Habhaft mit wenig oder ohne Fleisch
Servus,
in Oberschwaben, wo ich ursprünglich herkomme (und vielleicht besser auch geblieben wäre), ist man bis heute ziemlich streng katholisch, so dass sich dort eine Fülle an fleischlosen Freitagsessen erhalten hat, die auch Leute mögen, denen man nicht mit „leichter Kost“ kommen braucht; umgekehrt gibt es dort auch vieles, was zwar nicht fleischlos, aber aus Sparsamkeit mit recht geringem Fleischanteil gemacht wird.
Wenn es Dich interessiert, kannst Du einmal in die Kochbücher
„Hunger ist der beste Koch“ von Gudrun Mangold (von der Schwäbischen Alb, die sich in der Kuchel aber nicht stark vom Oberland unterscheidet)
und
„Flädla, Knöpfla, Bubaspitzla“ von Siegfried Ruoß (nur noch antiquarisch erhältlich, ISBN 3-924292-02-7 Buch anschauen)
hineinschauen.
Hübsch ist in diesem Zusammenhang auch „Essen und Trinken im Barock“ von Michael Barczyk, wo außer den eher grob skizzierten Rezepten auch vieles über Ess- und Trinkkultur im Oberschwaben des 18. Jahrhunderts erzählt wird.
Für die drei genannten gilt allerdings, dass sie nicht gut sind für Leute, die sich auf dem „Low Carb“-Trip befinden: Seit dem Spätmittelalter führte aus Oberschwaben die Kornstraße nach Oberitalien, und das merkt man noch heute. Von Dampfnudeln in der Schleifersbrüh über Buabaspitzle, Leberspätzle und Maultaschen bis zum Brennten Mues, dem Ofenschlupfer und der Schuhnagelsuppa ist das alles eher „High Carb“ - wer eppes nochebringt, braucht Brennstoff.
Bonus Track betreffend den fleischlosen Freitag: Meine Mutter war in den 1930er Jahren im „Pflichtjahr“ auf einem winzigen Bauernhöflein nicht weit von Lindenberg im Allgäu. Dort ging es so notig her, dass man zugesehen hat, dass man möglichst alles verkaufen konnte, wenn eine Sau gemetzget wurde, und bloß den Speck für Schmalz und die Blutwurst behalten hat. Von der Blutwurst kam dann immer ein Löffel voll an die Bratkartoffeln, die jeden Tag die warme Mahlzeit bildeten. Meine Mutter als wohldisziplinierte Tochter eines Dekans der evangelischen Landeskirche in Württemberg ließ immer am Freitag den Löffel Blutwurst von den Bratkartoffeln weg, bis ihr der Bauer einmal sagte: „Oh, wenn Ihr ou amol vergessa kenndad dass Frîdig ischd! Ihr wenn kadolisch wärat, Ihr wärat jô ganz bîgott!“
Nun, und von Stund an hat sie immer am Freitag vergessen, dass Freitag war. Ich glaube, der Herrgott hat es dem Bauern, der außer der täglichen Pfanne Bratkartoffeln nicht gar zu viel Freude im Leben hatte, lächelnd verziehen.
Soviel zum Umgang von Vegetariern mit Fleischfressern.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder