Gauland und der 8. Mai

Servus,

AfD-Fraktionschef Gauland hat ja mal wieder mit seinem besonderen Verhältnis zur NS Zeit aufhorchen lassen:

Das für Rechtsextreme der 8. Mai kein Feiertag ist, sollte jedem klar sein und darum geht es mir hier auch gar nicht. Ich frage mich vielmehr, was er mit „ein Tag […] des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit“ meinte. Gibt’s hier irgendeine harmlose Vermutung, was er damit meinen könnte?

LG

Man könnte wohlwollend orakeln, er stelle sich damit hinter die Widerstandskämpfer, deren Ziel ja Waffenstillstandsverhandlungen ohne bedingungslose Kapitulation waren.

Man könnte aber auch denken, dass Hunde bellen und Schafe blöken, er also eigentlich nur dem entgangenen „Endsieg“ hinterher trauert.

Ich denke mir aber gerade, dass ich mir schon viel zu viel Gedanken über Person und Aussage gemacht habe. Vergeudete Zeit.

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Ich nehme an, du meinst damit den Widerstand von Offizieren wie Stauffenberg und Co.?

Ja - wobei mir bekannt ist, dass die Alliierten schon seit 1943 auf einer bedingungslosen Kapitulation beharrten.

Ab dem Moment haben halt die (West-)Alliierten den weiteren Weg von D (Marktwirtschaft, Demokratie) vorgegeben - so meint er. Was in der Absolutheit so nicht stimmt.

Geht das schon in die Richtung ‚BRD GmbH‘?

Hallo,

jeder einzelne Teil des zitierten Textes trägt ein Fünkchen Wahrheit in sich.

Der 8. Mai hat nicht das Potenzial zu einem Feiertag,

Für mich persönlich ist das kein Feiertag. Es ist schon sehr lange ein Tag des Grübelns. Wie sowas passieren konnte. Wie es dazu kommen konnte, dass durchschnittliche Menschen solche Verbrechen an anderen Menschen begangen, nur weil es ihnen nicht explizit verboten war.

Aber:

Der 8. Mai hat nicht das Potenzial zu einem Feiertag, weil er ein ambivalenter Tag ist.

Ich glaube nicht, dass Herr Gauland den Nebensatz auf Grund der selben Gefühle so formulierte. Wie an diesem halben Satz zu sehen ist:

Aber es war auch ein Tag der absoluten Niederlage,

Ja, es war die absolute Niederlage. Aus heutiger Sicht wären die Angriffe Deutschlands völkerrechtswidrig. Die Generation unserer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern zog nur aus Gier, Rachlust und Menschenhass in diesen Krieg. Sie haben viel Elend über Europa und seine Menschen gebracht. Und sie haben verloren. Absolut. Daran gibt es nichts positives.

ein Tag des Verlustes von großen Teilen Deutschlands

Richtig. Gebietsabtretungen des Aggressors an den siegenden Angegriffenen sind absolut üblich gewesen. Und „wir“ haben den Krieg, den wir begannen nun mal verloren.

und des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit.

Auch da hat er Recht. Deutschland wurde nach dem Krieg von 4 Nationen besetzt und diese haben mehr oder weniger stark Deutschland in den nächsten 45 Jahren gestaltet.

Wo Herr Gauland irrt: er macht die Folgen an dem Tag der Kapitulation fest. Das war aber nur ein Zwischenschritt. Wenn er einen Tag suchen möchte, den er auf Grund der späteren Ergebnisse beweinen möchte, dann sollte das der 1. September sein. Denn da begann das richtig große Elend …

Den 8. Mai als Trauertag darzustellen scheint mir das übliche Verhalten von Geschichtsrevisionisten zu sein. Sie bedauern nicht, dass „wir“ den Krieg angefangen haben, sondern dass es andere gewagt haben „zurück zu schießen“. Und genau dieser Duktus spricht aus meiner Sicht aus dem Zitat seiner Rede.

