Genau da liegt für mich der Hase im Pfeffer! Ich habe kein Problem damit, das in durchaus relevantem Maße vorhandene Clankriminalität in den Medien auch entsprechend dargestellt wird, und zwar nicht nur in Dokumentationen sondern durchaus auch als Basis für mehr oder weniger anspruchsvolle Spielfilme und Co. Aber auch ich vermisse die „Banalität“ des ebenfalls in erheblichem Maße vorhandenen guten Zusammenlebens. Natürlich werden immer gerne ganz besondere, herausragende Einzelfälle thematisiert, bei denen es aber letztendlich dann eben auch wieder um Problem- und Konfliktbewältigung geht. Nur die Normalität alltäglichen Miteinanders, das mit einer Vielfalt gewinnt, die nicht als Problem wahrgenommen wird, sondern eher als belebender Aspekt, die findet sich so gut wie nicht.
Während des Ramadan war dies mal wieder gut zu beobachten. Während in der BBC in diversen Kochshows ganz selbstverständlich tolle Rezepte für das Fastenbrechen gekocht wurden, und man locker darüber scherzte, wer jetzt gerade in der Live-Sendung nicht davon kosten würde, weil er tagsüber fastet, wird das Fasten bei uns eigentlich nur als gesundheitliche Belastung, und eher rückständiges exotisches Ritual von muslimischen Hardlinern thematisiert, die schon unter Generalverdacht stehen, extremistisch zu sein. Als ich neulich recht intensiven Kontakt zu einer muslimischen Familie bekam, war es für mich hingegen einfach selbstverständlich bei der Frage nach Getränkewünschen auch die ganz neutrale und wertfreie Frage einzuflechten, ob ggf. gefastet wird, ohne daraus dann gleich ein bewertendes Thema zu machen. In dem Zusammenhang musste ich dann auch mal kurz die Anwendung des Erbrechts der Scharia anprüfen. Ich fand es einfach nur spannend, interessant und erhellend, wie gut deren Regelungen doch sind. Aber wo man davon als kleine Anekdote erzählen wollte, gab es natürlich immer gleich diverse Leute, die sich mit der Scharia natürlich „bestens“ auskennen, und gleich deren grundsätzliche Rückständigkeit, Frauenfeindlichkeit und Brutalität anprangern, ohne vermutlich auch nur eine einzige Zeile der Texte gelesen zu haben. Da spielt dann sicherlich auch wieder die einseitige und verkürzte Darstellung in den Medien eine gewichtige Rolle.
Sicherlich ist das abendliche Fernsehprogramm kein Platz für große rechtsvergleichende Studien, aber es könnte natürlich schon ein mal ein interessanter Nebenkriegsschauplatz sein, wenn man bei passender Gelegenheit mal einen Verweis anbringen würde, dass eine Rechtsfrage nicht nur nach unserem eigenen Recht akzeptabel und als gerecht empfunden gelöst werden kann, sondern auch andere Rechtssysteme, die hier gerne verschrien sind, zu angemessenen Lösungen kommen.