Geplantes Rücksetzen des Wirtschaftssystems?

Hi Stucky,

dein Kommentar ist mal richtig angenehm, wenn man sieht auf welchem Niveau sonst so geschrieben wird. Und da ich davon ausgehe, dass ein gewisses Grundinteresse besteht antworte ich gern.

Aber manche Menschen brauchen eben einfache klare Feindbilder,
mit simplen schwarz-weiß denken. Gern mit ein paar
pseudointellektuellen Schlagworten wie neoliberal etc.
verschönert macht es doch direkt den Eindruck, der Autor
wüsste wovon er schreibt, ohne jedoch nur einen Hauch an
Substanzlosigkeit im Beitrag zu verlieren.

Deine Kritik erscheint mir merkwürdig substanzlos: Hast Du
außer einigen Schlagworten auch inhaltlich etwas beizutragen?

Ich kritisiere die Substanzlosigkeit des Beitrages nicht mehr und nicht weniger. Nur weil ich in dem konkreten Beitrag selber keinen weiteren Beitrag leiste, wird meine Kritik ja nicht entwertet.

Betriebswirtschlaftlich gesehen ist es das Ziel des
Wirtschaftens, Geld zu verdienen. Volkswirtschaftlich gesehen
ist das Ziel des Wirtschaftens dafür zu sorgen, dass das Volk
ein Auskommen hat. Das sind unterschiedliche Ziele. Damit sind
Zielkonflikte möglich.

Diese Aussage stimmt nicht. Volkswirtschaftslehre ist per se erstmal eine wertfreie Wissenschaft. Volkswirtschaftslehre versucht Prozesse zu beschrieben und zu erklären. Dies geschied erstmal wertfrei. es ist sogar so, dass die VWL verschiedene Kriterien vorschlägt, und denren Eigenschaften untersucht. ABER es wird sich nicht festgelegt, welche besser oder schlechter ist. DAS machen die Subjekte in der Wirtschaft.

Der Kernzerfall in der Physik wurde ja auch nicht entdeckt um Waffen zu produzieren, sondern weil Physiker Phänomene beobachteten, die sie erklären wollten.

Von Seiten der Marktwirtschaft wird an dieser Stelle immer
argumentiert, dass „der Markt die effizienteste Methode zur
Allokation von Gütern“ sei. Leider weiß ich nicht, ob das ein
Axiom oder ein Forschungsergebnis ist.

Dann helfe ich dir mal. :smile:

Es ist wie in jeder Wissenschaft, sei es die Phsyik, Chemie oder Ingenieurswesen, man arbeitet mit Modellen der Wirklichkeit. Hierbei versucht man sich Stück für Stück der Realität anzunähern.

Die Effizenz des Marktes ist prinzipiell erstmal erfüllt, wenn man alle „Störfaktoren“ unbeachtet läßt. Das ist etwa so, als wenn man den freien Fall untersucht, und erstmal ohne Luftwiderstand rechnet.
Dies macht man vo Allem, um ein „Optimum“ zu definieren. Das ist der Punkt, wo die Wohlfahrt maximal ist. Wo bei sich hier schon das Problem stellt, wie definiere ich Wohlfahrt.

Das ist etwa 1. Semester Mikroökonomie. Leider hören hier 99% der Diskussionen auf diesem Niveau auf. In der VWL geht es jetzt erst richtig los. Denn danach befasst man sich mehrere Jahre im Studium mit der Frage, was sich ändert, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind.

Insgesamt, um die Erklärungen hier erstmal nicht ausufern zulassen, zeigt es sich, dass der Markt sehr effizient ist, ABER es müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass er effizient sein kann.

Weiter wird mit der unsichtbaren Hand argumentiert: Wenn sich
jeder Marktteilnehmer marktrational verhält, kommt für alle
das beste Ergebnis heraus. Auch hier weiß ich nicht, ob es
sich bei dieser Aussage um ein Axiom oder um das Ergebnis
intensiver Forschung handelt.

Hier sieht man ein weiteres prinzipielles Problem in der Diskussion. Fast alle Menschen die sich zur VWL äußern sind weit hinter der Forschung zurück. Die unsichtbare Hand des Marktes ist von Adam Smith. Das ist über 250 Jahre alt. Wenn man überlegt, dass die VWL als Wissenschaft gerade mal ca. 300 Jahre alt ist, und das erste Atommodell von Demokrit ca. 2500 Jahre alt ist, dann sieht man das Problem.

Dann ist es etwa so, als ob man mit dem Wissensstand der Antiken Römen den Teilchenbeschleuniger in Cern erklären will.

Zum eigentlichen Problem, ob sich die Marktteilnehmer alle rational verhalten? Das nimmt heute in der Forschung kein seriöser Volkswirt mehr an. Seit Jahren ist die Forschung davon dominiert, wie Irrationalität entsteht und wie man damit umgehen sollte.

Das dritte Argument schließlich bezieht sich auf einen
förderlichen Einfluss des Kapitalismus auf die Bildung der
Demokratie. In einer bestimmten historischen Konstellation
haben Menschen, die über sehr viel wirtschaftliche Macht
verfügten, auch politische Macht eingefordert und schließlich
auch bekommen. Ob das generell so ist, weiß ich nicht zu
sagen. Es wird sicher spannend sein, die Entwicklung Chinas zu
verfolgen. Da Unternehmen aber normalerweise nach dem
Führerprinzip organisiert sind, habe ich meine Bedenken, was
die täglichen Erfahrungen von Mitarbeitern angeht.

Nun muss man mal schlüßig argumentieren. 1. Worin unterscheiden sich Kapitalismus und Sozialismus? Sie unterscheiden sich nur in einem Punkt. In der Antwort auf die Frage: Wem gehört das Kapital?

Beide gehen davon aus, dass die Besitzer des Kapitals das Risiko tragen sollen und den Produktionsplan bestimmen. Nur das im Sozialismus der Besitzer des Kapitals der Staat, und damit die Bürger sind, die die Regierung wählen. Und wie es mir freien Wahlen im Sozialismus aussieht sehen wir ja in China, Nordkorea und haben wir früher in der DDR, UDSSR und im 3. Reich etc. gesehen. Die Nazis waran ja auch Sozialisten. Wird heute ungern erwähnt aber das S in NSDAP stand für Sozialismus!

  1. Nicht alles was wir sehen ist dem Kapitalismus. Wir leben in keiner reinen kapitalistischen Welt. Die Bankenrettung und die Finanzkrise wird ja z.B. immer dem Kapitalismus zu geschoben. Aber das stimmt ja so nicht.

