Gesetzlicher Schutz vor Unterlassungsklagen, Schadensersatz usw

Hallo,

diese Worte im Psychologie-Brett regen mich zu Überlegungen an, die ich nicht nur mit euch teilen, sondern gern mit euch erörtern würde:

Ich frage mich, ob und inwieweit dem Problem „Erpressungsversuch“ mit gesetzlichen Mitteln Abhilfe geschaffen werden könnte. Zwar bin ich selbst Jurist und sollte es daher wissen. Ich lasse meine Gedanken aber gern interdisziplinär befruchten und bin ehrlich gesagt auch einigermaßen ratlos.

Der Vorwurf etwa der Vergewaltigung oder der häuslichen Gewalt setzt Beschuldigte erheblichen Gefahren aus: Strafverfolgung, Schadensersatz, Schmerzensgeld, eventuell Verlust von Job, Karriere, Geld. Die Möglichkeiten, sich gegen solche Vorwürfe zu wehren, ergeben sich aus Gesetzen, die nicht auf die Vorwürfe von Sexualstraftaten und Körperverletzungsdelikte zugeschnitten sind. Hier kommen einfach nur die allgemeinen Regeln zur Anwendung: Gegen Verleumdung, üble Nachrede, falsche Verdächtigung usw. (übrigens alles Straftaten) kann man sich mit einer Unterlassungsklage wehren. Ob diese Unterlassungsklage „Erpressung“ ist, was nach meinem Verständnis voraussetzt, dass die behauptete Vergewaltigung, häusliche Gewalt oder was auch immer, stattgefunden hat, wird verbindlich ja erst in dem Gerichtsverfahren festgestellt; die Katze würde sich in den Schwanz beißen, wollte man nur die begründeten Klagen zulassen. Eine „Verleumdungs-Gegenklage“ gesetzlich zu verunmöglichen, dürfte das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzen. Und doch wäre es äußerst unbefriedigend zu akzeptieren, dass ja auch „echte“ Opfer dem Druck einer „Gegenklage“ nachgeben und ihre legitimen Interessen aufgeben. Wie könnte das Gesetz „echte“ Opfer schützen, ohne den Schutz der zu Unrecht der Vergewaltigung Beschuldigten auf ein Niveau unterhalb von Rechtsstaatlichkeit zu reduzieren?

Ein weiteres Problem sehe ich im Geld. In dem sehr berühmten Fall eines Wettermoderators hat derselbe ja Schadensersatz von der Frau eingeklagt, die ihn wegen Vergewaltigung angezeigt hatte. Das Gericht hat einfach nur allgemein Gesetze angewendet: Wer den Schaden einer anderen Person zu vertreten hat, muss diesen Schaden ersetzen (vereinfacht gesagt). Es wäre ungerecht, dem Opfer einer Falschbeschuldigung keinen Schadensersatz zuzusprechen. Und doch ist der Gedanke schwer erträglich, dass auch „echte“ Opfer von Sexualstraftaten und anderen Gewaltdelikten ihre legitimen Interessen aufgeben, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, Schadensersatz leisten zu müssen. In dem derzeit wieder sehr aktuellen Fall eines Komikers, der nach öffentlich gewordenen Vorwürfen gegen ihn Einkommensverluste zu verzeichnen hatte, könnte die Frau, die ihn eines Übergriffs beschuldigt hat, schadensersatzpflichtig sein. Da käme sicher ganz schön was zusammen.

Vielleicht bin ich betriebsblind. Was denkt ihr über diese Probleme?

Freundliche Grüße,
Milan

Wie kann der Einsatz eines juristischen Mittels (Unterlassungsklage) Erpressung sein? Nach meinem Verständnis als Nichjurist ist schon allein der Gedanke so zu argumentieren absurd.

Wenn jemand versucht, so den Rechtsweg zu diskreditieren und zu vermeiden, ist für mich klar wo vermutlich die schuldige Seite ist

Erpressung setzt eine rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichem Übel voraus. Ist eine Klage vor einem ordentlichen Gericht rechtswidrig?

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Wie kann der Einsatz eines „juristischen Mittels“ (Leistungsklage) Betrug sein? Wie kann der Einsatz eines „juristischen Mittels“ (Falschbeschuldigung in Form einer Strafanzeige) Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft sein? Wie kann der Einsatz eines „juristischen Mittels“ (Mahnschreiben durch Rechtsanwalt) Nötigung sein?

Mit einer Prise Hermeneutik könnte sich das bessern. Es ist ja ganz offensichtlich, dass ich den Begriff hier im Sinne der Alltagssprache verwendet habe. Denn erstens habe ich ihn ja von Metapher übernommen, und zweitens habe ich ihn sicherheitshalber in Anführungszeichen gesetzt.

