Geldpolitik GEGEN die Maerkte?

Hallo,
wir erleben seit 10 Jahren sinkende Zinsen, steigende Kredite, wenig Wachstum, bald Helikoptergeld, deren Sinn will ich mal aussen vor lassen.
EZB und Politiker stemmen sich dagegen, dennoch fallen die EZB Zinsen bis ins Negative.
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Sehe nur ich das so:
Alles sind Massnahmen, die „die Maerkte“ uns aufzwingen.
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Wollen „die Maekte“ EZB und Politiker zu negativen Zinsen zwingen?
Brauchen wir das Wachstum, das hohe positive Zinssen bringen sollen?
Oder sagen uns „die Maerkte“, niedrige Zinsen reichen, wenig Wachstum reicht in der Zeit mit beliebig vielen Guetern?
Steuern wir mit allen Kraeften, Wirtschaftstheoretiker, Volkswirte, Waehrungsfond, Politiker, EZB seit Jahren
„gegen die Maerkte“ und merken das gar nicht?
Kann man ewig gegen die Marktkraefte Finanzpolitik durchhalten?
Gruss Helmut

Hi,

das zwingen und nicht die Märkte auf, sondern die EZB. Weniger Zinsen erleichtern das Aufnehmen von Krediten und das erleichtert das Einkaufen (auch wenn man das Konto überzieht für die schicke neue Jeans / die tolle Bohrmaschine sind das Kredite). Wenn wir mehr einkaufen, wird mehr produziert, das erzeugt Steuern und Arbeitsplätze. Das rettet Firmen bzw. spornt zum Firma gründen an (auch das wird durch billige Kredite erleichtert), was Arbeitsplätze schafft, und das bringt Steuern ein.
Nur begreifen das nicht genug Leute, so dass der beschriebene Mechanismus (noch?) nicht gegriffen hat. Wir bunnkern unser Geld, wer weiß, was morgen ist, es wird ja immer teurer. Die aktuelle Inflationsrate liegt bei unter 1%, ein normaler Durchschnittswert wäre ca. 3%. Solange wir das Ausgeben nicht anfangen, verändern die Zentralbanken ihre Zinspolitik nicht - und das Ausgeben gilt auch für Firmen und den Staat.
Die niedrigen Zinsen sind sont nämlich für niemanden gut. Die Banken und Versicherungen nehmen durch ihr Kerngeschäft, Geld haben und das dann anlegen und verleihen, nichts mehr ein. Für uns sind die Überziehungszinsen imer noch so hoch, trotz niedrigen Leitzins, weil die Banken und Versicherungen nach 2008 gezwungen wurden, ordentliche Rücklagen anzulegen, damit sie nicht mehr vom Staat gerettet werden müssen. Diese Rücklagen erstellen sie aus Einnahmen durch Geldanlagen, und Zinsen für zB kredite, und durch Überziehungszinsen und Kontogebühren.

die Franzi
PS: hoffentlich verhaut mich Christian jetzt nicht.

Servus,

er wird gegebenenfalls zumindest im dritten Abschitt dieses und jenes korrigieren, aber in Deinem zentralen Satz

wird er vollkommen einverstanden sein. Er hat eine Idee von den dramatischen Größenordnungen, in denen Mario Draghi seit 2009 mit der Notenpresse eine Blase nach der anderen aufpumpt und damit die gleiche alte Finanzkrise immer nur noch weiter verschiebt. Ich bin froh, dass ich mir diese Größenordnungen nicht recht vorstellen kann, weil die Wucht der platzenden Blasen in einem gewissen Verhältnis zu ihnen stehen wird.

Ein vollkommen den Märkten überlassenes Geschehen ohne die maßlose Geldschwemme aus Richtung EZB wäre in der ‚Finanzkrise‘ zwar einigermaßen schmerzhaft gewesen, aber damit hätte man die Rosskur wenigstens hinter sich bringen können. Der Drachenengerling, der jetzt am Tropf von Mario Draghi genährt wird, nimmt Dimensionen an, die man sich kaum ausmalen kann, und letztlich balanciert MD auf einer Rasierklinge und blickt so stur er kann an einer mittelfristigen Perspektive vorbei: ‚In the long run, we all are dead‘.

