Gentest in dem Fall sinnvoll oder möglich?

Hallo,

ist es eigentlich möglich, durch einen Gentest festzustellen, ob ein Kind durch Inzest gezeugt wurde, wenn der mögliche Vater nicht mehr lebt? Dass genetische Schäden hervorgerufen werden können ist bekannt, aber kann man das auch „sonst“ irgendwie durch einen Bluttest feststellen? Ich weiß diese Frage ist ungewöhnlich und ich glaube nicht dass das funktioniert, aber vielleicht kennt sich jemand aus.

vielen Dank

Hi Lily,

ist es eigentlich möglich, durch einen Gentest festzustellen,
ob ein Kind durch Inzest gezeugt wurde, wenn der mögliche
Vater nicht mehr lebt?

Die Frage läßt sich nicht pauschal beantworten - sie hängt von der Ausgangssituation und Zielsetzung respektive Fragestellung, nach der sich wiederum der Modus operandi (lies: der Ablauf des Gen-Tests) richtet. Ich bin zwar keine Humangenetikerin, aber lass uns mal versuchen, es aufdröseln…

Es ist an sich kein großes Problem, einen Verstorbenen auf potentielle Elternschaft zu untersuchen; sofern er nicht kremiert, sondern erdbestattet wurde und aus den sterblichen Überresten genügend DNA-fähiges Material gewonnen werden kann. Wenn keine Weichteile mehr vorhanden sind, versucht man es in erster Linie mit Zähnen und Knochen, denn Zahn- und Knochenmark kann Jahrzehnte bis Jahrtausende später noch das gewünchte Material enthalten. Allerdings hängt dieses Unterfangen wiederum z. B. von der Beschaffenheit des Bodens, in dem derjenige bestattet wurde und anderen Umständen ab. So gibt es beispielsweise hervorragend erhaltene Mumien, bei denen die Gewinnung von Testmaterial ohne Weiteres möglich ist und auf der anderen Seite wiederum relativ ‚frische‘ Leichen, bei denen schon nach ein paar Jahren nichts zu holen ist, weil der Boden zu säurehaltig oder der Friedhof mehrfach unterspült wurde, und, und, und.

Läßt sich nun partout kein DNA-fähiges Material des vermeintlichen Vaters gewinnen (= man kann nur die DNA der Mutter und des Kindes testen), muß das Labor anders ran und andere Allele/Abschnitte der DNA testen, als es bei einem handelsüblichen ‚Vaterschaftstest‘ der Fall ist. Wurde das Kind mit einem Blutsverwandten in gerader Linie (Großvater, Vater, Sohn) und teilweise in der Seitenlinie (Bruder) gezeugt, würden sich an bestimmten Abschnitten der DNA zu viele Parallelen zeigen, als daß man es noch für einen Zufall halten könnte. Um es plastisch auszudrücken: die Mutter wäre mit dem Kind ein bißchen zuuuu sehr verwandt.

Dass genetische Schäden hervorgerufen
werden können ist bekannt,

Durchaus, die Betonung liegt allerdings auf ‚können‘ (lies: das Risiko mag höher sein, aber es ist ein Kann und nicht ein MUSS)! Die Natur ist überaus kreativ und es gibt Erkrankungen (auch genetische Schäden/Dispositionen), die - selbst wenn sie bei bestimmten Personengruppen gehäuft auftreten bzw. als Folge von bestimmten Gegebenheiten (in diesem Fall: Inzest) bekannt sind - einfach mal idiopathisch (‚Du hast mich zwar nicht erwartet, aber: Kuckuck, hier bin ich!‘) auftauchen.

Ich weiß diese Frage ist ungewöhnlich

Ich nenne es anders: selten, aber spannend! :wink: Wenn du noch Fragen hast: nur zu.

HTH & Grüße
Renee

Hallo!

Es ist eindeutig nicht nötig, DNA vom potentiellen Vater zu haben.
Mit der DNA des „Ratsuchenden“ wäre das völlig ausreichend zu machen.
Man nimmt dazu idR die DNA aus den weißen Blutkörperchen im peripheren Blut.
Dann wird das Genom auf Einzelbasenunterschiede getestet, sogenannte Single Nucleotide Polymorphisms, kurz SNPs.
Liegen in linearer Folge auf einem Chromosom sehr viele SNPs in der gleichen Ausprägung vor, so ist dies (bei gesunder Test-DNA) ein starkes Indiz für einen Nachkommen durch Inzest bzw. Verwandtenbeziehung etc.
Solche Testergebnisse habe ich auch schon gesehen, auch am Beispiel eines Menschen aus einer inzestiösen Verbindung.
Was das heute kostet, kann ich Dir nicht genau sagen, denn in dem Sektor fallen die Preise schnell und humangenetische Institute haben manchmal auch Interesse, Sachen auszuprobieren und wollen daher nicht für alles Geld haben.
Ein Chip für eine Analyse von vielen tausend SNPs auf allen Chromosomen kostete vor etwa einem Jahr keine 500 Euro mehr, meine ich. Auf Massenspektroskopie beruhende Techniken für weniger SNPs sind nochmal deutlich günstiger. Immer vorausgesetzt natürlich, die entsprechende Ausrüstung ist da, denn die geht in den sechs- bis siebenstelligen Bereich.

Gruß, Stefan

Hallo Stefan,

danke, da lag ich also nicht falsch, dass es möglich ist. Es wirft mich etwas aus der Bahn, weil es nun greifbarer wird. Ich werde mich erkundigen, wo hier ein solcher Gentest durchgeführt wird und wie hoch die Kosten wären. Ganz abwegig sind Anfragen wie meine nicht, das beruhigt mich etwas. Was versteht man unter gesunder DNA, eine ohne schwerwiegende Erbkrankheiten?

Das hat mir schon sehr weitergeholfen, nochmals Danke an euch beide.

viele Grüße
Lily

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Vielleicht kann man auch ganz anders daran gehen: Wie wäre denn das Verwandtschaftverhältnis zwischen Mutter und Vater des Kindes?

Daraus lässt sich auch schon auf das Risiko schwerwiegender Schäden rückschließen…

Hallo Manticor,

bei dem Verdacht wäre es Vater-Tochter (und ich daraus entstanden, wie gesagt nur ein vager, nicht völlig abwegiger Gedanke).

viele Grüße
Lily

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Halo Lily!

Was
versteht man unter gesunder DNA, eine ohne schwerwiegende
Erbkrankheiten?

Von Erbkrankheiten habe ich nichts geschrieben, aber was ich meinte, kann auch in diese Richtung gehen.
Genetische Inzucht ist ein Grund für gleiche Ausprägung von SNPs oder anderen sog. genetischen Markern entlang eines Chromosoms. Aber Inzucht muss nicht vorliegen bei solchen Testergebnissen.
Erkrankungen oder Symptome mit chromosomalen Veränderungen können auch solche Ergebnisse erzeugen.
Bei Test-DNA aus Blut kann sowas zB durch eine Leukämie erzeugt werden oder angeborene chromosomale Störungen, Deletionen von Chromosomenstücken, Arten von chromosomaler Rekombination. Das ist natürlich alles sehr selten, aber ist eben schon von Bedeutung.

Gruß, Stefan

hm, also so verwandt wie es eben geht. in deiner generation wären schäden noch die ausnahme. es dürfte nur kein weiteres inzestuöses kind entstehen, dann wächst das risiko exponential.