Galeria-Schließungen in Stein gemeißelt?

Du veräppelst Dich nur selber! Noch so lange Schlangen und noch so viel Personal sind kein Garant dafür, dass am Ende des Tages für jemanden, der sein Geld in so einen Laden investiert hat, damit mehr zu verdienen ist, als mit einem anderen Investment.

Was nützt es, wenn ich täglich 10.000 Hosen mit 50 Mitarbeitern auf 5000m² Fläche verkaufe, am Ende des Tages dann € 1.000.000,-- in der Ladenkasse liegen, aber an jeder Hose € 10,-- Euro Verlust aufgrund zu hoher Miete und zu hoher Personalkosten gemacht wurde und die Hosen nur deshalb über den Ladentisch gingen, weil sie mit Fach-Beratung in bester Innenstadtlage nicht teurer als im Online-Handel waren; ein an sich notwendiger Preis also nicht durchsetzbar war?

Wenn Du € 1.000.000,-- anzulegen hättest, würdest Du die in ein Investment stecken, dass das Geld binnen überschaubarer Zeit auffrisst - um von Verzinsung erst gar nicht zu reden? Oder würdest Du es doch eher in ein Geschäftsmodell stecken, das über die letzten Jahre im Durchschnitt satte Verzinsungen gebracht hat, und zufälligerweise ein Online-Händler wäre?

Ist eine sehr verkürzte Darstellung. Natürlich gibt es immer bestimmte Anker, die dafür verantwortlich sind, dass sich größere Publikumsströme ergeben. Aber das Problem der Innenstädte ist längst nicht nur ein Problem der vollkommen überholten Kaufhaus-Konzepte vergangener Zeiten. Es ist genauso ein Problem der schon vor Ewigkeiten auf die grüne Wiese abgewanderten oder geschlossenen Fachhändler, der immer uniformer werdenden Angebote der großen Ketten, der vielfach ebenso wenig überlebensfähigen großen Passagen, einem zurückgehenden gastronomischen Angebot, Leerstände, Outlet-Center, … und selbstverständlich auch des Online-Handels, der es jeglichem stationären Handel schwer macht.

Die damit einhergehende Verödung der Innenstädte ist tatsächlich schlimm. Aber es stimmt nun einmal nicht, dass dieser Prozess nicht stattfinden würde, wenn man das ein oder andere Kaufhaus retten würde. Da überschätzt Du deren Bedeutung ganz massiv.

Aber irgendwie habe ich den Verdacht, dass Du jemand bist, der gestern vom Ende des eigenen Arbeitsplatzes erfahren hat, und dem jetzt einfach nur der A… auf Grundeis geht, der Zukunftsangst hat, bei dem sich Wut breit macht, und der deshalb aktuell nicht wirklich für sachliche Argumente erreichbar ist.

3 Like

sicherlich, aber mit strand bitte.

e.c.

1 Like

Wenn nur noch zum Einkaufen rauskommt kann sich auch einmotten lassen.
Alternativ kannst Du ja eine Innenstadt kaufen, sie so instand halten wie Du Dir das vorstellst und gemütlich dort Freunde zum shoppen und Schoppen treffen.

Der Versuch, die Ursachen der Probleme bei Galeria Kaufhof Karstadt mal eben so in einem Satz zusammenzufassen, muss aus mehreren Gründen scheitern. Ein Grund ist, dass die Misere des Unternehmens auf Entscheidungen zurückgeht, die vor über 20 Jahren getroffen wurden und in der Folge nicht korrigiert wurden bzw. mit noch schlechteren Entscheidungen versucht wurden zu kompensieren.

Unternehmen, die in eine Krise gerieten, scheiterten selten am Umsatz - so viel zu „gut besucht“. Von Unternehmen abgesehen, die durch interne und externe Schocks schlagartig getroffen werden, führt der Weg in die Insolvenz von der Strategiekrise über die Ertragskrise zur Liquiditätskrise.

