Fundstück deutsche Schreibschrift von 1866

Hallo Schriftkundige,

habe in einem kurpfälzischen Nachlass ein kleines Schreibheft gefunden mit datierten Eintragungen.
Kann mir das bitte jemand „übersetzen“ und sagen um was es sich handelt?

Hier ein Auszug mit 3 gescannten Seiten:
http://abload.de/img/bchlein_18xx0001ofkb0.jpg
http://abload.de/img/bchlein_18xx0003makcg.jpg

Danke vielmals und
Gruß MG

Servus,

das sind Aufzeichnungen, in denen erlegtes Wild (hab beim Drüberlesen nur Hasen gesehen) jeweils mit genauer Angabe von Ort und Zeit von den jeweiligen Jägern protokolliert und mit Namen abgezeichnet ist.

Gehört zu einem Jagdrevier, das groß genug für mehrere Jäger ist; also Staatswald oder großer Privatwald.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo,

altdeutsche Schrift, die ich auch nicht mehr kenne…

Man kann das aber lernen (ich habe zwei solche Kochbücher)…einfach ein Wort identifizieren und die Form der Buchstaben merken. Das ist zwar anstrengend, aber es klappt…

Alternativ frägt man Menschen, die schon etwas älter sind, meine Eltern können das noch. Die sind beide über 80 und haben das noch gelernt.

Hoffe, einen kleinen Hinweis gegeben zu haben…

Im ersten Absatz war’s wohl ein Rehbock, der geschossen wurde.

Vielen Dank für die schnelle Antwort…

Könntest Du mir eine oder zwei Eintragungen wörtlich übertragen, dann könnte ich mich besser einlesen?

Gruß MacGuffin

Hallo,

Hier ein Auszug mit 3 gescannten Seiten:
http://abload.de/img/bchlein_18xx0001ofkb0.jpg
http://abload.de/img/bchlein_18xx0003makcg.jpg

zum Einlesen mal die ersten 4 Einträge vom 1. Link:

Am 13ten Oktober 1866 Morgens 8 Uhr
im Finsterthal ein Rehbock geschossen

40 [Pfund?] 10 fl 40 … Schmidt


am 18ten Oktober 1866 Mittags 2 Uhr
im Benzenheimerthal ein Hase
geschossen …Lambert


Am 21ten Oktober 1866 Mittags 11 Uhr
im Frauholz eine Baze
geschossen …Schmidt


Am 7ten November 1866 Morgens 7 Uhr
auf dem Anstand am Frauholz ein
Hase geschossen … Schwalb


Hilft das ein bißchen?
Den „Rest“ könntest Du dann gezielt nachfragen.

Danke vielmals und

Büddebüdde.

Gruß

.

Hallo Gudrun,

dank Dir, das wäre mir doch ein bissle spät geworden.

Bloß ein kleines: Die Base vom 21. Oktober ist trotz des eigenartigen ch wohl eine Bache = weibliche Wildsau.

Den Abschussort vom 13. Oktober lese ich als „Berzenheimer Tal“; Berzenheim könnte eine ältere ggf. parallele Schreibweise für Bretzenheim sein; weder den einen noch den anderen Namen findet man heute im Odenwald, aber in Zusammenhang mit einem Waldtal kann sich das erhalten haben, lange nachdem die Siedlung oben im Tal wüst gefallen war.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Servus,

dank Dir, das wäre mir doch ein bissle spät geworden.

avec plaisir!
Hab’ erst heute nachmittag gesehen, daß es hier mal wieder was Spannendes „zum Rätseln“ gibt.

Bloß ein kleines: Die Base vom 21. Oktober ist trotz des

Also bitte: da steht bei mir nix von Cousine!!! :wink:

eigenartigen ch wohl eine Bache = weibliche Wildsau.

Ich lese da wirklich Baze, vielleicht auch Batze (guck links das z von …holz), dachte auch gleich an eine Wildsau* und hielt das für eine regionale Bezeichnung.
(*außer noch Hirschkuh gibt’s ja nicht viel mehr grammatisch Weibliches zum Abschuß im Wald.)

Du könntest mit Bache natürlich recht haben und dann müßte man das falsche z statt richtig h als Schreibfehler des Waidmanns deklarieren.

Den Abschussort vom 13. Oktober lese ich als „Berzenheimer
Tal“;

Stimmt, der 3. Buchstabe ist ein r.
Ob das ein oder zwei Wörter sind, läßt sich schwer sagen. Grammatisch richtig wären zwei, aber das t von thal (mit h!) ist ein kleines t.
Und siehe den Eintrag drüber, da ist beim Finster_thal auch eine kleine Lücke und das müßte grammatisch wirklich zusammengeschrieben werden.

Berzenheim könnte eine ältere ggf. parallele
Schreibweise für Bretzenheim sein; weder den einen noch den
anderen Namen findet man heute im Odenwald, aber in
Zusammenhang mit einem Waldtal kann sich das erhalten haben,
lange nachdem die Siedlung oben im Tal wüst gefallen war.

