Hi,
(Vorsicht, lang)
die US-Amerikaner haben ein ganz grundsätzlich anderes Verständnis von Staat als wir es haben. Die ersten Siedler (Mayflower, aber auch schon frühere Versuche) gingen nach Amerika, um der religiösen Verfolgung in ihrer Heimat zu entgehen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Vereinigte_Staaten#Fr.C…
http://de.wikipedia.org/wiki/Mayflower
http://de.wikipedia.org/wiki/Pilgerv%C3%A4ter
Ziel war es, an einem Ort zu leben, an dem sie eben so sein konnten, wie sie wollten, ohne dass jemand ihnen dazwischenfunkte. Religionsfreiheit herrschte damals ja nicht wirklich, die REligion wurde durch den Monarchen vorgegeben.
Die Siedler waren vor allem Puritaner. Deren Glaubensvorstellungen hatten und haben großen Einfluss auf das die amerikanische Mentalität. Zum einen sind die Puritaner verantwortliche für die große religiöse Toleranz. Der frühe orthodoxe Puritanismus kannte keine Trennung von Staat und Kirche, und das führte zu Verfolgung Andersgläubiger (= wenn Du nicht unseren Glauben hast, kannst Du nicht zu unserem Staat gehören, denn der Staat ist der Glaube). Das, und die Verfolgung der Puritaner im damaligen england führten zu Toleranz gegenüber Andersgläubigen und schließlich zur Trennung von Staat und Kirche (Stichwörter fürs Googlen: Rhode Island, Roger Williams, puritanism)
Die Puritaner glaubten auch an die Autonomie der jeweiligen Kirchengemeinde. Die kannten keine Autorität außer dem Wort Gottes in der Bibel, und jeder einzelne Gläubige war angehalten, den Willen Gottes selbst zu erkunden. Dieser Mangel an einer übergeordnetten Kirchenautorität außerhalb der eigenen kleinen congregation führte zur Zersplitterung der Puritaner in viele kleine Gruppen, aber war auch Fundament für religiöse Toleranz (Stichworte: congregation, congregationalists).
Für die Puritaner war Amerika aber nicht nur ein Ort, an dem sie in Ruhe ihre Religion praktizieren konnten. Es war auch das ihnen von Gott versprochene Gelobte Land. Sie sahen ich als Gottes auserwähltes Volk im biblischen Sinne und Amerika als New Jerusalem. Dieser Glaube hat sich bis heute erhalten, denn er war die Überzeugung der Leute, die vor 400 Jahren von Europa aus Nordamerika besiedelten. Heute bildet er die Grundlage dafür, dass die USA überall in der Welt die Menschenrechte durchsetzen und das gute verteidigen wollen - sie sind in ihrer Vorstellung, in ihrem Glauben dazu auserkoren worden, von allerhöchster Stelle - und das meine ich gar nicht ironisch. (Stichworte: New Jerusalem, manifest destiny, God’s chosen people)
Was die Amerikaner außerdem noch zu Amerikanern macht, ist ihr Arbeitsethos, der ebenfalls auf die Puritaner zurückzuführen ist. Die Puritaner glaubten, dass man am Erfolg seiner Arbeit sehen konnte, welches Schicksal Gott einem vorbestimmt hatte,. Wenn man fleißig war, hart arbeitete und sparsam lebte und dadurch reich wurde, war das ein Zeichen dafür, dass einen Gott erretten würde. Das Schicksal, Erlösung oder nicht, war vrherbestimmt - durch seinen Fleiß konnte man nur schon vorher sehen, ob man nach dem Tod erlöst werden würde.(Stichwort: prostestant work ethic)
Jetzt haben wir die wichtigsten Bausteine zusammen. Die USA wurden gegründet, damit die Siedler sich nach außen verteidigen und schützen konnten, denn England, Spanien und Frankreich versuchten, auf dem Kontinent Einfluss zu bekommen. Und dass das den Siedlern nciht recht war, kann man sich vorstellen - schien ihnen doch der Staat, vor dem sie geflohen waren, in ihre neue Heimat zu folgen. Innerhalb des Staates aber wollten sie weiter in der Lage sein, ihr Leben so zu führen, wie es jeder einzelne für sich als richtig empfand - sowohl, weil ie eben religiöse Freiheit wollten, als auch, weil ihr Glaube eben jedem einzelnen die Freiheit gab, die Bibel so zu interpretieren, wie er es für richtig hielt. Trennung von Kirche und Staat bedeutet ja nicht Trennung von Kirche und Leben - das alltägliche Leben richtete sich damals in viel stärkerem Maße nach der Bibel, als wir uns das heute vorstellen können. Nur wollten die Puritaner eben das Recht haben, die bibel so zu interpretieren, wie sie das für richtig hielten - und das bedeutet, sie wollten ihr Leben so leben, wie sie es für richtig hielten. Und da hatte ihnen niemand hineinzupfuschen. Kein England, keine oberste Kirchenautorität, und auch die neugegründete USA nicht. Die hatte nur den Zweck, den neugegründeten Staat nach außen zu verteidigen, damit die innen Ruhe haben. Je weniger sich der Staat in die Belange des Einzelnen einmischt(e), um so glücklicher war und ist der Amerikaner.
