Gibt es im Bairischen weitere Reste des Duals?

Hallo.

Mir ist bekannt, dass „es“ für „ihr“ und „enk“ für „euch“ noch Reste des Duals im Bairischen sind. Jetzt ist mir aufgefallen, dass esin meinem Westmittelbairischen Dialekt (keine genaueren Angaben) drei Varianten für das Wort „zwei“ gibt. „Zwea“ für zwei männliche Sachen, „zwoa“ für zwei weibliche und „zwåa“ für zwei sächliche. Gibts das noch wo anders? Ist das anders als mit dem Dual zu erklären?

Schau dich hier einmal um: http://www.wer-weiss-was.de/app/search/global?search…

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Hallo!

drei Varianten für das Wort „zwei“ gibt. „Zwea“ für
zwei männliche Sachen, „zwoa“ für zwei weibliche und „zwåa“
für zwei sächliche. Gibts das noch wo anders?

In Bezug auf deutsche Dialekte ist mir da nichts geläufig; im internationalen Vergleich ist es aber gar nicht so selten. Sprachen, die noch richtige Deklinationsendungen haben, möglichst noch unterschiedliche Endungen für männlich, weiblich und sächlich Plural, die müssen natürlich auch die Zahlwörter entsprechend konjugieren, und deshalb sollten diese passende Endungen aufweisen. Im Slowakischen gibt es z.B. dva (sächlich oder männlich unbelebt), dvaja (männlich belebt) und dve (weiblich).

Ist das anders
als mit dem Dual zu erklären?

Durchaus. Das grammatische Geschlecht hat ja nichts mit dem Dual zu tun. Um mal beim Slowakischen zu bleiben: Auch bei 3 gibt es eine besondere Form für männliche belebte Wörter (traja statt tri). Im Litauischen richten sich die Zahlen von 1 bis 9 nach dem Geschlecht des nachfolgenden Wortes (es sind halt ganz gewöhnliche Adjektive) - wobei man das bei 2 nur im Nominativ, Akkusativ und Lokativ (Wofall), bei 3 ausschließlich im Lokativ erkennt.
Den Dual bräuchte ich zur Erklärung erst dann, wenn die betreffende Sprache nur im Dual Deklinationsendungen aufwiese, im Plural jedoch nicht. Das trifft aber aufs Deutsche nicht zu, wahrscheinlich nicht einmal auf irgendeine Mundart. Es würde mich somit nicht wundern, wenn auch bei höheren Zahlen in bestimmten Dialekten verschiedene Begriffe für männlich / weiblich / sächlich aufträten.

Liebe Grüße
Immo

Hallo tauruznew

e Maa - zwe Manne - drij Manne / ein Mann - zwei - drei Männer
e Frou - zwo Froue - drij Froue / eine Frau - zwei - drei Frauen
es Ching - zwöi Ching - drü Ching / ein Kind - zwei - drei Kinder

eis - zwöi - drü / eins, zwei, drei

So ist es in mehreren Schweizer Mundarten.

Gruss: Maggie

Hi,

deine Erklärungen mit den Endungen der Zahlwörter sind fast richtig - das einzige was daran falsch ist, ist , dass das nichts mit dem Dual zu tun hat. Die Endungen verändern sich wie bei Adjektiven nach genus (und numerus) des folgenden Substantives. „Männlich“, „weiblich“ und „sächlich“ ist aber Genus. Aber da machst du genau den gleichen Fehler wie der Fragesteller
Numerus ist der Unterschied zwischen Singular, Plural und eben Dual. Die korrekte Reihenfolge wäre Singular (Einzahl), Dual (Zweizahl) und Plural (Vielzahl).

Um die Reste des Duals aufzuspüren, braucht man nicht auf das Slowakische oder auf deutsche Dialekte auszuweichen, da tut es die Hochsprache: beide, der andere, ein Paar (vgl mit Person und Gruppe).

Mit Flexionsendungen kann ich jetzt für das Deutsche nicht dienen, aber für das Russische. Dort haben sich, wie vermutlich bei vielen / allen slawischen Sprachen, Dualformen beim Zählen erhaltn. Die Zahl eins und ihre Zusammensetzungen (21, 31,… 101, 121, … usw)wird vom Nominativ Singular gefolgt, das Zahlwort verhält sich wie ein Adjektiv und kongruiert nach Numerus und Genus: один час, одна ваза, одно окно, одни вопросы (= nur Fragen). Fast genau wie im Deutschen: ein MAnn, eine Frau, ein Kind.Dann wird es allerdings lustig: nach den Zahlen 2-4 und ihren Zusammensetzungen folgt der Genitiv Singular (три часа, три вазы, три окна), nach 5-20 und dann den Zusammensetzungen von 5-0 der Genitiv Plural (пять часов, пять ваз, пять окон). Das, was wir heute an dieser Stelle als Genitiv Singular interpretieren, war ehemals ein Dual.

