Gehirn vs. Rechenmaschine

Hallo,
wenn man ein Wort hört, zum Beispiel „Baum“, dann hat jeder blitzschnell ein Bild von einem Baum vor dem Geistigen Auge und weiß, was „Baum“ bedeutet.
Wenn man aber ein Bild auf der Festplatte eines Computers suchen will, dann dauert das manchmal ewig.
Aber sobald man fragt, was 1567² ist, dann ist der PC wieder schneller.

Woher kommen jetzt aber diese Unterschiede, dass das Gehrin zwar schnell Dinge findet, aber nicht schnell rechnen kann.

Liegt das an der Spezialisierung der Nervenzellen, sodass die parallel Sachen suchen, wie bei einem PC ein Dualcore, der sich die Arbeit aufteilt? So könnte man sich doch das schnelle Erinnerungsvermögen erklären.
Das heißt doch aber auch, dass ein ganz spezialisierter Prozessorverband sich viel schneller an Gespeichertes „erinnern“ kann und so einen Bildvergleich viel schneller leisten könnte als unser Gehirn.
Kennt einer ein Beispiel für so einen spezialisierten Rechner, der Bildvergleiche schneller macht als unser Gehrin das kann?

Warum kann unser Gehrin nicht so schnell rechnen wie ein Computer?
Weil die Zahlen vielleicht nur ein Modell sind und wir das erst erlernen und damit unser Gehrin keine Spezialisierung hat, aber jeder PC darauf getrimmt ist zu rechnen?

Danke
Tim

Hallo,

Wenn man aber ein Bild auf der Festplatte eines Computers
suchen will, dann dauert das manchmal ewig.

beim Suchen kommt es darauf an, was für Hintergrundinformationen du hast. Wenn du ein Bild schnell wiederfindest, kennst du es wahrscheinlich schon und kannst dich ungefähr an den Ablageort erinnern. Solltest du eine Datei suchen, wo du überhaupt nicht weißt, wo sich ist, wird der Computer sehr wahrscheinlich schneller sein. Gleiches gilt, wenn der Computer einen Index (Datenbank) der Bilder hat, dort kann er dann auch schneller suchen.

Aber denken können Computer nun einmal nicht, sie können nur schnell Anweisungen ausführen.

Hallo,
ich denk auch, dass das Gehirn nicht so schnell rechnen kann weil es nicht darauf spezialisiert ist. Kommt ja auch relativ selten vor, dass das überleben davon abhängt ob man gut rechnen kann. Trotzdem gibt es Personen die sehr schnell Kopf rechnen können, wie z.B. Rüdiger Gamm. Der Rechner kann dafür nicht schneller werden durch Übung.
Gruß
Heinrich

Hallo,
ich denk auch, dass das Gehirn nicht so schnell rechnen kann
weil es nicht darauf spezialisiert ist.

Hallo Heinrich, Tim

ich denke, dass das Gehirn sehr wohl schnell und genau rechnen kann, nur anders und eben nicht in Zahlen. Wie ein Eishockeytorwart eine Fliege in der Luft zu fangen oder beim Basketball von der Mittellinie den Korb zu treffen (usw usw) erfordert eine ganz erhebliche Berechnungsleistung, die derzeit von einem Roboter nicht nachvollziehbar ist.

Interessant in dem Zusammenhang: nach einem Artikel kürzlich in Spektrum der Wissenschaft liegt die Treffsicherheit des Menschen an der absoluten physikalischen Grenze, ist also per Evolution bis zum letzten optimiert. Kann man vom Wurzelziehen so nicht sagen.

Ich warte darauf, dass ein Roboter z.B. den Tischtennisweltmeister schlägt - da könnte man viel draus lernen.

Gruss Reinhard

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blitzschnell…
Hi Tim

wenn man ein Wort hört, zum Beispiel „Baum“, dann hat jeder
blitzschnell ein Bild von einem Baum vor dem Geistigen Auge
und weiß, was „Baum“ bedeutet.

das ändert sich dann schlagartig, wenn es zum Beispiel um das englische, spanische oder französische Wort für „Baum“ handelt. Dann sucht das Hirn wesentlich länger, als es das Übersetzungsprogramm per Internet schafft.

Kopfrechnen ist eine Sache, die immer weniger gefordert wird. Der Mensch ist eben bequem - und Dinge, die nicht regelmässig trainiert werden, geraten in Vergessenheit.

