Gemeinsamkeiten des LOTR mit Star Trek

Guten Abend!

Hallo!

Recht drollig finde ich, daß sich da jemand über die Anfrage betr. des LOTR mokiert, aber im Grunde in Bezug auf Star Trek exakt die gleiche Frage stellt. (siehe unten)

Die Gemeinsamkeit, die ich sehe, ist folgende:

Sowohl der Lord of the Rings als auch Star Trek (bleiben wir bei Voyager) sind Fiktion. Die darin erzählte Queste braucht eine kausale Grundlage. Da jedoch das Erzählen wichtiger ist als das pragmatische Abhandeln einer Problemstellung, stellt sich die Frage nach der Plausibilität der Queste nicht sinnvoll: ob Gandalf nun mit Gwaihir das Mordor halb umgrenzende Gebirge im Osten hätte umfliegen und den Ring hätte so vernichten können, oder ob die Dialoge auf der Brücke der Voyager kompakter ablaufen könnten. Es kommt schlichtweg nicht darauf an. Vielmehr ist es wichtig, daß man die Handlungsmotive der Hauptfiguren nachvollziehen kann: Gandalf, so könnte man sagen, läßt deswegen die Gefährten so losziehen und hilft „nur“ hier und da, weil es wichtig ist, daß sich die Bewohner Mittelerdes selbstverantwortlich um ihr Schicksal kümmern. Der Roman ist ja vor allem ein Entwicklungsroman, und Gandalf darf, damit das funktioniert, nicht einfach immer alles für die anderen retten, sondern muß als Mentor im Hintergrund bleiben. Das ist die Rolle dieses alten Geistes (zur Erinnerung: Gandalf ist kein Mensch, auch wenn er so aussieht!). Entweder der Leser akzeptiert diese Rahmenbedingung, und dann kann er in der Fiktion „mitreisen“, oder aber er verschließt sich selbst den Weg zum Buch.
Ähnlich bei Star Trek: hier gelten allerdings die Gesetze der TV-Serie stärker: die Episodentauglichkeit gerät da in der Tat schonmal in Konflikt mit der Logik des Naheliegenden, und fast jeder Trekkie hat schon Dinge gedacht wie „Warum BEAMEN die den nicht einfach hoch?“ oder „Die haben doch RAUMANZÜGE, mein Gott!“. Aber wichtig ist, daß die Dramaturgie trotzdem dynamisch funktioniert - daß die Figuren und ihre Entwicklung interessant bleiben, die Geschichten spannend und nicht ZU willkürlich. Es ist zwar mal interessant, sich zu fragen, wo eigentlich die Toiletten auf der Voyager sind und warum auch die futuristischsten Displays bei Beschuß immer Funken sprühen müssen und derlei, aber wenn man sich nicht selbst den Spaß verderben möchte, muß man sich auf die Fiktion einlassen.

Das ist übrigens bei jedweder Fiktion so - von der Schöpfungsgeschichte über die Gralssuche bis Otherland. Ich empfehle, sich entspannt zurückzulehnen und das Ganze zu genießen.

Gruß

Pengoblin

Hi,

danke für die gute Darstellung!
Ich denke, offenbar kommt aus den Büchern (und aus dem Film) die Möglichkeiten und Absichten von Gandalf nicht gut genug heraus,
deshalb diese Fragen.
Vor allem bei Nicht-Menschen sollte darauf Acht gelegt werden, dies gut darzustellen.
Daß Menschen mehr oder weniger vernünftig agieren sollten, ist ja nicht nur eine Vorgabe für SF & F sondern auch für jedes andere Genre.

lG
Gerald

ps.: ich persönlich finde Voyager deshalb etwas unwirklich, nicht weil sie im Raumschiff unterweg sind, sondern weil Menschen angeblich in Zukunft nicht mehr aggressiv seien…

Hallo Gerald,

danke für die gute Darstellung!

Merci (*freu*)

Ich denke, offenbar kommt aus den Büchern (und aus dem Film)
die Möglichkeiten und Absichten von Gandalf nicht gut genug
heraus, :deshalb diese Fragen.