Die Franzi

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Hallo Franzi!

deine Erklärungen mit den Endungen der Zahlwörter sind fast
richtig

Danke für das Lob.

das einzige was daran falsch ist, ist , dass das
nichts mit dem Dual zu tun hat…
Aber da machst du genau den gleichen Fehler wie der Fragesteller.

Danke auch für die Ergänzung. Ich bin mir zwar nicht bewusst (auch nach erneutem Durchlesen meines Beitrages), an irgendeiner Stelle behauptet zu haben, die Genusendungen seien Dualendungen - vielmehr schrieb ich:

möglichst noch unterschiedliche Endungen für männlich,
weiblich und sächlich Plural, die müssen natürlich auch die
Zahlwörter entsprechend konjugieren

Ist das anders
als mit dem Dual zu erklären?

Durchaus. Das grammatische Geschlecht hat ja nichts mit dem
Dual zu tun.

Den Dual bräuchte ich zur Erklärung erst dann, wenn die
betreffende Sprache nur im Dual Deklinationsendungen aufwiese,
im Plural jedoch nicht. Das trifft aber aufs Deutsche nicht
zu, wahrscheinlich nicht einmal auf irgendeine Mundart.

Aber wenn Du das anders gelesen hast, dann ist es natürlich möglich, dass mich auch der Fragesteller missverstand. Deshalb danke ich Dir auch für die nochmalige Betonung des Unterschiedes.

Um die Reste des Duals aufzuspüren, braucht man nicht auf das
Slowakische oder auf deutsche Dialekte auszuweichen, da tut es
die Hochsprache: beide, der andere, ein Paar (vgl mit Person
und Gruppe).

Bei „beide“ gebe ich Dir recht, denn der entsprechende Plural lautet „alle“ (den man tatsächlich in der Hochsprache für die Zweizahl nicht gut verwenden kann, man sagte denn „alle beide“), insofern manifestiert sich hier eine Unterscheidung zwischen Dual und Plural.
Der „andere“ ist nur eine gewöhnliche unregelmäßige Ordnungszahl in der Reihe „der erste, der andere, der dritte“ (erst ab dem „vierten“ werden die Ordnungszahlen regulär gebildet). „Der andere“ erfuhr dann eine Bedeutungsverschiebung, für die ursprüngliche Bedeutung sprang das regelmäßig gebildete „der zweite“ ein. (Auf Litauisch heißt „der zweite“ „añtras“, ich weiß nicht, ob das wirklich mit dem „anderen“ verwandt ist, aber möglich wär’s ja.)
Für das „Paar“ greift die Erklärung mit dem Dual auch nicht, denn hierzu gibt es evtl. noch den Singular „der einzelne“, jedoch keine Pluralform. Es ist kein grammatisches, sondern lediglich ein semantisches Phänomen, man könnte (und Mathematiker tun dies ja) problemlos mit den Begriffen „Tripel, Quadrupel, Quintupel, Sextupel …“ die Reihe fortführen, ohne dafür einen „Trial“ (den gibt’s wirklich), „Quartal“ (könnte es geben), „Quintal, Sextal …“ (die hab ich mir ausgedacht) annehmen zu müssen.

Mit Flexionsendungen kann ich jetzt für das Deutsche nicht
dienen, aber für das Russische …

Danke noch einmal für dieses Beispiel. Es ist mir aus dem Russischunterricht bekannt, mir fiel es nur nicht ein, als ich meinen Beitrag schrieb. Eine wirklich hervorragende Ergänzung!

Liebe Grüße
Immo

Hi,

naja eigentlich hätte mein Beitrag nicht als Antwort auf deinen, sondern als Antwort auf die ursprüngliche Frage gehört, hab ich erst mittendrin gemerkt und war zu faul, neu anzufangen.

Das Paar ist sehr wohl Dual, vgl http://de.wikipedia.org/wiki/Dual_(Grammatik)

Und auch die Grammatik findet unterschlupf in der Semantik. Präpositionen sind sogar eine ganze Wortklasse, die frei von lexikalischer Bedeutung sind und nur grammatische Bedeutung ausdrücken. In ermangelung einer besseren Wuelle hier http://de.wikipedia.org/wiki/Semantik und http://www.uni-potsdam.de/u/slavistik/vc/rlmprcht/ei… auch http://www.uni-potsdam.de/u/slavistik/vc/rlmprcht/ei… sowie http://www.menge.net/glossar.html#alphb

Für mich ist „anderer“ eben keine unregelmäßige Ordnungszahl. Von „dem anderen“ kann ich nur dann sprechen, wenn ich zwei hab. nicht wenn ich drei oder mehr hab. Das Gleiche gilt für die Alternative. DAvon gibt es strenggenommen auch nicht mehrere - nur eine, eben die alternative zum Status Quo.

