Gemeinsamkeiten/Unterschiede christlicher buddhistischer Spiritualität

Hallo,

mich würden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede christlicher und buddhistischer Spiritualität interessieren. Wo gibt es Berührungspunkte ?Gibt es im Christentum auch eine Achtsamkeits / Meditationspraxis.
Gerne auch Buchempfehlungen die das Thema aufgreifen.

Vielen Dank

Hallo,
Berührungspunkte bzw. Überschneidungen gibt es vor allem im Bereich angewandter Ethik, wobei sich die jeweiligen theoretischen Herleitungen / Begründungen allerdings deutlich unterscheiden.

Meditationspraxis (wenn man das mal so undifferenziert ausdrücken will) ist Teil christlicher Mystik und wurde im späten Mittelalter vor allem in den Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner) entwickelt; auch der Jesuitenorden kennt solche Formen spriritueller Übung (Ignatianische Exerzitien). Unter Laien gab es z.B. die Bewegung der Beginen und Begarden (die seit dem 14. Jahrhundert blutig verfolgt wurden). Im 20. Jahrhundert fand speziell die zenbuddhistische Zazen-Praxis in modifizierter Form Eingang in christliche Mystik (Hugo E. Lassalle SJ, Willigis Jäger u.a.). Neuer Wein in alten Schläuchen …

Bücher zum Thema gibt es mehr als genug; hauptsächlich aus christlicher Sicht. Von buddhistischer Seite am bekanntesten die Bücher von Thich Nhat Hanh:


Freundliche Grüße,
Ralf

Ich bin etwas enttäuscht von Tychiades´ Beitrag, der der Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten auszuweichen scheint.

Ein Problem bei der Fragestellung sehe ich darin, dass sie dazu verführt, nach den angefragten „Gemeinsamkeiten“ auf Teufel komm raus zu suchen und sie, in irgendeiner eingebildeten Form, auch zu finden, obwohl die Chance, dass diese bestehen, angesichts der grundsätzlichen Differenz zwischen der christlichen und der buddhistischen Sicht auf die „wahre Natur“ der Welt gleich Null ist. Welche Gemeinsamkeiten können überhaupt bestehen, wenn das fundamentale Objekt von Meditation, also die „wahre Natur“ der Welt, in beiden Religionen komplett unterschiedlich definiert ist? Antwort: Der Unterschied liegt also vor allem im Objekt der Meditation, nicht in der Meditation selbst, die auch innerhalb besagter Religionen in sehr unterschiedlichen Formen praktiziert wird. Es gibt nämlich nicht „die“ christliche und schon gar nicht „die“ buddhistische Meditation.

Erst durch die Unterschiede des Objekts treten die Unterschiede zwischen christlicher und buddhistischer Meditation zutage. Aus jenen Unterschieden folgen also diese.

Das christliche Objekt der Meditation ist relativ einfach zu definieren. Es ist der vermeintliche Schöpfer der Welt, „Gott“, der als ein personales Wesen gedacht ist, wobei die genaueren Charakteristika dieser Personalität von verschiedenen theologischen Schulen unterschiedlich definiert sind. Dieser personal gedachte „Gott“ steht in einer Beziehung zum Menschen, der diesem Gott in einem Ich-Du-Verhältnis gegenübersteht. Die christliche Weltsicht ist also fundamental dualistisch (Gott vs. Welt / Gott vs. Mensch).

Natürlich gibt es innerchristliche Strömungen, die eine mystische Position vertreten, nach welcher die Grenzen zwischen Gott und Menschen transparent und in letzter Konsequenz inexistent sind. Das entspricht aber nicht den originalen Lehren des Christentums, welche den Abgrund zwischen Schöpfer und Geschöpf betonen, sondern sind spätere Varianten, die unter dem Einfluss des Neuplatonismus und diverser antiker Mysterienlehren entstanden und später von Eckhart, Nikolaus von Kues usw. weitergeführt wurden. Man kann diese Strömung aber, wie gesagt, nicht als originär christlich ansehen, außer man projiziert mystische Ansätze in die neutestamentlichen Texte hinein, die dort nicht wirklich belegbar sind.