Im Kapitalismus gibt es die Einheit von Risiko und Kapital, danach hätte man die Banken alle Pleite gehen lassen müssen. Der reine Kapitalismus wäre genau das Gegenteil gewesen, dessen was wir gesehen haben. Genrell muss man sehen, das Demokratie erstmal Schutz des Eigentum bedeutet und Selbstbestimmtheit über das Eigentum. Und das ist Demokratie und gleichzeitig Kapitalismus. Aus der Demokratie folgt prinzipiell der Kapitalismus. Es ist in meinen Augen kein Widerspruch sondern es bedingt sich.

Viel wichtiger ist die Frage nach der Marktstruktur. Leider wird es viel zu oft gleichgesetzt, aber das ist es nicht. Kapitalismus vs. Sozialismus habe ich oben dargestellt, eine weitere Frage ist: Planwirtschaft vs. Marktwirtschaft.

Hier ist der entscheidene Punkt: Wie werden Preise bestimmt?
Im Kapitalismus muss es Marktwirtschaft geben. Denn Kapitalismus passt nicht mit Planwirtschaft zusammen. Der Kapitalbesitzer bestimmt, was produziert wird. Seine Informationsquelle ist der Preis und damit der Gewinn den er erzielen kann. Wird etwas gebraucht6 und ist knapp, ist der Preis hoch, dann besteht der Anreiz es zu produzieren.

Sozialismus kann theoretisch mit beidem funktionieren. Planwirtschaft und Marktwirtschaft. Jedoch ist der große Schwachpunkt des Sozialismus, die Information. Selbst wir marktwirtschaftlich Sozialismus organisieren, ist immer das Problem, dass jede Produktionsänderung in der Zentralregierung beschlossen werden muss. Das dauert und ist ineffizient. Dies kann im schlimmsten Fall dazuführen, dass der Bedarf garnicht mehr besteht bis die Entscheidung gefallen ist. (Im Sommer werden Badehosen gebraucht, aber im Dezember wird erst beschlossen, die Produktion zu erhöhen)

Wer jetzt auf die Idee kommt, es zu dezentralisieren, und die Produktionsentscheidung vor Ort treffen zu lassen, endet genau wieder im Kapitalismus. Dann ist der Betriebsleiter quasi der Kapitalist. Es gibt nur einen Unterschied, aber der ist gravierend, denn der führt zum Versagen des Sozialismus.

Der Betriebsleiter muss nicht mit seinem eigenen Geld haften. Daher fehlt ihm dann im Sozialismus der Anreiz, bedarfsgerecht zu produzieren. UND DAS war in meinen Augen der Hauptfehler in der Finanzkrise: Man hat Unternehmen gerettet, die es nicht verdient hatten. Dadurch hat man das Risiko sozialisiert und einen wesentlichen Baustein einer funktionieren Wirtschaft entfernt.

Ich habe den Verdacht, dass die normative Kraft des Faktischen
viele Leute daran hindert, sich unsere Art des Wirtschaftens
„objektiv“ (wenn es denn so etwas gibt) anzusehen. In sich ist
der Kapitalismus in vielen Teilen rational: wenn man
„Monopoly“ spielt, muss man sich an die Regeln halten und ein
bestimmtes, zielführendes Verhalten an den Tag legen. Man
könnte aber auch „Mensch ärgere Dich nicht!“ spielen.

Ich verstehe dein Argument, aber marktwirtschaft ist prinzipiell ein selbstorganisatorischer Prozeß. Der wird eben nicht zentral gesteuert. Das ist ja auch gerade seine Stärke. IN der DDR war die die private Wirtschaft marktwirtschaftlich organisiert (Schwarzhandel). Das war reiner Kapitalismus, und das eizige was halbwegs funktionierte in der DDR.

Leider werden Menschen, die eine andere Form des Wirtschaftens
oder mehr Teilhabe der Gesamtbevölkerung am geschaffenen
gesellschaftlichen Reichtum fordern, ohne Angabe
substanzieller Gründe gerne als Ideologen bezeichnet. In
abwertender Absicht. Anscheinend ersetzt der Ideologievorwurf
die inhaltliche Auseinandersetzung. Dies wirft ein
bezeichnendes Licht auf denjenigen, der ihn erhebt. Mich
dünkt, der Unterschied zwischen einer Weltanschauung und einer
Ideologie ist hauptsächlich der Komplexitätsgrad. Ideologien
kommen zur Welterklärung mit deutlich weniger Axiomen aus:

„Die Juden sind schuld!“ oder
„Die Kapitalisten sind schuld!“ oder
„Der Markt wird’s schon richten!“

Das stimmt ja so allgemein nicht. Wir dürfen normative und objektive Argumente nicht verwechseln. Was heißt denn mehr Teilhabe? Wir umverteilen ca. 50% der gesamten Wirtschaftsleitung in Deutschland. Wir haben einen gigantischen Sozialstaat. Jeder der man seine Lohnabrechnung gesehen hat weiß das.

Und was heißt Teilhabe? Gehe in eine Partei, gründe eine eigene, engagiere dich in Bürgerinitiativen u.s.w. Die Möglichkeiten sind da, und viele Organisationen brauchen Nachwuchs… Fang an, DU wirst gebraucht. Aber wenn es dann konkret heißt: Nächsten Mittwoch 20 Uhr geht’s los, dann ist plötzlich die Championsleague wichtiger.

Eine Demokratie lebt vom Diskurs. Und die Wirtschaft als
essenzieller Bestandteil unserer Gesellschaft kann von diesem
Diskurs nicht ausgenommen werden.

Stimmt. Und wird sie ja auch nicht.

Ich nehme mir daher heraus -
auch wenn ich kein VWLer oder BWLer bin - diese Diskussion
mitzuführen. Zumindest den politischen Teil. Ansonsten
dürften, wie von Teilen der Waffenlobby gefordert, nur
Waffenbesitzer über das Waffengesetz dikutieren und nur
Physiker und Ingenieure über Atomkraftwerke. Das wäre doch
irgendwie schräg, oder?

Wäre es das? Also sollte in einem Krankenhaus auch der Hausmeister mit abstimmen dürfen, welche OP der Patient zu kriegen hat und jede zweite OP sollte der Pförtner machen?! Ich sage nicht, dass zu wirtschaftspolitischen Themen keiner was sagen darf, aber man sollte Gefühl, Meinung und Wissen klar trennen.

Nicht jede Tablette die gut schmeckt hilft und nicht alles was hilft schmeckt gut.

Grüße, Thomas

viele Grüße zurück

Freue mich auf weitere Gespräche hier. :smile:

Hallo,

Weiter wird mit der unsichtbaren Hand argumentiert: Wenn sich
jeder Marktteilnehmer marktrational verhält, kommt für alle
das beste Ergebnis heraus. Auch hier weiß ich nicht, ob es
sich bei dieser Aussage um ein Axiom oder um das Ergebnis
intensiver Forschung handelt.

es handelt sich lediglich um die Verbalisierung bzw. Visualisierung der Vorgänge an den Märkten. http://de.wikipedia.org/wiki/Unsichtbare_Hand

Der Begriff der unsichtbaren Hand besagt im wesentlichen, daß bei den meisten Waren und Dienstleistungen zu einem Ausgleich zwischen Nachfrage und Angebot kommt und sich die Gewinnmaximierung der Wirtschaftssubjekte positiv auf Preise und Versorgung auswirkt, nämlich u.a. dergestalt, daß in ein Marktsegment, in dem klotzig verdient wird, auch andere Anbieter drängen und so über das größere Angebot die Preise sinken.