Ja - nein - vielleicht. :wink:
Die Flurnamen scheint mir das Schwierigste - weil Unbekannteste - zu sein.

Daß das Büchlein geographisch aus dem Süden/Südwesten stammt, war mir schon angesichts der Viertel- und Dreiviertel-Uhrzeiten klar.

Da sollte/könnte MacGuffin vielleicht noch was sagen, in welcher Gegend das Büchlein gefunden wurde.

Fällt Dir was zu den Zahlen im 1. Eintrag ein?
Steht das Zeichen für Mark als Gewicht oder Mark als (Verkaufs-)Preis?
M als Gewicht wären ca. 40 kg (was wiegt so ein Rehbock?).
M als (Gold-)Mark gab es erst ab 1871.

Auch dafür wäre die geographische Fundstelle hilfreich.

Gruß

.

Guten Abend,

Du könntest mit Bache natürlich recht haben und dann müßte man
das falsche z statt richtig h als Schreibfehler des Waidmanns
deklarieren.

Ich plädiere auch für „Bache“ (meiner Meinung hat der Schreiber gezittert :smile: )

Den Abschussort vom 13. Oktober lese ich als „Berzenheimer
Tal“;

Stimmt, der 3. Buchstabe ist ein r.

Sehe ich auch.

M als Gewicht wären ca. 40 kg (was wiegt so ein Rehbock?).

Es sind 40 Pfund. Das Zeichen ist dieses:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pfund

Hat mir meine Mutter mal gezeigt und ich benutze das aus Nostalgie auf meinen Einkaufszetteln.

Laut wiki wiegt ein Rehbock zwischen 20 und 34 kg, es war also ein kleines Böckchen.

MfG
GWS

Hallo,

habe in einem kurpfälzischen Nachlass ein kleines Schreibheft
gefunden mit datierten Eintragungen.
Kann mir das bitte jemand „übersetzen“ und sagen um was es
sich handelt?

oh, hier steht es ja: aus der Kurpfalz.

Ich liste Dir mal systematisch auf, was so alles im Text vorkommt.

Tageszeiten: Morgens, Mittags, Nachmittags (18. Nov. 1866),
Abends (16. Sept. 1868) dort die Uhrzeit 1/4 7 = 18:15 Uhr.

Namen der Jäger: Schmidt, Lambert, Schwalb, Braun, Deibel.

geschossenes Wild:
ein Hase (kommt am häufigsten vor),
vor dem Hund ein Hase (18. Nov. 1866),
zwey Hasen (3. Okt. 1868),
ein Rehbock (13. Okt. 1866),
eine Bache (21. Okt. 1866 + 19. Sept. 1868) ->bei beiden nicht eindeutig geschrieben,
ein Fuchs (16. Sept. 1868).

Damit kommst Du weiter, oder?

Ob ich mich noch an die Flurnamen heranwage, kann ich jetzt noch nicht versprechen.

Gruß

.

Hier jetzt die Flurnamen
bzw. aller Text, der zwischen der Uhrzeit und dem Tier steht:

Seite 1
im Finsterthal
im Berzenheimerthal
im Frauholz
auf dem Anstand im Frauholz
im Bögschen (ohne Gewähr!)
im Hühner[… ???…] im Lager
in der Lorkwand im Lager
im Pfingstbrunne im Lager (letztes n von …brunnen steht nicht da!)

Seite 2
auf dem Anstand am Langerdsbusch
auf dem Anstand am Langerdsbusch
auf dem Anstand an der Mosbacherwand
auf dem Anstand am Bögschen (wie oben: nicht sicher!)
auf dem Anstand am Lürenthal
auf dem Anstand am Langerdsbusch
im Leistenberg

Seite 3
(hier beginnt alles mit „auf dem Anstand“, da spare ich mir jetzt die Tipperei)
an der Pfrimmensteig
am Langerdsbusch
am Lorenzerhang
am Lorenzerhang
am Langerdsbusch
am Pfrimmenschlag
am Langerdsbusch
am Lorenzerhang


Bei „Langerdsbusch“ könnte das d auch ein t sein. Das ist unterschiedlich geschrieben.

Die Flurnamen waren doch besser lesbar als ursprünglich befürchtet.

Vielleicht findet sich noch wer, der das mit Hühner… entziffern kann
und auch sonst drüberschaut.

Gruß

.

Hallo,

Du könntest mit Bache natürlich recht haben und dann müßte man
das falsche z statt richtig h als Schreibfehler des Waidmanns
deklarieren.

Ich plädiere auch für „Bache“ (meiner Meinung hat der
Schreiber gezittert :smile: )

mittlerweile habe ich die zweite Wildsau (!) entdeckt (Seite 2 unten) und auch dort steht nicht eindeutig „Bache“: einwandfreies h ohne zittern, dafür fehlt aber das c.

