Gehört er zu Deutschland oder nicht?

Hallo,
Seehofer hat ein altes Thema angestoßen, das in den letzten Jahren immer wieder durchgekaut wurde, ohne das es zu einem für die Gesellschaft akzeptablen Ergebnis gekommen wäre.

Kann man sagen, dass Seehoofer auf der Linie des Alt-Bundespräsidenten Gauck liegt, der dazu meinte:


Na ja - sagt sein Nachfolger Joachim Gauck. Diesen Satz könne er so nicht übernehmen, erklärte Gauck in einem Interview. Er könne auch diejenigen verstehen, die den Einfluss des Islam auf Europa und Deutschland nicht erkennen könnten.

Was er mit dieser Aussage inhaltlich alles verbunden haben mag, geht aus einer Rede, die er leider erst nach seiner Amtszeit als Bundespräsident gehalten hatte, hervor:


„Einen großen Einfluss in der Integrationspolitik hat lange Zeit die Konzeption des Multikulturalismus gehabt: Was sich auch immer hinter den einzelnen Kulturen verborgen hat – Vielfalt galt als Wert an sich“, sagt Gauck. Die verschiedenen Kulturen sollten gleichberechtigt nebeneinander existieren, stellt er fest, für alle geltende westlich-liberale Wertvorstellungen seien abgelehnt worden. „Ich verstehe, dass es auf den ersten Blick tolerant und weltoffen anmuten mag, wenn Vielfalt derart akzeptiert und honoriert wird. Wohin ein solcher Multikulturalismus aber tatsächlich geführt hat, das hat mich doch erschreckt“, sagt Gauck.
So fände er es „beschämend, wenn einige die Augen verschließen vor der Unterdrückung von Frauen bei uns und in vielen islamischen Ländern, vor Zwangsheiraten, Frühheiraten, vor Schwimmverboten für Mädchen in den Schulen. Wenn Antisemitismus unter Menschen aus arabischen Staaten ignoriert oder mit Verweis auf israelische Politik für verständlich erklärt wird. Oder wenn Kritik am Islam sofort unter den Verdacht gerät, aus Rassismus und einem Hass auf Muslime zu erwachsen.“ Im Anschluss stellt Gauck die rhetorische Frage: „Sehe ich es richtig, dass in diesen und anderen Fällen die Rücksichtnahme auf die andere Kultur als wichtiger erachtet wird als die Wahrung von Grund- und Menschenrechten?
„Ja, es gibt Hass und Diskriminierung von Muslimen in unserem Land“, räumt Gauck ein. Jeder Einzelne sei gefordert, sich Ressentiments und Generalisierungen entgegenzustellen. „Beschwichtiger aber, die kritikwürdige Verhaltensweisen von einzelnen Migranten unter den Teppich kehren, um Rassismus keinen Vorschub zu leisten, bestätigen Rassisten nur in ihrem Verdacht, die Meinungsfreiheit in unserem Land sei eingeschränkt“, warnt Gauck. Sie machten sich zu Verbündeten von Islamisten, „die jegliche, auch berechtigte Kritik an Muslimen abblocken, indem sie sie als rassistisch verunglimpfen“.
„Zu viele Zugezogene leben augenblicklich noch zu abgesondert mit Werten und Narrativen, die den Gesetzen und Regeln und Denkweisen der Mehrheitsbevölkerung widersprechen, zu viele leben hier seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten, ohne die Geschichte dieses Landes zu kennen“, sagt Gauck. Für eine gemeinsame Zukunft brauche es jedoch mehr Wissen übereinander, mehr Dialog, mehr Streit und mehr Bereitschaft, „im jeweils anderen unseren eigenen Ängsten, aber auch neuen Chancen zu begegnen“.

Verbindet Seehofer sein etwas simpel gehaltenes Statement mit den selben Gedankengängen, wie unser Alt-Bundespräsident in seiner Rede?

Gruß
rakete

Seehofer verband sein Statement wohl mit dem Gedanken, dass

a) er dem Söder am Tag seiner Wahl zum bayerischen Ministerpräsidenten die Schlagzeile klaut und
b) er sich für die anstehende bayerische Landtagswahl bei der konservativen Wählerschaft positioniert.