IN der fünften Klasse hätte ich beim kleinen und grossen Einmaleins sowie bei den Quadratzahlen bis 50 mit jedem Rechner gleichhalten können. Heute verliere ich Stunden - und das hat nix damit zu tun, dass die Rechner schneller geworden sind.

Es gibt Rechengenies, die wurzeln, potenzieren und teilen riesige Zahlen im Kopf… und das schneller, als ich es schriftlich hinbekommen würde. Alles eine Frage des Trainings. Oder die Schachmeister - da werden enorme Rechenleistungen vollbracht - keine Ahnung, wer gerade die Nase vorne hat…Rechner oder Mensch - in jedem Fall ist das Gehirn der Schachmeister darauf trainiert grosse Datenmengen in kurzer Zeit zu analysieren. Andere Menschen würden ganze Notizblöcke füllen… und doch den falschen Schluss ziehen.

nur mal so…
Ulli

Hallo!

Oder die Schachmeister - da werden enorme Rechenleistungen
vollbracht - keine Ahnung, wer gerade die Nase vorne
hat…Rechner oder Mensch - in jedem Fall ist das Gehirn der
Schachmeister darauf trainiert grosse Datenmengen in kurzer
Zeit zu analysieren.

Das ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Tatsächlich haben Studien ergeben, dass Schachgroßmeister nicht wesentlich mehr Positionen durchdenken als mittelmäßige Schachspieler. Selbst in einer ernsten Turnierpartie denkt ein Schachgroßmeister kaum mehr als vier Züge voraus.

Nur so ist zu erklären, dass ein Schachgroßmeister mit einer Bedenkzeit für die ganze Partie von 5 min immer noch wesentlich stärker spielt als ein eher schwacher Spieler, der für dieselbe Aufgabe zwei Stunden zur Verfügung hat.

Der Gag beim Schachspielen besteht nicht im Vorausberechnen von Varianten. Da sind uns die Computer schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten weit voraus, sondern im Erkennen von Mustern. Ein Schachanfänger sieht wenn er aufs Brett schaut: „König auf g8, Turm auf f8, Läufer auf g7, Bauern auf f7, g6 und h6.“

Schon ein wenig erfahrener Schachspieler sieht dahingegen: „Rochadestellung mit fiancettiertem Königsläufer.“ Wahrscheinlich hat er als Weißer schon ein paar Konzepte parat: Läufertausch auf h6, Bauernvorstoß nach h5, Linien öffnen und besetzen, Mattangriff. Wer dieses Muster kennt und vor allem erkennt, braucht für die Festlegung dieses Plans deutlich weniger als eine Sekunde.

Der Trick besteht also darin, aus der großen Datenmenge (Position jeder einzelnen Figur, alle Varianten und Nebenvarianten) kleine Datenmengen zu machen (Positionsmuster, Angriffs- und Verteidigungskonzepte).

Schach ist außerhalb der ehemaligen UdSSR als Zuschauersport sehr unpopulär. Ich glaube es liegt daran, dass es bei uns zu wenige Menschen gibt, deren Spielstärke ausreicht, um zu erkennen, was in einer Schachpartie passiert. Die Partie findet nicht auf dem Brett statt, sondern in den Köpfen der Spieler. Das Brett zeigt nur den Spielstand an. Einem Fussballspiel kann jedoch jeder mit Begeisterung folgen.

Michael

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Gehen wird auch mal davon aus …

Schachmeister darauf trainiert grosse Datenmengen in kurzer
Zeit zu analysieren.

Schon ein wenig erfahrener Schachspieler sieht dahingegen:
„Rochadestellung mit fiancettiertem Königsläufer.“

öffnen und besetzen, Mattangriff. Wer dieses Muster kennt und
vor allem erkennt, braucht für die Festlegung dieses Plans
deutlich weniger als eine Sekunde.

… dass dieses Wissen bei einem Schachmeister eben nicht nur ein einem „Schachareal“ im Hirn abgespeichert ist, sondern dass eben auch das optische Gedächtnis und noch viel mehr Hirnareale hier zusammenarbeiten um:

  1. diese Datenmenge schnell verarbeiten zu können (Musterverarbeitung)

  2. das Hirn die Entscheidung emotional unterstützt um schnell zu sein.