Die Franzi

Hallo Franzi!

Das Paar ist sehr wohl Dual, vgl
http://de.wikipedia.org/wiki/Dual_%28Grammatik%29

Ich kann Deinem Link nirgends entnehmen, weshalb der Begriff „Paar“ auf einen Dual hindeuten sollte. Dort steht nur, dass der Dual in vielen Sprachen als Relikt für paarige Dinge, insbesondere Körperteile, zu finden sei.
Wenn ich sage, dass das Wort „Paar“ auf einen Dual hindeutet, müsste ich auch „paar“ als Paukal interpretieren. Aber weshalb sollte ich das tun?

Und auch die Grammatik findet unterschlupf in der Semantik.

Das glaub ich Dir auch ohne Links. Ich frage mich nur, wann ich einen grammatischen Terminus verwenden sollte. Wenn ich z.B. im Ungarischen Vokabeln für „Mann“ und „Frau“, für „Junge“ und „Mädchen“ vorfinde, heißt das noch lange nicht, dass ich dort ein (grammatisches) Genus beobachten kann. Verstehst Du, was ich meine? Oder hinkt der Vergleich irgendwo, wo es mir nicht auffällt?

Für mich ist „anderer“ eben keine unregelmäßige Ordnungszahl.
Von „dem anderen“ kann ich nur dann sprechen, wenn ich zwei
hab. nicht wenn ich drei oder mehr hab.

Aber das wurde früher durchaus gemacht. Die einzige Quelle, die ich auf die Schnelle fand, ist diese hier:
http://www.textlog.de/38525.html.
Mir ist eine Aufzählung nach dem Bauplan: „Der erste hieß Peter, der andre Paul, der dritte aber Hans“ schon des öfteren begegnet, insbesondere in Volksmärchen, alten Volksliedern und sogar in Übersetzungen alter Volkslieder aus anderen Sprachen.

Liebe Grüße
Immo

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Hi,

die Information Numerus (und damit Dual) gehört zur grammatischen Bedeutung. Grammatische Bedeutung kann syntaktischer oder nominativer Natur sein. Syntaktische Bedeutungen beschreiben die Fähigkeit eines Wortes, mit anderen Wörtern syntaktische Verbindungen einzugehen. „Schöne Mädchen“ - dass das Adjektiv hier im Plural steht, ist eine syntaktische grammatische Bedeutung, denn das Adjektiv steht nur im Plural, weil das folgende Substantiv, zu dem es gehört, auch im Plural steht. Die Information, dass „Mädchen“ in dem Beispiel Plural ist, ist eine nominative grammatische Bedeutung - sie wird durch die außersprachliche Realität bestimmt. In der Wortgruppe „12 Mädchen“ ist der Plural syntaktisch, denn er wird durch die Zahl 12 ausgelöst. (Lehfeldt, Werner,Einführung in die Sprachwissenschaft für Slavisten. in: Slavistische Beiträge. Verlag Otto Sagner, München 1995; Bußmann, Hadumoud, Lexikon der Sprachwissenschaft. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1990)
Ich bin der Meinung, dass diese Information nicht unbedingt durch ein grammatisches Morphem ausgedrückt werden muss, denn auch das Wort „beide“ ist ja ein eigenständiges Lexem mit lexikalischer und grammatischer Bedeutung (im Unterschied zu Pronomen, die nur grammatische Bedeutung aufweisen).Man könnte hier die Diskussion anfangen, ob nun unser DEnken die Sprache formt oder die Sprache das Denken. Je nach Ansatz haben wir besondere Worte für Zweiergruppen und Zweierbeziehungen, weil für uns eben 2 nicht mehrere sind, oder wir betrachten 2 noch als etwas separates, weil die Erinnerung an diese alte grammatische Form immer noch existiert - such es dir aus.
Und diese Zweierbeziehung ist nicht nur in ös, enk, beide enthalten, sondern auch in Paar (man beachte, dass dasein eigenes Wort ist und kein Kompositum oder eine Ableitung wie Dreiergruppe, Quartett,…) und eben andere / alter.
Korrekt verwendet (und der Volksmund verwendet nicht immer korrekt) teilt nämlich das Wort anderer die Welt in den, über den man spricht, undden REst. Zwei Gruppen. Andernorts - hier vs. der Rest der Welt. Usw. usf.
Dein Beispiel mit dem Ungarischen verstehe ich zugegebenermaßen gar nicht, weil ich kein Wort Ungarisch spreche. Soweit ich es beurteilen kann, hat das Ungarische keinen Genus. Was Du in Deinem beispiel aber verwechselst, sind grammatisches Genus und natürliches Genus. Die beiden haben nichts miteinander zu tun, auch wenn Legionen von Feministinnen das Gegenteil behaupten und auf einer Salzstreuerin bestehen :smile:
Das Problem (oder Nichtproblem) beim Numerus ist, dass er eben sehr wohl etwas mit der Realität zu tun hat und ich daher Paarigkeit lexikalisch ausdrücken kann, selbst wenn mir die Mäöglichkeit, das grammatisch zu tun, verlorengegangen ist. Paarigkeit ist etwas, das uns an vielen Punkten im Leben begegnet und daher als natürlich empfunden wird, als etwas, das eben zwischen Singularität und Pluralität gelegen ist. Wir haben zwei Augen, Ohren, Arme, Beine, Hände, Füße, … wir verlieben uns und bilden Pärchen.