Schöne Grüße

MM

Hi,

will ich wissen, ob du mit „in the long run, we are all dead“ unsere eh bevorstehendes biologisches Ende im Sinne menschlicher Sterblichkeit meinst?

die Franzi

Was meinst Du mit „steigende Kredite“? Das Volumen der Kredite von Kreditinstituten an Unternehmen und Privatpersonen schwankt seit 2008 zwischen 2,65 und 2,75 Mrd. Euro. Von einem Anstieg ist da nichts zu erkennen.

Die EZB und einige andere großen Notenbanken verfolgen seit einigen Jahren eine Doktrin, mit der sie ziemlich allein dastehen. Die meisten Menschen mit einer fundierten volkswirtschaftlichen Ausbildung schlagen vielmehr die Hände über dem Kopf zusammen und warnen mehr oder weniger intensiv vor den Folgen der expansiven Geldpolitik oder weisen zumindest auf die Vergeblichkeit der Bemühungen hin, mit viel Geld und niedrigen Zinsen eine höhere Inflation und damit ein Wirtschaftswachstum in einem völlig inhomogenen Währungsraum erzwingen zu wollen.

Theoretisch können das die Notenbanken, weil sei Geld bis zum Abwinken und darüber hinaus in Umlauf bringen können. Erfahrungsgemäß wird das Projekt aber ein plötzliches und unrühmliches Ende finden. Wie ich schon oft schrieb: eine Krise, die durch zu viel und zu billiges Geld entstand, wird man nicht damit beseitigen, daß man noch mehr noch billigeres Geld ins System gibt. Das Ergebnis dieser Politik waren zu hohe Schulden insbesondere bei den öffentlichen Haushalten und den Privatpersonen und diese Schulden sind in der beschleunigten Fortsetzung der Politik des billigen Geldes weiter angestiegen. Das kann und wird kein gutes Ende nehmen.

Servus,

das war ein ‚Querverweis‘ auf John Maynard Keynes, der eine Methode zur ‚Bewältigung‘ der Weltwirtschaftskrise propagierte, die bereits in ihrem theoretischen Ansatz nur sehr kurzfristige Wirkung haben kann, aber dennoch das zwanzigste Jahrhundert im nicht sozialistischen Teil der Welt prägte wie kaum eine andere ökonomische Theorie.

Ob das ein echtes Zitat ist oder Keynes diese Worte nur zugeschrieben werden, habe ich nicht geprüft.

Die aktuelle Geldschwemme, die von der EZB veranstaltet wird, ist zwar streng genommen nicht „keynesianisch“ veranlasst, weil sie nicht unmittelbar an den Staatshaushalten ansetzt, sondern an der Versorgung mit Geld. Ihr liegt jedoch eine sehr ähnliche Illusion zugrunde - die, man könne notleidende Volkswirtschaften kurieren, indem Unmengen von Geld ausgegeben werden, das extra zu diesem Zweck geschaffen wird.

Schöne Grüße

MM

Hallöchen,

das ist tatsächlich ein überliefertes Zitat, das eigentlich besagt, daß man (=Politiker) nicht warten sollte, daß sich eine Krisensituation von selbst wieder erledigt (also: langfristig wird die Wirtschaft auch ohne Maßnahmen schon wieder wachsen), sondern möglichst schnell reagieren muß. Im Falle von Kaynes hieß das, daß man als Staat möglichst viel Geld in die Landschaft kübeln sollte, um die schwächelnde Wirtschaft zu stützen.

Man kann den verkürzten Ausspruch aber auch mißbrauchen, um die praktische Umsetzung der Ideen von Keynes zu kritisieren, indem man ihn mit „nach mir die Sintflut“ übersetzt. Auf lange Sicht führt halt die eine Seite Keynes’schen Medaille dazu, daß die Staaten Schulden aufbauen, um Wachstumsprogramme zu finanzieren, während die andere Seite - nämlich das Sparen in guten Zeiten - so selten vorkommt wie ein zweiköpfiger Affe.