Der Alt-Bundespräsident wollte wohl im Gegensatz dazu

a) dem Söder keine auswischen, weil er mit dem nichts zu schaffen hatte und
b) sich eher in der Mitte der Gesellschaft (im Raketensprech beim „linksgrünen“ Milieu) positionieren.

Für Überzeugungstäter halte ich beide nicht, und für Intellektuelle mit „Gedanken von unermesslicher Höhe, Breite und Tiefe“ (Blaubär, nach dem Gedächtnis zitiert) eigentlich auch nicht.

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gehört eigentlich auch nicht zu Deutschland.

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Meinst du nicht, du verwechselst das mit Wulff? Das damalige Statement von Gauck hört sich eher weniger nach Linkssprech an. Seine Gedanken aus Februar 2018 noch weniger.
Gruß
rakete

Warum nicht? Weil seine Aussage den Obrigkeitswillen „wir müssen bunt sein“ nicht unterstützt?

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Ich habe bislang keine Möglichkeit gehabt, ihm in den Kopf zu schauen.

Der Innenhorst sagt eigentlich nichts anderes als es Wulff seinerzeit tat. Nur wurde damals zu sehr der Jubelfokus auf einen Teil seiner Rede gesetzt, während die Passagen davor glattweg ignoriert wurden. Deren Tenor ist nämlich, dass der Islam nicht zur kulturell konstituierenden Historie Deutschlands gehöre.

Aber weil es jetzt der Innenhorst gesagt hat, kann der Linken-Riexinger mit Hetzvorwürfen gegen den Innenhorst hetzen. Und allerlei kopflose Hühner und Hähne plustern sich in ihrer Empörung ebenfalls auf.

Wer btw behauptet, der Islam gehöre zu Deutschland (abgesehen von der offensichtlichen Präsenz von Muslimen) möge doch bitte auch einmal darlegen, welcher Islam dies ist. Den gibt es doch gar nicht, oder? Oder war das in anderen Diskussionen stets nur eine Falschbehauptung?

Scheinbar fehlt einigen Oppositionsparteien ein echtes Thema, weswegen sie sich bemühen, eine Mücke zum Elefanten aufzupusten, den sie dann durchs Glashaus treiben wollen.

Gauck kann ich vollkommen beipflichten. Das wird aber Multikulturalisten der genannten Definition nicht von ihrer naiven Selbstbesoffenheit abbringen.

Gruß
vdmaster

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Wo findet man Deine Version von Deutschland auf welcher Landkarte?

? der Käpt’n? Oder wer?

Was den Pastor (Joachim Gauck) umtreibt, weiß ich nicht. Vielleicht wollte er einfach mal wieder ins Fernsehen oder in die Zeitung. Und Seehofer ist eben …
… Seehofer. Statt unauffällig und effizient an die Arbeit zu gehen, startet er die Amtsaufnahme durch ein Statement, welches vorhersehbar einen überflüssigen Streit um Worte provoziert. Warten wir mal ab, ob er Taten zustande bringt …

Ich kann leider so ganz formal mit der Aussage „Der Islam gehört zu Deutschland“ überhaupt nichts anfangen.
Für mich ist es eine völlig unsinnige Fragestellung.
Da es in Deutschland keine Staatsreligion gibt, gehört für mich eigentlich „keine“ Religion zu Deutschland.

Oder was soll es bedeuten? Je nach Betrachtungsweise und Thema (historisch, statistisch, politisch) kann man die Aussage widerlegen oder bestätigen…

Gaucks Ausführungen kann ich allerdings auch zustimmen, hier erfolgt doch eine etwas differenziertere Betrachtung als nur „gehört zu Deutschland“…

Beatrix

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Da sehe ich den Hauptgrund für seine Aussage. Fischen am rechten Rand. Aufwärmen des Flüchtlingsthemas (manch einer steht ja drauf - auch hier auf w-w-w gg )

Der Söder bläst ins gleiche Horn.
Ich finde das vorhersehbar und eher eh ermüdend, aber wenig Problemlösend.

Bufo

Hallo!

  1. Seehofer hat recht.
  2. Deutschland ist ein christlich geprägtes demokratisches Land!
  3. So ist es, so muss es bleiben
  4. Wer in Deutschland leben will, hat unsere auf der christlichen Basis erstellten Gesetze einzuhalten.
    MfG
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Aber hallo!