Das ist genau die selbe Denke, die nach dem verlorenen ersten Weltkrieg aufkam und den zweiten zur Folge hatte.

Grüße
Pierre

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Richtig. Nur wenn so etwas vom Fraktionschef einer größeren Partei kommt, ist das schon ein etwas anderes Kaliber, oder?

Nun ja, wir reden hier von Gauland …

[Wir haben] das Recht, stolz zu sein auf Leistungen Deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen

Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.

Geschichte ist nie absolut. Sie wird stets gedeutet. Und Herr Gauland deutet sie in bester Neinazi-Manier. Er verherrlicht „die guten Alten Zeiten“. Wahrscheinlich würde er gerne das Elsass, Pommern, Ostpreußen und das Sudetenland im Handstreich „heim ins Reich holen“.

Warum wollen eigentlich stets Menschen Kriege anzetteln, die dann aber selber nicht hingehen? Und warum sind viele dieser Menschen schon fast im Rentenalter?

Ja, das war gemein.

Grüße
Pierre

Muhahahah
steht das wo?

Nie gehört? Das ist etwas, das von den Reichsbürgern verbreitet wird:

Die Bundesrepublik sei eine privatrechtliche Organisation

Ein neuerer Ansatz innerhalb der Szene ist, mittels unterschiedlichster Argumentationen zu behaupten, die Bundesrepublik wäre kein Staat, sondern eine privatrechtliche Organisation, aus der man austreten könnte bzw. welche keine hoheitlichen Befugnisse gegenüber den „Reichsbürgern“ habe.

Gibt nix was zu dumm wäre, um von manchen Leuten nicht doch geglaubt zu werden. :man_shrugging:

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Najo, man muss ja auch nicht einfach akzeptieren, dass die AfD von einem Haufen Rechtsextremer geführt wird :stuck_out_tongue_winking_eye:

Und Gauland sagt das ja auch nicht so einfach dahin. Offenbar ist er der Meinung, mit rechtsextremen Gedankengut Wählerstimmen zu gewinnen. Sagt ja auch schon einiges aus…

„Der Verlust von Gestaltungsmöglichkeit“

Jo, der Soldat an der Front, der Zivilist in der zerbombten Stadt und selbst der General mit seinen oft nur noch teilweise vorhandenen Armeen hatten ja in den Monaten vor dem 8. Mai unglaublich viel Gestaltungsfreiheit… Ok, in den KZs gab es die Freiheit der Aufseher, die Häftlinge auf Todesmärschen nach Südwesten oder Nordwesten n zu schicken…

Aber das ist ja bei Gauland und denen, die ihm gerne zuhören, völlig ausgeblendet. An Pierrre anknüpfend denke ich:
Es ist leider eine typisch menschliche Eigenschaft, immer nur zu sehen, was man selber Negatives/Unangenehmes erlebt. Ob man mit seinem Handeln dazu vorher beigetragen hat, ist oft halb oder ganz ausgeblendet.

Ich sah das (vor Coronazeiten) täglich in der Grundschule: Ehrliche große Entrüstung, weil man gerade geschlagen/getreten wurde. Dass man den Schläger zuvor übelst beleidigt oder selber geschlagenhatte, spielt irgend wie keine Rolle.

Und auf diese Eigenschaft, die bei vielen Erwachsenen die Kindheit überdauert, kann Gauland leider zuverlässig bauen: Nach dem 2. Weltkrieg wurde Deutschland besetzt, zerteilt, verlor seine Souveränität - was davor war interessiert mich gerade überhaupt nicht!

Karl

Lieber Pierre,

nach dem Krieg war Herr Gauland Mitglied einer Partei, die Pommern, Ostpreussen und das Sudetenland einforderte. Es war die CDU. Hier vor allem in Gestalt der Verbände der Heimatvertriebenen. Ein reaktionärer und präpotenter Haufen, ein letztes Fossil aus dieser politischen Steinzeit ist Erika Steinbach.