Bei Karstadt und Kaufhof gab es Schnittmengen bei den strategischen Fehlern, aber es wurden auch unterschiedliche gemacht. Karstadt geriet bereits vor über 20 Jahren in die erste Krise durch Fehlentscheidungen des Managements. Hier kann man sich ein bisschen einlesen:
Was zuvor bei Karstadt geschah: Wie Missmanagement KarstadtQuelle ruinierte (wiwo.de)

Eine Reaktion auf diese Krise war der Verkauf der Immobilien, um mit dem Erlös einerseits Schulden zu bezahlen und andererseits operative Defizite zu überdecken. Das ist in etwa so sinnvoll, wie seinen Lieferwagen zu verkaufen, um mit dem Erlös ausstehende Spritrechnungen zu bezahlen, um anschließend den gleichen Lieferwagen zu leasen, und damit die gleichen Kosten zu haben zzgl. Gewinn des Leasingunternehmens. In den letzten 20 Jahren dürfte man inzwischen schon mehr Miete gezahlt haben als die Buden damals eingebracht haben.

Das zweite ist der Umgang mit den veränderten Einkaufsgewohnheiten der Menschen. Man versuchte sich ja im online-Handel, aber das lief nicht ganz so gut, weil man da lange Zeit die gleichen Preise nahm wie im Laden und da war man halt noch viel offensichtlicher preislich nicht konkurrenzfähig. Bei Quelle lief das eine Zeitlang auch so wie zu Zeiten des Katalogs: man hatte ein Programm und blieb dann so lange bei den gleichen Produkten und Preisen, bis der neue Katalog herauskam. Gerade bei Elektronik kein besonders einträgliches Geschäft (weil eher umsatzschwach).

Aufgrund der exorbitanten Mieten und vergleichsweise hohen Personalkosten hat man sich immer mehr auf hochpreisige Produkte mit höheren Margen konzentriert (daher auch das Erdgeschoss mit Schmuck und Parfüm) und die Waren mit geringeren Margen aus dem Programm genommen. Das waren aber oft die, die das Publikum anzogen. Man bummelte durch die 47 shop-in-shops auf der Herrenetage, um am Ende eine Krawatte zu kaufen, und erledigte anschließend im Untergeschoss einen Teil seines Wocheneinkaufs bei Lebensmitteln, was eigentlich das primäre Ziel des Einkaufs war.

Nun haben es aber Innenstadtlagen zusätzlich an sich, dass sich dort die Geschäfte mit hochwertigen Waren ansiedeln, so dass Karstadt und Kaufhof mit Douglas, Stadt-Parfümerie Pieper usw. sowie Christ, Wempe & Co. konkurrierte, während man sich vom Konzept des Warenhauses, das alle Segmente bediente, immer mehr verabschiedete und damit bei hohen Personalaufwendungen, hohen Mieten und hohen Abschreibungen auf die ständig neuen Ladeneinbauten immer weniger Umsatz erzielte.

So viel in aller Kürze.

Ich bin da früher fast täglich einkaufen gegangen. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause und dann am Wochenende. Vor allem Lebensmittel, weil ich nämlich direkt bei Karstadt und Kaufhof um die Ecke wohnte. Wie das möglich ist? Naja, die lagen sich halt an einer Kreuzung direkt gegenüber und machten sich so unmittelbar Konkurrenz.

Ich kaufte da auch immer meine Hemden für die Arbeit, aber nachdem Kaufhof Payback beigetreten war, wartete ich damit, bis wieder ein Faktor 15-Gutschein in der Post war. Da war an mir wohl nicht mehr viel zu verdienen Ich kaufte da auch meine anderen Klamotten, bis man die shop-in-shops einführte, d.h. ich für die Suche bspw. nach einem T-Shirt nicht bei den T-Shirts suchen konnte, sondern durch die diversen quasi untervermieteten Ladenlokale von Esprit, Lerros, Dings und Bums latschen und dort nach den T-Shirts suchen musste. Meine Anzüge kaufte ich eine Zeitlang auch noch bei Karstadt, bis das Angebot genauso schrumpfte wie der Personalbestand. Also ging ich für meine Anzüge zu P&C.

Dann kamen die ersten Versandhändler für Klamotten auf und da stellte sich mir die Frage, warum ich 10 Euro mehr für das gleiche Hemd bezahlen soll, nur um mir an der Kasse die Beine in den Bauch stehen zu dürfen. Für Boxershorts, Socken, weiße T-Shirts, Krawatten usw. galt schnell das gleiche.

Dann wurde die Lebensmittelabteilung in beiden Häusern kleiner und ich musste, nachdem ich Fleisch, Fisch und andere frische bzw. gekühlte Waren bekommen hatte, für den Rest meines Einkaufszettels noch zu Kaiser’s oder Rewe. Fand ich doof. Bei den non-food-Waren ging mir das auch immer häufiger so. Waren, die ich bislang blind hatte finden können, verschwanden aus dem Sortiment.