Im Unterschied zum christlichen Dualismus tendiert der Buddhismus seit der Entstehung des Mahayana zu einem Monismus (Nirvana = Samsara), auch wenn Gautama Siddharta eine dualistische Sicht hatte (Nirvana vs. Samsara). In beiden Fällen liegt die entscheidende Differenz zwischen der Apersonalität des Nirvana bzw. der „wahren Natur“ des Menschen einerseits und der Personalität des christlichen Gottes und der Gott-Mensch-Differenz andererseits.

Das Ziel christlicher Meditation besteht also darin, eine möglichst „reine“ und direkte Beziehung zum allmächtigen Du (Gott) herzustellen, ohne dass die Beziehung eine Identität mit dem Objekt (Gott) und eine Aufhebung der Grenze zwischen Objekt und Ich anstrebt - außer in der christlichen Mystik, die aber, wie gesagt, nicht wirklich als originär christlich angesehen werden kann. In dieser Beziehung erfährt sich der Mensch, den christlichen Lehren entsprechend, als abhängig von „Gott“ und als ein unvollkommenes Wesen, der der Erlösung von außen (d.h. durch die Gnade Gottes) bedarf.

Das Ziel buddhistischer Meditation besteht dagegen darin, jedes Beziehungsverhältnis zu einem Objekt zu negieren (indem Objekte als „leer“ durchschaut werden) und stattdessen die Grenze zwischen Objekt (Nirvana / Shunyata / wahre Natur der Welt) und Ich aufzuheben, was im Erfolgsfall die „Erleuchtung“ bedeutet. Das Objekt der buddhistischen Meditation ist also „leer“, eben weil die wahre Natur der Welt die „Leere“ ist. Ganz anders als in der christlichen Weltsicht erfährt sich das „erleuchtete“ Ich nicht als unvollkommen und von einem allmächtigen Du abhängig, sondern durch die Überwendug der Ichhaftigkeit (Aufhebung der Grenze von „wahrer Welt“ und scheinhaftem Ich) als vollkommen. d.h. als reinen Geist.

kann sein das du recht hast allerdings find ich so eine Position schwierig , es sei den man ist kompletter Atheist. Das die Religionen fundemental unterschiedlich sein sollen , heißt dann auch das entweder eine Religion die Wahrheit hat oder beide kompletter unsinn sind. Im ersten fall kann man schließlich zu dem Schluß kommen das eine Religion komplett falsch sein muss. Daraus kann man wiederum schließen das es wenn beide Religionen , den Anspruch haben über Vernunf , Einsicht, Erkenntnis zu Ihrem Weltbild zu gelangen die Vernunf , Verstand schlichtweg nicht außreichend ist das richtige zu Erkennen,es sei den man gesteht ein das einer von beiden Buddha oder Jesus komplett Irrt mit samt seinen Anhänger . Da ich doch glaube das Jesus und Buddha beide bedeutende religöse Personen waren, geh ich davon aus das es auch Gemeinsamkeiten geben muss.

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Die Materialisten behaupten tatsächlich, dass beide Religionen „Unsinn“ sind. Allerdings weist die materialistische Weltanschauung gravierende logische Ungereimtheiten auf und kann deswegen nicht als Schiedsrichter oder neutrale Instanz dienen.

Was Christentum und Buddhismus angeht, schließen ihre „Wahrheiten“ sich in der Tat gegenseitig aus. Es würde den Thread wohl sprengen, im Detail für oder wider die Position der einen oder anderen Richtung zu argumentieren. Anzumerken ist immerhin, dass die Wege zur Erkenntnis der jeweiligen "Wahrheiten sehr unterschiedlich sind, wie ja auch diese „Wahrheiten“ selbst. Im Christentum gibt es verschiedene Auffassungen, in welcher Weise „Gott“ erkannt werden kann. Die trivialste Form ist der Glaube an die „Wahrheit“ der in den Evangelien vermittelten Aussagen des (historisch nicht belegten) Jesus Christus, der laut Evangelist Johannes der einzige ist, der „Gott“ je erkannt hat und an dessen Botschaft deshalb unbedingt zu glauben sei.

