Gesundheitsprämie

Hallo,

eine generelle Frage:

Widerspricht es dem AGG, wenn ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern für ein krankheitsfreies Jahr eine Einmalzahlung (Prämie) bezahlt?

Oder liegt in einem solchen Fall keine Benachteiligung vor, da die Prämie ja nur ein Bonus ist. Ein Mitarbeiter der krank ist(war), wird im dem Sinne ja nicht benachteiligt, da er nach wie vor seinen vertraglich vereinbarten Lohn erhält.

Oder hab ich da ein falsches Verständnis?

Grüße
Stefan

Hallo,

Hallo,

eine generelle Frage:

Widerspricht es dem AGG, wenn ein Arbeitgeber seinen
Mitarbeitern für ein krankheitsfreies Jahr eine Einmalzahlung
(Prämie) bezahlt?

Nicht grundsätzlich, da es entgegen landläufiger meinung durchaus zulässige Ungleichbehandlung gibt, wenn ein sachlicher Grund dafür vorhanden ist.
Auch das AGG z. B. regelt nur die in § 1 bestimmten Tatbestände als Diskriminierung:
http://www.gesetze-im-internet.de/agg/__1.html

Oder liegt in einem solchen Fall keine Benachteiligung vor, da
die Prämie ja nur ein Bonus ist.

Hier muß nicht zwingend eine unzulässige Diskriminierung vorliegen. Der Teufel steckt aber im Detail und deswegen kommt es auch hier auf den kompletten, vollständigen Wortlaut an. So wäre es z. B. kritisch, wenn chronisch Kranke, die eine Anerkennung ans Schwerbehinderte/Gleichgestellte haben, aus behinderungsbedingten Gründen die Prämie wg. zuviel Fehltagen nicht erhalten.

Ein Mitarbeiter der krank
ist(war), wird im dem Sinne ja nicht benachteiligt, da er nach
wie vor seinen vertraglich vereinbarten Lohn erhält.

Das sieht die Rechtsprechung mittlerweile nicht mehr ganz so einfach, da es durchaus auf das Volumen ankommt, das hier zur Verteilung kommt. In letzter Zeit sind einige derartige Vereinbarungen durch Gerichte gekippt worden, weil der Wegfall der Prämie die (sehr kompliziert formulierte) Grenze des § 4a EFZG überschritten haben. Der wurde bisher oft übersehen, gilt aber auch für solche Prämien.

Oder hab ich da ein falsches Verständnis?

z. T. Ja

By the way: Es gibt nach wie vor keine wissenschaftlich fundierte Auswertung, die einen langfristigen positiven Effekt solcher Anwesenheitsprämien für AG belegen. Das Thema ist wohl mehr ideologisch besetzt.

Grüße
Stefan

&Tschüß
Wolfgang

Hallo,

Hallo,

eine generelle Frage:

Widerspricht es dem AGG, wenn ein Arbeitgeber seinen
Mitarbeitern für ein krankheitsfreies Jahr eine Einmalzahlung
(Prämie) bezahlt?

Nicht grundsätzlich, da es entgegen landläufiger meinung
durchaus zulässige Ungleichbehandlung gibt, wenn ein
sachlicher Grund dafür vorhanden ist.
Auch das AGG z. B. regelt nur die in § 1 bestimmten
Tatbestände als Diskriminierung:
http://www.gesetze-im-internet.de/agg/__1.html

gut hierbei würde ich jetzt nur als kritisch ansehen was du bereits gesagt hast. Behinderte bzw chronisch kranke, die auf Grund ihrer Behinderung/Krankheit eben ausfallen.

Oder liegt in einem solchen Fall keine Benachteiligung vor, da
die Prämie ja nur ein Bonus ist.

Hier muß nicht zwingend eine unzulässige Diskriminierung
vorliegen. Der Teufel steckt aber im Detail und deswegen kommt
es auch hier auf den kompletten, vollständigen Wortlaut an. So
wäre es z. B. kritisch, wenn chronisch Kranke, die eine
Anerkennung ans Schwerbehinderte/Gleichgestellte haben, aus
behinderungsbedingten Gründen die Prämie wg. zuviel Fehltagen
nicht erhalten.

