Geht der Obergrenzenstreit am eigentlichen Problem vorbei ?

Hallo,
fleißig geht der Streit um Obergrenzen in der Zuwanderung weiter: Die Mehrheit der Deutschen ist für die Festlegung einer solchen Obergrenze.
Aber geht die Diskussion nicht am eigentlichen Problem vorbei?


Das Statistische Bundesamt hat den Anfang gemacht. Wie die „Welt am Sonntag“ berichtete und die Behörde am Dienstag per Pressemitteilung bestätigte, gehen die Wiesbadener Zahlenfachleute in einer Aktualisierung ihrer sogenannten Bevölkerungsvorausberechnung von dauerhaft 200.000 Zuwanderern pro Jahr aus – und zwar netto, also nach Abzug der Abwanderer.

Das entspricht in etwa der Bevölkerungszahl von Kassel, die hier Jahr für Jahr reinströmen würde.

Die neuen Prognosen von Eurostat gehen noch weit darüber hinaus. Für die 2020er-Jahre sagt die Behörde eine Nettozuwanderung nach Deutschland in Höhe von durchschnittlich 287.000 Personen voraus.

Das entspricht dann schon einem jährlichen Zustrom in den Ausmaßen der Bevölkerungszahl einer Stadt wie Augsburg.

Woher diese Menschen kommen, lassen die Zahlenreihen in der Datenbank nicht erkennen. Aus den klassischen Herkunftsländern wohl eher nicht. Denn für die osteuropäischen EU-Staaten zusammengenommen, unterstellt Eurostat für die Jahre 2017 bis 2034 nur eine durchschnittliche Nettoauswanderung von 49.000 Personen pro Jahr.
Von 2035 an sollen diese Länder in Summe sogar mehr Zuwanderer als Auswanderer verzeichnen. Der mit Abstand größte Teil der Nettozuwanderung nach Deutschland müsste sich demnach aus Nicht-EU-Staaten speisen – also etwa aus osteuropäischen Staaten, die nicht Teil der EU sind, aus dem arabischen Raum, aus Südasien oder Afrika.


Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist gestiegen, 2015 gab es doppelt so viele wie 2014. Aber dennoch waren es im vergangenen Jahr nur 20.888 Menschen, die meisten von ihnen vom Balkan. Nur neun Migranten wurden 2015 nach Afghanistan zurückgeschickt, zwei in den Irak und niemand nach Syrien.

Die Abschiebungsrate entspricht im Vergleich mit der Zuwanderung lediglich der Bevölkerungszahl von Kleinstädten wie Herborn (Hessen), Traunreut (Bayern) oder Kleinmachnow (Brandenburd).

So sehr die überwiegende Zahl der Deutschen Obergrenzen (genauso wie H.S.) befürwortet:


Obergrenzen können uns nicht retten, wenn diesen unaufhörlich zuströmenden 200.000 Menschen nur 10% Illegale und Straftäter gegenüber stehen, die erfolgreich in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden können.

Ist der Kampf von H.S. und der CSU deshalb am Ende nur einer, der so und so ins Leere führt?

Gruß
rakete

Diese 200.000 Zuwanderer, von denen da die Rede ist, sind sehr wahrscheinlich keine Flüchtlinge, sondern sind tatsächlich Zuwanderer im Sinne von Migration. Diese stammen tatsächlich zu 80% aus Osteuropa. Zuwanderung aus anderen Regionen - wie dem arabischen Raum, Südostasien oder Afrika geht nämlich nicht so ohne Weiteres.

Das deckt sich auch mit den Zahlen von 2016, wo immerhin knapp 600.000 Osteuropäer nach Deutschland eingewandert sind. Könntest du die Eurostat-Quellen verlinken, auf die du dich beziehst?

Langer Rede kurzer Sinn:
Worum geht’s dir denn eigentlich bei dieser Frage? Dass es nicht eine Obergrenze für Flüchtende braucht, sondern allgemein für Zuwanderung? Oder nur für Zuwanderung aus bestimmten Ländern?