Natürlich kann eine Klage vor einem ordentlichen Gericht rechtswidrig sein. Wieso denn nicht? Aber darum geht es hier doch gar nicht.

Hallo,

ich denke, man muss hier die Anzeige von der Rufschädigung trennen.
Angenommen eine Mutter zeigt bei der Polizei den Onkel ihres Kindes wegen Mißbrauch an. Sie erzählt sonst niemandem davon. Damit kann sie den Ruf des Onkels nicht merklich schädigen. Das geschieht erst im Zuge öffentlicher Berichterstattung durch Medien und an diese sollten sich dann auch Schadenersatzforderungen richten.

Gruß,
Paran

Wobei es dort und damals um die (letztlich nicht geklärte) Frage nach einem Fachbegriff ging. Eine Art Brainstorming.

Da es nicht ganz transparent ist, auf welche juristische Problematik du hinaus willst (du deutest sehr unterschiedliche Fallbeispiele an): Mit einer „Unterlassungsklage“ (wie hier ein User vermutet) hatte das dort angedeutete Szenarium nichts zu tun. Es war etwas komplizierter:

Es bezog sich auf Prozesse in den 1990ern in USA, von denen mir Berichte in Erinnerung waren. .Unter anderem: Ein Vergewaltigungsopfer strengt eine Klage gegen den Kopf eines bekannten Unternehmens an. Die Klage geht vor Gericht, aber der Prozess schleppt sich dahin. Nicht-eindeutige Beweise, geschickte Argumentations-Taktiken der Verteidigung usw. … die Verteidigung lässt hinter den Kulissen die Seite der Klägerin wissen, daß sie eine Klage wegen „defamation“ einreichen werde, mit einer riesigen Summe an Schadensersatzforderung (vor dem Hintergrund, daß der Ausgang des anderen Prozesses noch ungewiss war). Man würde darauf aber verzichten, wenn die Klägerin ihre Vergewaltigungs-Klage zurückziehen würde. Die Klägerin ließ sich auf den „Deal“ nicht ein - und gewann ihren Prozess. Da der Tatvorwurf damit bestätigt war, ging die zwischenzeitliche Drohung mit der Gegenklage in das Strafmaß mit ein. Ob dabei wörtlich von Erpressungsversuch (also „attempted blackmail“) die Rede war, das weiß ich nicht mehr. Ein Einschüchterungsversuch war es zumindest.

Das Ganze also mehr als 20 Jahre vor den #MeToo Skandalen, bei denen ja auch Einschüchterung, Bestechung, Schweigegelder usw. ins Spiel kamen.

Da ich mit diesen und ähnlichen Sachen damals nicht als Jurist befasst war (zumal es um amerikanisches Recht ging), kann ich auch nichts weiter zu der juristischen Beurteilung sagen, um die es dir offenbar geht.Vielleicht sind deine Fragestellungen im Rechtsbrett besser aufgehoben?

Gruß
Metapher

Hallo,

mit Verlaub, aber das hier

ist Quatsch.

Eine Klage vor Gericht an sich kann im Zivilverfahren evtl. unzulässig sein, was jedes Gericht sowieso am Anfang eines Verfahrens prüft.
Es kann dabei an der Klageberechtigung fehlen, es können sonstige Formvorschriften (zB Klagefristen) verletzt sein, es kann auch der falsche Gerichtsweg eingeschlagen sein.
In selteneren Fällen kann eine Klage auch „rechtsmißbräuchlich“ sein:

&tschüß
Wolfgang

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Mich irritiert, dass ich in diesem Thread schon erklärt habe, warum es rechtswidrig sein kann, eine Zivilklage zu erheben, und dass du es trotzdem bestreitest, ohne auf meine Erklärung einzugehen, und dann auch noch in diesem Duktus. Es ist zum Beispiel strafbar, in dem Wissen eine Leistungsklage zu erheben, dass die geltend gemachten Ansprüche gar nicht bestehen: (ggf. nur versuchter) Prozessbetrug (habe ich oben sogar verlinkt). Natürlich ist alles, was strafbar ist, auch rechtswidrig. Das ist doch nichts, worüber man auch nur am Ansatz verschiedener Meinung sein könnte.

Natürlich werden Zulässigkeit und Begründetheit am Anfang geprüft, beide können sich allerdings im Laufe des Prozesses ändern, weshalb die Zulässigkeit zu Beginn nicht in dem Sinn geprüft wird, wie du wohl meinst, nämlich abschließend. Das hat aber nichts mit der Frage zu tun, ob die Erhebung einer Klage rechtswidrig sein kann.

Ja, meine Frage war wohl zu offen formuliert.

Ich sehe zudem ein, dass ich hier im Brett falsch bin, bedanke mich trotzdem für die Aufmerksamkeit und verabschiede mich besten Grüßen. Der Thread darf gern geschlossen werden.

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