Im komplexeren System des Thomas von Aquin ist diese „Erkenntnisweise“ eine von drei Wegen der Gotteserkenntnis, die anderen beiden sind

(1) die „natürliche“ Gotteserkenntnis durch den Verstand, der laut Thomas in der physikalischen Welt Indizien für die Existenz eines Gottes erkennt, z.B. die Kausalität, die angeblich auf einen ersten Beweger, also Gott, hinweist, was Thomas von Aristoteles übernimmt. Allerdings ist diese Logik falsch, da Kausalität keine erste Ursache voraussetzt. In diesem und anderen Punkten gehen Thomas´ „Gottesbeweise“ also fehl.

(2)
Der dritte Weg (nach Bibel und Verstandeskenntnis) ist die Erkenntnis der menschlichen Gottesebenbildlichkeit (nicht Identität!) durch die „Gnade Gottes“. Allerdings sind diese Wege für Thomas keine absolute Erkenntnis Gottes, denn diese ist für den großen Scholastiker „unmöglich“ (womit er an die Negative Theologie des frühen Mittelalters anknüpft, die von der antiken Mystik geprägt war). Kurz: eine absolute Gottes- bzw. Wahrheitserkenntnis ist für Thomas und viele andere Theologen nicht möglich. Letztlich bleibt alles wieder am „Glauben“ hängen.

Im Buddhismus zählt einzig die faktische Erfahrung als Kriterium der Wahrheitsfindung. Meditation ist das technische Verfahren, das zu dieser Erfahrung führen kann, die das Transzendieren der Verstandeskategorien voraussetzt und im unzweifelhaften Gewahrsein der „Leere“ besteht, welche die Nichtexistenz des Ich impliziert.

Das „muss“ kann ich von der Logik her nicht nachvollziehen. Leibniz und Sartre waren gleichfalls bedeutende Personen (in diesem Fall philosophische), was aber nicht heißt, dass ihre Lehren (nennenswerte) Gemeinsamkeiten aufweisen. Ich bin mir ganz sicher, dass Buddha die Lehre des Jesus, so wie sie in den Evangelien steht, in Bausch und Bogen als Aberglaube verworfen hätte, während Jesus in Buddhas Lehre nichts hätte erkennen können, was mit seinen jüdischen Prinzipien auch nur im Ansatz übereingestimmt hätte. Beide Persönlichkeiten waren wie ihre Lehren so unterschiedlich wie Feuer und Wasser.

Nur mal so aus interesse wenn du dich schon so gut auskennst , als was würdest du dich denn bezeichnen wenn ich fragen darf.

Da braucht man nicht „auf Teufel komm raus zu suchen“ und sich auch nichts einzubilden. Es genügt, die ersten vier der pañcasila (die für alle Buddhisten verbindlichen ethischen Verhaltensnormen) mit den Geboten 6 bis 9 des Dekalogs (dem Fundament christlich-theologischer Ethik) zu vergleichen, um die Schnittmengen in der praktischen Ethik, die ich als Gemeinsamkeit genannt hatte, zu sehen:

Ich nehme den Übungsschritt des Abstehens vom Zerstören lebender Wesen auf mich.
Ich nehme den Übungsschritt des Abstehens vom Nehmen, was nicht gegeben ist, auf mich.
Ich nehme den Übungsschritt des Abstehens von sexuellem Fehlverhalten auf mich.
Ich nehme den Übungsschritt des Abstehens von unrichtiger Rede auf mich.
(wörtlich aus dem Pali übersetzt, „Übungsschritt“ (sikkhapadam) wird in deutschen Übersetzungen häufig mit „Tugendregel“, „Gelübde“ o.ä. wiedergegeben)

und

Du sollst nicht morden.
Du sollst nicht die Ehe brechen.
Du sollst nicht stehlen.
Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.

Dass sich - worauf ich hingewiesen hatte - die Begründungen dieser ethischen Normen fundamental unterscheiden, wird schon durch die jeweilige Formulierung deutlich: bei den sikkhapada handelt es sich um aus Einsicht in ihre leidüberwindende Funktion übernommene Selbstverpflichtungen und nicht um Gebote einer transzendenten Instanz. Was freilich bei den für die persönliche Lebensführung daraus ableitbaren Handlungsmaximen keinen Unterschied macht. Es war ja - zur Erinnerung - nach ‚Spiritualität‘ gefragt und das ist zumindest nach meinem Verständnis eine Form des Verhaltens, ein ‚Lebensstil‘, wenn man es so nennen will. Und nicht eine Angelegenheit philosophischer oder theologischer Spekulationen.