Im Übrigen finde ich, dass gerade die absolute Niederlage das Positive darstellt, das man feiern kann, auch wenn man dazu nicht unbedingt einen neuen Feiertag braucht. Wenn doch jeder Krieg so endete.

Und zu grübel, wie es dazu kommen konnte, ist müßig. Wir wissen doch längst, wie man Menschen zu solchem Hass erzieht, insbesondere junge Leute. Wie wir in einer offenen Gesellschaft Rassenwahn und Nationalismus bekämpfen, darüber gilt es nachzudenken.

Also werde ich den Tag der Befreiung feiern, die Demokratie, die uns zuteil wurde und die Marktwirtschaft, die uns im Laufe der Zeit Wohlstand brachte. Aber das kann jeder halten wie er will.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Naja, mann muss es nicht akzeptieren. Aber es scheint doch so zu sein.

Ich bitte darum, mich nicht falsch verstehen. Natürlich bin auch ich froh, dass dieser Krieg beendet wurde. Natürlich ist das Ende dieses massenhaften Morgens in Europa und anderen Teilen der Welt ein Grund zum Feiern. Aber für mich ist das eher ein Gedenk- als ein Feiertag. Man sollte nicht nur daran erinnern, welche positive Entwicklung Deutschland und Europa danach nahm und den „Vogelschiss“ der 12 Jahre in den „Skat drücken“. Man sollte auch daran denken, wie es zu diesen 12 Jahren kam. Und ein Grund waren solche geistigen Brandstifter wie Gauland, Storch, Höcke, Sayn-Wittgenstein, Sarazin, Steinbach, Meuthen, Weidel …

(Ich weiß, dass nicht alle in der AfD sind. Aber alle tragen Hass in die Welt auf Menschen, die nicht zu ihrer homogenen Kleingruppe gehören.)

Grüße
Pierre

Eh, aber bei so gut wie jedem hätte es geheißen, was das denn für ne alte Nazisau sei. Aber hier ist es halt nur der Gauland von der AfD. Irgendwie bedenklich, nicht?

Ich glaube, du hängst dich zu sehr an dem ‚Feier‘ auf. Ich denke nicht, dass es hier darum ging, aus dem 8. Mai einen Tag der Feier/Freude zu machen. Der Karfreitag ist ja mancherorts auch ein Feiertag, bei dem es per se eher weniger zu feiern gibt. Feiertage merkt man sich halt besser und wenn die Leute am 8. Mai frei hätten, wäre das Bewusstsein für das Datum sicher deutlich größer.

Ah, Du erwartest, dass man den Mann stärker beschimpft. Nun gut, hier kommt es: vom Chef einer Nazipartei erwarte ich, dass sie sich regelmäßig verachtend gegenüber anderen und verherrlichend gegenüber der dunkelsten Zeit in Deutschland äußert. Und in diesem Sinne ist er mal wieder meinen Ansprüchen an ein Naziarschloch gerecht geworden.

Reicht das?
Pierre

Nö, aber zwischen ‚ach dat is doch nur der olle Gauland‘ und ‚Naziarschloch‘ gibt es sicher ein, zwei Abstufungen :stuck_out_tongue_winking_eye:

Das war ja auch weniger gegen dich gerichtet, sondern fällt mir persönlich auch in den Medien auf. Es gilt ja auch nicht nur für ihn. Trump ist hier sicher das Paradebeispiel dafür, wie sich Perspektiven verschieben, aber sichtbar ist dieses Phänomen imho bei vielen Populisten.

Naja, die versuchen, so weit möglich, den Standpunkt der Neutralität zu bewahren.

Wobei ich mir bei einigen nicht ganz sicher bin, ob sie nicht sogar deutliche Sympathien für Gauland und seine Truppe ewig-gestriger hegen.

Einerseits das, andererseits geht’s halt auch auch darum, mit Neuigkeiten Geld zu verdienen. Schlagzeilen wie ‚Trump lügt‘ oder ‚AfD Politiker sagt Nazischeiß‘ sind halt keine Neuigkeiten :man_shrugging: