Gender = Geschlecht ?

Hi Wissende
Ich hätte gerne ein paar unpolemische, sachliche Kommentare zu meiner Frage:
Wenn ich in diesem Brett „herumlese“ finde ich (fast) nur die Themen Frau/Mann oder noch Mädchen/Knabe, wobei meist irgendwie ein Schwerpunkt auf der weiblichen Seite liegt.
Aber das Wort „Gender“ ist doch nicht einfach gleichbedeutend mit biologischem Geschlecht.
Kann mir bitte jemand eine gute stichhaltige Definition/Beschreibung des Begriffs geben, wie er in der deutschen Sprache verstanden wird? Und womit befassen sich dann genau „Gender Studies“.
Danke
Erich

Hi Erich,
ich wusste bis Dato auch nicht viel mit dem Begriff anzufangen, aber Deine Frage hat mich neugierig gemacht und hier bin ich schon mal fündig geworden:
http://www.uni-regensburg.de/Einrichtungen/Frauenbea…
Geschlechterspezifische Grüße Grisu

Hallo Erich,

der Begriff gender (engl.) bezeichnet das soziologische und psychologische Geschlecht. Das biologische Geschlecht wird engl. mit sex bezeichnet.
Da in der deutschen Sprache der Begriff ‚Geschlecht‘ für alle drei Gebiete steht, wird nun zunehmend auch in Deutschland der engl. Begriff Gender verwendet, wenn es ausschließlich um sozio- oder psychologische Belange geht.

Genderstudien befassen sich in erster Linie mit den soziologischen und kulturellen Unterschieden zwischen den Geschlechtern. Beispiel:

Meines Wissens hat die Bundesregierung ein Gutachten zur sozialen Stellung von Frauen und Männern innerhalb der Gesellschaft beauftragt. Untersucht werden einerseits die Einkommenssituationen und andererseits die Aufteilung der Sozialleistungen auf Frauen und Männer. Die Regierung verspricht sich hieraus Erkenntnisse zur Berechnung der künftig zu erwartenden finanziellen Lasten. Auch derartige Gutachten fallen unter den Begriff ‚Genderstudie‘.

Gruß
Maralena

Hallo Maralena,

Genderstudien befassen sich in erster Linie mit den
soziologischen und kulturellen Unterschieden zwischen den
Geschlechtern.

das würde ich aus meiner persönlichen Erfahrung im Studium der Gender Studies dahingehend korrigieren, dass diese sich in erster Linie mit der sozialen Konstruktion von Ungleichheit durch Geschlechtszuschreibungen befassen. Das meint die Untersuchung dessen, wie durch die Aufteilung der Menschen in zwei Gruppen anhand binär codierter körperlicher Merkmale einerseits Ungleichheit hergestellt wird und andererseits Ausschlüsse produziert werden von denjenigen, die sich nicht in das binäre Ordnungsschema, das auf der heterosexuellen Grundordnung basiert, pressen lassen (wie zum Beispiel Intersexuelle, Transgender oder sonstige Queers).

Allerdings gibt es da meines Wissens nach auch große Unterschiede zwischen den einzelnen Hochschulen und Disziplinen. Gender Studies funktionieren meist als fächerübergreifender Studiengang, und dementsprechend fallen die Inhalte auch ganz anders aus, je nachdem ob man sich beispielsweise aus sozial-, geistes-, natur- oder sonstwelcher wissenschaftlicher Perspektive nähert. Zudem gibt es auch unterschiedliche Theorieschulen, die in vielen Fällen aus den verschiedenen Strömungen der feministischen Theoriebildung hervorgegangen sind. Zuletzt hat sich beispielsweise das Paradigma der Intersektionalität verbreitet, in dem es darum geht, auch die Verschränkungen von Geschlecht und Sexualität mit anderen Machtverhältnissen wie Rassismus oder Klassenzugehörigkeit mitzudenken und diese nicht als losgelöst voneinander zu betrachten.

Auch ist die Unterscheidung von „sex“ und „gender“ als biologisches und soziales Geschlecht seit Judith Butlers „Unbehagen der Geschlechter“ (1990) nicht mehr ganz so eindeutig, stellt sie darin doch die breit rezipierte These auf, dass „sex“ immer schon „gender“ war und deshalb auch nicht als feststehende „natürliche“ Kategorie verstanden werden kann. Dementprechend erscheint dann das im Deutschen lange als unzureichend empfundene „Geschlecht“, was keine Trennung von sozialem und angeblichen biologischen Geschlecht vornimmt, wiederum als gar nicht so unpassend, wenn auf die Annahme einer vorkulturellen „natürlichen“ Geschlechtszugehörigkeit verzichtet wird. Dass „natürliche“ Geschlechter nicht existieren, heißt natürlich nicht, dass es keine Geschlechter gibt: denn diese werden jeden Tag auf machtvolle Weise und durch Beteiligung aller (Stichwort „Doing Gender“) hergestellt und führen zu weitreichenden Konsequenzen, die wiederum auch von den Gender Studies analysiert werden.

Zum Weiterlesen bietet beispielsweise das Gender@Wiki, das Fachwiki der Frauen- und Geschlechterforschung, viele Artikel zum Thema Gender:
http://www2.gender.hu-berlin.de/gendermediawiki/inde…

Viele Grüße,
Birte

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Hi Erich

na, da ist ein Blick in die Faqs lohnenswert :smile:

FAQ:2713

deutschen Sprache verstanden wird? Und womit befassen sich
dann genau „Gender Studies“.

FAQ:2715

Der deutsche Begriff wäre Geschlechterforschung. Aber man kommt da leicht auf eine falsche Spur. Da man es einfach nicht so treffend übersetzen kann, wurde der allg. übliche Begriff Gender Studies übernommen.

Danke

Bitte
Grüße

Sarah

Hallo, Norah

Es ist so:

stammt dieser Text von dir, oder hast du es einer Veröffentlichung entnommen?

Gruß
karin

ganz kleiner Flüchtigkeitsfehler
Liebe Norah!

werden. Daher schlägt Herrman-White (1998) vor, von einer
„Null-Hypothese“ auszugehen.

Frau Hagemann-White ist vermutlich gemeint.

Ansonsten natürlich: sehr schöner Text, den ich morgen in Ruhe nochmal lesen werde.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Hallo Karin,
ja, der Text ist von mir.
Stammt aus einer Arbeit, die ich mal für die Uni geschrieben habe.
Gruß,
NOrah

Hallo, Norah

Es ist so:

stammt dieser Text von dir, oder hast du es einer
Veröffentlichung entnommen?

Gruß
karin

Hallo Nora
Das ist genau und noch viel mehr als ich mir in meinen kühnsten Träumen hätte erhoffen dürfen!
Herzlichen Dank
Erich