Und da beim Bedarf an Schmuck, Uhren und Parfüm echt überschaubar ist, ging ich halt immer seltener hin. Dann zog ich innerhalb der Stadt um und stellte fest, dass der wöchentliche Kampf um einen Parkplatz in einem der völlig verbauten Parkhäuser von K & K das Ergebnis des Einkaufs nicht mehr rechtfertigte.

Ich fuhr dann noch ab und an mit dem Motorroller zu einem anderen der insgesamt vier Warenhäuser von K&K in Düsseldorf, aber dann schrumpfte auch dort die Lebensmittelabteilung und größeren Bedarf an Schmuck, Uhren und Parfüm hatte ich immer noch nicht. :man_shrugging:

Kann ja sein, dass ich ein Einzelschicksal bin, aber nach allem, was man so hört, ging das nicht nur mir so.

Aber unabhängig von meinen persönlichen Einschätzungen, gilt weiterhin das, was ich oben aus betriebswirtschaftlicher Sicht schrieb. Ein Kollege von mir, der seinerzeit vor rd. 20 Jahren unmittelbar in seiner Rolle als Sanierer einer der größten Gläubiger an der Sanierung von Karstadt beteiligt war, sagte mal: „Die haben immer nur an den Bilanzen herumgeschraubt, nie aber etwas am Geschäftsmodell zum Positiven verändert.“ Das sagte er etwa 2006 und die Aussage gilt bis heute.

6 Like

Vielleicht hat ja Woolworth Interesse. Dann ist das mit der Nostalgie hinfällig.

Im Augenblick hast du recht. Aber es wird nicht mehr lange dauern und Retouren sind nicht mehr kostenfrei. Dann werden viele Kaufhäusern (mit unverbindlichem Ansehen, Anfassen, Anprobe und Beratung) wohl nachtrauern.

Wo seht ihr denn da ein Problem?
Bei dem Arbeitskräftemangel bekommen doch die entlassenen Mitarbeiter zig Angebote oder ist das Gejammere der Arbeitgeberseite nur ein Geheul um vom Staat wieder mit Subventionen überschüttet zu werden,?

Welcher Arbeitgeber wird denn mit Subventionen überschüttet, nachdem er über fehlende Arbeitskräfte gejammert hat?

Wo werden denn heute noch ausgebildete Einzelhandelskaufleute gesucht, die deutlich über dem Durchschnitt bzw. Tarif bezahlt werden? Karstadt und Kaufhof schließen ja nicht >50 Läden, weil die Nachfrage nach Klamotten, Schmuck und Koffern im hochpreisigen stationären und ausführlich beratenden Einzelhandel derzeit so groß ist. Erstaunlicherweise ist es heute übrigens immer noch ein Problem, wenn man bereit ist, auf einer neuen Stelle weniger Gehalt zu akzeptieren als bisher. Dann wird man immer noch als potentieller Absprungkandidat bewertet, in den man gar nicht investieren will.

1 Like

Was war denn bei der letzten Karstadt-Schieflage? Da wurden dich auch schon Zugeständnisse gemacht.
Das mit den zig Angeboten sollte doch für jeden als Ironie erkennbar sein.

Andereerseits war doch schon seit Jahrzehnten absehbar, was kommt. Immerhin ist das nun deren dritte Pleite, oder gar schon die vierte? Da wäre also eine mittlere Ewigkeit Zeit gewesen sich abzusetzen… und nach dem, was ich da an Personal und Service so beobachte, haben das die Qualifizierten auch weitgehend getan.

Karstadt und Kaufhof gehörten zu den Unternehmen, die in den 80er und auch noch den 90er Jahren recht großzügig mit den Pensionszusagen waren. Diese Dinge erfüllen den Zweck, für den sie gedacht sind, nämlich das Personal zu halten, erstaunlich gut.

Moin,

Ich trauere schon seit über 25 Jahren keinem Kaufhaus nach, wie viele andere auch. Es gibt nämlich noch andere Möglichkeiten, direkt seine Kleidung oder andere Waren zu kaufen. Diese Art von eierlegender Wollmilchsau ist ein Auslaufmodell, so hart das auch klingt.
Dass das Management seinerseits sich in den letzten 20 Jahren nicht mit Ruhm bekleckert hat, kommt erschwerend hinzu.

