Vor mehr als 30 Jahren habe ich öfters gekochten Schinken aus dem Schwarzwald gekauft. Seither finde ich die Ware nicht mehr im Handel. Wer kann mir sagen, ob und wo es diese leckere Spezialität noch gibt, bzw. warum der Schinken nicht mehr produziert wird.
Für jeden Hinweis bin ich dankbar. Beste Grüsse, Schuf
Hoi,
während der letzten 30 Jahre hat sich in der Produktion von Fleisch-und Wurstwaren, sowie im Handel, gewaltig viel verändert.
Beantworte erst mal die Fragen:
Wo wurde gekauft?
Hersteller?
Vertrieb?
Discounter?
Supermarkt?
und dann schaun wir weiter.
Gruß
Nastaly
Im Schwarzwald gibt es keine Schweinzüchter, jedenfalls keine nennenswerten und schon gar keine großen.
Das gibt die Landschaft dort gar nicht her. Bergigen Wald und Schweinezucht geht nicht zusammen. Dasselbe gilt auch für Weidevieh. Das gibt es auch nicht in nennenswerter Größe. Höchstens auf ein paar ganz wenigen spezialisierten Höfen. Der Schwarzwälder Käse ist ja nicht sehr bekannt - falls es ihn überhaupt gibt.
Wenn im Schwarzwald Schinken verkauft wird, dann als geräucherter. Das Schweinefleisch wird zum Räuchern aus der ganzen EU in den Schwarzwald gekarrt und dann wieder weg zum Verkauf. Mag sein, dass ein paar Chargen ‚gekochter Schinken‘ darunter sind. Irgendwo.
Ich habe vor ca. 30 Jahren auch verschiedene Schinkensorten aus dem Schwarzwald beziehen können, aber jene Metzgereien sind inzwischen pleite gegangen, weil Discounter den - damals schon günstigen Preis - noch weiter unterboten haben.
Schade, dass ich keinen Rat für Dich habe.
Beste Grüße
Maralena
Servus,
lass Dir von der Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ die Gäule nicht scheu machen - es ist schon ewig und drei Tage, dass die Schweine für Schwarzwälder Schinken nicht aus dem Schwarzwald kommen, der ja kein Ackerbaugebiet ist.
Ich habe Mitte der 1980er Jahre in einem Betrieb in der Gegend von Saulgau gearbeitet, der Schweine hoher Qualität erzeugte und aus ein und demselben Maststall Schweine in den Schwarzwald und nach Parma lieferte, jeweils für die dortigen „lokalen“ Schinkenspezialitäten.
Der Platzhirsch Adler in Bonndorf liefert auch gekochten Schinken. Adler ist ziemlich aktiv im Vertrieb - Du wirst dort wahrscheinlich Bezugsquellen in Deiner Nähe benannt bekommen.
Schöne Grüße
MM
Hallo,
Das gibt die Landschaft dort gar nicht her. Bergigen Wald und
Schweinezucht geht nicht zusammen.
das mag für heutige Produktionsbedingungen richtig sein. Historisch ist gerade die Waldweide die klassische Methode der Schweinehaltung gewesen. Dies gilt gerade für den Schwarzwald, der früher einen deutlich höheren Anteil an Eichen hatte und in weiten Teilen gute Voraussetzungen für die Eichelmast bot. Genau das ist auch der Grund, warum im Schwarzwald die spezielle Methode der Haltbarmachung von Schinken angewandt wurde, die den Schwarzwälder Schinken ergibt - es gab eine über den lokalen Bedarf hinausgehende Produktion, die den Export ermöglichte. Vorausgesetzt, man konnte den Schinken durch Pökeln und Räuchern hinreichend haltbar machen.
Dasselbe gilt auch für
Weidevieh. Das gibt es auch nicht in nennenswerter Größe.
Ernstgemeinte Frage: bist Du eigentlich jemals im Schwarzwald gewesen? Offensichtlich nicht - dass gerade im Hochschwarzwald neben der Forstwirtschaft die Weidewirtschaft der zentrale Wirtschaftsfaktor ist, ist selbst für einen bloßen Touristen nicht zu übersehen. Ackerbau spielt und spielte hingegen im Vergleich zur Viehwirtschaft eine nachrangige Rolle. Eine agrarhistorische Besonderheit war bis ins 19. Jahrhundert die sog. Reutbergwirtschaft - eine Kombination von wechselnder Niederwaldwirtschaft und Roggenanbau auf hängigen Grenzertragsböden mit Brandrodung.
Der
Schwarzwälder Käse ist ja nicht sehr bekannt - falls es ihn
überhaupt gibt.
Bemühe mal Google nach Bibeliskäse. Richtig ist, dass es im Schwarzwald kaum echte Almwirtschaft gab und gibt (ein wenig im Südschwarzwald), weil die Besiedlung bis in die Hochlagen vordrang. Entsprechend gab es auch nicht die Notwendigkeit, die Milch durch Verkäsung haltbar zu machen. Der landestypische Käse - Bibeliskäs - ist daher auch ein Frischkäse.
Freundliche Grüße,
Ralf
(off topic) Schwarzwälder Käse
zum Beispiel hier:
http://www.schopfheim.de/396
http://www.hochschwarzwald.de/Wellnessurlaub-Gesundh…
Gruß
hps
Servus,
das sind allesamt Käsereien, die seit zwanzig bis dreißig Jahren käsen.
