besonders letzteres halte ich für problematisch. Ich weiß in England gehen die Jungs schon mit 6 nach Eton und die Mädchen mit 8-9 auf ein ähnlich renommiertes Internat, da fließen aber auch sehr viele Tränen.

Der Leseschwäche kommt man am besten bei, wenn man mit dem Kind Geschichten liest, die es wirklich spannend und interessant findet. Das geht in einer liebevollen Umgebung mit den Eltern am besten. Zuhause sollte nur deutsch gesprochen werden, dem Kind aber die Freiheit gelassen werden, wie es antwortet - die Umstellung kommt dann allmählich von alleine. Zwang sollte auf keinen Fall ausgeübt werden, das Kind würde dann Deutsch mit Zwang gleichsetzen, dann ginge gar nichts mehr. Bei manchen Kindern setzt mit etwa 10-11 oft auch eine Phase ein, wo sie die Fremdsprache, hier Englisch, nicht mehr sprechen wollen, weil sie sich mit deutschen Freunden, dann als Außenseiter fühlen. Auch diesen Prozeß kann man als Eltern unterstützen und nutzen.

Herzliche Grüße,
Cantate

hi wolfgang,
vielleicht musst du bei rechtschreib-/grammatikalischen Problemen auch bedenken, dass die sprache deutsch wesentlich komplizierter ist als das englische. kinderbücher mit für sie interessanten themen, wie oben empfohlen, sind auf jeden fall die erstbeste möglichkeit und bringen vielleicht schon „genug“. lest ihr auch weiterhin viel vor - vielleicht immer ein paar sätze abwechselnd, um es ihr zu erleichtern und schmackhaft zu machen. wäre später eine bilinguale schule nicht ganz gut, um ihre schulischen leistungen zu verbessern, also unterricht in den verschiedenen fächern auf englisch? internat oder schulwechsel finde ich sehr problemtisch: zusätzlich zum leseproblem noch das soziale und womöglich das gefühl, abgeschoben zu werden??
ich wünsche euch viel glück und geduld!

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