die Franzi

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Hi Franzi!

die Information Numerus (und damit Dual) gehört zur
grammatischen Bedeutung. (…)
Ich bin der Meinung, dass diese Information nicht unbedingt
durch ein grammatisches Morphem ausgedrückt werden muss, denn
auch das Wort „beide“ ist ja ein eigenständiges Lexem mit
lexikalischer und grammatischer Bedeutung

Dem stimme ich zu. Ich hatte ja von Anfang an kein Problem damit, dass „beide“ die grammatische Bedeutung des Duals trägt.

Und diese Zweierbeziehung ist nicht nur in ös, enk, beide
enthalten, sondern auch in Paar (man beachte, dass dasein
eigenes Wort ist und kein Kompositum oder eine Ableitung wie
Dreiergruppe, Quartett,…) und eben andere / alter.

Mithin hast Du mich davon überzeugt, dass die Deutsche Sprache reich an Lexemen ist, welche eine Zweiheit oder eine Unterteilung in zwei Kategorie ausdrücken. Das könnte ein Anzeichen für die Existenz des Konzepts Dual sein.

Was Du in Deinem [ungarischen] Beispiel aber verwechselst,
sind grammatisches Genus und natürliches Genus.

Du hast tatsächlich die Stelle gefunden, an der mein Vergleich hinkt! Dafür gibt’s ein Sternchen.

Allerdings habe ich dann doch noch zwei Einwände, die Du evtl. ausräumen kannst:
Du schriebst weiter oben, Pronomen trügen ausschließlich grammatische Information. Wenn ich also im Englischen zwischen he, she und it unterscheide, so finde ich dort drei Genera. Hier stimmt aber das grammatische Genus mit dem natürlichen Genus überein, wie überhaupt in allen Sprachen, die ein Genus nur bei Pronomen unterscheiden. Insofern kann das grammatische Genus durchaus einen Bezug zur Realität haben, nur in einigen Sprachen ist dieser nicht (mehr?) vorhanden.

Andererseits kann auch die Beziehung zwischen natürlichem und grammatischem Dual nicht erkennbar sein: Im Hebräischen gibt es bei wenigen Wörtern die Unterscheidung zwischen Dual und Plural, z.B. mea = 100, matajim = 200, shalosh meot = 300; oder paam ahat = einmal, paamajim = zweimal, shalosh p’amim = dreimal. Es gab (zumindest seit Verschriftlichung des Hebräischen) nie für alle Wörter eine Dualform.
Bei Körperteilen wie Armen oder Beinen gibt es allerdings nur die Unterscheidung zwischen Singular und Dual (mit der typischen Endung -ajim, z.B. regel = Bein, raglajim = Beine), wobei der Dual auch für mehr als zwei verwendet wird, z.B. l’kelev yesh arba raglajim = ein Hund hat vier Beine.

Hier sieht man sehr schön den Unterschied zwischen grammatischem und natürlichem Dual. Deshalb kann man m.E. nicht behaupten, Lexeme, die einen natürlichen Dual bezeichnen, kodierten einen grammatischen Dual – Ebensowenig, wie Lexeme für natürliche Genera (Mann, Frau) ein grammatisches Genus kodieren müssen.

Liebe Grüße
Immo

Durchaus OT
Servus Franzi,

wie ist das, wenn Deine SchülerInnen nach der Stunde in die Pause gehen? Wahrscheinlich lächeln alle, aber einige müssen getragen werden, oder?

