Gemüsebau!

Was ist nach heutigem Stand der Wissenschaft, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Produzenten und der Bedürfnisse des zu produzierenden Gutes, die beste Methode Gemüse anzubauen, wenn man sich zum Ziel gemacht hat das umweltfreundlichste und gesündeste Gemüse herzustellen?

Servus Joschuas,

es ist sicherlich nützlich, wenn Du den Begriff „gesund“ näher definierst; außerdem den Begriff „Methode“, der in diesem Zusammenhang sehr vieles bedeuten kann. Ferner auch im Rahmen des Begriffes „umweltfreundlich“ Schwerpunkte beschreibst (z.B. Energiebilanz vs. Rückstands- und Grundwasserproblematik, die durchaus im Widerspruch zueinander stehen können, z.B. die Zahl der notwendigen Überfahrten bei mechanischer Beikrautregulierung betreffend; oder auch die Frage des Flächenverbrauches, der bei extensiver Wirtschaftsweise, die die übrigen Ressourcen schonen kann, viel höher ist als bei intensiver Kultur). Dann auch die Frage kurz-, mittel-, langfristige Perspektive ein wenig eingrenzt; zuletzt noch ein bissel erzählst über die Klimazonen, für die die Antwort gelten soll. Und idealerweise auch noch ein bissel über das Gemüse erzählst, das Dir so vorschwebt - für Mangold gelten z.B. ganz andere Dinge als für Topinambur, und für diesen wieder andere als für Kichererbsen etc.

Vorab allerdings eines: Eine Antwort in einer zusammenfassenden Schublade wie „Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise nach Steiner“ oder „Gemüsebau nach ANOG-Richtlinien“ oder „Permakultur“ oder „Papua-Hügelbeetkultur“ oder „Kompostwirtschaft nach Seifert“ oder „Integrierter Pflanzenschutz nach Heitefuß“ oder irgendwas anderes kann es auf diese Frage nicht geben.

Falls Du Dich schonmal oberflächlich einlesen willst:

http://titan.bsz-bw.de/bibscout/W/WN/WN.8500

Schöne Grüße

MM

Hallo Martin,

schon mal Danke für dein Antwort,
also dann werde ich mal genauer.

Ich studiere Gartenbau und habe auch schon ein paar Jahre Praxiserfahrung, als Biologisch-dyamischer Gemüsebauer. Und wollte nach meinem Studium auch wieder in dem Bereich tätig werden. Aber unser Gemüse Prof hat uns die Vorteile der Hydrokultur erläutert, dich ich dir ja anscheinend nicht erläutern muss. Kurzum Hydrokultur ist Umweltfreundlicher als Bioanbau, nach meinem heutigen Wissen.
Hydrokultur, braucht weniger Platz. Hydrokultur ist weniger anstrengend für den Produzenten und „ anscheinend“ Gesünder.
Jetzt sag mir das, ich mir Irre und das, dass nicht wahr ist und ich ruhig wieder Bio-anbau oder noch besser Permakultur betreiben kann.

Danke
Joschuas alias Heiner

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Servus Heiner,

Ob es verwertbare Untersuchungen zum Thema Energie- und Rohstoffbilanz von Hydrokultur generell gibt, weiß ich nicht. Aber an dieser Stelle würde ich ihre wichtigste Schwachstelle vermuten: Aller N, der in Hydrokultur an die Pflanze kommt, stammt aus einem Haber-Bosch-Reaktor, und wenn Du Dir die Temperaturen und Drücke bei Haber-Bosch vorstellst, kannst Du dran weiterrechnen, wie gefräßig die Teile betreffend fossile Brennstoffe sind; P und K in Hydrokultur stammen - um in ordentlich löslicher Form vorzuliegen - aus nicht regenerierbaren Lagerstätten. Und damit sind erst die Grundnährstoffe erfasst - wenn ich bloß mal an den „Selenspezialisten“ Rotkohl denke: Was müsste da veranstaltet werden, um dem den richtigen Cocktail zu geben…

Von Bio-dyn kennst Du die Möglichkeit, N ausschließlich aus Niederschlägen und von Leguminosen & Klee zu besorgen: Eine zwar flächenintensive, aber im Übrigen recht scharmante Form der Nutzung von Sonnenenergie.

Ferner ist Hydrokultur generell extrem intensiv betreffend eingesetztes Material (Substrat, geeignete Becken- und Schlauchsysteme etc.). Das muß, bevors zum Einsatz kommt, auf irgendeine Weise hergestellt werden.

Synergieeffekte aus Fruchtfolgesystemen, Pflanzennachbarschaften etc. bleiben aus, weil es in der Hydrokultur kein zusammenhängendes System gibt. Ob der relative Vorteil des viel geringeren Infektionsdruckes im isolierten System überwiegt, kann ich nicht sagen - ist aber sicher auch ein Aspekt zum Weitersuchen.

Man kann derzeit wohl nicht beurteilen, ob in Hydrokultur erzeugtes Gemüse „gesünder“ oder „weniger gesund“ ist als anderes: Die Wirkungen der einzelnen Inhaltsstoffe einer Pflanze sind im Detail zu wenig bekannt. Sicher ist, daß das Spektrum der Inhaltsstoffe in Hydrokultur tendenziell reduziert wird (die Pflanze kann bloß haben, was man ihr zuführt); ob da nachher „etwas fehlt“ oder nicht, ob im Gegenteil eine gesteuert versorgte Pflanze sogar „besser“ sein kann (Stichwort Schwermetalle z.B.), kann man bloß spekulieren.