-Luno

Au ja - mit einem ganz neuen Shop-in-shop-Konzept: Eine Etage Woolworth, eine Etage TEDI, oben drin Manni’s Burger-Paradie’s und dazwischen ein paar attraktive Fingernagel-Designcenter und ein bissi Thaimassage. Im Untergeschoss, wo früher die Lebensmittel waren, eine Body-shape-Optimierungslounge.

Die Innenstädte werde leuchten!

Schöne Grüße

MM

3 Like

Erdgeschoss: Orientalischer Supermarkt, Automatenspielcasino, Gebrauchthandyladen, Sportwetten, Döner und ein Kulturcafe
Darüber:
temporäre Asylzuwandererunterbringungen

Stoßzeiten gelten nicht - wenn zu anderen Zeiten der Laden leer ist.
Problem bei vielen Warenhäusern:
Ich finde Sachen, die mir gefallen - aber nicht in meiner Größe (Comfort-fit? Sooo was führen wir nicht)
Fachpersonal? oft Fehlanzeige
Ein schönes Teil in mehreren Farben? Fehlanzeige
„Können Sie mir das Teil (z.B. Elektrogerät) nach Hause liefern?“ - meist Fehlanzeige…
Hinzu kommt die Schnelllebigkeit des heutigen Warenwechsels; wenn etwas ein halbes Jahr auf dem Markt ist, ist das schon viel. Wenn ich für ein Handy nach vier Monaten keine Hülle mehr im Geschäft bekomme… kauf ich halt im Netz.

DAS Argument verstehe ich nicht - es gibt auch noch andere Geschäfte, als Kaufhäuser - nennen sich dann halt „Fachgeschäft“.

2 Like

Ja, bis auf die gutlaufenden Fillialen.

In meiner Heimatstadt gibt es gleich zwei davon, furchtbare Warenpräsentation nach Marken, miese Beratung, wenn überhaupt und ein furchtbares Sortiment.

Es hat für mich absolut keinen Vorteil ein Kaufhaus zu besuchen es ist weder billiger, noch ist die Beratung besser, noch spart es mir Zeit. Ich hoffe das durch den Niedergang der Kaufhäuser die kleinen Fachgeschäfte wiederbelebt werden denn zum Teil bleibt einem nichts anderes übrig als Online zu bestellen…

und dein Nudisten Argument, für ein paar T-shirts, Unterwäsche und Socken fahre ich nicht am Samstag 20 Minuten in die überfüllte Innenstadt, gehe in 2 Kaufhäuser nur um normale Baumwollshirts, Socken usw. zu einem normalen Preis zu finden und steh dann 10 Minuten an der Kasse weil von 6 Kassen nur eine besetzt ist und verschwende so meinen Freien Tag damit Socken zu kaufen.

Hi Zwergenase,

Ja und? Haben sich die Warenhäuser sich um die kleinen Einzelhändler und Tante-Emma-Läden gekümmert, als sie denen mit ihren umfangreicheren Angeboten und Dumpingpreisen das Geschäft kaputt gemacht haben?

Wohl kaum.

Jetzt ist der Online-Handel etabliert und ist besser sortiert und billiger als die Warenhäuser.

D.H.: Die Warenhäuser fressen jetzt ihre eigene Medizin.

Hinzu kommt, dass die Eigentümer des Karstadt-Konzerns nur kurzfristig auf eine möglichst hohe Rendite interessiert waren, anstatt in die Zukunft zu investieren.

Schade ist es nur, dass es jetzt in erster Linie die Beschäftigten trifft. Man kann nur hoffen, dass sie aufgrund des allgemeinen Kräftemangels schnell wieder in Lohn und Brot kommen.

Dein,
Ebenezer

4 Like

Spitzenmäßige Chancenverwertung. :+1:

3 Like
  • wenn man sich an Mark Twain orientiert, geht das aber noch viel besser, z.B.

Bürgerbegehrenzustimmungsstadtverordnetenversammlung

Nein.

Von wem sollen denn die Angebote für einen 55jährigen Einzelhandelskaufmann kommen, der die letzten 35 Jahre in einer einzigen Kaufhof-Filiale gearbeitet hat?

Schöne Grüße

MM