Wie könnte man sowas denn regeln bzw wie könnte man eine solche Prämie trotzdem umsetzen ohne eben gefahr zu laufen, dass diese gegen das AGG verstößt? Wäre dies wirklich so schwer in z.B. einer Betriebsvereinbarung unterzukriegen?

Ein Mitarbeiter der krank
ist(war), wird im dem Sinne ja nicht benachteiligt, da er nach
wie vor seinen vertraglich vereinbarten Lohn erhält.

Das sieht die Rechtsprechung mittlerweile nicht mehr ganz so
einfach, da es durchaus auf das Volumen ankommt, das hier zur
Verteilung kommt. In letzter Zeit sind einige derartige
Vereinbarungen durch Gerichte gekippt worden, weil der Wegfall
der Prämie die (sehr kompliziert formulierte) Grenze des § 4a
EFZG überschritten haben. Der wurde bisher oft übersehen, gilt
aber auch für solche Prämien.

Wo ist dabei genau das Problem? Soweit ich das richtig verstanden habe, geht es im §4a EFZG doch genau darum, dass Sondervergütungen im Falle von Krankheit gekürzt werden können.

Oder hab ich da ein falsches Verständnis?

z. T. Ja

By the way: Es gibt nach wie vor keine wissenschaftlich
fundierte Auswertung, die einen langfristigen positiven Effekt
solcher Anwesenheitsprämien für AG belegen. Das Thema ist wohl
mehr ideologisch besetzt.

Deswegen interessiert es mich ja ob es erlaubt ist und ob es irgendwie auch angewendet wird. Alle meckern immer über die hohen Krankheitstage. Erst vor kurzem einen Artikel gelesen, dass die Krankheitstage im ersten Quartal 2010 so hoch waren wie seit Jahren nicht mehr. Die Frage ist also wie kann man dieses Problem angehen und eine solche Prämie halte ich für persönlich als durchaus vetretbar. Ob es einen Effekt hat müsste die Firma dann natürlich im Nachhinein prüfen. So eine Betriebsvereinbarung kann ja auch befristet laufen. 2 Jahre und dann guckt man halt weiter

Stefan

Wie könnte man sowas denn regeln bzw wie könnte man eine
solche Prämie trotzdem umsetzen ohne eben gefahr zu laufen,
dass diese gegen das AGG verstößt? Wäre dies wirklich so
schwer in z.B. einer Betriebsvereinbarung unterzukriegen?

Ja. In den Firmen, die ich kenne und die sowas aktuell geplant haben, hat man idR die Pläne aufgegeben bzw. zumindest vertagt, da nie klar war, wie das z. Zt. rechtssicher zu formulieren ist, ohne einen Wust von Einzelfallregelungen und Eventualitäten berücksichtigen zu müssen. Schließlich würde diese berücksichtigung u. U. ab einer bestimmten Betriebsgröße auch eine enorme Bürokratie nach sich ziehen.

Ein Mitarbeiter der krank
ist(war), wird im dem Sinne ja nicht benachteiligt, da er nach
wie vor seinen vertraglich vereinbarten Lohn erhält.

Das sieht die Rechtsprechung mittlerweile nicht mehr ganz so
einfach, da es durchaus auf das Volumen ankommt, das hier zur
Verteilung kommt. In letzter Zeit sind einige derartige
Vereinbarungen durch Gerichte gekippt worden, weil der Wegfall
der Prämie die (sehr kompliziert formulierte) Grenze des § 4a
EFZG überschritten haben. Der wurde bisher oft übersehen, gilt
aber auch für solche Prämien.

Wo ist dabei genau das Problem? Soweit ich das richtig
verstanden habe, geht es im §4a EFZG doch genau darum, dass
Sondervergütungen im Falle von Krankheit gekürzt werden
können.

Dann hast du aber Satz 2 nicht gelesen. Wie das jetzt praktisch in Relation zu setzen ist und welche Tage jetzt z. B. angerechnet werden dürfen/müssen, ist gerade eines der Hauptprobleme.

