Der Versuch, die Ursachen der Probleme bei Galeria Kaufhof Karstadt mal eben so in einem Satz zusammenzufassen, muss aus mehreren Gründen scheitern. Ein Grund ist, dass die Misere des Unternehmens auf Entscheidungen zurückgeht, die vor über 20 Jahren getroffen wurden und in der Folge nicht korrigiert wurden bzw. mit noch schlechteren Entscheidungen versucht wurden zu kompensieren.
Unternehmen, die in eine Krise gerieten, scheiterten selten am Umsatz - so viel zu „gut besucht“. Von Unternehmen abgesehen, die durch interne und externe Schocks schlagartig getroffen werden, führt der Weg in die Insolvenz von der Strategiekrise über die Ertragskrise zur Liquiditätskrise.
Bei Karstadt und Kaufhof gab es Schnittmengen bei den strategischen Fehlern, aber es wurden auch unterschiedliche gemacht. Karstadt geriet bereits vor über 20 Jahren in die erste Krise durch Fehlentscheidungen des Managements. Hier kann man sich ein bisschen einlesen:
Was zuvor bei Karstadt geschah: Wie Missmanagement KarstadtQuelle ruinierte (wiwo.de)
Eine Reaktion auf diese Krise war der Verkauf der Immobilien, um mit dem Erlös einerseits Schulden zu bezahlen und andererseits operative Defizite zu überdecken. Das ist in etwa so sinnvoll, wie seinen Lieferwagen zu verkaufen, um mit dem Erlös ausstehende Spritrechnungen zu bezahlen, um anschließend den gleichen Lieferwagen zu leasen, und damit die gleichen Kosten zu haben zzgl. Gewinn des Leasingunternehmens. In den letzten 20 Jahren dürfte man inzwischen schon mehr Miete gezahlt haben als die Buden damals eingebracht haben.
Das zweite ist der Umgang mit den veränderten Einkaufsgewohnheiten der Menschen. Man versuchte sich ja im online-Handel, aber das lief nicht ganz so gut, weil man da lange Zeit die gleichen Preise nahm wie im Laden und da war man halt noch viel offensichtlicher preislich nicht konkurrenzfähig. Bei Quelle lief das eine Zeitlang auch so wie zu Zeiten des Katalogs: man hatte ein Programm und blieb dann so lange bei den gleichen Produkten und Preisen, bis der neue Katalog herauskam. Gerade bei Elektronik kein besonders einträgliches Geschäft (weil eher umsatzschwach).
Aufgrund der exorbitanten Mieten und vergleichsweise hohen Personalkosten hat man sich immer mehr auf hochpreisige Produkte mit höheren Margen konzentriert (daher auch das Erdgeschoss mit Schmuck und Parfüm) und die Waren mit geringeren Margen aus dem Programm genommen. Das waren aber oft die, die das Publikum anzogen. Man bummelte durch die 47 shop-in-shops auf der Herrenetage, um am Ende eine Krawatte zu kaufen, und erledigte anschließend im Untergeschoss einen Teil seines Wocheneinkaufs bei Lebensmitteln, was eigentlich das primäre Ziel des Einkaufs war.
Nun haben es aber Innenstadtlagen zusätzlich an sich, dass sich dort die Geschäfte mit hochwertigen Waren ansiedeln, so dass Karstadt und Kaufhof mit Douglas, Stadt-Parfümerie Pieper usw. sowie Christ, Wempe & Co. konkurrierte, während man sich vom Konzept des Warenhauses, das alle Segmente bediente, immer mehr verabschiedete und damit bei hohen Personalaufwendungen, hohen Mieten und hohen Abschreibungen auf die ständig neuen Ladeneinbauten immer weniger Umsatz erzielte.
So viel in aller Kürze.
Ich bin da früher fast täglich einkaufen gegangen. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause und dann am Wochenende. Vor allem Lebensmittel, weil ich nämlich direkt bei Karstadt und Kaufhof um die Ecke wohnte. Wie das möglich ist? Naja, die lagen sich halt an einer Kreuzung direkt gegenüber und machten sich so unmittelbar Konkurrenz.
Ich kaufte da auch immer meine Hemden für die Arbeit, aber nachdem Kaufhof Payback beigetreten war, wartete ich damit, bis wieder ein Faktor 15-Gutschein in der Post war. Da war an mir wohl nicht mehr viel zu verdienen Ich kaufte da auch meine anderen Klamotten, bis man die shop-in-shops einführte, d.h. ich für die Suche bspw. nach einem T-Shirt nicht bei den T-Shirts suchen konnte, sondern durch die diversen quasi untervermieteten Ladenlokale von Esprit, Lerros, Dings und Bums latschen und dort nach den T-Shirts suchen musste. Meine Anzüge kaufte ich eine Zeitlang auch noch bei Karstadt, bis das Angebot genauso schrumpfte wie der Personalbestand. Also ging ich für meine Anzüge zu P&C.
Dann kamen die ersten Versandhändler für Klamotten auf und da stellte sich mir die Frage, warum ich 10 Euro mehr für das gleiche Hemd bezahlen soll, nur um mir an der Kasse die Beine in den Bauch stehen zu dürfen. Für Boxershorts, Socken, weiße T-Shirts, Krawatten usw. galt schnell das gleiche.
Dann wurde die Lebensmittelabteilung in beiden Häusern kleiner und ich musste, nachdem ich Fleisch, Fisch und andere frische bzw. gekühlte Waren bekommen hatte, für den Rest meines Einkaufszettels noch zu Kaiser’s oder Rewe. Fand ich doof. Bei den non-food-Waren ging mir das auch immer häufiger so. Waren, die ich bislang blind hatte finden können, verschwanden aus dem Sortiment.
Und da beim Bedarf an Schmuck, Uhren und Parfüm echt überschaubar ist, ging ich halt immer seltener hin. Dann zog ich innerhalb der Stadt um und stellte fest, dass der wöchentliche Kampf um einen Parkplatz in einem der völlig verbauten Parkhäuser von K & K das Ergebnis des Einkaufs nicht mehr rechtfertigte.
Ich fuhr dann noch ab und an mit dem Motorroller zu einem anderen der insgesamt vier Warenhäuser von K&K in Düsseldorf, aber dann schrumpfte auch dort die Lebensmittelabteilung und größeren Bedarf an Schmuck, Uhren und Parfüm hatte ich immer noch nicht.
Kann ja sein, dass ich ein Einzelschicksal bin, aber nach allem, was man so hört, ging das nicht nur mir so.
Aber unabhängig von meinen persönlichen Einschätzungen, gilt weiterhin das, was ich oben aus betriebswirtschaftlicher Sicht schrieb. Ein Kollege von mir, der seinerzeit vor rd. 20 Jahren unmittelbar in seiner Rolle als Sanierer einer der größten Gläubiger an der Sanierung von Karstadt beteiligt war, sagte mal: „Die haben immer nur an den Bilanzen herumgeschraubt, nie aber etwas am Geschäftsmodell zum Positiven verändert.“ Das sagte er etwa 2006 und die Aussage gilt bis heute.