Hallo all Ihr Sprachenkundler,
im Bekanntenkreis ist die Frage aufgekommen, ob womöglich die Bayern keinen Genitiv kennen bzw. ihn zumindest nicht verwenden, oder ob der Genitiv hier in Bayern vielleicht völlig anders „definiert“ wird.
Ausgangssatz ist (von bayerischen Schulkindern im ländlichen Oberbayern):
(geschrieben in Baierisch!)
Da Oma sei Budda
verhochdeutscht: Der Oma seine Butter
Für Nicht-Bayern: im Baierischen ist das Wort Butter männlich.
Klar, im Schriftdeutschen ist es Die Butter der Oma (Genitiv)
Der Knackpunkt ist wohl das besitzanzeigene Fürwort „seine/ihre“. Denn vom schriftdeutschen Genitiv haben wir ja sogar das „Der Oma“, halt mit einer anderen Satzstellung.
Die Frage nach der Oma in „Da Oma sei Budda“ lautet „wem?“ - Wem sei Budda? - Da Oma sei Budda!
Wobei ich persönlich von der Wem-Frage aufgrund des Possessivpronomens noch gar nicht soooooo überzeugt bin. Ich bin mir nicht so sicher, ob man nicht als Bayer fragt: Wessen Budda? - Da Oma sei Budda. Dann gehört nämlich das „sein/ihr“ als integraler Fallbestandteil zur Oma, denn „Wessen sei Budda?“ ist auch im Baierischen sicher falsch.
Diese ganzen Überlegungen und Fragen führen letztlich zu der Frage:
Ist „Da Oma sei Budda“ im Baierischen richtig oder falsch? Ist es grammatikalisch wirklich ein Dativ (Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod) - oder ist es eben die baierische Form des Genitivs, welche das Posssesivpronomen zwingend benötigt? Welche sonstigen Erklärungen könnte es für dieses aus nicht-baierischer Sicht redundante „sei“ geben (Omas_(nichts)_Butter).
Ein weiterer Einwand kam von Nicht-Bayern, der ebenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen ist: „Da Oma sei Budda“ könne nicht richtig sein, da sich das Possessivpronomen immer nach dem Geschlecht der besitzenden Person bestimmt: Der Gürtel, der der Oma gehört = ihr Gürtel etc. und es somit irrelevant sei, ob Butter nun im Baierischen männlich oder weiblich sei. Allerdings gibt es andere europäische Sprachen, in denen das Possessivpronomen vom Artikel des Objekts bestimmt wird (Le chien de Chantal - —> Son chien). Könnte das Baierische aufgrund seiner sprachlichen Eigenständigkeit sich dies aus vergangenen Zeiten bewahrt haben und es daher „Da Oma sei Budda“ hier im Baierischen heißen?
Mir als Bayer jedenfalls erscheint der Satz „Da Oma sei Budda“ völlig korretes Baierisch. Dass es kein korrektes Schriftdeutsch ist, ist klar, da brauchen wir nicht drüber zu reden.
Wer kann die grammatikalischen und möglichst auch entwicklungsgeschichtlichen Hintergründe zu „Da Oma sei Budda“ uns so erklären, dass auch ein Nichtbayer damit was anzufangen weiß.
Das wäre sehr schön, wenn jemand uns helfen könnte, wofür wir uns bereits im Voraus recht herzlich bedanken.
A herzli’s Vageits’God! aus dem leider gar nicht mehr weihnachtlich-weißem Oberbayern sendet
Alexander