Was ich damit meine ist, dass erfahrene Fachleute in vielen Situationen glauben „aus dem Bauch heraus“ zu handeln, in Wirklichkeit sich aber ihr Hirn sich über die Erfahrung verändert hat (Neuroplastizität), um aus den vielen Detail eine schnelle Entscheidungsfähigkeit (Mustererkennung durch Simplifikation auf wenige Merkmale) durch „Einbau“ von Emotionalität eingestellt hat.

Gruß

Stefan

Hallo,
es gibt viele Dinge, die ein Hirn kann und Rechenr (noch) nicht.
Das schönste Beispiel sei eine schöne Doppeldeutigkeit.

Andere komplexe Vorgänge machen Rechnern auch so ihre Probleme.
Laß mal einen Rechner ein Gedicht übersetzen oder nur eine Gebrauchanweisung.

Du sieht blanke Rechenleistung ist nicht alles. Es kommt auf die richtige Verkabelung an.
Und damit haben die Softwareschmiede und dito die Hardwarebauer noch so ihre Probleme.

Gandalf

Hallo,

Ein Gehirn mit einem Rechner zu verleichen ist so, als vergleiche man ein Auto mit einem Schiff. Ok, beides sind Fortbewegungsmittel, aber beide funktionieren nach einem vollkommen anderen Prinzip. Die Frage, warum ein Schiff so viel schneller übers Wasser fährt als ein Auto (und dafür ein Auto über Land soviel schneller ist wie ein Schiff) scheint dir sofort lächerlich. Aber deine Frage ist im Prinzip genau sowas.

Ein Rechner arbeitet mit Registern, also sequenziellen Speicherkernen, die über Verschaltungen ihre Ladezustände binär addieren können [die Addition von binären Informationen (Ladezuständen) ist wie das fahren über Wasser. Schiffe können sowas gut]. Ein Gehirn arbeitet mit Neuronen, die über verschiedenartige und modulierbare Kontakte jeweils mit hunderten anderen Neuronen in Verbindung stehen und dessen Status nicht aus dem Inhalt von Registern sondern aus dem dynamischen Aktivitätsmuster zwischen neuronalen Kontakten hervorgeht [die Änderung eines Aktivitätsmusters in ein anderes aufgrund eines eingehenden Reizes in das Netzwerk ist wie fahren über Land. Autos können sowas gut].

Es sind schlicht komplett unterschiedliche Arten von Informationsverarbeitung. Logisch, dass man die Leistungen derart verschiedener Systeme nicht vergleichen kann. Es wäre überaus erstaunlich, wenn es könnte!

Entschuldige die Haken in der Analogie, aber ich denke, die Analogie ist dennoch gut genug, um den Punkt klarzumachen.

LG
Jochen

Hallo Tim,

Warum kann unser Gehrin nicht so schnell rechnen wie ein
Computer?
Weil die Zahlen vielleicht nur ein Modell sind und wir das
erst erlernen und damit unser Gehrin keine Spezialisierung
hat, aber jeder PC darauf getrimmt ist zu rechnen?

Das Gehirn arbeitet hauptsächlich als Mustervergleicher.
Dabei arbeitet es massiv parallel und die verschiedenen Areale sind zudem noch miteinander verknüpft.

Rechnen tust du auf zwei unterschiedliche Arten.

  1. Normal, so wie du mal Kopfrechnen oder die schriftliche Variante gelernt hast.
  2. Je nach Training „rechnest“ du aber auch über „Lookup Tabellen“ 2x2 rechnest du nicht, sondern weisst das Resultat sofort, weil du das „Muster“ kennst.

MfG Peter(TOO)

Hallo!

Ich habe gerade einen weiteren Gedanken zu dieser Geschichte. Ich bin allerdings nicht sicher ob das stimmt, und möchte es daher zur Diskussion stellen:

Das Gehirn macht fast alles so schnell, dass wir es ohne merkliche Zeitverzögerung hinkriegen. Langsam wirkt das Gehirn nur, wenn es denken muss. Denken hat hier immer etwas mit Bewusstsein zu tun. Denken ist die bewusst gesteuerte Gehirnfunktion. Damit aber das Bewusstsein dem Denken folgen kann, muss es auf eine Weise erfolgen, die vom Bewusstsein verstanden wird. Dafür wird der Denkvorgang in irgeneiner Form repräsentiert. Beispiel: Ich möchte ausrechnen, was 728 * 15 ist. Dafür gibt es kein Muster, das ich nur aus dem Speicher holen müsste. Also muss ein abstrakter Denkvorgang gesteuert durch des Bewusstsein in Gang gesetzt werden.