Das dritte Argument schließlich bezieht sich auf einen
förderlichen Einfluss des Kapitalismus auf die Bildung der
Demokratie. In einer bestimmten historischen Konstellation
haben Menschen, die über sehr viel wirtschaftliche Macht
verfügten, auch politische Macht eingefordert und schließlich
auch bekommen.

Das ist in keinem einzigen mir bekannten Fall so gewesen. Demokratie wurde von den Massen eingefordert und nicht von der Elite. Im Gegenteil: die Eliten profitierten doch in der Regel von absolutistischen Strukturen, weil sich in ihnen am besten mauscheln und bestechen ließ und Konkurrenz qua Dekret beseitigt werden konnte.

Ich habe den Verdacht, dass die normative Kraft des Faktischen
viele Leute daran hindert, sich unsere Art des Wirtschaftens
„objektiv“ (wenn es denn so etwas gibt) anzusehen.

Dennoch wird es gemacht. Natürlich kann man nicht jede denkbare Ausprägung von Regierungs- und Wirtschaftsform praktisch beobachten, aber man kann aus praktischen Beobachtungen und theoretischen Überlegungen ableiten, wie sich die Wirtschaft unter bestimmten Rahmenbedingungen entwickelt.

Wenn man als Extreme die absolut liberale Wirtschaft und die staatliche zentrale Planwirtschaft hernimmt, dann wird schnell klar, daß es einfacher ist, der Wirtschaft ein paar Regeln aufzudrücken, damit die schlimmsten Marktexzesse zu Gunsten einer besseren Versorgung der Menschen vermieden werden, als in einer Planwirtschaft hinreichend freie Elemente einzuführen, daß die blödesten Planungsfehler vermieden werden. Planwirtschaft erzeugt nämlich nicht nur reine Verteilungsprobleme, sondern auch ein Innovationsproblem.

Wenn nur rein nach Plan gefertigt wird und gefertigt werden darf, dann sind auch nur die eingeplanten Ressourcen für Forschung und Entwicklung verfügbar und es kann auch nur in die vorgegebene Richtung geforscht werden. In letzter Konsequenz bedeutet das, daß es Forschung eigentlich gar nicht gibt, sondern nur Entwicklung von bekannten Produkten (=?abkupfern). Und das genau erklärt, warum die DDR-Wirtschaft bei allen technischen Produkten mindestens zwei Produktzyklen hinter dem Westen herhinkte.

Leider werden Menschen, die eine andere Form des Wirtschaftens
oder mehr Teilhabe der Gesamtbevölkerung am geschaffenen
gesellschaftlichen Reichtum fordern, ohne Angabe
substanzieller Gründe gerne als Ideologen bezeichnet.

Das liegt daran, daß sie ihre Kritik in der Regel weder fundiert noch begründet abgeben. D.h. es wird frei von jeder wirtschafts-theoretischen Kompetenz mehr Umverteilung von X nach Y gefordert.

abwertender Absicht. Anscheinend ersetzt der Ideologievorwurf
die inhaltliche Auseinandersetzung.

Die Versuche der inhaltlichen Auseinandersetzung scheitern in der Regel daran, daß der Ideologe überhaupt keine Inhalte hat, über die er diskutieren könnte.

Eine Demokratie lebt vom Diskurs. Und die Wirtschaft als
essenzieller Bestandteil unserer Gesellschaft kann von diesem
Diskurs nicht ausgenommen werden. Ich nehme mir daher heraus -
auch wenn ich kein VWLer oder BWLer bin - diese Diskussion
mitzuführen. Zumindest den politischen Teil. Ansonsten
dürften, wie von Teilen der Waffenlobby gefordert, nur
Waffenbesitzer über das Waffengesetz dikutieren und nur
Physiker und Ingenieure über Atomkraftwerke. Das wäre doch
irgendwie schräg, oder?

Natürlich können Laien über Atomkraftwerke diskutieren, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem der Physiker oder Ingenieur Aspekte technischer oder physikaler Art vorbringt, an dem der Laie einsehen muß, daß er inhaltlich nicht mehr folgen kann. Das kann man dann hinnehmen, man kann versuchen, sich in die technischen oder naturwissenschaftlichen Sachverhalte einzuarbeiten, oder man diskutiert fröhlich weiter mit, kompensiert fehlendes Wissen durch Eloquenz oder erfindet sich seine eigene naturwissenschaftliche, technische oder ökonomische Welt. Darauf reagiert der Kundige mit Verwunderung oder Erklärungsversuchen. Fruchten letztere nicht, stellt man diese irgendwann ein und beschränkt sich darauf, die Tatsachen auszusprechen, nämlich daß da jemand mitdiskutieren will, der zwar von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, aber dafür eine unverrückbare Meinung. Und da liegt der Begriff der Ideologie schon recht nah.

Gruß
C.

Hallo C-Punkt

Das ist in keinem einzigen mir bekannten Fall so gewesen.
Demokratie wurde von den Massen eingefordert und nicht von der
Elite. Im Gegenteil: die Eliten profitierten doch in der Regel
von absolutistischen Strukturen, weil sich in ihnen am besten
mauscheln und bestechen ließ und Konkurrenz qua Dekret
beseitigt werden konnte.

da möchte ich Dir widersprechen: Der Hintergurnd der französischen Revolution war der, dass eine neue Elite (die Wirtschaftselite, die Besitzbürger) gegen eine alte Elite (den Adel mit dem König an der Spitze, der die politische Macht besaß) revoltierte. Die Wirtschaft wurde immer wichtiger für den Staat, die erfolgreichen wirtschaftlichen Akteure hatten aber kein formales Mitspracherecht. Das war ein Konflikt, der gelöst werden musste. Hinzu kam natürlich der Zorn der verelendeten Massen und der philosophische Überbau und am Ende lief das aus dem Ruder…

Ähnlich die amerikanische Unabhängigkeit: Der Konflikt entzündete sich auch hier an wirtschaftlichen Fragen (Zölle, Währung) und der Weigerung des englischen Mutterlandes, die Wirtschaftselite der Kolonien an der politischen Macht teilhaben zu lassen.

Wenn nur rein nach Plan gefertigt wird und gefertigt werden
darf, dann sind auch nur die eingeplanten Ressourcen für
Forschung und Entwicklung verfügbar und es kann auch nur in
die vorgegebene Richtung geforscht werden. In letzter
Konsequenz bedeutet das, daß es Forschung eigentlich gar nicht
gibt, sondern nur Entwicklung von bekannten Produkten
(=?abkupfern). Und das genau erklärt, warum die DDR-Wirtschaft
bei allen technischen Produkten mindestens zwei Produktzyklen
hinter dem Westen herhinkte.