Trotzdem zu diesem Punkt noch einige Anmerkungen zu einem besonders krassen Missverständnis hinsichtlich buddhistischer Meditationspraxis, das deutlich macht, wie wenig Du mit dieser Praxis (aber offensichtlich auch mit ihren theoretischen Grundlagen) vertraut bist. Nicht, um Dich eines Besseren zu belehren (dass das fruchtlos bleibt, haben zur Genüge frühere Diskussionen mit Deinem früheren Avatar ‚Chan‘ gezeigt), sondern für den Fragesteller und andere hier Mitlesende.

Bei den buddhistischen bhāvanā-Praktiken wird klassisch zwischen śamatha- und vipaśyana-Übungen unterschieden. Bhāvanā wird in westlichen Sprachen zumeist mit ‚Meditation‘ übersetzt, wobei dieser Meditationsbegriff dann in aller Regel auch noch zusätzlich smṛti (Pali: sati) mit umfasst, also Achtsamkeitsübungen.

Um mit Letzterem zu beginnen: die Funktion von smṛti ist die unmittelbare Wahrnehmung der eigenen psychophysischen Prozesse. Das am meisten benutzte Übungsobjekt dabei ist vor allem der Atem. Und dabei ist es völlig schnurz, wie man die „wahre Natur“ der Welt definiert - Christen unterscheiden sich in ihren psychophysischen Prozessen nämlich in nichts von Buddhisten. Nebenbei angemerkt: gerade diese ‚Ideologiefreiheit‘ der smṛti-Praxis hat es ermöglicht, auf ihrer Grundlage ein säkulares psychotherapeutisches Konzept zur Stressbewältigung (MBSR) zu entwickeln.

Kommen wir zur śamatha-Praxis. Dabei geht es um die Beruhigung psychophysischer Prozesse, was implizit eben gerade nicht die Hinwendung zu Objekten bedeutet sondern im Gegenteil die Abwendung davon, also konzentrativen Rückzug von allen Objekten. Es werden hier verschiedene Stufen (klassisch acht) unterschieden, die sog. dhyānas (Pali: jhānas). Objekte sind dabei bereits ab dem fünften dhyāna verschwunden, weswegen man bei diesen vier Stufen von ‚formlosen‘ (arūpa) dhyānas spricht.

Lediglich bei der vipaśyana-Übung geht es tatsächlich um Einsicht in die eigentliche Natur der Objekte - konkret in die allen Objekten (korrekter wäre es, hier von dharmas zu sprechen; die Erläuterung dieses Begriffs würde hier freilich zu weit führen) gemeinsamen drei ‚Seinsmerkmale‘ (trilakṣaṇa), die gemeinsam auf das Fehlen einer inhärenten Existenz von ‚Objekten‘ verweisen. D.h. auf ihre ‚Leere‘ (śūnyatā) - wobei man gerade bei einem nicht sachkundigen Publikum zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hinweisen sollte, dass ‚Leere‘ im buddhistischen Kontext immer verkürzt für ‚leer von inhärentem Sein‘ steht. Anders gesagt: es ist die Einsicht in die Nichtexistenz von Subsistenz bzw. einer aristotelischen Substanz. Die Leere (śūnyatā) ist somit ein Wechselbegriff für die wechselseitige Bedingtheit aller dharmas (‚Objekte‘) und ihre Abhängigkeit voneinander - nicht von einer transzendenten Instanz, sei diese nun personal aufgefasst oder nicht. Diese Einsicht ist nun tatsächlich nicht kompatibel mit klassischer christlicher Theologie; andererseits ist es eine Einsicht, zu der auch die mystische ‚via negativa‘ etwa eines Meister Eckhart führt: „Gottes und aller Dinge ledig“, wie es in seiner 52. Deutschen Predigt heisst. Was zu dieser nassforschen Behauptung

natürlich überhaupt nicht passt. Das mag häretisch sein, christliche Spiritualität (nach der hier gefragt war) ist es allemal. Dass negative Theologie auf (neu)platonische Ideen zurückgeht - geschenkt. Christentum entstand nun einmal auf der Basis eines jüdisch-hellenistischen Amalgams und lässt sich nicht auf eine von einer hierarchischen Organsation definierte Orthodoxie reduzieren. Da macht man es sich doch etwas zu bequem.

