Gesellschaftsvertrag -> § Einziehung von Geschäftsanteilen

Hi an Alle,
kurze Frage zu einer Standardformulierung bei Firmengründungen:
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Einziehung von Geschäftsanteilen

  1. Die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des Gesellschafters ist jederzeit zulässig.
  2. Die Einziehung von Geschäftsanteilen ohne Zustimmung des Gesellschafters ist zulässig, wenn die Einzelzwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil eines Gesellschafters, seine sonstigen Gesellschafterrechte oder seine Ansprüche gegen die Gesellschaft betrieben wird und nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Pfändungs- bzw. Überweisungsbeschlusses wieder aufgehoben wird.
  3. Die Einziehung bedarf eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung. Der Beschluss bedarf einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen. Dem betroffenen Gesellschafter steht dabei kein Stimmrecht zu.
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Meine Frage:
Kann also jeder jederzeit seine Anteile verlieren, wenn 75% der Anderen dafür stimmen, oder nur in Extremsituationen?
Die folgende Formulierung im Punkt 2 ist erwas zu kompliziert für mich:
„…wenn die Einzelzwangsvollstreckung in den Geschäftsanteil eines Gesellschafters, seine sonstigen Gesellschafterrechte oder seine Ansprüche gegen die Gesellschaft betrieben wird…“

Könnte mir das jemand bitte grammatikalisch, oder Sinngemäß auseinanderspalten?
Dankeschön

Mal vollkommen vereinfacht dargestellt: Nein, es kann nicht jeder jederzeit seine Anteile verlieren, egal wie viel Mitgesellschafter dafür stimmen. Diese Einziehung ist nur möglich, wenn Vollstreckungsmaßnahmen gegen einen Gesellschafter laufen, die sich auf dessen Gesellschaftsanteile beziehen. D.h. bevor die Anteile beim Gerichtsvollzieher/Gericht landen und dann mit von den übrigen Gesellschaftern nicht beeinflussbarem Ausgang bei „irgendwem“ landen, …, können die übrigen Gesellschafter über die Einziehung der von der Vollstreckung betroffenen Anteil abstimmen und bei 75% Mehrheit diese dann einziehen.

D.h. dass ist eine Spezialregel für den Sonderfall von Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die den Anteil eines Gesellschafters betreffen.

super, das war sehr klar. Dankeschön.

vielleicht noch eine Frage:
wenn nachdem die Gründer einen Anteil, z.B.: 10% abgegeben haben und sich in Zukunft wieder entscheiden 5% an jemand neues abzugeben, reduzieren sich dann die Anteile (in %) von allen Teilhabern in gleichem Maße, inklusive dem, der beim ersten Mal 10% bekommen hat?

Servus,

der Nennbetrag eines Geschäftsanteils muss gem. § 5 Abs 2 S 1 GmbHG auf volle Euro lauten. Er ändert sich nicht, wenn ein Geschäftsanteil abgetreten, veräußert oder eingezogen wird.

Schöne Grüße

MM

Die Anzahl der Geschäftsanteile und ihr Nennwert sind bei Gründung festgelegt worden.
Im Gesellschaftsvertrag steht z.B.

„Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 50.000 (in Worten Fünfzigtausend Euro). Es ist eingeteilt in 5.000 Geschäftsanteile im Nennwert von jeweils 10,00 Euro, die in der Gesellschafterliste mit arabischen Ziffern aufsteigend, beginnen mit 1, fortlaufend nummeriert sind.“

Wenn jemand neues 5% der Anteile erhalten soll, müssen entweder einige oder alle der aktuellen Anteilseigner welche abgeben (verkaufen), das muss vor einem Notar passieren. Dabei muss explizit benannt werden, welche laufenden Nummern der Anteile von wem an wen gehen.
Oder die bestehenden Gesellschafter (ohne den „Neuen“) beschließen eine Erhöhung des Stammkapitals. Dadurch werden neue Anteile geschaffen, und der Prozentanteil der bestehenden Anteile wird „verwässert“.
Zum Beispiel wird das Stammkapital von 50.000 auf 100.000 Euro erhöht, und es gibt nun 10.000 Anteile. Wer vorher 10% der Anteile hielt, hat danach nur noch 5%. Es sei denn, er beteiligt sich an der Kapitalerhöhung und erwirbt auch welche von den neuen Anteilen.
Auch das alles erfordert einen Notar.

„Einfach so“ jemand Neuem ein paar zusätzliche Prozente geben geht nicht.

Gruß,
KHK

P.S: Der

kann signifikant vom Marktwert der Anteile abweichen. Letzterer hängt von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschaft ab.
Wenn die Gesellschaft prächtig dasteht, kann ein Anteil ein Vielfaches seines Nennwerts kosten.
Wenn die Gesellschaft mit dem Rücken zur Wand steht, kann das auch in die andere Richtung gehen.

D.h. die Mehrheit der Stimmberechtigten können auf diese Weise die anderen Teilhaber (Mitgründer) über den Tisch ziehen indem sie dafür stimmen, das Stammkapital zu erhöhen (z.B: zu verdoppeln). Wenn sie die Differenzsumme selbst aufbringen, haben sie plötzlich mehr Prozent an Anteilen. Dies hat nicht nur auf ihr Stimmrecht Auswirkung, sondern auch auf ihren Anteil bei Gewinnausschüttungen an Teilhaber. Und niemand kann etwas dagegen machen, richtig?

Servus,

Die Bestimmung, dass dafür mindestens eine 3/4-Mehrheit notwendig ist, ist subsidiär. Wenn im Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit oder Einstimmigkeit vereinbart ist, hat das Vorrang; bloß, wenn eine geringere Mehrheit vereinbart ist, hat das keine Wirkung.

Schöne Grüße

MM

also ja, man als investor oder mitgründer nicht auf der sicheren Seite, selbst wenn das Unternehmen erfolgreich ist!

Es genügt, wie gesagt, vollkommen, für Beschlüsse über Erhöhungen des Stammkapitals erforderliche Einstimmigkeit zu vereinbaren. Das ist nicht sehr schwer, finde ic.

Schöne Grüße

MM

verstehe, danke.
Gibt es die Möglichkeit diese Regel nicht im Gründungsvertrag niederzuschreiben sondern separat zu vereinbaren? Also z.b. als ein Vetrag zwischen den Gründungspartnern, dass deren Anteile zu einander immer gleich bleiben?

Servus,

eine solche Vereinbarung ist Gegenstand des Gesellschaftsvertrags.

Dieser kann mit 3/4-Mehrheit geändert werden, Notar muss dabei im Spiel sein. Der wird sich auf Anfrage auch um formgerechten Beschluss über die Änderung (Einberufung der Gesellschafterversammlung etc.) kümmern.

Schöne Grüße

MM

danke sehr!