Offen gestanden habe ich als jemand, der im Bereich F&E arbeitet, den Eindruck, dass auch die Wirtschaft im Kapitalismus immer mehr auf Entwicklung im Sinne von Weiterentwicklung und immer weniger auf Forschung setzt. Das ist Risikokapital, das kann man sich nicht leisten. Damit geht der Trend einher, junge start-ups das Risiko tragen zu lassen und sie erst zu pflücken, wenn sie reif geworden sind. Wenn die deutsche Industrie ihre derzeitige Forschungspolitik schon seit 150 Jahren so getrieben hätte, hätten wir heute die besten Pferdesättel und effizientesten Kerzen der Welt - aber weder Auto noch LED. Und wenn sich mit Patentstreitigkeiten mehr Geld verdienen lässt als mit der Entwicklung von Produkten, die auf diesen Patenten beruhen, dann sollte man nochmal tiefer über das Patentwesen überhaupt nachdenken.

Das liegt daran, daß sie ihre Kritik in der Regel weder
fundiert noch begründet abgeben. D.h. es wird frei von jeder
wirtschafts-theoretischen Kompetenz mehr Umverteilung von X
nach Y gefordert.

Zum Teil sicherlich. Aber es gibt auch andere - und gab sie: vor wenigen Tagen erst ist Stephane Hessel gestorben, Autor von „Emört Euch!“. Bei vielen Mahnern liegt es nicht an ihrer Kompetenz, dass sie nicht gehört werden, sondern daran, dass sie gefährliche Gedanken hegen.

Die Versuche der inhaltlichen Auseinandersetzung scheitern in
der Regel daran, daß der Ideologe überhaupt keine Inhalte hat,
über die er diskutieren könnte.

Genau! Aber nicht jeder, der gegen den Kapitalismus ist, ist ein Ideologe. Und nicht jeder, der den Kapitalismus verficht, ist keiner.

Natürlich können Laien über Atomkraftwerke diskutieren, aber
irgendwann kommt der Punkt, an dem der Physiker oder Ingenieur
Aspekte technischer oder physikaler Art vorbringt, an dem der
Laie einsehen muß, daß er inhaltlich nicht mehr folgen kann.
Das kann man dann hinnehmen, man kann versuchen, sich in die
technischen oder naturwissenschaftlichen Sachverhalte
einzuarbeiten, oder man diskutiert fröhlich weiter mit,
kompensiert fehlendes Wissen durch Eloquenz oder erfindet sich
seine eigene naturwissenschaftliche, technische oder
ökonomische Welt. Darauf reagiert der Kundige mit Verwunderung
oder Erklärungsversuchen. Fruchten letztere nicht, stellt man
diese irgendwann ein und beschränkt sich darauf, die Tatsachen
auszusprechen, nämlich daß da jemand mitdiskutieren will, der
zwar von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, aber dafür eine
unverrückbare Meinung. Und da liegt der Begriff der Ideologie
schon recht nah.

Bei der politischen Diskussion geht es auch nicht darum, ob man erklären kann, wie ein AKW funktioniert, sondern um die politischen Implikationen: AKWs sind sehr groß, erfordern einen riesigen Kapitaleinsatz und sind potenziell gefährlich (die Risiken sind meines Wissens über den Bund versichert, was beides kombiniert). Auch ohne tieferes Verständnis der Technik ist also klar, dass AKWS zu einer Konzentration der Energieversorgung in den Händen einiger weniger, finanzstarker Unternehmen führen. Mit AKWs hat man die Hand prinzipiell auf waffenfähigem Material. Ob man den vernünftigen Umgang damit einer Regierung zutraut, ist eine politische Frage (siehe Iran).

Neue Technologien schaffen neue Strukturen und Möglichkeiten, die man auch dann erörtern kann, wenn man von der Technik nichts versteht. Ich kann weder Java noch C++ und ich weiß auch nicht, wie ein Internetprotokoll sein handshaking organisiert. Trotzdem kann ich darüber diskutieren, wie z.B. Google mit Inhalten umgeht.

Grüße, Thomas

die Risiken sind meines Wissens über den Bund versichert

Nein, die Betreiber haften voll mit dem gesamten Vermögen.

Hallo Helferlein1980

Betriebswirtschlaftlich gesehen ist es das Ziel des
Wirtschaftens, Geld zu verdienen. Volkswirtschaftlich gesehen
ist das Ziel des Wirtschaftens dafür zu sorgen, dass das Volk
ein Auskommen hat. Das sind unterschiedliche Ziele. Damit sind
Zielkonflikte möglich.

Diese Aussage stimmt nicht. Volkswirtschaftslehre ist per se
erstmal eine wertfreie Wissenschaft. Volkswirtschaftslehre
versucht Prozesse zu beschrieben und zu erklären. Dies
geschied erstmal wertfrei. es ist sogar so, dass die VWL
verschiedene Kriterien vorschlägt, und denren Eigenschaften
untersucht. ABER es wird sich nicht festgelegt, welche besser
oder schlechter ist. DAS machen die Subjekte in der
Wirtschaft.

Entschuldige bitte die unscharfen/falschen Formulierungen. Eigentlich wollte ich sagen: Ein Betrieb wirtschaftet, um Gewinn zu machen. Ein Mensch wirtschaftet, um ein Auskommen zu haben, um zu leben. Meiner Ansicht nach ist es der Sinn einer Volkswirtschaft als Summe aller in einem Staat wirtschaftenden Unternehmen (nicht der einzelnen Unternehmen), für die Wohlfahrt des zu dieser Volkswirtschaft gehörenden Volkes zu sorgen. Das ist natürlich eine normative Aussage und mein Anspruch. Die Volkswirtschaftslehre ist natürlich deskriptiv. Sie kann höchstens Aussagen dazu leisten, wie ein Anspruch, auf den man sich politisch geeinigt hat, optimal verwirklicht werden kann.

Die Effizenz des Marktes ist prinzipiell erstmal erfüllt, wenn
man alle „Störfaktoren“ unbeachtet läßt. Das ist etwa so, als
wenn man den freien Fall untersucht, und erstmal ohne
Luftwiderstand rechnet.
Insgesamt, um die Erklärungen hier erstmal nicht ausufern
zulassen, zeigt es sich, dass der Markt sehr effizient ist,
ABER es müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass
er effizient sein kann.