Im 19. Jahrhundert, in dem sich die Käsereiwirtschaft zur Herstellung von transportfähigen Milchprodukten in spezialisierten Grünlandgebieten entwickelt hat, passierte im Schwarzwald nichts dergleichen.
Schöne Grüße
MM
Schwarzwald eine typische Milchvieh-/Grünlandregion
Servus,
Das gibt es auch nicht in nennenswerter Größe.
in der Tat, in der Tat - die einstmals mit eigenem Herdbuch geführte „Hinterwälder“-Linie des Wälderviehs zeichnet sich tatsächlich durch ein sehr übersichtliches Stockmaß aus: https://www.landwirtschaft-bw.info/pb/,Lde/2298606 - eine typische Mittelgebirgsrasse, die sind alle ein bissle kleiner. Heute in diesem Zusammenhang außer dem bedeutenden Allgäuer Braunvieh nur noch Rote Vogelsberger und Wäldervieh als zu einem Mittelgebirgszug gehörige eigenständige Rassen. Das unterstreicht übrigens die Bedeutung der Grünlandwirtschaft im Schwarzwald, wo außerhalb der Talauen der Ackerbau schon relativ früh im zwanzigsten Jahrhundert der Weidehaltung von Milchvieh wich und Mehl aus dem Rheintal, der Baar, dem Hegau, Oberschwaben und dem Heckengäu eingeführt wurde.
Schöne Grüße
MM
Hallo,
zum Beispiel hier:
http://www.schopfheim.de/396
http://www.hochschwarzwald.de/Wellnessurlaub-Gesundh…
im Südschwarzwald gibt es sogar eine Käseroute - allerdings gibt es aus den schon genannten Gründen vom Bibeliskäs abgesehen keine traditionellen Käsesorten.
Freundliche Grüße,
Ralf
Hallo Aprilfisch,
da gebe ich Dir recht, die gennaten Beispiele sind neueren Datums und keine großen Hersteller. Trotzdem gehe ich davon aus, dass es auch schon in der Zeit davor Käseherstellung im Schwarzwald gab. Betrachtet man parallel dazu die Vogesen auf der anderen Seite des Oberrheins, wo sich z.B. mit dem Münsterkäse (http://de.wikipedia.org/wiki/Munster_%28K%C3%A4se%29) eine Spezialität herausbilden konnte, sollte es ähnliches im Schwarzwald unter vergleichbaren Bedingungen auch gegeben haben.
Gruß
hps
Servus,
dass im 19. Jahrhundert, in dem sich Munster, Camembert, Limburger, Emmentaler usw. als regionale Spezialitäten entwickelt haben, im Schwarzwald tatsächlich „bloß“ der Bibeliskäs zu einigem Ansehen gelangte, ist halt so.
Warum sich hier die Vogesen, wo nicht bloß der Munster „dazugehört“, sondern auch Ziegenkäse und ganz im Süden die furchtbare Cancoillotte, ganz anders entwickelt haben als ihr Spiegelbild im Osten, wäre in der Tat interessant.
Ein Anlass für Käserei in den Vogesen war die dort entlang des Kammes betriebene Almwirtschaft, die es im Schwarzwald nicht gab - dort saß man ganzjährig bis etwa 1.000 m hinauf. Verbunden mit Almwirtschaft ist immer das über mehr oder weniger lange Zeit Haltbarmachen der gewonnenen Milch.
Die bis heute in den Vogesen ausgedehnteren Rodungen hatte es zu Zeiten im Schwarzwald auch gegeben; ich schätze aber, dass die im Schwarzwald zumindest im Einzugsbereich von Kinzig und Murg bedeutendere Holzwirtschaft mit relativ guten Absatzmöglichkeiten über die Rheinflößerei zu einem früheren und schnelleren Rückgang der Grünlandwirtschaft führte.
Das Profil der Vogesen ist wegen stärkerer Niederschläge und auf beiden Seiten starken, direkt oder indirekt zum Rhein orientierten Vorflutern stärker erodiert als das des Schwarzwaldes; auch das mag eine Verschiebung zu Gunsten von Grünlandwirtschaft in den weiteren, tieferen Tälern begünstigt haben.
Schöne Grüße
MM
Hallo,
Trotzdem gehe ich davon
aus, dass es auch schon in der Zeit davor Käseherstellung im
Schwarzwald gab.
selbstverständlich gab es das, jedoch für den ‚Hausgebrauch‘ und entsprechend anspruchslos, was die Fertigkeiten wie auch das Produkt anging. Solche Käse aus Hausproduktion sind gewöhnlich Frischkäse (der Bibeliskäse wurde schon mehrfach erwähnt) oder Rahmkäse. Zur Handelsware konnten sie erst werden, nachdem ihre geringe Haltbarkeit durch Kühltechnologie kompensiert werden konnte.
Betrachtet man parallel dazu die Vogesen auf
der anderen Seite des Oberrheins, wo sich z.B. mit dem
Münsterkäse
(http://de.wikipedia.org/wiki/Munster_%28K%C3%A4se%29) eine
Spezialität herausbilden konnte, sollte es ähnliches im
Schwarzwald unter vergleichbaren Bedingungen auch gegeben
haben.
Umgekehrt wird ein Schuh draus. Dass es im Schwarzwald etwas ähnliches wie den Elsässer Munster oder Bargkass nicht gibt (wohingegen es auch im Elsass den Bibalakas gibt), zeigt, dass die Bedingungen eben nicht vergleichbar waren. Auf den wesentlichen Punkt dabei wurde schon hingewiesen - die Almwirtschaft.
Freundliche Grüße,
Ralf