Daher spreche ich vor meinem inneren Ohr das, was ich als Kind in der Grundschule gelernt habe. Vielleicht erscheint auch vor meinem inneren Auge der Zettel, auf dem ich rechne: „… fünf mal acht ist 40, schreibe 0, behalte 4 …“.

Das bedeutet: Das Gehirn berechnet gar nicht 728 * 15, sondern simuliert und animiert den Vorgang der Berechnung. Die Animation kann aber maximal so schnell ablaufen, wie mein Bewusstsein ihr folgen kann.

Es ist ein bisschen so, als hätte ich einen Computer und müsste ihm in Maschinensprache die Multiplikation beibringen. Statt die Multiplikation auf eine Addition zurückzuführen und ein relativ kurzes Programm dazu zu verfassen, würde ich ihn dazu programmieren, einen Rechenschieber zu verwenden. Damit ist die Rechengeschwindigkeit des Computers vor allem durch die Beweglichkeit seiner Roboterhand begrenzt.

Was haltet ihr von dieser Theorie?
Michael

Hallo,
ich würde auch sagen, dass man unbewusst sachen schneller macht, weil man diese Situation oder vergleichbares schon mal erlebt hat und die Handlung einfach nochmal abgespielt wird. Das schnelle Erinnern ist durch die schon erwähnte Parallearbeit möglich. Deshalb, denke ich, kann man auch Doppeldeutigkeiten verstehen, weil es sein kann, dass aufeinmal zwei Ergebnisse vorliegen.

Muss man etwas bewusst machen, dann muss man ja erst alles nochmal durchdenken und das braucht eben Zeit.

Das wäre so meine Vorstellung.
Also Michaels Theorie halte ich auch für plausibel.

Hallo,

LAss mir auch meine zwei cents zur diskussion werfen. Das biologisches gehirn, nicht nur des menschen aber auch der kleinsten bakterie, kann sehr gut und sehr schnell mit mehreren variablen rechnen und zu sehr guten ergebnissen kommen. Die natur hat sich also spezialisiert in multitasking und multiprocessing. Der natur interessiert nur der auskamm, nicht wie man die wurzel von zwei rechnet. Ein besipiel sind tischspiele. Ich hatte einst versucht einen computer zu programmieren und ein bestimmtes raetzel zu loesen. Die varianten und moeglichen positionen waren mehrere billiarden, das ein computer monate brauchte um die gewuenschte antwort zu bekommen, wobei jeder mensch hoechsten 3 stunden brauchte um die loesung zu finden. Es werden versuche gemacht mit neuronets das gehirn nachzuahmen, aber die ganze forschung ist noch am anfang, und die moeglichkeiten sind nicht ermutigend. Es scheint die kleinste zelle kann viel schneller lernen und loesungen zu problemen finden als der schnellste computer der welt.

Danke

Hirn vs. Maschine im Schach
interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Kampf
Menschenhirn vs. Rechner im Schach:
Der Automat rechnet alle Varianten durch und findet die am Ende dieser Varianten - bei bestem Spiel beider Seiten vorausgesetzt - vorteilhafteste Stellung nach seinen Bewertungskriterien.
Der Welt- oder Großmeister hat hingegen eine unermeßliche Erfahrung, wie sich u.a. Stellungs-BILDER (da sind wir wieder beim ‚Bild‘) entwickeln werden; wie sich bestimmte Konfigurationen der Steine (zB Bauernstruktur im Endspiel) auswirken; welche langfristigen unabänderlichen Merkmale (Läuferpaar, ungleiche/gleiche Läufer u.v.m) auswirken.
Bei Stellungen mit weniger rechnerischen Möglichkeiten bzw gering verzweigtem Variantenbaum, ist der Rechner eher im Voreil, da er die Partie schon bis fast zum Ende (zum Matt oder zum deutlichen Gewinnvorteil) durchrechnen kann, während in komplexeren Stellungen mit eher chaotischem Variantengeflecht der Mensch pragmatischer auf solche langfristig sich auswirkenden Teilvorteile spielen kann.
Muster-/Strukturerkennung is’ wohl auch so ein Stichwort, das hier eine Rolle spielt.

Aber das ist wohl keine Antwort auf die Frage, woher das kommt (?) …