Der Glaube ist auch Grund für die scheinbare Herzlosigkeit 8in unseren Augen) der Amerikaner. Wir denken uns ja, wie kann man nur auf die Idee kmmen, keine Sozialleistungen haben zu wollen, man muss doch anderen helfen… Dem Amerikaner widerstrebt das, weil ja jedem sein eigenes Schicksal vorbestimmt ist, insofern muss man da niht so pauschal helfen (ganz abgesehen davon, dass das, wie bereits gesagt, ein Eingriff des Staates in das Leben des Einzelnen ist).
Die Puritaner sind aber keine herzlosen GEsellen. Die von Gott gewollte Ordnung verlangt nicht nur, dass man betet und einen untadeligen Lebenswandel führt und somit Gott dient, sondern, dass man auch einer nützlichen irdischen Beschäftigung nachgeht und somit der Gemeinschaft nützlich ist. Von der Gesellschaft bekommt man ja auch Hilfe. Wenn man denn fleißig und arbeitsam ist und dadurch reich wird, bringt das eine soziale Verantwortung mit sich, daher gibt es in den USA eine Vielzahl an Stiftungen und wohltätigen Organisationen, die sich um alle möglichen Bedürftigen kümmern (das ersetzt den Sozialstaat, wie wir ihn in Deutschland kennen) und nützliche Zwecke fördern - die Puritaner fördern die für sie besonders wichtigen Gebiete Erziehung und Wisenschaft besonders intensiv.
(Stichworte: protestant work ethic, success ethic)
Diese puritanischen Ansichten leben besonders in den amerikanischen Kleinstädten fort, dort, wo auch die Republikaner ihre Wählerschaft rekrutieren. In den Großstädten werden die Ansichten nach und nach verdrängt. Dort ist es nciht anders als sonstwo auf der Welt - es ist nicht so leicht, durch Arbeit Erfolg = materiellen Reichtum zu haben, und das verdirbt einem natürlich den Glauben an Bestimmung. Dort rekrutieren die Demokraten ihre Wähler, und dort ist dann auch die zustimmung für staatliche Gesundheitsfürsorge groß, denn man schafft es ja alleine nicht, und die Bedürftigkeit ist dort auch so häufig, dass die Wohlfahrtsorganisationen nicht hinterherkommen.
Ich habe vor wenigen Wochen einen Artikel im TIME magazine gelesen, es ging um Elternzeit, Mutterschaftsurlaub in den USA. Es schloss sich eine heftige Forumsdiskussion an - unter Amerikanern wohlgemerkt. Die Mehrheit war vehement gegen staatliche Regulierungen hinsichtlich Elternzeit, Elterngeld, Kindergeld. Kinder (und übrigens auch Kranksein) wurden als Luxus betrachtet, den man sich leisten können muss - wenn man das Geld nicht hat (um das Kind aufzuziehen, um den eventuellen Verdienstausfall zu kompensieren), dann kann man eben kein kind haben. Werdende Mütter verweTage im Durchschnitt) darauf, das Kind zu bekomen und sich zu erholen, Wem das nicht reicht, der muss kündigen. Manche bekommen ein paar Tage unbezahlt frei. Es wurde sich leidenschaftlich dagegen gewehrt, Hilfe anzunehmen - man betrachtete es als selbstverständlich, das alleine zu meistern. Um das Kind zu finanzieren, wird da teilweise monate- oder jahrelang vorher in zusatzjobns gearbeitet, um dann später das kind zu finanzieren.
So jetzt höre ich einfach auf, ich hab genug geschrieben
Für die, die noch nicht eingeschlafen sind: zitiert habe ich vieles aus den Handreichungen zur Amerikakunde im Leistunskurs Englisch am Gymnasium. Band 2. Staatsnistitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung. München 1985.
(Vielleicht ist das ja auch aufschlussreich für diejenigen, die gerne Philosophie als eigenes Unterrichtsfach hätten und nicht glauben, dass Philosophie bereits in den Fachunterricht integriert ist)
die Franzi