Hallo liebe Marx-Kenner,
ich lese gerade ständig über die Gesetzmäßigkeiten, denen die sozialen Verhältnisse bei Marx aus einer inneren Notwendigkeit heraus folgen. Diese Texte befassen sich aber immer nur abstrakt mit der Frage nach der überhistorischen Notwendigkeit oder der historischen Kontextualität dieser Gesetze. Aber: Welche Gesetzmäßigkeiten sind hier gemeint? Wertgesetz? tendentieller Fall der Profitrate? allgemein die Reproduktion des Kapitals? (und wie funktioniert die nach Marx?), die des sich selbst produzierenden Widerspruchs?
Welche GEsetzmäßigkeiten zeichnen die den Subjekten als Totalität gegenüberstehende Kapitalistische Gesellschaft ganz grundsätzlich aus?
Vielen DAnk für Antworten!
Hi Olga,
ich verstehe die Frage wohl nicht sonderlich gut, aber vielleicht treffe ich ja Deinen Punkt auch im Blindflug …
ich lese gerade ständig über die Gesetzmäßigkeiten, denen die
sozialen Verhältnisse bei Marx aus einer inneren Notwendigkeit
heraus folgen.
Diese Texte befassen sich aber immer nur
abstrakt mit der Frage nach der überhistorischen Notwendigkeit
oder der historischen Kontextualität dieser Gesetze. Aber:
Welche Gesetzmäßigkeiten sind hier gemeint?
Das kommt doch darauf an, welche Texte Du liest …!
Wertgesetz?
tendentieller Fall der Profitrate? allgemein die Reproduktion
des Kapitals? (und wie funktioniert die nach Marx?), die des
sich selbst produzierenden Widerspruchs?
Welche GEsetzmäßigkeiten zeichnen die den Subjekten als
Totalität gegenüberstehende Kapitalistische Gesellschaft ganz
grundsätzlich aus?
Man mus unterscheiden zwischen verschiedenen Ebenen der Gesetze; Gesetze auf der Ebene der Geschichtsentwicklung, Gesetze im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaftsformation, Gesetze im Rahmen des ökonomischen Funktionierens innerhalb des Kapitalismus, …
Das ökonomische Grundgesetz des Kapitalismus etwa ist das (Mehr)Wert-Gesetz, weil es das Ziel der Produktion bestimt bzw. die spezifisch kapitalistische Aneignung des Mehrwerts (der in den anderen Formation ja bekanntlich anders angeeignet wird) benennt.
Damit ist nun der Grundwiderspruch im Kapitalismus derjenige, der zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privaten Aneignung des Produktionsergebnisses, des privaten Besitzes der Produktionsmittel besteht.
Der Kapitalismus selbst steht in einer Entwicklungsreihe der Gesellschaftsformation (Urkommunismus, Sklaverhaltergesellschaft, Feudalismus, K., Kommunismus);
das Grundgesetz des dialektischen Materialismus bzw. das Gesetz von der Einheit und dem Kampf der Gegensätze, das sowohl den Kapitalismus auf die oben genannte Stufe der Entwicklung stellt, wie es auch den Kapitalismus selbst in Stufen unterteilt: Frühkapitalismus, Hochkapitalismus, „Spätkapitalismus“ (westlicher Marxismus) bzw. „Imperialismus“ (Lenin), in der sich nach dem Gesetz der Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte der Widerspruch so zuspitzt, dass der Kapitalismus notwendig gemäß dem Gesetz vom Umschlagen quantitativer Veränderungen in qualitative durch proletarisch-revolutionäre Umgestaltung zum Kommunismus wird.
Man sieht hier also die Verschränkung der Ebenen, das Wirken allgemeinerer Gesetze im Rahmen der kapitalistischen Entwicklungsstufe, welche selbst Produkt dieser allgemeineren Gesetze ist …
das Gesetz vom Fall der Profitrate ist wiederum auf einer anderen Ebene angesiedelt; es wirkt nicht auf der Ebene der allgemeinen Geschichtsentwicklung, sondern allein auf der Ebene des Kapitalismus als konkrete (kapitalistische) Ausgestaltung der oben genannten Gesetze;
es bestimmt praktisch die Entwicklung des Kapitalismus von der Manufaktur (Frühkap.) über die freie Konkurrenz (Hochkap.) zum Monopol- bzw. Staats-kapitalismus(Spätkap.).
Die von Dir erfragte „Reproduktion des Kapitals“ funktioniert nun natürlich nach dem Mehrwertgesetz, d.h. der Kapitalbesitzer behält das Produktionsergebnis, nachdem er Kapital für die Produktion vorgeschossen hatte, für sich ein, reproduziert damit sein Kapital, und erhöht es nach dem allgemeinen Akkumulationsgesetz (der siebte und abschließende Abschnitt in „Das Kapital, BdI“!) sogar noch, sorgt damit aber für die Zuspitzung der Widersprüche im Kapitalismus (Verelendungsgesetz, etc.), und so für die (Selbst)überwindung des Kapitalismus gemäß den oben genannten Gesetzen.
Über all das hinaus formuliert Marx natürlich auch rein ökonomische Gesetze, wie etwa dieses:
„(Preissumme der Waren)/(Umlaufsanzahl gleichnamiger Geldstücke) = Masse des als Zirkulationsmittel funktionierenden Geldes. Dies Gesetz gilt allgemein“,
willkürlich herausgegriffen aus Kapital, Bd. I, S.133 (MEW)
Viele Grüße
Franz
Hallo Franz,
wow! Hört sich nach einer ziemlich kompetenten knappen Zusammenfassung so ziemlich aller von Marx analysierten gesellschagftlichen Zusammenhänge an!
ich verstehe die Frage wohl nicht sonderlich gut, aber
vielleicht treffe ich ja Deinen Punkt auch im Blindflug …
Eine derartige Komplexität ineinandergreifender/sich bedingender Gesetzmäßigkeiten hatte ich schon vermutet, aber eben nicht verstanden, daher auch die etwas anhaltslose Frage - Du hast sie getraoffen, vielen Dank!
Wirklich begriffen hab ich die Zusammenhänge natürlich noch immer nicht, ich werd aber drüber nachdenken und weiter lesen. Dafür ist dein Überblick eine große Hilfe, also noch einmal: vielen Dank!