Die Sache ufert aus, ich muss ja noch arbeiten ,-) Kurz so viel: Auch da gibt es für mich ein Problem, ein Definitionsproblem. Ich würde gerne zwischen der Marktwirtschaft und dem Kapitalismus unterscheiden und ich habe den Eindruck dass wir im Kapitalismus leben. Und wenn ich die Marktwirtschaft mit Monopoly vergleiche, dann wäre der Kapitalismus für mich eine Art Monopoly, bei der der Gewinner jeder Runde am Ende der Runde eine Regel ändern darf:

  • Konzessionsrichtlinie Wasserwirtschaft,
  • Kartelle
  • nicht existierende Positivliste für Pharmaka
  • die vor einigen Wochen erschienene Untersuchung aus den USA, wonach es unter den vielen Millionären ca. 500 Leute oder Familien gibt, die neben dem Geld auch sehr viel politische Macht besitzen, ohne Politiker zu sein
  • Eingriffe des Staates in den Markt
  • Hochfrequenzhandel: Was wird besser dadurch? Wer erwirtschaftet am Ende die Gewinne?

Vielleicht wäre eine reine Marktwirtschaft ja besser (auch wenn mich der Begriff „Marktversagen“ bedenklich stimmt), aber wir leben nach meinen Erfahrungen nicht in einer (reinen) Marktwirtschaft. Zumindest ist mein letzter Versuch, die Bedingungen meines Beförderungsvertrages, den ich mit der DB (zu 100 % in Staatsbesitz) schließen wollte, auszuhandeln, ziemlich in die Hose gegangen. Die waren beinhart.

Zum eigentlichen Problem, ob sich die Marktteilnehmer alle
rational verhalten? Das nimmt heute in der Forschung kein
seriöser Volkswirt mehr an. Seit Jahren ist die Forschung
davon dominiert, wie Irrationalität entsteht und wie man damit
umgehen sollte.

Das ist eine ganz spannende Kiste: Spieltheorie, Psychologie, Fairness, die ganzen tricky ausgedachten Experimente (Du teilst, ich suche aus). Leider habe ich mich damit noch nicht genügend beschäftigt.

Nun muss man mal schlüßig argumentieren. 1. Worin
unterscheiden sich Kapitalismus und Sozialismus? Sie
unterscheiden sich nur in einem Punkt. In der Antwort auf die
Frage: Wem gehört das Kapital?

Im Sinne einer zweiwertigen Aussagelogik gibt es nur zwei Antworten: ja oder nein. Dies begründet natürlich schlüssig die Dichotomie zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Tertium non datur. Trotzdem ist mir bei dieser Dichotomie nicht recht wohl. Wohl, weil ich einmal zu oft das Argument gehört habe: „Der Sozialismus ist untergegangen, also bleibt nur der Kapitalismus.“ Ich würde mich über einen dritten Weg freuen, habe aber offen gestanden keine Ahnung, wie der aussehen soll. Auch, weil sich der Kapitalismus anscheinend evolutionär durchgesetzt hat und solche Systeme trotz aller Krisen meist sehr stabil sind.

Wird heute ungern erwähnt aber das S in NSDAP stand für
Sozialismus!

Je nun, Babyöl wird auch nicht aus Babies gemacht.

  1. Nicht alles was wir sehen ist dem Kapitalismus. Wir leben
    in keiner reinen kapitalistischen Welt. Die Bankenrettung und
    die Finanzkrise wird ja z.B. immer dem Kapitalismus zu
    geschoben. Aber das stimmt ja so nicht.
    Im Kapitalismus gibt es die Einheit von Risiko und Kapital,
    danach hätte man die Banken alle Pleite gehen lassen müssen.

Deshalb leben wir ja auch in einer sozialen Marktwirtschaft: Die Gewinne werden privatisiert, die Verluste sozialisiert :wink:

Viel wichtiger ist die Frage nach der Marktstruktur. Leider
wird es viel zu oft gleichgesetzt, aber das ist es nicht.

Jepp! Noch ein Wort zum Sozialismus. Der verbindet ja wirtschaftliche mit politischen Strukturen. Die Idee einer Räterepublik hört sich für mich grundsätzlich gut an: eine frühe Form von liquid democracy. Dennoch ist dieser Grundgedanke in allen Fällen, in denen der Sozialismus realisiert wurde, gründlich pervertiert worden (soweit ich weiß). Das deutet auf einen Webfehler im Konzept, ich komme aber nicht drauf, wo der sitzt.

Das stimmt ja so allgemein nicht. Wir dürfen normative und
objektive Argumente nicht verwechseln. Was heißt denn mehr
Teilhabe? Wir umverteilen ca. 50% der gesamten
Wirtschaftsleitung in Deutschland. Wir haben einen
gigantischen Sozialstaat. Jeder der man seine Lohnabrechnung
gesehen hat weiß das.

Und das scheint mir ein Fehler zu sein. Ich habe ja oben meinen Anspruch an eine Volkswirtschaft klar dargelegt. Und diese Umverteilung ist nötig, weil unsere Volkswirtschaft diesem Anspruch nicht genügt (sieht man von denen ab, die nicht arbeiten wollen, aber ich will jetzt nicht noch darüber diskutieren, welchen Anteil die ausmachen). Aber man kann die Leute ja nicht verhungern lassen.

Und was heißt Teilhabe? Gehe in eine Partei, gründe eine
eigene, engagiere dich in Bürgerinitiativen u.s.w. Die
Möglichkeiten sind da, und viele Organisationen brauchen
Nachwuchs… Fang an, DU wirst gebraucht. Aber wenn es dann
konkret heißt: Nächsten Mittwoch 20 Uhr geht’s los, dann ist
plötzlich die Championsleague wichtiger.

Politisch gesehen ist das Fernsehen eine geniale Erfindung! Holt die Leute von der Straße. Ich habe meine eigenen Gründe, nicht in einer Partei zu sein: mangelnde Kapazitäten (ich bin ein Mehrleister, ohne durch ein großes Gehalt und entsprechende Boni zum Arbeiten gezwungen zu werden), zu wenig Durchsetzungsvermögen (manche bezeichnen mich als harmoniesüchtig), zu viel Individualismus und vielleicht, naja, auch zu viel Intelligenz (wird man ja wohl auch mal sagen dürfen).

Wäre es das? Also sollte in einem Krankenhaus auch der
Hausmeister mit abstimmen dürfen, welche OP der Patient zu
kriegen hat und jede zweite OP sollte der Pförtner machen?!
Ich sage nicht, dass zu wirtschaftspolitischen Themen keiner
was sagen darf, aber man sollte Gefühl, Meinung und Wissen
klar trennen.

Wie ich das meinte, habe ich in meiner Antwort an C-Punkt näher ausgeführt. Im übrigen hat mir eine Bekannte mal von einem Institut erzählt, in dem sie arbeitete, wo auch der Institutsleiter turnusmäßig mit Kloputzen dran war.

Nicht jede Tablette die gut schmeckt hilft und nicht alles was
hilft schmeckt gut.

Ja, so ist das.