Andererseits muß man natürlich nicht die Fehlinterpretation der Ideen von Keynes auf politischer Ebene zu bemühen, um die langfristige Schädlichkeit der staatlichen Markteingriffe zu erkennen. Es ist nun einmal höchst selten, daß staatliche und kreditfinanzierte Markteingriffe nebst den damit immer verbundenen Fehlsteuerungen dazu führen, daß dieser Funke auf den Rest der Wirtschaft überspringt und ein selbsttragender Aufschwung daraus wird. Insofern führen staatliche Ausgabenimpulse im besten Fall dazu, daß mehr Schulden aufgebaut wurden und im schlimmeren Falle durch die mit dem Investitions-/Konsumprogramm eingehenden Fehlallokationen dauerhaft ein paar Arbeitsplätze, Unternehmen oder gar Branchen auf der Strecke bleiben.

Gruß
C.

Hallo Christian,

ist dieser Kontext

denn belegt? Mir wurde dieses „Keynes-Wort“ als eine Replik von Keynes auf zeitgenössische Kritik erzählt, die darauf abzielte, dass die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen selbst in der ‚reinen Theorie‘ mittel- bis langfristig wirkungslos bleiben müssten, weil sie sich auf dem Weg über Staatsverschuldung einerseits und Inflation andererseits bereits mittelfristig selbst neutralisierten. Er sollte in diesem Fall gemeint haben, dass angesichts der schnell zu behebenden Krise mittel- und langfristige Betrachtungen nicht nützlich wären.

Schöne Grüße

MM

Hallo Martin,

da hilft vielleicht die Langversion der Aussage:
„In the long run we are all dead. Economists set themselves too easy, too useless a task if in tempestuous seasons they can only tell us that when the storm is long past the ocean is flat again.“

Grüße

C.

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Danke Dir!

Hallo,
zurueck zu den Marktkraeften.
Die Notenbank(en) schieben Geld in den Kreislauf. Ob man das Kredite oder Anleihenankauf oder sonstwie Geld an Banken nennt, moegen die Fachleute auseinander dividieren, hier die Summe, es fliesst Geld in den Kreislauf und sammelt sich zum Beispiel an den Aktienboersen.
Gleichzeitig werden die (EZB) Zinsen gesenkt. Man strebte von 2008 bis heute Richtung null.
Und kein wuenschenswerter Wirtschaftsverlauf bisher.
Die Idee, die Maerkte zwingen die geringen bis negativen Zinsen allen Teilnehmern auf. Diese tun zu wenig. Man koennte die Zinsen nicht gequaelt und homoeopatisch und verzoegert senken, sondern mutig und wirkungsvoll und staerker. Die Richtung nach unten sieht fuer mich aus wie „von den Maerkten“ erzwungen.
Und die Tatsache, dass alles um Null zusammengedrueckt wird, weil man nicht weit unter Null gehen mag und gleichzeitig von plus runter muss, sieht aus wie ein Handeln gegen die Maerkte. Alles wird problematischer durch das Abbremsen bei Null, nichts wird davon wirtschaftlich besser. Sieht aus, als wollen die Maekte deutlich weniger Zins erzwingen (als nur plusminus null). Und die EZB geht einfach trotz sichtbarem Druck nicht auf zB minus 4 Prozent statt -0,4.
Eine Waehrung mit ordentlichen negativen Guthabenzinsen wuerde einige Probleme selber loesen.
Das wuerde „flutschen“.
Sparen oder anders formuliert das Lagern von Geld wuerde Geld vernichten, wie heute schon, aber staerker. So muesste das Geld investiert werden, oder es wuerde langsam aber sicher von allein „verdunsten“. Die Geldstapel wuerden geringer, Geldguthaben werden angefressen, die EZB Geldschwemme (welche Bezeichnung auch immer) koennte zurueckgefuehrt werden.
Das wuerde auch marktgerecht dazu passen, dass eine entwickelte Wirtschaft eben weniger Wachstum braucht. Weniger Wachstum der Geldmenge, und der Gueter, des Ressourcenverbrauchs. Wir haben noch kein Wirtschaftsmodell fuer eien Wirtschaft mit negativer Steigerung, schrumpfende Wirtschaft. Erzwingen es gerade derzeit die Maerkte ueber die Einstigsbedingung „negativer Guthabenzins“? Sieht fuer mich so aus.
Gruss Helmut