Ansonsten: Ich finde starre Asyl-Obergrenzen ungefähr so weltfremd wie sozialistische 5-Jahre-Pläne oder die Begrenzung des Sonnenlichts an Montagen auf 12.832 Lux, und will sie daher nicht verteidigen.
Dennoch gehts hier um einen bestimmte Bereich und die „Obergrenze“ ist nicht deshalb sinnlos, weil sie für andere Bereich gar nicht gedacht ist.

Btw: Aus meiner Sicht wird sich ‚Jamaica‘ auf eine ObergrenzenKontingent-Lösung einigen können, wenn damit die Durchsetzung einer Gesamt-EU-Kontingentlösung verbunden ist. Das wird kein unüberbrückbarer Gegensatz werden.

Die Eurostat-Quelle (insbesondere zu den prognostizieren Herkunftsländern) würde mich auch interessieren. Habs mir nicht ergooglen können.

Gruß
F.

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Der Welt-Artikel drückt sich anders aus (Ich habe Zitate in kursiv markiert). Illigale, Kriegsflüchtlinge, polit. Flüchtlinge, Familiennachzug sowie auch ein paar beruflich qualifizierte Zuwanderer aus dem arabischen Raum, Südostasien oder Afrika können durchaus solche Zahlen ausmachen. Warum nicht ?

Wie gesagt. Ich habe nur aus der „Welt“ zitiert. Ich hoffe doch nicht, dass der Redakteur hier etwas gemogelt hat.

Gruß
rakete

Ja, keine Obergrenze, sondern Zuwanderungsgestz nach kanadischen Vorbild. Für Flüchtende muss eine multlaterale Lösung bzw. Quote festgelegt werden.
Meine Frage soll andeuten, dass der Obergrenzenstreit eine Art „Spiegelfechterei“ sein könnte.

Gruß
rakete

Eh.
Aus meiner Sicht ist die Diskussion Ausdruck eines Wunsches nach Steuerung und Begrenzung - aber im falschen Bereich, weil sich Asyl, anders als Einwanderung, eo ipso weder sinnvoll steuern noch begrenzen lässt.

Bei der vergleichsweisen sehr geringen steuerbaren Einwanderung können wir uns in dem Bereich allerdings auch wenig austoben.

Gruß
F.

Zitat (Oppermann) aus dem verlinkten Artikel: „Wir zeigen mit diesem Gesetz, wie man die Kontrolle zurückgewinnen kann.“

Wirkungsloser Aktionismus. Mit einem Stück Papier, das die Mehrheit der nach Europa und D drängenden illegalen Zuwanderer nicht einmal lesen kann, weil sie Lesen nie gelernt haben und wenn doch, kein Deutsch verstehen, wird man niemanden abhalten, auf irgend einem Weg nach D zu kommen. Das Problem, dass illegal Eingereiste zunächst einmal im Land sind, unter Kontrollverlust im Land verteilt werden und auf unabsehbare Zeit im Land bleiben, wird mit einem Einwanderungsgesetz nicht angegangen.

Ein Punktesystem etwa nach kanadischem Vorbild hat seinen Charme. Wir befinden uns aber nicht in Kanada, sondern in der EU mit Arbeitnehmerfreizügigkeit und drückender Arbeitslosigkeit in etlichen Mitgliedsstaaten. Für den Arbeitsmarkt brauchen wir deshalb ganz sicher keine Zuwanderung von anderen Kontinenten.

Gruß
Wolfgang

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Das ist richtig, ab weder Oppermann gar ich hätten Gegenteiliges behauptet.
Ihm gings offenbar darum, einen kleinen Bereich zu kontrollieren, um im Zeitalter des Großen Kontrollwahns, überhaupt irgendwas zu kontrollieren.

Ich persönlich hätte nichts gegen Zuwanderung von anderen Kontinenten.

Gruß
F.

In der EU gibt es Arbeitslosigkeit im zweistelligen Mio-Bereich - jede Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten ist deshalb Zuwanderung oder Verdrängung in die Sozialsysteme.