Grüße zurück und schönes WE, Thomas

Hallo Cambo,

die Risiken sind meines Wissens über den Bund versichert

Nein, die Betreiber haften voll mit dem gesamten Vermögen.

teilweise muss ich Dir recht geben: die Betreiber haften meines Wissens nach dem Atomgesetz bis zu einer Schadenshöhe von 2,5 Mrd. €. Ich weiß jetzt nicht mehr, welche Schäden Tschernobyl verursacht hat (in einem vergleichsweise strukturschwachen Gebiet), würde das aber für untervesichert halten.

Grüße, Thomas

Nun ja,
Thomas Stucky,

der „Kapitalismus“ als solcher wird uns für die nächsten Jahrhunderte wohl erhalten bleiben.Er hat sich bewährt,eben in der Gestalt des Homo oeconomicus.
Allerdings wird sich das uns so bekannte Gesicht des „Kapitalismus“ verändern.Wir werden nicht mehr wie gebannt auf Wachstum stieren können,hier ist meiner Meinung nach das Ende der berühmten Fahnenstange schon lange erreicht.Als „Kapitalisten“ sind wir,also die reichen EU-Staaten, nennen wir es einfach satt.Unsere Grundbedürfnisse und weit darüber hinaus sind gedeckt.Ein wichtiges Treibmittel des " Individuums im Kapitalismus" die Befriedigung der Grundbedürfnisse,(oder sagen wir das Erreichen des erträumten Besitzstandes), fällt also weg.Es ist sinnlos ein weiteres Haus,Auto,usw. als Ziel für seine Anstrengungen ins Auge zu fassen.

Die grandiose Idee der „Exportnation“ Bundesrepublik ,doch einfach die Handelsbeziehungen zu China und anderen noch nicht „erschlossenen“ Staaten zu intensivieren um das alte System zu erhalten, kann daher eigentlich nur scheitern.

Wer einmal in letzter Zeit die Reden Merkels zu diesem Thema verfolgt hat und noch verfolgt, wird erstaunt feststellen, dass diese schon längst ganz leise eine weitere „Wende“ eingeläutet hat.Beinahe unbemerkt.
Ich würde sagen, das neue „System“ ist schon längst in Arbeit.

Grüße

Riester Johann

teilweise muss ich Dir recht geben: die Betreiber haften
meines Wissens nach dem Atomgesetz bis zu einer Schadenshöhe
von 2,5 Mrd. €.

Nein, der Betreiber haftet in unbegrenzter Höhe mit seinem gesamten Vermögen.
_§ 31 Haftungshöchstgrenzen

(1) 1Die Haftung des Inhabers einer Kernanlage nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 sowie nach dem Pariser Übereinkommen und dem Gemeinsamen Protokoll in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 ist summenmäßig unbegrenzt._

Ausgenommen sind lediglich militärische Konflikte.

Das was du meinst ist die Freistellungsverpflichtung.

Ich weiß jetzt nicht mehr, welche Schäden

Tschernobyl verursacht hat (in einem vergleichsweise
strukturschwachen Gebiet), würde das aber für untervesichert
halten.

Grüße, Thomas

Allerdings wird sich das uns so bekannte Gesicht des
„Kapitalismus“ verändern.Wir werden nicht mehr wie gebannt auf
Wachstum stieren können,hier ist meiner Meinung nach das Ende
der berühmten Fahnenstange schon lange erreicht.Als
„Kapitalisten“ sind wir,also die reichen EU-Staaten, nennen
wir es einfach satt.Unsere Grundbedürfnisse und weit darüber
hinaus sind gedeckt.

Die meisten EU Staaten sind ja alles andere als reich und die Grundbedürfnisse noch lange nicht gedeckt. Von der Welt will ich gar nicht erst reden. Da ist noch viel viel Spielraum nach oben.

Hallo,

Wäre es das? Also sollte in einem Krankenhaus auch der Hausmeister mit :abstimmen dürfen, welche OP der Patient zu kriegen hat und jede zweite :open_mouth:P sollte der Pförtner machen?! Ich sage nicht, dass zu :wirtschaftspolitischen Themen keiner was sagen darf, aber man sollte :Gefühl, Meinung und Wissen klar trennen.

ich denke, entscheidend dafür, ob jemand bei einer Sache mitbestimmen darf oder soll, ist die Frage, ob sie ihn betrifft. Die Ärzte und der Patient (der vorher aufgeklärt werden muß) müssen sich miteinander über die Behandlung abstimmen, sonst niemand. Hausmeister und Pförtner sind hingegen davon überhaupt nicht betroffen.

Von einem AKW sind jedoch viele betroffen, mindestens die Bevölkerung in der weiteren Umgebung des AKWs. Denn sie muß die Folgen ausbaden, wenn ein Unfall eintritt.

Daß Menschen sich zu sie betreffenden Themen äußern dürfen und darüber auch mitentscheiden dürfen, gehört für mich zum Wesen der Demokratie. Wieviel oder wie wenig einzelne über Wirtschaftspolitik oder Kernphysik wissen, ist dafür ohne Belang. Genau wie beim Arzt sehe ich da eine Aufklärungspflicht: das fürs Mitentscheiden nötige Wissen zu vermitteln.

Grüße,

I.

Schön, dann geht die Betreibergesellschaft „Kernkraftwerke Arschkartenhausen GmBH“ halt pleite…
Und selbst wenn die Muttergesellschaft Energieversorger AmEndeDerWelt AG pleite geht… (was ich eher für unwahrscheinlich halte, die werden dann sicher vom Staat gerettet)
glaube ich nicht, dass deren Vermögen den dabei angerichteten Billionenschaden (Billion im Deutschen Sinne) abdecken kann.

AKW sind btw nicht komplett privat versicherungsfähig, (sagt zumindest die Munich Re, und die müssens wissen)

Hallo Cambo,

Nein, der Betreiber haftet in unbegrenzter Höhe mit seinem
gesamten Vermögen.
§ 31 Haftungshöchstgrenzen
(1) 1Die Haftung des Inhabers einer Kernanlage nach dem
Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4
sowie nach dem Pariser Übereinkommen und dem Gemeinsamen
Protokoll in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 ist
summenmäßig unbegrenzt.

Ausgenommen sind lediglich militärische Konflikte.
Das was du meinst ist die Freistellungsverpflichtung.

natürlich hast Du Recht: Ich meinte die Freistellungsverpflichtung. Was die Haftung angeht haften die Betreiber mit ihrem ganzen Vermögen, wie dies im Pariser Übereinkommen von 1960 festgelegt wurde. Das gilt aber nur dann, wenn die Schäden nicht durch schwere Naturkatastrophen oder militärische Konflikte verursacht wurden.