Von mittelbaren Auswirkungen bloß eine: Hydrokultur flächendeckend würde die von Menschen im Landbau der zurückliegenden vielleicht 10.000 Jahre geschaffenen Biotope erheblich einschränken und sich sicherlich ziemlich dramatisch auf den Bestand der Arten auswirken, die in und mit diesen Biotopen leben. Die Frage „welchen Wert hat es, daß es eine Art gibt?“ geht ins Pfuilosophische („Ist ein Leben ohne Großen Brachvogel ärmer oder nicht?“).

Ich finde die These des Profs als Provokation sehr interessant, weil sie dazu geeignet ist, eigene Vorstellungen davon, daß „irgendwie natürlich“ besser und „irgendwie artifiziell“ schlechter sei, mal abzuklopfen, in Frage zu stellen und wo möglich zu präzisieren.

Aber - ohne jetzt einen Ansatz zu kennen, wie man das sinnvoll rechnen kann - mir kommt es so vor, als würde allein schon der Aspekt Energiebilanz zum K.O. für die These führen.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

erläutern muss. Kurzum Hydrokultur ist Umweltfreundlicher als
Bioanbau, nach meinem heutigen Wissen.
Hydrokultur, braucht weniger Platz. Hydrokultur ist weniger
anstrengend für den Produzenten und „ anscheinend“ Gesünder.

Da spielen wohl die Randbed. auch einen Rolle.
Natürlich können keinen Schadstoffe aus dem Boden aufgenommen
werden, wenn die Pflanzen nur im Substrat wachsen.

Jetzt sag mir das, ich mir Irre und das, dass nicht wahr ist
und ich ruhig wieder Bio-anbau oder noch besser Permakultur
betreiben kann.

Kann man durchaus so sehen.
Mit den annähernd sterilen Bedingungen einer Hydrokultur im
Gewächshaus kann kein Bioanbau konkurrieren.

Nachteil ist eben nur, das Aroma oft leidet.

Gruß Uwi

Hallo MM,

Ich finde die These des Profs als Provokation sehr
interessant, weil sie dazu geeignet ist, eigene Vorstellungen
davon, daß „irgendwie natürlich“ besser und „irgendwie
artifiziell“ schlechter sei, mal abzuklopfen, in Frage zu
stellen und wo möglich zu präzisieren.

Aber - ohne jetzt einen Ansatz zu kennen, wie man das sinnvoll
rechnen kann - mir kommt es so vor, als würde allein schon der
Aspekt Energiebilanz zum K.O. für die These führen.

Allerdings muss man dabei auch noch die Produktionsbedingungen berücksichtigen.

In Regionen mit wenig Niederschlägen und Wasserknappheit ist das die einzige brauchbare Möglichkeit.

Oder man macht es amerikanisch mit runden Feldern und viel Wasser und wundert sich dann, dass die Böden versalzen und unbenutzbar werden …

MfG Peter(TOO)

Servus Peter,

die Sonderform der Tropfbewässerung muss man aber von der eigentlichen Hydrokultur unterscheiden.

Wobei Gemüsekultur mit Tropfbewässerung in der Weise, wie sie in der Gegend von Almeria-Murcia betrieben wird (in Marokko und auf den Kanaren wohl nicht wesentlich anders, aber in Andalusien hab ich sie mir angeschaut) nicht wegen der Bewässerungstechnik, sondern in jeder Hinsicht zusammenfassend als eine Granatensauerei bezeichnet werden darf. In Israel, wo die Tropfbewässerung entwickelt worden ist, beherrscht man die damit verbundene Kultur etwas besser.

Niederschlagsarme Gebiete sind nicht für den Anbau von Gemüse mit hohem Wasserbedarf geeignet. In den Mittelmeerraum, soweit das Winterhalbjahr feucht genug ist, gehören z.B. Kichererbsen, Artischocken, Karden etc.; auch Zuckerrohr, statt in Mittel- und Westeuropa den schwachsinnigen Zuckerrübenanbau zu hätscheln, ggf. Hirse, auch für den Anbau im secano geeignete Reisarten. Mandeln und Oliven sowieso.

Aber was tut man nicht alles für Zucchini und Erdbeeren im Februar!

Schöne Grüße

MM

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Hallo Martin,

vielen Dank für eine ausführliche und kompetente Meinung.

Ich habe neue Erkenntnisse gewonnen, nach dem ich ein paar Antworten bekommen habe auf Emails an sämtliche Stellen sowie weiteren Gesprächen mit Profs. und Kommilitonen.

Also vorab ich habe noch keine Antwort bekommen. Im 3.Semester müssen wir ein Referat machen und das schöne, ich weiß schon das Thema. Vielleicht habe ich danach eine Antwort.

Deine angesprochene Energiebilanz beim Stichstoff, ist zu recherchieren.
Aber ich denke das wird die meiste Arbeit machen, festzuhalten wie viel Energie für welche Anbauform gebraucht wird. Denn auch der Arbeiter verbraucht Energie…
und das wenn die Energie die beim Haber- Bosch -Verfahren aus Solarenergie und aus Gezeitenkraftwerke stammt dann…

Fragen, Fragen, Fragen…

Das die Biopflanze im Boden gezüchtet gesünder ist als die Biopflanze in Hydrokultur, da lässt die Wissenschaft ja nur eine Antwort zu: Bisher nicht erwiesen!
Daher tendiere ich eher zur Hydrokultur.

Besonders gut an der Hydrokultur finde ich, das Sie weniger Platz braucht. Und wenn man dafür Ausgleichflächen schafft wie Naturreservate…

Ich freue mich schon auf meine Ausarbeitung…

Bis dahin mind. 5mal besser 7mal Obst und Gemüse und nicht soviel Fleisch(viel zu Energiezerrend)

LG

Heiner

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