Wie immer ist das Leben ganz einfach, es ist nur noch niemand drauf gekommen
Jedes Risiko hat seinen Preis, und je mehr ein Auftraggeber versucht die Risiken eines Auftrags auf den Auftragnehmer zu verlagern wird dieser diese Risiken finanziell bewerten, wenn er wirtschaftlich nicht ganz auf den Kopf gefallen ist. D.h. Du kannst den Bau dann für € 500.000,-- bei Übernahme der üblichen Risiken durch den AN haben, oder Du kannst auch € 1.000.000,-- für den Bau zahlen, wenn Du das rundum abgesicherte Sorglospaket haben willst. Und dabei liegt es natürlich in der Natur der Sache, dass ein AG die zu übernehmenden Risiken ganz anders bewertet als all die AN, die er um Angebote gebeten hat. Und so kommt es dann nicht gar so selten vor, dass die Angebote nicht mehr ansatzweise zum veranschlagten Budget passen, und der AG daraufhin dann doch bereit ist das ein oder andere in seinen Augen „überschaubare“ Risiko zu tragen, um zu Angeboten zu kommen, die wieder zum Budget passen. Tja, und wie es der Teufel dann so will, verwirklicht sich dann doch das ein oder andere dieser „überschaubaren“ Risiken mit Beträgen, die dann weit jenseits dessen liegen, was man meinte „ziemlich sicher“ sparen zu können.
Bei der öffentlichen Hand kommt dann natürlich auch noch die Politik mit ins Spiel, die gerade Prestigeobjekte grundsätzlich immer zunächst mal so schön rechnet, dass sie diese durch die entsprechenden Gremien bekommt, und damit dann Fakten schafft, die einen Rücktritt vom Projekt über die Scheiben der Salami dann von Tag zu Tag immer mehr erschwert, und es immer leichter werden lässt auch größere Nachträge dann gegen Ende und bei zunehmend absehbarer Fertigstellung doch noch durchzuboxen.
Dazu kommt dann noch der Zeit- und Kostendruck bei der Planung, die dazu führen, dass nun mal grundsätzlich nicht von vorne herein bis in jedes Detail geplant wird, und man schon beim Baugrund oft eher oberflächlich untersucht, um „schnell loslegen zu können“, statt da lieber noch mal nach zu sondieren, um gewissen unklaren Auffälligkeiten lieber vorab auf den Grund zu gehen.
Und dann schauen wir uns am Ende auch noch so die ein oder andere gesetzliche Regelung zu Nachforderungen an, an denen man auch durch individualvertragliche Regelungen nicht so einfach vorbei kommt. berücksichtigen, dass der Appetit oft beim Essen kommt, … denken daran, dass gerade in der aktuellen Zeit der Markt ein absoluter Anbietermarkt ist, niemand die Entwicklungen durch Corona, Materialverfügbarkeiten und -preise sowie Fachkräftemangel in dem eingetretenen Maße vorher sehen konnte, und überlegen uns gerade im Bereich der öffentlichen Auftraggeber, dass gerade jetzt niemandem damit gedient ist, einen AN in die Pleite schlittern zu lassen, auch wenn die Verträge es ggf. hergeben würden, und dann sehen wir, dass die Welt doch nicht ganz so einfach ist.
Ich verdiene seit einigen Jahren mein Geld im Vertragsmanagement großer Infrastrukturprojekte, mache gerade auch etwas größeren Hochbau, … und erlebe all dies als mein täglich Brot. Es gibt Projekte, die sehr gut aufgesetzt, auf beiden Seiten mit guten Leuten besetzt sind (die einen fairen Umgang miteinander pflegen), und trotzdem ggf. kostentechnisch aus dem Ruder laufen, ohne dass man hierfür jemandem einen persönlichen Vorwurf machen könnte. Und dann gibt es selbstverständlich auch Projekte bei denen von Anfang an alles schief läuft, was schief laufen kann, in denen man das ein oder andere Namensschildchen verteilen kann. Nur führt dieses Verteilen von Namensschildchen dann auch noch lange nicht zwingend dazu, dass man die Dinge ausreichend gerichtsfest hinbekommt, es sich lohnt deshalb jahrelang mit ungewissem Ausgang vor Gericht zu streiten ohne gutes Geld dem schlechten hinterher zu werfen, zumal die Verursachungsbeträge selten nur auf einer Seite alleine liegen. Dazu kommt dann noch, dass solche Verfahren dann oft die Baustellen für Ewigkeiten lahm legen können, was unter dem Strich dann noch teurer werden kann, wenn die Maßnahme dringend benötigt wird, und z.B. in vielen meiner Fälle extreme Summen für jeden Tag einer verspäteten Übergabe in den Betrieb fällig werden. Da heißt es dann oft „Augen zu und durch“