Oder hab ich da ein falsches Verständnis?

z. T. Ja

By the way: Es gibt nach wie vor keine wissenschaftlich
fundierte Auswertung, die einen langfristigen positiven Effekt
solcher Anwesenheitsprämien für AG belegen. Das Thema ist wohl
mehr ideologisch besetzt.

Deswegen interessiert es mich ja ob es erlaubt ist und ob es
irgendwie auch angewendet wird. Alle meckern immer über die
hohen Krankheitstage. Erst vor kurzem einen Artikel gelesen,
dass die Krankheitstage im ersten Quartal 2010 so hoch waren
wie seit Jahren nicht mehr. Die Frage ist also wie kann man
dieses Problem angehen und eine solche Prämie halte ich für
persönlich als durchaus vetretbar.

Das ist m. e. kurzfristiges Denken, daß idR die Probleme, die krank machen, nicht löst.
Effektiver sind konsequenter Arbeitsschutz sowie ein planmäßiges Gesundheitsmanagement, daß sowohl Angebote macht als auch die „weichen“ betrieblichen Faktoren unter die Lupe nimmt und ggfs. ändert. Beim Aufbau eines Gesundheitsmanagements kann man sich z. B. von Krankenkassen unterstützen lassen sowohl mit Mitteln für Maßnahmen als auch Hilfen für Prozesse (gem. § 20a SGB V http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__20a.html )
Gekoppelt mit einem ernst gemeinten betrieblichen Eingliederungsmanagement gem. § 84 Abs. 2 SGB IX führt das zu nachweislich besseren Ergebnissen als zu riskieren, daß Beschäftige wegen ein paar Kröten sich krank zur Arbeit schleppen. Denn nicht nur „Absentismus“ ist das Problem, sondern auch „Präsentismus“, also zwar da zu sein, aber nur deutlich reduzierte Leistung in Menge und Qualität zu bringen.

Stefan

&Tschüß
Wolfgang

1 Like

Hallo,

wenn ein Arbeitgeber eine Anwesenheitsprämie bezahlen will, dann tut er das auf jeden Fall, AGG hin oder her. Notfalls tauft/ begründet er das Kind halt anders (z. B. „Erfolgsprämie“).

Ob es sinnvoll ist, seinen an einer Viruserkrankung laborierenden und vor lauter Kopfschmerzen mehr Ausschuss als brauchbare Ware produzierenden Beschäftigten mit einer Prämie vor der Nase herumzuwedeln, damit sie sich ins Geschäft schleppen und dort auch noch ihre Kollegen anstecken, statt dass sie sich auskurieren, mag auf einem anderen Blatt stehen. Solche Arbeitgeber sind halt mental früheren Zeiten verhaftet, als noch „krankgefeiert“ wurde.

Gruß
smalbop

Hallo,

Hallo,

wenn ein Arbeitgeber eine Anwesenheitsprämie bezahlen will,
dann tut er das auf jeden Fall, AGG hin oder her. Notfalls
tauft/ begründet er das Kind halt anders (z. B.
„Erfolgsprämie“).

Es kommt nicht darauf an, wie die Prämie heißt, sondern nach welchen Kriterien sie verteilt wird. Da fangen dann die Probleme an, wenn Anwesenheitstage berücksichtigt werden.

Gruß
smalbop

&Tschüß
Wolfgang

Hallo

Es kommt nicht darauf an, wie die Prämie heißt, sondern nach
welchen Kriterien sie verteilt wird. Da fangen dann die
Probleme an, wenn Anwesenheitstage berücksichtigt werden.