M als Gewicht wären ca. 40 kg (was wiegt so ein Rehbock?).

Es sind 40 Pfund. Das Zeichen ist dieses:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pfund

Hat mir meine Mutter mal gezeigt und ich benutze das aus
Nostalgie auf meinen Einkaufszetteln.

Ich benutze das auch auf dem Einkaufszettel, deswegen spontan die 40 als Pfund interpretiert, kam aber dann doch ins Grübeln, weil mir 40 Pfund = 20 kg viel zu leicht erschienen.

Danke für Deinen wiki-Link. Den habe ich gesucht und nicht gefunden, stattdessen
nur diesen da: http://de.wikipedia.org/wiki/Pfundzeichen.

Laut wiki wiegt ein Rehbock zwischen 20 und 34 kg, es war also
ein kleines Böckchen.

Dann paßt es ja. Ein Fragezeichen weniger. :wink:

Gruß

.

Danke erstmal für all Eure hilfreichen Beiträge. Jetzt weiß ich schon mehr.
Was jetzt noch interessant wäre, um welches Gebiet es sich handelt.

Ich schaue nochmal ins Buch, es gibt ja noch etliche weitere Seiten.

Genaue Fundstelle d. Büchleins kann ich aktuell nicht benennen, muss ich nochmal nachfragen, wie gesagt der Nachbar, der das gefunden hat, macht Entrümpelungen im Umkreis Schwetzingen/Brühl/Ketsch.

Viele Grüße
MacGuffin

Danke erstmal für all Eure hilfreichen Beiträge. Jetzt weiß
ich schon mehr.
Was jetzt noch interessant wäre, um welches Gebiet es sich
handelt.

Ich dachte, Du weißt das. :wink:

Es ist vielleicht Göllheim.

Manchmal ist gockeln einfach nur Klasse:
http://books.google.de/books?id=Fj5FAAAAcAAJ&pg=PA40…
(2. Eintrag von oben)

Ich schaue nochmal ins Buch, es gibt ja noch etliche weitere
Seiten.

Genaue Fundstelle d. Büchleins kann ich aktuell nicht
benennen, muss ich nochmal nachfragen, wie gesagt der Nachbar,
der das gefunden hat, macht Entrümpelungen im Umkreis
Schwetzingen/Brühl/Ketsch.

Auch das würde passen.

Gruß

.

1 Like

Ich nochmal. :wink:

Es ist vielleicht Göllheim.

Manchmal ist gockeln einfach nur Klasse:
http://books.google.de/books?id=Fj5FAAAAcAAJ&pg=PA40…
(2. Eintrag von oben)

Falls Göllheim stimmt, dann müssen evtl. 2 Ergebnisse geändert werden.

Dort gibt es eine Kerzenheimer Straße (siehe google-maps),
dann heißt es vermutlich Kerzenheimerthal
und aus den zwei Bachen werden zwei Katzen.

Was sagen die Mitdiskutanten dazu?

Gruß

.

Servus,

da der Bock nicht bloß in Pfund, sondern auch in Heller und Pfennig taxiert ist, bezieht sich die Gewichtsangabe wahrscheinlich auf das „Schlachtgewicht“ ohne Eingeweide und eventuell ohne Kopf - dann passt das schon.

Schöne Grüße

MM

Servus,

Was sagen die Mitdiskutanten dazu?

Göllheim, Kerzenheim und Pfrimmenschlag passt prima zusammen: Die Pfrimm ist ein kleines Nebenflüsslein des Rheins und läuft aus diesen nördlichsten Ausläufern des Pfälzerwaldes durch das Zellertal, mündet ganz knapp nördlich von Worms in den Rhein ; bei Niefernheim läuft sie übrigens unmittelbar an dem Ort vorbei, an dem Hagen nach einer Version des Nibelungenliedes den Nibelungenhort vergraben hat, damit Kriemhild nicht noch mehr Unfug damit anstellt.

Wenn ich mal ein paar ältere 1:25.000er Karten in die Hand kriege und der Thread dann noch steht, schau ich mal nach den anderen Flur- und Waldstücknamen; in den aktuellen topografischen Karten sind die nur noch sparsam verzeichnet. Die dokumentierte Jägerei scheint sich in der Umgebung der Klosterruine Rosenthalerhof und der wundervollen Gastwirtschaft „Göllheimer Häuschen“ abgespielt zu haben; dort übrigens auch heute noch haufenweise Schwarzwild.

Im Jahr 1866 ist ein Hinweis auf die Kurpfalz auch für dieses Gebiet plausibel, weil die strikte Unterscheidung zwischen den rechtsrheinischen, Baden und Hessen zugeschlagenen Teilen (heute: Kurpfalz) und den linksrheinischen, bayrisch gebliebenen (heute: Pfalz) erst nach der Verkleinerung der wittelsbachischen Gebiete zur Strafe für das Bündnis mit Österreich in Schwang kam.

Schöne Grüße

MM