Weil in Ballungsgebieten in D Mangel an Wohnraum für Durchschnittsverdiener herrscht, weil viele Menschen bis zur Hälfte ihres Einkommens allein für Miete bezahlen müssen, weil nicht einmal die aus der Preisbindung fallenden Sozialwohnungen ersetzt werden, verschärft Zuwanderung die Situation weiter, wirkt schlichtweg asozial. Übrigens sind keine Bemühungen erkennbar, an der Wohnraumsituation in Ballungsgebieten etwas zu ändern.

Es gibt Interessengruppen, die sich eigenen Nutzen von mehr Druck auf Arbeits- und Wohnungsmarkt versprechen. Wer nicht das Geschäft dieser unappetitlich-gedankenlos-gierigen Zeitgenossen betreibt und befördern will, kann Zuwanderung nicht das Wort reden. Auch wer Akzeptanz und Fähigkeit bewahren will, Asylberechtigten nach Art. 16a GG zu helfen und Kriegsflüchtlingen vorübergehenden Schutz zu gewähren, kann darüber hinaus gehende Zuwanderung, etwa durch Armut begründet, nicht befürworten. Man müsste realitätsferner Träumer sein, um zu verkennen, wie wichtig die Akzeptanz in der Bevölkerung ist.

Wir müssen Fluchtursachen bekämpfen, aber nicht in D mit Hartz IV.

Gruß
Wolfgang

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Da gebe ich dir sicher Recht.
Den Rest sehe ich zu großen Teilen anders.
Deine krasse Rhetorik (gierig, gedankenlos, realitätsfern) geht mir so aufn Sack wie der zunehmende Abschottungs-Fetischismus hierzulande, insbesondere in der „linken“ Form eines Sozialstaats-Nationalismus.

Gruß
F.

Von Abschottung kann ich nichts entdecken. Tatsächlich nimmt D durchweg Menschen auf, die aus Unterzeichnerstaaten der Flüchtlingskonvention kommen und gewährt natürlich auch individuell Verfolgten Asyl. Der erstgenannte Umstand ist europäischer Solidarität geschuldet, schließlich kann man die Länder an den EU-Außengrenzen mit dem Problem nicht im Regen stehen lassen.

Was darüber hinaus stellst Du Dir sonst noch vor? In welches Land auf dem Globus können Menschen, die weder unter internationale Konventionen fallen noch eingeladen wurden, nach Belieben einwandern? Manche Zeitgenossen hegen offenbar schräge Vorstellungen, die weder mehrheitsfähig noch finanzierbar sind, zudem unerwünschte, nicht zu bewältigende Folgen mit sich bringen. Die Unqualifizierten, die schon in ihren Heimatländern chancenlos waren, kommen mit irrealen Erwartungen, bleiben aber chancenlos. Die wenigen in ihren Heimatländern gut ausgebildeten Menschen werden in ihren Herkunftsländern gebraucht. Es wäre ein seltsames Verständnis von Entwicklungshilfe, würden wir aus armen Ländern die wenigen Fachleute abziehen.

Damit bin ich überfordert, kann mir beim besten Willen nicht zusammenreimen, was Du meinst.

Gruß
Wolfgang

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Hab ich irgendwo geschrieben, ich wollte, dass nach Belieben eingewandert werden könnte?
Ich schrieb lediglich: „Ich persönlich hätte nichts gegen Zuwanderung von anderen Kontinenten.“

[quote] [quote=„FBH, post:10, topic:9419711“]

insbesondere in der „linken“ Form eines Sozialstaats-Nationalismus.

[/quote]

Damit bin ich überfordert, kann mir beim besten Willen nicht zusammenreimen, was Du meinst.

[/quote]

https://www.google.de/search?source=hp&q="welfare+nationalism"&oq="welfare+nationalism"&gs_l=psy-ab.3..0i22i30k1l2.1082.6125.0.6331.22.21.0.0.0.0.283.2519.3j17j1.21.0…0…1.1.64.psy-ab…1.20.2423.0…0j0i131k1j0i19k1j0i22i30i19k1j0i13i5i30i19k1.0.1Eg61k0hV78

Gruß
F.

ich finde , es kommt immer auf die Umsetzung drauf an .
soetwas wie vor ein paar jahren war heftig an allen Enden.
finde aber trotzdem, dass wenn Menschen Hilfe brauchen, sie Hilfe bekommen sollten!