Friedliche Bonobos durch ausreichend Futter - passt das?

Hallo,

bekanntlich leben die Bonobo-Schimpansen recht friedlich zusammen, lösen Konflikte per Sex (egal, welchen Geschlechts der Partner ist) und teilen oft Futter mit anderen Gruppen.
Die Normalschimpansen (Nordkonko) benehmen sich eher wie Menschen.

Als Erklärung für das friedfertige Verhalten der Bonobos habe ich mehrfach gehört, es liege am guten Futterangebot. Aber warum gibt es dieses gute Futterangebot?
Normerlweise vermehrt sich eine Population von egal was solange, bis ein Gleichgewicht zwischen Nahrungsangebot und Bedarf erreicht ist. Sobald dann ein Mangel im Futterangebot eintritt (durch was auch immer, Klima, andere Nahrungskonkurrenten, Krankheiten der Futterpflanzen/tiere etc., irgendwas kommt immer mal dazwischen) entsteht eine Konkurrenzsituation. In solcher Situation überleben normalerweise die gemeinen, skrupellosen Kämpfer eher bzw. haben mehr eigenen Nachwuchs als die friedlichen Teiler.

Was machen die Bonobos, damit dieser Fall bei ihnen offenbar nicht eintritt? Vermehren sie sich nicht bis ans Limit? Werden die Bonoboweibchen ev. nur empfängnisbereit, wenn es einen Nahrungsüberschuss gibt?
Hat das überhaupt mal jemand untersucht?

Gruß,Paran

Hallo

Also, ich habe immer gelesen, dass es an deren Verhalten liegt, das du hier geschildert hast:

(Make love, not war)

Es kommt wohl noch hinzu, dass die Männer hier nicht so dominant sind, wenn überhaupt. Es scheint da ein starkes Matriarchat zu geben.

Viele Grüße

Hallo,

ich glaube, dass die Futter-These nur eine These ist und dass uns wirklich überzeugende Erklärungen für das Verhalten der Bonobos noch fehlen.

Ich habe vor einiger Zeit diesen Artikel gefunden (und inzwischen auch ein paar andere gefunden, die das zu bestätigen scheinen - oder eventuell auch nur abgeschrieben sind, es ist nur ein Interesse meinerseits, ich habe kein tiefgründiges Wissen auf diesem Gebiet):
http://www.livescience.com/42008-why-bonobos-are-peaceful.html
Dort wird die These aufgestellt, dass das friedlichere Verhalten der Bonobos im Vergleich zu ihren Verwandten auf ein bestimmtes Hormon zurückzuführen ist.

Grüße
Siboniwe

Hallo,

beide Erklärungen passen, aber kann sich eine Art solches Verhalten „leisten“ wenn das Futter knapp wird? Ich denke schon, dass das Futterangebot auch eine Bedingung für das friedliche Zusammenleben ist.

Nur: so gut wie immer ausreichend Futter führt üblicherweise zu entsprechender Vermehrung und damit zu geringerem bis knappem Futterangebot.

Warum ist dieses in der Natur übliche Szenario bei den Bonobos nicht der Fall?

Gruß, Paran

Ja, weil die sozialdarwinistischen Ideen vom individuellen Konkurrenzkampf „jeder gegen jeden“ eben nicht das sind, was „survival of the fittest“ bedeutet. Dieses bezieht sich nämlich auf Arten, nicht auf Individuen.

Der bürgerliche Konkurrenzkampf, in dem jeder für sich bemüht ist, alle anderen möglichst in die Pfanne zu hauen, ist in der Natur nicht üblich, sondern ein Phänomen, was sich erst in der menschlichen Kultur entwickelt hat.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

eher auf Gruppen als auf ganze Arten.
Löwenmännchen töten die Jungen eines anderen Männchens ja nicht zur Arterhaltung, Ameisenstaaten bekämpfen sich, wenn es um Nahrungskonkurrenz geht und die Nordkongoschimpansen unterliegen auch der Evolution, bilden aber Gruppen, die andere Gruppen der gleichen Art durchaus bekämpfen - sogar innerhalb der Gruppen mobben.

Der Zusammenhalt von Gruppen oder Clans hat verm. damt zu tun, dass innerhalb der Gruppen eine größere Übereinstimmung der Gene herrscht, als in der gesamten Art. Daher halten auch Familien enger zusammen, als weniger verwandte Gruppen. Damit können auch in Gruppen lebende Individuen mehr ihrer Gene zum Überleben verhelfen.

Aber all das erklärt nicht, warum die Bonobos ausreichend Nahrung haben, statt sich bis zur Hungergrenze zu vermehren. Und das ist m.E. eigentlich Überraschende.

Gruß, Paran

Servus,

nein, tatsächlich auf Arten. Es handelt sich um den Begriff, der von Charles Darwin in seinem zentralen Werk ‚On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life‘ geprägt worden ist. Von der dort ausgeführten Theorie unabhängige Hypothesen sollten auch eigene Begriffe bilden und verwenden.

Deine übrigen Hypothesen haben alle einen methodischen Mangel: Sie sind nicht durch Beobachtung entstanden oder unermauert, beschreiben also allenfalls zufällig die Realität. Für dieses

und dieses

und dieses

und dieses

gibt es keine Belege in der Wirklichkeit, sondern es sind ideologische Konstrukte, die sich nur gegenseitig begründen, aber unabhängig von der beobachtbaren Realität.

Wenn Du Dir mal anschaust, wie viele verschiedene Wege zur Regulierung von Populationen es gibt, wirst Du nicht mehr einen zufällig gegriffenen als den „üblich“ generell gültigen annehmen, und dann folgerichtig auch nicht mehr andere Wege als überraschende Ausnahmen betrachten.

Schöne Grüße

MM

Gibt es Belege für die Theorie der „Arterhaltung“?

Darwin hat ein erstes Modell formuliert, das war gut und vor allem revolutionär. Das heißt nicht, dass schon alles im Deail richtig war.

Es gibt reichlich Belege in der Natur, schon die Historie des modernen Menschen in den letzten 50.000 Jahren passt. Es gab auch Versuche mit Ratten und bei Mäusen erlebt man das in der Landwirtschaft auch immer wieder. Schon Hauskatzen beobachten kann reichen - wenn sie nicht kastriert sind.

Gruß, Paran

Das weiß ich nicht.

Darwin beschäftigte sich, wie der Titel des genannten Werks bereits verrät, mit der Entstehung der Arten, nicht mit ihrer Erhaltung - grundsätzlich etwa „Genetische Stabilisierung der Ergebnisse von zufälligen Mutationen in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen“. Und das, was er in diesem Werk darlegt, ist eben kein Modell, sondern eine im nämlichen, lesenswerten Buch mit einer ausreichenden Zahl an Belegen versehene Theorie, die auf Beobachtungen - die bekannteste, aber bei weitem nicht einzige die von Finken auf den Galapagos-Inseln - und nicht auf gedanklichen Spekulationen und Deutungen beruht (er war schon deswegen kein Popper-Fän, weil das zeitlich nicht so passte; aber sein Werk zeigt auch, dass er unabhängig von den später veröffentlichten Weisheiten von Avenarius, Popper usw. kein Anhänger des Idealismus war.)

Dass Darwins zentrale Erkenntnis bis heute laufend bis zur Unkenntlichkeit „verbessert“ wird, hat den einfachen Grund, dass seine „Entstehung der Arten“ keinen Platz für eine Schöpfung lässt, in der jede Art „fertig“ vom Schöpfer gemacht wird. Ihm selber war es übrigens auch einigermaßen unheimlich, was er gefunden hat - ein nicht zu unterschätzendes Verdienst, dass er trotzdem nicht den Deckel draufgehalten hat, z.B. um der ewigen Verdammnis zu entgehen. Aber das führt zu weit weg jetzt.

Dass Du ausgerechnet den Menschen mit seiner ausgesprochen seltenen inversen Populationsdynamik herausgreifst, ist nicht von ungefähr: Zum Idealismus gehört eben auch die Sache mit der „Krone der Schöpfung“, obwohl von dieser Krone noch keineswegs bekannt ist, ob sie nicht eine Fehlentwicklung ist, die sich vielleicht wie so viele andere als „unfit“ zeigen und verschwinden wird. Ob die genuin menschliche Eigenschaft, auf schlechte Lebensbedingungen mit einer höheren Vermehrungsrate zu reagieren, in der Natur oder der Kultur bedingt ist, lässt sich nicht ohne weiteres sagen, aber dass das Phänomen über alle menschlichen Kulturen einheitlich auftritt, spricht für einen natürlichen Ursprung. Vermutlich ein Bug im Programm, der dazu führt, dass Homo sapiens sapiens als Art entweder sehr bald oder nicht mehr die Kurve kriegen wird.

Nahrungsmangel als Regulativ in der Dynamik der Population ist so ineffizient, dass bei so vielen höher entwickelten Lebewesen bessere Systeme eingerichtet sind, dass man dieses grobschlächtige und leicht zu recht ungünstigen Ergebnissen in Gestalt einer sehr großen Zahl sehr schwächlicher Individuen führende Regulativ keineswegs als „üblich“ bezeichnen kann. Ob und wie weit die Populationsdynamik bei Bonobos erforscht ist, weiß ich nicht - sicher ist, dass man zu diesem Zweck zu ihnen hingehen muss, etwa so, wie es Jane Godall bei Schmipansen gemacht hat, und dass es keinen Erkenntnisgewinn bringt, wenn man sich aus der sicheren Entfernung von etwa neuntausend Kilometern überlegt, wie sie denn sein könnte oder gar „müsste“ und sich dann wundert, wenn die Wirklichkeit nicht diesen hübschen Ideen folgt.

Schöne Grüße

MM