  1. Für deutsche Bürger ist die Frage " der Islam gehört zu Deutschland" überhaupt nicht „unsinnig“!
  2. Für nicht christliche deutsche Bürger hat diese Frage durchaus einen Sinn.
  3. Dennoch: Unsere Gäste sollten sich nach unseren christlichen Regeln halten und diese respektieren.
  4. Ich respektiere ja auch bei Auslandsaufenthalten die dortigen Regel und Gesetze1
    MfG

Btw stimmen die „Bundesbürger“ lt. einer repräsentativen Umfrage der Aussage Seehofers zu.

Es würde mich ja ernstaft interessieren, ob durch den Fragekatalog auch tatsächlich Nichtdeutsche ausgesiebt wurden, um das Ergebnis nicht zu verzerren. Der Artikel suggeriert dies zumindest ("…der Deutschen…"). Aber es könnte eben auch nur qualitativ mangelhafter Journalismus sein.

Ich finde die zugrunde liegende Frage völlig irrelevant.
Die Religionsfreiheit und die Grundrechte gehören ganz dringend zu Deutschland. Der Rest folgt daraus.

Bufo

Das mag für eine die Würde jedes einzelnen Menschen respektierende Interpretation des Islam zutreffen.
Faschistoide Formen, die Abtrünnige, Schwule, Juden verdammen , das Grundgesetz weniger als den Koran achten, exoethnische Konflikte im Inland austragen, Frauen benachteiligen, mit Kleidungsdekreten brandmarken, prügeln, gehören „ganz dringend“ nicht zu Deutschland.

Gruß
rakete

Dasselbe gilt für extreme Formen jeder Religion. Das Grundgesetz ist die Basis für jegliche religiöse Betätigung.

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Aber hallo!
Diese Frage ist nicht irrelevant (unwichtig).
Die Religionsfreiheit in D ist ein kostbares Gut und zu bewahren.
Allerdings haben sich die Nichtchristen in Deutschland genau so friedlich verhalten, wie z.B. die Atheisten. Die tun es, nur die potent. Terroristen usw. mögen uns Christen nicht. Siehe heutiger Terroranschlag in Frankreich.
Nur ein Beispiel: Wir haben in D >4.000 nicht christliche Gotteshäuser.
Wie viele christliche Gotteshäuser gibt es z.B. in Syrien, Libyen bezogen auf 1.000 EW?
Herzlich im reichen Deutschland sind alle „wirklichen“ Flüchtlinge willkommen, klar, wenn diese sich an unsere Regeln und Gesetze halten.

Ich kann da keinen Widerspruch zu meiner Aussage finden.
Warum genau ist die Frage denn relevant, ob „der Islam zu Deutschland gehört“ oder nicht?

Es gibt ihn, weil wir eben Religionsfreiheit haben. Genauso wie Christen, Hindus, Buddhisten, Zeugen Jehovas, Spaghettimonstergläubige.
Und alle Bürger unterliegen widerum den Grundrecht.

Verstehe das Problem immer noch nicht.

Bufo

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richtig. In der Diskussion wird mit Begriffen gearbeitet, die je nach Gusto oder Zusammenhang unterschiedliche Bedeutung haben können, z. B. Deutschland: darunter kann man die Bundesrepublik Deutschland als modernen Staat verstehen oder auch die historisch gewachsene deutsche Nation.

Obwohl ich selbst mit dem Theismus und speziell der lutherischen Variante wenig anfangen kann, muss ich doch zugestehen, dass das Christentum und die Reformation Deutschland historisch in einem Ausmaß geprägt haben wie bisher keine andere Religion. Aber die Bedeutung des Christentums in Deutschland geht seit Jahrzehnten zurück, wohl weil die religiöse Bindung der Deutschen abnimmt.

Die Bedeutung des Islam in Deutschland dagegen nimmt zu, weil ein großer Teil der Menschen, die als Gastarbeiter oder Flüchtlinge zu uns gekommen sind und weiter kommen, dem Islam angehören und weil bei ihnen die religiöse Bindung eben noch stärker ist.

Und das macht manchen Menschen Angst. Das Thema eignet sich nicht für plakative Wahlkampfäußerungen und Talkshows, schon aber für Foren wie unseres, wo eine differenzierte unaufgeregte Diskussion möglich ist.

FG myrtillus

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