Gedankenexperiment Lichtgeschwindigkeit

Stellen wir uns folgendes Szenario vor:
Ein unzerstörbarer Stab mit der Länge von mehreren millionen Lichtjahren schwebt im All.
Nehmen wir an, der Stab hätte die Länge vom Radius von unserer Milchstraße (ca. 125mil. Lichtjahre?!)

Jetzt bringen wir einen unzerstörbaren und extrem starken Motor am Ende des Stabes an, der den Stab in einer Sekunde (oder weniger - egal) um 360° drehen kann.

Ich hoffe ich hab das jetzt halbwegs verständlich beschrieben :slight_smile:

Also wir platzieren einen Stab, der von der Mitte unserer Milchstraße anfängt und am Ende unserer Milchstraße aufhört.
Am Ende des Stabes (in der Mitte der Milchstraße) montieren wir einen Motor, der den Stab innerhalb einer Sekunde um 360° dreht - wie ein Kugelwerfer eben seine Kugel wirft, in dem er sich um seine eigene Achse dreht.

Weiters nehmen wir an, dass sich dieser Stab innerhalb von seinem Radius in absolut leerem Raum befindet, sodass bei der Rotation keine Planeten, Sterne oder Felsbrocken ihn blockieren.

Was passiert dann am anderen Ende des Stabes? Dieses Ende wäre ja dann eigentlich schneller als Lichtgeschwindigkeit - was ja bekanntlich nicht möglich ist.
Wie würde dieses Gedankenexperiment verlaufen?

Baumi

Ps.: Das sowohl Motor als auch Stab nicht existieren können ist uns allen klar, aber gehen wir bei diesem Gedankenspiel einmal davon aus, dass dies funktioniert.

Da dazu weite Teile des Stabes weit über Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden müssten, wird eine Beschleunigung auf diese Geschwindigkeit nicht möglich sein.

Morgen.
Der bricht. Die Teile, die Überlichtgeschwindigkeit drauf hätten, bekommen mehr Masse - die Masse geht gegen unendlich.

Es gilt das gleiche Problem, wie für die gesamte lichtschnelle Raumfahrt.

Da dein Stab eine Masse hat, musst du zum Beschleunigen des Stabes Energie aufwenden um die Trägheit zu überwinden. Je stärker du beschleunigen willst, desto mehr Energie muss aufgewendet werden - es gilt wie immer:

Für die Beschleunigung auf Lichtgeschwindigkeit, geht der Energieaufwand gegen unendlich.

Du musst ja genug Energie aufwenden um jeden Punkt deines Stabes zu beschleunigen und je weiter „aussen“ der Punkt liegt, desto mehr Energie muss aufgewendet werden - für die „äussersten“ Punkte geht die benötigte Energie gegen unendlich.

also würde sich der Stab am äußeren Ende mit annähernder Lichtgeschwindigkeit bewegen, aber nicht ganz.

und angenommen, wir hätten einen Motor der die unendliche Energie aufbringen könnte?
(Keine Ahnung wie - der Motor wird durch ein schwarzes Loch angetrieben der die Gravitation und Bewegungsenergie umwandelt oder so :smile: ), ist ja auch egal.
Aber gehen wir davon aus, wir hätten eine Energiequelle die den Motor mit unendlicher Energie/Kraft versorgt und der Stab kann nicht brechen.
würde sich der Stab letztendlich, trotz unendlicher Energie am Motor, am Ende nie schneller bewegen?

Da Stab und Motor „unzerstörbar“ sind, muss sich der Stab zu einer Spirale verformen. Da sich die Kraftwirkung nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten kann, dauert es etwa 100.000 Jahre, bis sich das Ende des Stabes anfängt zu bewegen.
Wenn der Motor tatsächlich 1U/s erreicht, wird der Stab dadurch ganz schön dünn ausgezogen.

Dieses Gedankenexperiment wird mitunter benutzt um zu veranschaulichen, dass absolut starre Körper nicht existieren können.

Ach so: Lichtgeschwindigkeit wird kein Teil des Stabes erreichen. Auch wenn sich das Ende Stabes schließlich bewegt, wird die Spirale nur immer „spiraliger“, weil die Winkelgeschwindigkeit über die Länge des Stabes kontinuierlich abnimmt.

ich dachte ich bin der erste der auf diese Idee kommt :smiley:

Der Stab ist ja grundsätzlich nicht zerstörbar, nicht dehnbar, biegsam, oder ähnliches… heißt das, dass diese Verformung zu einer Spirale durch irgend eine Raum/Zeitverkrümmung zustande kommt? (ich bin da ein Laie wie man merkt ^^, aber ich spiele gerne mit solchen Gedanken :slight_smile: )

Anders rum, wenn der Motor nach einer Umdrehung wieder stehen bleibt, geht der Stab dann nach XY Jahren wieder zurück auf seine Ursprungsform? Also wird er wieder gerade?

Wenn Du das alles annimmst, wäre die Folgerung, das sich das Ende des Stabes mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen müsste. Das widerspricht der Relativitätstheorie.
Möglichkeit 1: Die Relativitätstheorie ist falsch.
Möglichkeit 2: Du machst in deinem Gedankenexperiment unmögliche Voraussetzungen.

Wenn Du etwas unmögliches annimmst, kannst Du daraus alles folgern. Das Unmögliche ist in diesem Fall, dass ein Stab mit den von dir genannten Eigenschaften existiert.

