Das weiß ich nicht.
Darwin beschäftigte sich, wie der Titel des genannten Werks bereits verrät, mit der Entstehung der Arten, nicht mit ihrer Erhaltung - grundsätzlich etwa „Genetische Stabilisierung der Ergebnisse von zufälligen Mutationen in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen“. Und das, was er in diesem Werk darlegt, ist eben kein Modell, sondern eine im nämlichen, lesenswerten Buch mit einer ausreichenden Zahl an Belegen versehene Theorie, die auf Beobachtungen - die bekannteste, aber bei weitem nicht einzige die von Finken auf den Galapagos-Inseln - und nicht auf gedanklichen Spekulationen und Deutungen beruht (er war schon deswegen kein Popper-Fän, weil das zeitlich nicht so passte; aber sein Werk zeigt auch, dass er unabhängig von den später veröffentlichten Weisheiten von Avenarius, Popper usw. kein Anhänger des Idealismus war.)
Dass Darwins zentrale Erkenntnis bis heute laufend bis zur Unkenntlichkeit „verbessert“ wird, hat den einfachen Grund, dass seine „Entstehung der Arten“ keinen Platz für eine Schöpfung lässt, in der jede Art „fertig“ vom Schöpfer gemacht wird. Ihm selber war es übrigens auch einigermaßen unheimlich, was er gefunden hat - ein nicht zu unterschätzendes Verdienst, dass er trotzdem nicht den Deckel draufgehalten hat, z.B. um der ewigen Verdammnis zu entgehen. Aber das führt zu weit weg jetzt.
Dass Du ausgerechnet den Menschen mit seiner ausgesprochen seltenen inversen Populationsdynamik herausgreifst, ist nicht von ungefähr: Zum Idealismus gehört eben auch die Sache mit der „Krone der Schöpfung“, obwohl von dieser Krone noch keineswegs bekannt ist, ob sie nicht eine Fehlentwicklung ist, die sich vielleicht wie so viele andere als „unfit“ zeigen und verschwinden wird. Ob die genuin menschliche Eigenschaft, auf schlechte Lebensbedingungen mit einer höheren Vermehrungsrate zu reagieren, in der Natur oder der Kultur bedingt ist, lässt sich nicht ohne weiteres sagen, aber dass das Phänomen über alle menschlichen Kulturen einheitlich auftritt, spricht für einen natürlichen Ursprung. Vermutlich ein Bug im Programm, der dazu führt, dass Homo sapiens sapiens als Art entweder sehr bald oder nicht mehr die Kurve kriegen wird.
Nahrungsmangel als Regulativ in der Dynamik der Population ist so ineffizient, dass bei so vielen höher entwickelten Lebewesen bessere Systeme eingerichtet sind, dass man dieses grobschlächtige und leicht zu recht ungünstigen Ergebnissen in Gestalt einer sehr großen Zahl sehr schwächlicher Individuen führende Regulativ keineswegs als „üblich“ bezeichnen kann. Ob und wie weit die Populationsdynamik bei Bonobos erforscht ist, weiß ich nicht - sicher ist, dass man zu diesem Zweck zu ihnen hingehen muss, etwa so, wie es Jane Godall bei Schmipansen gemacht hat, und dass es keinen Erkenntnisgewinn bringt, wenn man sich aus der sicheren Entfernung von etwa neuntausend Kilometern überlegt, wie sie denn sein könnte oder gar „müsste“ und sich dann wundert, wenn die Wirklichkeit nicht diesen hübschen Ideen folgt.
Schöne Grüße
MM