Um eine Brücke zwischen ethischer und Meditationspraxis zu schlagen: vergleichbar ist auch das im Christentum zentrale Konzept der Agape mit den buddhistischen vier brahmavihāra, i.e. maitrī (liebende Güte), karuṇā (Mitgefühl), muditā (Mitfreude) und upekṣā (Gleichmut, Toleranz). Die meditative Einübung in die Entfaltung einer Geisteshaltung mit diesen vier Aspekten wird insbesondere Laien empfohlen - eine wirklich klassische buddhistische Meditationsform. Dabei sind diese vier Geisteshaltungen Meditationsobjekte, die auch der konservativste und doktrinärste Christ problemlos in seine persönliche spirituelle Praxis einbinden kann, ohne dadurch in irgendwelche Glaubenszweifel gestürzt zu werden.

Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass die auf den oben umrissenen Grundlagen später entwickelten Meditationspraktiken subitistischer buddhistischer Richtungen (wobei das von Zhiyi, dem Begründer der Tiantai / Tendai-Schule beschriebene zhiguan / shikan einen wichtigen Zwischenschritt darstellt) ausdrücklich objektfrei sind - i.e. Mahamudra, Dzogchen und Zuochan / Zazen. Das hat btw auch nichts mit „Monismus“ zu tun (der eben eine ‚Substanz‘ voraussetzt), sondern mit Nondualismus, was beileibe nicht dasselbe ist.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Das muss bezieht sich darauf , dass wenn ich einer Religion angehöre und sie fundamental unterschiedlich sind ich die anderen Religion verneinen muss. Was ich ziemlich anmaßend finde. Und wenn man eben nicht anmaßend sein will man doch eingestehen muss, das an den anderen Religionen auch etwas dran sein muss.

Ich kenn leider die Philosophie von Leibnitz und Satre nicht allerdings , das Sie gar keine Berührungspunkte haben ja sich nicht mal widersprechen halte ich für unwahrscheinlich über was haben die beiden dann philosophiert ???
In der Philosophie ist es meisten schon so, dass sich eine Philosophie auf die andere bezieht. Z.b Schopenhauer auf Kant. Wo wir auch schon beim Thema wären. Schopenhauer hat mit seinen Begriffen der Lebensbejahung und Verneinung eine deutliche Brücke zwischen der Lebensverneinenden Haltung des Christentums , Buddhismus, Brahmanismus, Hinduismus und Jainismus gebaut hat.

Mich würden Passagen interessieren wo sich der Buddha gegen den Gottesglauben gewandt hat, der in Indien ja auch präsent war.

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Man muss hier zunächst den Begriff „Gottesglauben“ differenzieren. Buddha hat sich nicht gegen den Glauben an devas gewandt (das sind die Götter der vedischen Mythen); er hat sie allerdings als Wesen begriffen, die wie Menschen dem Leiden und dem Tod unterworfen sind - auch wenn das Leiden bei ihnen äußerst subtil auftritt und ihre Lebensspanne außerordentlich lang ist. Dies hat für devas den Nachteil, dass sie nicht motiviert sind, aus dem Daseinskreislauf (saṃsāra) zu erwachen. Die Existenzform ‚Mensch‘ hat Buddha daher als die vorteilhafteste in saṃsāra zu erlangende gewertet. Verehrung von devas hat Buddha als nutzlos angesehen, auch wenn er deren Existenz nicht bestritten hat - sie können niemandem beim Erwachen (bodhi) helfen. Der Mensch ist für seine ‚Erlösung‘ einzig auf sich selbst angewiesen.

Da sie also für den buddhistischen Heilsweg keine Rolle spielen, ist es im Kontext Buddhismus völlig irrelevant, ob devas existieren oder nicht - und ob man an deren Existenz glaubt oder nicht.

