Gesetzliche Gewährleistungsfrist verkürzen?

Hallo,
ich habe als Privatperson im Juli 2019 neue Reitstiefel bestellt und im Oktober 2019 wurden sie geliefert.
Gestern stellte ich fest, dass sich die Nähte der Sohlen lösen. Daraufhin habe ich die Stiefel beim Reitstiefel-Shop per Mail reklamiert (inkl. Beweisfoto) und im Rahmen der zweijährigen Gewährleistungsfrist um Reparatur gebeten. Die Verkäuferin lehnt aber eine Reparatur ab, weil der Hersteller (Cavallo) in seinen AGB eine einjährige Gewährleistungsfrist angibt.

Heute habe ich den ganzen Tag mit der Google-Suche zu dem Thema verbracht und habe dennoch einige Fragen:

  1. Sind die AGB des Herstellers oder der Verkäuferin für mich gültig? Meiner Meinung nach sind die AGB der Verkäuferin (also des Reitstiefel-Shops) für mich maßgebend.
  2. im B2B-Bereich ist es offensichtlich zulässig die gesetzliche Gewährleistungsfrist auf ein Jahr zu verkürzen. Ich habe die Stiefel aber als Privatperson gekauft.
  3. Bei Gebrauchtware ist es wohl auch zulässig die zweijährige gesetzliche Gewährleistungsfrist auf ein Jahr zu verkürzen. Ich habe aber Neuware (Maßangefertigte Reitstiefel) bestellt und erhalten.

Jetzt weiß ich nicht mehr weiter und füge mal den Ausschnitt „Mängelhaftung“ aus den AGB der Verkäuferin (Reitstiefel-Shop) ein:
7. Mängelhaftung
7.1. Hinsichtlich der Gewährleistung gelten die Vorschriften der gesetzlichen Mängelhaftung, soweit in diesen AGB nichts Abweichendes vereinbart worden ist.
- Bei gebrauchter Ware beträgt die Gewährleistungsfrist abweichend von der gesetzlichen Regelung ein Jahr ab Ablieferung der Ware. Die verkürzte einjährige Gewährleistungsfrist gilt nicht
- bei Sachen, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden sind und dessen Mangelhaftigkeit verursacht haben,
- bei dem Verkäufer zurechenbar schuldhaft verursachten Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit und bei grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schäden und
für sonstige Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen
- für den Fall, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat sowie bei Ansprüchen gemäß §§ 478, 479 BGB.

Muss ich tatsächlich die Reparatur selbst zahlen?

Liebe Grüße und vielen Dank im Voraus,
Renate

Allenfalls die AGB der Verkäuferin. Mit dem Hersteller hast du rechtlich nichts zu tun.

Vermutlich. Denn Gewährleistung bedeutet nur, dass die Sache bei Gefahrübergang mängelfrei sein muss. Die Gewährleistungsfrist ist nur eine Verjährungsfrist und begründet keine „Haltbarkeitsgarantie“.

4 Like

Danke. Die Reitstiefel (bzw. die Nähte der Sohlen) waren aber eigentlich bereits vor Gefahrenübergang mangelhaft, weil sie während der Herstellung miserabel verarbeitet/vernäht worden sein mussten. Sonst würden sie sich ja nicht auflösen.

Wenn das so stimmt und man wirklich von einem Mangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs sprechen kann, kannst du ohne Aufpreis Nacherfüllung verlangen.

1 Like

Vielen Dank. Dann werde ich es mal versuchen.

Die Bedingungen zwischen deinem Händler und dessen Lieferanten sind hier vollkommen irrelevant. Bei der Sachmängelhaftung gibt es (bei Kauf von Neuware) keine Einschänkungsmöglichkeit. Aber der Händler verwechselt (bewusst oder unbewusst) Hersteller-Garantie und (gesetzliche) Sachmängelhaftung.

Da die Lieferung länger als ein halbes Jahr her ist bist Du beweispflichtig. Ist der erbracht, muss der Händler die Reklamation annehmen.

Was auch einigen Händlern nicht bekannt ist: Wenn ein Verbraucher reklamiert, „vererben“ sich dessen erweiterte Rechte an den Händler. (s. g. Unternehmerregress).

Dieses Thema wurde automatisch 30 Tage nach der letzten Antwort geschlossen. Es sind keine neuen Nachrichten mehr erlaubt.