Das hängt ja nun vom Material ab.
Deutscher Qualitätsstahl: ja
Asiatisches Billigplastik: Nein

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Wie schon gesagt:

Da du die Energie aufbringen musst, um jeden Punkt deines Stabes zu beschleunigen, lässt sich das gesamte Gedankenexperiment wieder zu: „Wie beschleunige ich eine Masse auf Lichtgeschwindigkeit“ reduzieren.

Wenn also unendlich viel Energie zur Verfügung hättest, könntest du eine Masse auch auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen - da das aber rein praktisch nicht geht - geht es eben nicht :smile:

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Hier endet das Experiment auch schon. Ein Material, das sich - egal bei welcher Krafteinwirkung - weder verbiegt noch bricht, existiert nicht.

Bei Deinem Aufbau erzeugst Du mit real existierenden Materialien entweder eine Spirale (wie schon geschrieben wurde) oder zwei Stäbe - einen sehr kurzen und einen sehr, sehr langen.

Der Radius der Milchstraße beträgt keinesfalls 125 mill, sondern ca. 50.000 Lichtjahre.

Da ein Gedankenexperiment kein Experiment in dem Sinne ist, dass objektive Realität überprüft wird, sondern nur ein Gedankenspiel innerhalb einer Theorie weitergesponnen wird, musst Du noch angeben, innerhalb welcher Theorie Dein Gedankenspiel stattfinden soll.

Innerhalb der Klassischen Mechanik: Der Stab dreht sich mit Überlicht
Innerhalb der Relativitätstheorie: Die Masse an den Stabenden werden unendlich, es entstehen zwei schwarze Löcher, die alles verschlingen.
Innerhalb der Quantentheorie: Man kann den Stab nicht beobachten, also entsteht eine Wahrscheinlichkeitswelle, die beliebig schnell (auch mit überlicht) rotieren kann.
Innerhalb der Betriebswirtschaftlehre: Das Meeting, das die Auswahl des Motors festlegen soll, zieht sich so weit in die Länge, dass es länger ist, als der Stab.

Mit beliebig unsinnigen Vorgaben lassen sich beliebig unsinnige ‚Ergebnisse‘ erzielen.

Wenn du also auch noch unendlich viel Energie in den unendlich starken Motor steckst kannst du auch Lichtgeschwindigkeit am Ende des unendlich stabilen Stabes erreichen, ohne dass der durch seine eigene Masse zum schwarzen Loch wird. Gar kein Problem.

Hab noch eine Theorie vergessen…
Innerhalb der Psychoanalyse: Der Stab ist ein Phallussymbol, und die Tatsache, dass er sich mit unglaublicher Geschwindigkeit dreht, zeigt, dass Du sexuell noch nicht endgültig ausgerichtet bist. Außerdem lässt Deine Größenannahme, dass ein 125 mil. Lichtjahre großer Stab in eine 100 Tausend Lichtjahre große Milchstraße passt, auf einen Sexuellen Minderwertigkeitskomplex schließen.

Das ist schon klar. Aber sog. Gedankenexperimente dürfen zwar physikalische Bedingungen, die innerhalb des Experimente definitiv keine Rolle spielen, außer Acht lassen (das ist ja gerade ihr Zweck). Aber sie müssen in sich selbst konsistent sein. Und das ist bei deinem Szenarium nicht der Fall:

Dein Stab muß nämlich per Definition ein „absolut starrer Körper“ sein. Denn der Impuls bzw. Drehimpuls muß sich ja instantan (= ohne Zeitverzögerung) vom Zentrum auf das andere Ende übertragen. Mit anderen Worten: Er wird mit unendlicher Geschwindigkeit übertragen. Nun kannst du zwar in deinem GE einen solchen absolut starren Körper ansetzen, aber damit hast du zugleich die Möglichkeit, instantaner Wirkungsübertragung postuliert: Transport mit unendlicher Geschwindigkeit.

Damit bewegst du dich aber bereits außerhalb der Relativitätstheorie und deine durchaus richtige experiment-interne Schlußfolgerung, daß das Stabende sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegt, ist dann gar kein Problem. Denn die RT mit ihrer Bedingung „keine Wirkungsübertragung mit v > c“ hast du ja a priori ausgeschlossen. Nämlich mit der Eigenschaft deines Stabes - schon, bevor er sich bewegt.

Eine ähnliche Überlegung ist die: Ein Laserstrahl wird von einem sich auf einer Achse drehenden Sender ausgesendet. Sein Lichtpunkt in geeignet großer Entfernung wird sich dann mit je entsprechend großer Geschwindigkeit > c oder auch >> c tangential auf einer gedachten Peripherie eines Kreises durch den Raum „bewegen“. Ja, wird er. Und es ist kein Widerspruch zur RT, denn dieser Lichtpunkt transportiert ja tangential nichts.

Gruß
Metapher

ja egal, für dieses Experiment :wink:
aber stimmt, lt. google sinds „nur“ 100.000 Lichtjahre Durchmesser :smile:

:joy:
Weltklasse!

Danke für diese Antwort, Metapher! (die sich, wenn man ehrlich ist, auf einem komplett anderen Niveau befindet als die meisten anderen Wortmeldungen…)

Oh ja, was Google alles weiß, wozu studieren wir dann noch Astrophysik ?