Ich muss also noch viel lernen, was den richtigen Gebrauch der Begriffe angeht. Ich habe versucht, mich aufzuschlauen, vielleicht kannst Du mich ja korrigieren, wenn ich was falsch verstanden habe:

Tritt der Haftungsfall ein, so greift § 34 (1) des Atomgesetzes:

„…so hat der Bund den Inhaber der Kernanlage oder den Besitzer radioaktiver Stoffe von Schadensersatzverpflichtungen freizustellen, soweit diese von der Deckungsvorsorge nicht gedeckt sind oder aus ihr nicht erfüllt werden können.“

Die Höhe der Deckungsvorsorge betrug bis 2002 500 Mio. DM, seither 2,5 Mrd. €. Davon sind 250 Mio. beim Versicherer des Betreibers versichert, für den Rest stehen die Betreiber untereinander gerade, d.h. die anderen Betreiber haften für 2,25 Mrd. € mit, wenn der Betreiber des verunfallten AKWs dazu allein nicht in der Lage ist.

Für Fukushima wurde eine Schadenssumme von 500 Mrd. € errechnet, für Tschernobyl schwanken die Schätzungen der Schäden zwischen 1,6 Bio. € und 4,6 Bio. €. Die Prognos AG hat 1992 die Schadenshöhe eines SuperGAUs ind Deutschland in einer Studie für das Wirtschaftministerium auf 5 Bio. € (nach heutigem Geld) beziffert. Mit Inflationsausgleich wären das heute 6,25 Bio. €.

Jetzt bin ich aber mit meinem Latein am Ende, denn ich habe einiges nicht verstanden:

  1. Was bedeutet § 34 des Atomgesetzes, insbesondere im Hinblick auf das Pariser Übereinkommen, das ja auch von der BRD ratifiziert wurde? Ist das nicht ein Widerspruch?
  2. Wenn der Betreiber nur bis zu einer Summe von 2,5 Mrd. € haftet, was mir § 34 des Atomgesetzes auszusagen scheint – wer haftet dann für den Rest der Schäden?
  3. Wenn doch der Betreiber haftet – wer ist das? Der Energieversorger oder evtl. eine Tochtergesellschaft, welche das AKW betreibt und vielleicht gar nicht so viel Vermögen hat? Oder haftet auch die Konzernmutter?
  4. Wie groß ist das zur Verfügung stehende Vermögen und woran bemisst sich das? Ich würde mal vermuten, dass nach einem Atomunfall der Börsenwert des betroffenen Unternehmens ins Bodenlose fällt.

Uch wenn ich diese Fragen nicht beantworten kann, will mir scheinen, dass es für die Schäden nach einem Atomunfall eine gewisse Deckungslücke gibt.

Grüße, Thomas

Hallo,

da möchte ich Dir widersprechen: Der Hintergurnd der
französischen Revolution war der, dass eine neue Elite (die
Wirtschaftselite, die Besitzbürger) gegen eine alte Elite (den
Adel mit dem König an der Spitze, der die politische Macht
besaß) revoltierte.

das sehe ich ein bißchen anders:
http://de.wikipedia.org/wiki/Generalst%C3%A4nde_von_…

Ähnlich die amerikanische Unabhängigkeit: Der Konflikt
entzündete sich auch hier an wirtschaftlichen Fragen (Zölle,
Währung) und der Weigerung des englischen Mutterlandes, die
Wirtschaftselite der Kolonien an der politischen Macht
teilhaben zu lassen.

Da stand nicht die Demokratie im Vordergrund, sondern die Unabhängigkeit. Daß dabei eine Demokratie herauskam, ist ein reiner Glücksfall.

Das liegt daran, daß sie ihre Kritik in der Regel weder
fundiert noch begründet abgeben. D.h. es wird frei von jeder
wirtschafts-theoretischen Kompetenz mehr Umverteilung von X
nach Y gefordert.

Zum Teil sicherlich. Aber es gibt auch andere - und gab sie:
vor wenigen Tagen erst ist Stephane Hessel gestorben, Autor
von „Emört Euch!“. Bei vielen Mahnern liegt es nicht an ihrer
Kompetenz, dass sie nicht gehört werden, sondern daran, dass
sie gefährliche Gedanken hegen.

Das geht doch schon wieder in Richtung von Verschwörungstheorie. Niemand wird in Deutschland nicht gehört, weil jeder die Möglichkeit hat, seine Meinung zu verbreiten. Wenn auf jemanden nicht gehört wird, hat das nicht mit der Gefährlichkeit seiner Ideen zu tun, wobei ich mich schon frage, was Du mit „gefährlich“ überhaupt meinst.

Die Versuche der inhaltlichen Auseinandersetzung scheitern in
der Regel daran, daß der Ideologe überhaupt keine Inhalte hat,
über die er diskutieren könnte.

Genau! Aber nicht jeder, der gegen den Kapitalismus ist, ist
ein Ideologe. Und nicht jeder, der den Kapitalismus verficht,
ist keiner.

Hat auch niemand behauptet.

Bei der politischen Diskussion geht es auch nicht darum, ob
man erklären kann, wie ein AKW funktioniert, sondern um die
politischen Implikationen: AKWs sind sehr groß, erfordern
einen riesigen Kapitaleinsatz und sind potenziell gefährlich

Um das beurteilen zu können, erfordert Sachverstand. Die Bevölkerung sieht drei schwere Unfälle und schließt daraus, daß nicht nur die Atomkraft im allgemeinen, sondern auch die deutschen AKW im speziellen gefährlich sind bzw. so gefährlich sind, daß es besser ist, die deutschen Atomkraftwerke abzuschalten und die ausländischen in Reichweite nicht nur untätig anzuglotzen, sondern auch deren Strom zu verbrauchen. Die ganze Diskussion ist rein emotional und nicht sachlich mit einem hirnrissigen Ergebnis geführt worden und damit ein wunderbares Beispiel dafür, was ich meinte.

Bei wirtschaftlichen Themen stellt sich der Sachverhalt genauso dar: die Leute reden von der Schädlichkeit der Zinsen oder gar von Geld, von der Erschafftung von Geld aus dem Nichts, der steuerlichen Förderungen von Großkonzernen usw. und haben dabei gar weder die notwendigen Informationen noch das Fachwissen, um inhaltlich sinnvollerweise über diese Themen diskutieren zu können - was sie natürlich nicht davon abhält, das trotzdem zu tun. In der Regel wird dann in solchen Diskussionen das fehlende Wissen durch Eloquenz kompensiert.

Neue Technologien schaffen neue Strukturen und Möglichkeiten,
die man auch dann erörtern kann, wenn man von der Technik
nichts versteht. Ich kann weder Java noch C++ und ich weiß
auch nicht, wie ein Internetprotokoll sein handshaking
organisiert. Trotzdem kann ich darüber diskutieren, wie z.B.
Google mit Inhalten umgeht.

Für eine solche Diskussion wäre aber hilfreich zu wissen, wie google tatsächlich mit den Inhalten umgeht, wie die Nutzungsbedingungen tatsächlich lauten und wie die Rechtslage ist.

Gruß
C.