Zu Buddhas Zeiten existierte allerdings auch schon ein Konzept eines allmächtigen und allwissenden Schöpfergottes, das (anders als das Konzept der devas) durchaus vergleichbar mit dem Gottesbegriff in den monotheistischen Religionen ist. In den buddhistischen Sutren wird dieses Gotteskonzept mit dem Begriff Iśvara (Pali: Issara) bezeichnet. Dieses Konzept lehnte Buddha eindeutig ab, und zwar auf Grund des Theodizeeproblems - wobei auf Buddha die vermutlich älteste überlieferte Formulierung dieses Problems zurück geht:

„Ist es wahr, dass ihr behauptet: ‚Was auch immer eine Person erfährt - angenehm, unangenehm oder weder angenehm noch unangenehm - all dies sei verursacht durch die Schöpfung eines höchsten Wesens?‘ So von mir befragt, antworteten sie mit ‚Ja‘. Da sprach ich zu ihnen: 'Dann, in diesem Fall, ist eine Person ein Mörder, verursacht durch die Schöpfung eines höchsten Wesens. Eine Person ist ein Dieb … unkeusch … ein Lügner … ein Zwietracht verursachender Zuträger … ein verletzende Worte Sprechender … ein Schwätzer … ein Habgieriger … ein Übelwollender … ein Anhänger falscher Ansichten, verursacht durch die Schöpfung eines höchsten Wesens. Wenn man sich darauf beruft, die Schöpfung durch ein höchstes Wesen sei grundlegend, dann gibt es keinen Wunsch und keine Anstrengung bei dem Gedanken: ‚Dieses sollte getan werden; jenes sollte nicht getan werden.‘ Wenn man, was getan werden sollte und was nicht getan werden sollte, nicht als Wahrheit oder Realität festlegen kann, dann wandelt man in Verwirrung und ohne Schutz. Man kann sich nicht zu Recht als spirituellen Sucher bezeichnen.“
(A.III.61 bzw. 62 in der Thai-Edition)

Zum Theodizee-Argument tritt hier insbesondere noch hinzu, dass Buddha aus dem Postulieren eines Schöpfergottes einen Fatalismus ableitet, der hinsichtlich persönlicher Anstrengungen für eine ‚Erlösung‘ demotiviert. Übrigens ein Problem, dass man in Luthers Rechtfertigungslehre (sola gratia) wiederfinden kann. Im Abendland bekannter sind natürlich die Formulierungen des Theodizee-Problems von Lactantius (ca. 250 - 320):

„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht: dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft, oder er kann es und will es nicht: dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist, oder er will es nicht und kann es nicht: dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott, oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt: Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht weg?“
De ira dei 13,19 - dort wohl fälschlich Epikur (341-270 v.u.Z.) zugeschrieben.

und knapp aber prägnant die von David Hume in seinen ‚Dialogues Concerning Natural Religion‘:

„Is God willing to prevent evil but not able? Then he is impotent. Is he able but not willing? Then he is malevolent. Is he both able and willing? Whence then is evil?“

In diesem Sinne kann man Buddha also als Atheisten und den Buddhismus als eine atheistische Religion bezeichnen. Buddha zeigt mit der Theodizeefrage auf, was die Annahme eines Schöpfergottes / Iśvara implizieren würde - und verweist auf den einzigen Punkt, der ihn dabei interessiert: wenn es einen solchen Iśvara gäbe, dann wäre die Schöpfung determiniert und es gäbe keinen Ausweg aus saṃsāra. Buddha sagt zwar nicht explizit, dass es keinen Iśvara gibt - aber er hat immerhin explizit gesagt, dass er selbst einen Ausweg aus saṃsāra gefunden hat. Somit hat Buddha an die Existenz eines Schöpfergottes offensichtlich nicht nur nicht „geglaubt“ - seine eigene Erfahrung des Erwachens hat ihm die subjektive Gewissheit gegeben, dass es keinen Iśvara gibt. Eine objektive Gewissheit (einen Beweis) kann es hier nicht geben, was auch erklärt, warum Buddha hier nicht explizit Stellung nimmt. Aber immerhin hat er einen Weg aufgezeigt, wie jeder selbst in dieser Frage zu einer subjektiven Gewissheit kommen kann.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Danke für deine ausführliche Ausführung, wie kann man sich dann positionieren, wenn man nicht an einen allmächtigen Schöpfergott glaubt der die Welt erschaffen hat , allerdings an etwas eine allmächtige mysteriöse"Kraft" ja die vielleicht auch ein urbewußtsein hat welches in uns und in der ganzen Welt wirkt zudem es eine ewige Gerechtigkeit gibt im Universum, welche von uns nicht zu durchschauen ist .