Die Probleme fangen nur an, wenn der Arbeitgeber die Kriterien blöderweise offenlegt. Ich bekomme neben meinem Fixgehalt jedes Jahr ein Briefchen, in dem eine freiwillige Erfolgsprämie festgesetzt wird. Nach welchen Kriterien deren Höhe ermittelt wird, weiß ich nicht und wenn ich nachfragen würde, bekäme ich wohl zur Antwort „Das haben wir uns halt einfach so überlegt.“ So, und nun komm mal mit dem AGG…

Gruß
smalbop

Hallo

Hallo,

Ich bekomme neben meinem Fixgehalt
jedes Jahr ein Briefchen, in dem eine freiwillige
Erfolgsprämie festgesetzt wird. Nach welchen Kriterien deren
Höhe ermittelt wird, weiß ich nicht und wenn ich nachfragen
würde, bekäme ich wohl zur Antwort „Das haben wir uns halt
einfach so überlegt.“ So, und nun komm mal mit dem AGG…

Das funktioniert - wenn überhaupt - nur in Betrieben ohne BR. Im UP war aber von einer Betriebsvereinbarung die Rede. also hilft diese Antwort dem Fragesteller des UP nicht wirklich weiter.

Gruß
smalbop

&Tschüß
Wolfgang

Hallo

Ich bekomme neben meinem Fixgehalt
jedes Jahr ein Briefchen, in dem eine freiwillige
Erfolgsprämie festgesetzt wird. Nach welchen Kriterien deren
Höhe ermittelt wird, weiß ich nicht und wenn ich nachfragen
würde, bekäme ich wohl zur Antwort „Das haben wir uns halt
einfach so überlegt.“ So, und nun komm mal mit dem AGG…

Das funktioniert - wenn überhaupt - nur in Betrieben ohne BR.

Wieso das? Willkürliche Geldgeschenke des Unternehmers an manche Mitarbeiter sind doch nicht mitbestimmungspflichtig, oder wo steht das? Wir haben übrigens auch einen BR - aber trotzdem keine Betriebsvereinbarung über die Prämien. Sind ja auch jedes Jahr „freiwillig“.

Im UP war aber von einer Betriebsvereinbarung die Rede.

Nee, die hat er erst in einem Nebensatz nachgeschoben als etwas, was er (wohl bei deiner Antwort) als zwingende Voraussetzung für ein Prämienmodell entnommen zu haben glaubt.

smalbop

Hallo

Hallo,

Wieso das? Willkürliche Geldgeschenke des Unternehmers an
manche Mitarbeiter sind doch nicht mitbestimmungspflichtig,
oder wo steht das?

werfe mal einen Blick in § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG:
http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__87.html
Die Rechtsprechung hat daraus ein zweistufiges Verfahren gerade für derart freiwillige Leistungen des AG abgeleitet:

  1. Der AG bestimmt alleine über den finanziellen Gesamttopf, den er verteilen will.
  2. Die Maßstäbe der Verteilung des vorher bestimmten Gesamttopfes unterliegen dann der vollen Mitbestimmung des BR. Ohne vorherige Einigung mit dem BR darf der AG keine Zahlungen leisten.

Wir haben übrigens auch einen BR - aber
trotzdem keine Betriebsvereinbarung über die Prämien. Sind ja
auch jedes Jahr „freiwillig“.

Dann sind das aber ziemliche Luschen im BR. Das fortwährende Nichtstun wäre evtl. eine schwere Pflichtverletzung iSd § 23 Abs. 1 BetrVG:
http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__23.html
Im Übrigen kann der BR jederzeit seine Mitbestimmung reklamieren, auch bei Sachverhalten, um die er sich bisher nicht gekümmert hat.

smalbop

&Tschüß
Wolfgang

Hallo

werfe mal einen Blick in § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG:
http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__87.html
Die Rechtsprechung hat daraus ein zweistufiges Verfahren
gerade für derart freiwillige Leistungen des AG abgeleitet:

  1. Der AG bestimmt alleine über den finanziellen Gesamttopf,
    den er verteilen will.
  2. Die Maßstäbe der Verteilung des vorher bestimmten
    Gesamttopfes unterliegen dann der vollen Mitbestimmung des BR.
    Ohne vorherige Einigung mit dem BR darf der AG keine Zahlungen
    leisten.

Danke für die Info, das behalte ich mal schön in der Hinterhand. :smile:

Dann sind das aber ziemliche Luschen im BR.

Da hast du ganz sicher recht.

Gruß
smalbop