Ich gestehe, in Bezug auf Gandalf habe ich das auch erst nach Jahren kapiert und durch die etwas bessere Sekundärliteratur. In den Filmen wird der Aspekt seiner eigentlichen Natur naheliegenderweise gänzlich ignoriert, weil er nur verwirrt hätte. Selbst im Roman läßt es sich äußerst leicht überlesen.

Daß Menschen mehr oder weniger vernünftig agieren sollten, ist
ja nicht nur eine Vorgabe für SF & F sondern auch für jedes
andere Genre.

Orson Scott Card würde wohl traurig nicken zur Bestätigung (wenn ich da an den „Ender“-Zyklus denke…). Eines der Urthemen der Literatur ist ganz gewiß der menschliche Kampf zwischen Ratio und Instinkt. Das wird sich ganz sicher auch nicht ändern.

ps.: ich persönlich finde Voyager deshalb etwas unwirklich,
nicht weil sie im Raumschiff unterweg sind, sondern weil
Menschen angeblich in Zukunft nicht mehr aggressiv seien…

Oh, gerade bei Voyager finde ich das ganz gut herausgearbeitet, weil dort häufiger als früher solche Konflikte thematisiert werden (nur Janeway & Chakotay wirken da gelegentlich etwas zu ‚enthoben‘); z.B. neulich in jener Doppelfolge (Titel ist mir leider gerade nicht erinnerlich), die von der Begegnung mit dem anderen im Deltaquadranten gestrandeten Sternenflottenschiff erzählt.

Das, was Du ansprichst, stört m.E. bei den Next Generation-Folgen wesentlich mehr, die Figuren dort sind in Bezug auf ihre Ethik wesentlich steriler und damit häufig sehr unwirklich gezeichnet. Ich meine zu erinnern, daß das u.a. an Roddenberrys Vorgaben gelegen haben soll, der diese Art von Konflikt in seiner Schöpfung nicht haben wollte (bin aber als Teilzeit-Trekkie da nur bedingt bewandert).

Gruß vom Pengoblin

Hi!

ps.: ich persönlich finde Voyager deshalb etwas unwirklich,
nicht weil sie im Raumschiff unterweg sind, sondern weil
Menschen angeblich in Zukunft nicht mehr aggressiv seien…

Oh, gerade bei Voyager finde ich das ganz gut
herausgearbeitet, weil dort häufiger als früher solche
Konflikte thematisiert werden (nur Janeway & Chakotay wirken
da gelegentlich etwas zu ‚enthoben‘); z.B. neulich in jener
Doppelfolge (Titel ist mir leider gerade nicht erinnerlich),
die von der Begegnung mit dem anderen im Deltaquadranten
gestrandeten Sternenflottenschiff erzählt.

Äh, ja, stimmt auch wieder. Die waren nicht sehr nett.

Das, was Du ansprichst, stört m.E. bei den Next
Generation-Folgen wesentlich mehr, die Figuren dort sind in
Bezug auf ihre Ethik wesentlich steriler und damit häufig sehr
unwirklich gezeichnet. Ich meine zu erinnern, daß das u.a. an
Roddenberrys Vorgaben gelegen haben soll, der diese Art von
Konflikt in seiner Schöpfung nicht haben wollte (bin aber als
Teilzeit-Trekkie da nur bedingt bewandert).

Bin auch kein Vollzeit-Trekkie :wink:
Bei NG finde ich aber die Role von „Q“ ganz gut gelungen. Seine
„seltsamen“ Ansichten und Aktionen machen diese Folgen spannend.

Aber Kirk hatte dafür jede Menge Emotionen und war nicht so
„farblos“ wie die Figuren in der NG-Staffel.

Ich finde auch, daß zu intensives Hinterfragen den Lesespaß zerstört,
nur wenn es zu viele „Schnitzer“ gibt, ist es mir nicht recht.

Gruß vom Pengoblin

Gruß von Gerald, der meist Asimov oder Silverberg liest.