Wo genau liegt denn das Problem beim Wirtschaftsverlauf? In Deutschland ist doch alles bestens.

Ja, die Unternehmen weigern sich standhaft, mehr Kredite aufzunehmen als sie brauchen. Die Erkenntnis, daß die Nachfrage die Nachfrage bestimmt, hat sich bei der EZB noch nicht durchgesetzt.

Hinzu kommt, daß Kredite etwas anderes sind als Sonderangebote für Konservendosen. Nur, weil Kredite billiger werden, werden davon noch lange nicht mehr in Anspruch genommen. Kredite, die man aufnimmt und nicht braucht, kosten Geld. Kredite nehmen Unternehmen auf, wenn sie sich eine Maschine kaufen wollen, die mittelfristig mehr einbringt als sie (inkl. Zinsen) kostet. Maschinen braucht man aber erst, wenn die bisherigen Maschinen veraltet sind oder vollkommen ausgelastet. Davon sind wir aber aufgrund des Aufschwungs bis 2008 noch weit entfernt.

Die einzigen, die das billige Geld zu einer Verhaltensänderung gebracht haben, sind die privaten und öffentlichen Haushalte. Letztere erhöhen die Schulden, um ihren Konsum zu bezahlen und erstere kaufen vor allem ohne Sinn und Verstand Immobilien.

Beides schadet der Wirtschaft auf mittlere bis lange Sicht mehr als es ihr nutzt und (nicht zuletzt) deswegen ist die Politik der EZB falsch und gefährlich.

Das Gegenteil ist der Fall. Die Märkte wollten höhere Zinsen, um nämlich die vorhandenen und teilweise nun erst (endlich) erkannten Risiken für Kredite an Staaten richtig abzubilden. Damit hatte die EZB ein Problem und tat in der Folge so ziemlich alles, um die Kreditaufnahme für Staaten zu verbilligen. Natürlich war die Begründung ein andere (Erhalt des Euro, Förderung der Wirtschaft), aber was wirklich dahinter steckt, ist mehr als offensichtlich.

Daß es das nicht würde, habe ich in den letzten Tagen mehrfach und erschöpfend dargelegt. Irgendwann ist es auch mal gut. Wenn Du daran glauben willst, dann mach’.

Naja,
das ist eigentlich richtig, sinnlos investieren macht niemand. Die Leute -gerade diese Gruppe- kann rechnen. Doch niedrige Zinsen fuer die Investition verringern die Schwelle, ab der es sich lohnt zu investieren. Wenn geld fuer 1 statt 8 Prozent geliehen werden kann, ist der Schritt zum Aufbau der naechsten Filiale etwas kleiner.
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Stimmt, sieht aus wie ein Gegenbeispiel. Erscheint mir ein anderes Thema, der Unterschied der Euro-Laender.
Wollten die Maerkte tatsaechlich hohen Zinssatz, oder nur grossen Unterschied bei den Laendern? Ich sehe einen Grund, von sagen wir Griechenland 9 Prozent und Deutschland 3 Prozent runter zu gehen auf Gr 4 und D 0,1 Ich sehe keinen Grund hier anzuhalten und zu jammern. Genauso gut koennte die EZB noch weiter runter. Damit sehe ich allerdings auch keien Problemloesung. Das Problem an dieser Stelle ist die Ungleichheit der Volkswirtschaften, eine wird egal auf welchem Niveau hoeheren Zins von den Maerkten zugeordnet bekommen, solange nicht quersubventioniert wird oder die gemeinsame Waehrung getrennt wird.