Hallo C-Punkt,

das sehe ich ein bißchen anders:
http://de.wikipedia.org/wiki/Generalst%C3%A4nde_von_…

komisch, ich habe das durchgelesen und nichts gefunden, was meiner These widersprochen hätte. Ich denke, man muss das in einem größeren Zusammenhang sehen. Angesichts der Verhältnisse in Frankreich im Hochmittelalter und in der beginnenden Neuzeit war der Absolutismus eine sinnvolle Strategie des Königs gegen die Macht des Adels. In der Zwischenzeit kam aber der dritte Stand zu wirtschaftlicher Macht. Deshalb haben sich der Adel und der dritte Stand in den Generalständen „verbündet“. Lustigerweise scheint der dritte Stand mitten im Rennen das Pferd gewechselt zu haben.

Ähnlich die amerikanische Unabhängigkeit: Der Konflikt
entzündete sich auch hier an wirtschaftlichen Fragen (Zölle,
Währung) und der Weigerung des englischen Mutterlandes, die
Wirtschaftselite der Kolonien an der politischen Macht
teilhaben zu lassen.

Da stand nicht die Demokratie im Vordergrund, sondern die
Unabhängigkeit. Daß dabei eine Demokratie herauskam, ist ein
reiner Glücksfall.

Nun, ich glaube nicht, dass das ein Glücksfall war. Noch einge Zeit vorher wäre das der Fall gewesen. Schau Dir Wallenstein an: ein böhmischer Kleinadeliger, der wirtschaftlich erfolgreich war und zu sehr viel Geld und Macht gekommen war. Für ihn war klar, dass er, um seine Macht zu erhalten, im Adel weiter emporsteigen musste, um seinen Besitz zu sichern. So hat er es bis zum Herzog von Friedland gebracht. Er wäre gar nicht auf den Gedanken gekommen, den Kaiser abzusetzen (höchstens, um ihn durch einen anderen zu ersetzen, aber die Institution stand für ihn nicht in Frage). 150 Jahre später war die Sache schon anders: Da war es schon denkbar, dass Unabhängigkeit vom englischen König nicht automatisch die Einsetzung eines eigenen Königs bedeuten musste. Daher glaube ich nicht, dass das ein Glücksfall war, sondern dass sich verschiedene Entwicklungstendenzen an einem Punkt der Geschichte schnitten und durch „Synergieeffekte“ etwas neues geschaffen haben.

Im übrigen war meine These ja, dass die Apologeten des Kapitalismus mit diesem Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Demokratie einen ethischen Unterbau, eine Rechtfertigung für den Kapitalismus konstrtuieren wollen (oder zumindest einen Baustein dafür). Zumindest habe ich dieses Argument schon häufiger gehört. Eigentlich sitze ich ja auf der anderen Seite des Tisches.

Das geht doch schon wieder in Richtung von
Verschwörungstheorie. Niemand wird in Deutschland nicht
gehört, weil jeder die Möglichkeit hat, seine Meinung zu
verbreiten. Wenn auf jemanden nicht gehört wird, hat das nicht
mit der Gefährlichkeit seiner Ideen zu tun, wobei ich mich
schon frage, was Du mit „gefährlich“ überhaupt meinst.

Ja! Nach dem Abschicken war mir klar, dass diese Formulierung ein Fehler war. Ich weiß auch nicht, was mit „gefährlich“ gemeint ist. Ich wollte damit eigentlich sagen, dass diese Gedanken von anderen als gefährlich betrachtet werden. Aber so läuft das bei uns ja nicht. Da kann ja jeder seine Meinung raushauen, bis er keinen Atem mehr hat und die Fingerspitzen Hornhaut haben. Das schlimmste, was ihm passieren kann (oder das beste, immerhin zeigt es, dass er wahrgenommen wird, ist, dass er als Ideologe bezeichnet wird).

Genau! Aber nicht jeder, der gegen den Kapitalismus ist, ist
ein Ideologe. Und nicht jeder, der den Kapitalismus verficht,
ist keiner.

Hat auch niemand behauptet.

Dann lies Dir den thread nochmal genüsslich durch.

Um das beurteilen zu können, erfordert Sachverstand. Die
Bevölkerung sieht drei schwere Unfälle und schließt daraus,
daß nicht nur die Atomkraft im allgemeinen, sondern auch die
deutschen AKW im speziellen gefährlich sind bzw. so gefährlich
sind, daß es besser ist, die deutschen Atomkraftwerke
abzuschalten und die ausländischen in Reichweite nicht nur
untätig anzuglotzen, sondern auch deren Strom zu verbrauchen.

Potenziell ist jedes AKW gefährlich: Der eigentliche Prozess der Energiegewinnung kann aus dem Ruder laufen und die ganze Maschine ist hochkomplex. Dazu kommt, dass Menschen Fehler machen. Es gibt für jede Maschine ein Ausfallrisiko und eine Störwahrscheinlichkeit. Dieses Risiko muss um so höher bewertet werden, je höher die zu erwartenden Schäden sind. Ich arbeite ja als Physiker mit den vielgelobten deutschen Ingenieuren zusammen, was da manchmal rumkommt… Das mit den ausländischen AKWs stimmt natürlich. Deren Strom nicht abzunehmen, wäre eine erste Maßnahme, aber was kannst Du darüber hinaus tun?

Die ganze Diskussion ist rein emotional und nicht sachlich mit
einem hirnrissigen Ergebnis geführt worden und damit ein
wunderbares Beispiel dafür, was ich meinte.

Nicht die ganze Diskussion. Aber große Teile davon. Dazu haben aber beide Seiten beigetragen. Alles Betonköpfe. Als es nach dem Krieg mit dem Bau der AKWs losging, dachten siech die großen Energieversorger: Prima, so können wir den Energiemarkt ohne lästige Konkurrenz durch kleine Krauter unter uns aufteilen: Geld für AKWs haben nur wenige und die werden sich schon einigen. Die Wissenschaftler dachten: Prima! Die Welt ist sauer auf uns, weil wir die Atombombe gebaut haben, jetzt haben wir mit dem AKW mal die Möglichkeit, was Segensreiches zu tun. Die Regierung hat gedacht: Prima! Mit der Atomkraft sind wir energetisch unabhängig von den blöden Saudis. Wenn’s drauf ankommt, müssen wir nicht mehr nach Bessarabien und zur Not bekommen wir waffenfähiges Material in unsere Hände. Und für die deutsche Industrie ist zusätzliche Expertise auch nicht schlecht. zumindest denke ich mir das so. Und alles nichttechnische Argumente.

Für eine solche Diskussion wäre aber hilfreich zu wissen, wie
google tatsächlich mit den Inhalten umgeht, wie die
Nutzungsbedingungen tatsächlich lauten und wie die Rechtslage
ist.

Genau!

Grüße, Thomas

Das ist eine schöne und wahre Antwort!