So, und jetzt druck’ ich mir Deinen Beitrag aus und les’ ihn auf der Terrasse noch einmal :wink:

Gruß

Kai

Hi,

Das könnte ein Anzeichen für die Existenz des Konzepts Dual sein.

Das Deutsche hat keinen Dual. Alles, worüber wir hier diskutieren, sind REste. So wie wir Saurierknochen finden - das heißt ja nur, dass es mal welche gab. Sie sid trotzdem ausgestorben.

Die Genera im Englischen. Genus ist und bleibt eine grammatische Kategorie. Punkt. GEnus in den indogermanischen Sprachen funktioniert auf zwei Arten und Weisen: grammatisch und natürlich.
Das moderne Englische hat natürliches Genus. Das heißt, das Genus eines Substantives widerspiegelt die REalität, widerspiegelt das natürliche GEschlecht. Nur Dinge, die leben, können männlich oder weiblich sein, und auch dann nur, wenn die Natur diese Unterscheidung vorsieht. Strenggenommen ist es sogar so, dass selbst Tiere (und Pflanzen erst recht) „it“ sind, solange man keine persönliche Beziehung zu ihnen aufgebaut hat oder deutlich machen will, dass es sich um ein WEibchen / Männchen handelt. Schiffe, Autos und Flugzeuge werden oft personifiziert und dann mit „she“ ersetzt, aber das widerspiegelt die besondere persönliche Beziehung der Besatzung zu (und Abhängigkeit von) dem Verkehrsmittel. Mit Ländern geht es auch. Aber dann wird das Schiuff, Land, … eben nicht mehr ls Ding gesehen, sondern als Person. Die Flexion im Englischen ist so gut wie ausgestorben, auf jeden Fall was die Widerspiegelung des Genus in Flexionsformen angeht. Daher kann man über die Verwendung von Pronomina hinaus nichts sagen - weil es einfach nichts gibt.
Im Altenglischen war das noch anders, das hatte, wie das moderne Hochdeutsch, ein grammatisches Genus. Grammatisches Genus hat nichts mit der Realität zu tun. Ein Tisch ist auch dann „der Tisch“ und „er“, wenn er geschwungene Beinchen hat, rosa gestrichen und mit Blattgold verziert ist. Die Eiche ist immer weibllich, auch wenn sie noch so stark ist und schon so vielen Stürmen getrotzt hat. Es heißt der Mann und das Weib (hier fällt das grammatische GEnus mit dem natürlichen Geschlecht zusammen), aber das Männchen und das Weibchen - Bezeichnungen für die geschlechtsreifen Vertreter vieler Tierarten.

Inwieweit des grammatische Genus etwas mit dem natürlichen Geschlecht zu tun hat - das ist ein Fall für die historische Sprachwissenschaft. Mein Bußmann (Es heißt DER Bußmann, obwohl Hadumod Bußmann eine Frau ist und ich DAS Buch auch DAS Lexikon nennen könnte) - also mein Bußmann sagt, das gemeinhin behauptet wird, dass das grammatische GEnus auf das natürliche Geschlecht zurückgeht, dass diese Behauptung aber nicht unumstritten ist. Am Ende des Artikels zu Genus ist eine Reihe von weiterführender Literatur zitiert, wo man einiges detaillierter nachlesen kann.

Um nun zum Dual zurückzukehren - der Dual ist natürlich. Es gibt keinen grammatischen Dual. Wenn von Dual gesprochen wird, so ist von einer gramatischen Kategorie die Rede, die eine wirkliche Doppelung oder Paarigkeit widerspiegelt (im Unterschied zum grammatischen Genusmerkmal „maskulinum“ von „der Tisch“). So sagte es auch der Wikipediaartikel, den ich dir vorher verlinkt habe. Das ist die Bedeutung des Dual, die durch bestimmte grammatische Formen eines Wortes ausgedrückt wird. Der Unterschied: das grammatischen Genus des Deutschen hat nichts mit der REalität zu tun (der Tisch etc.), deswegen heißt es grammatisches Genus - das GEnus existiert nur in der Grammatik der Sprache; der Dual hat sehr wohl etwas mit der Realität zu tun - raglajim ist ein Beinpaar. Von einer Verwendung des Dual in Situationen, in denen etwas nicht-paariges beschrieben wird, weiß ich nichts, insofern ergibt es keinen Sinn, von einem grammatischen Dual zu sprechen. Die Beispiele aus dem Russischen stellen Relikte dar, die jedem Russen, sofern er sich überhaupt GEdanken über seine Sprache macht, als Gen. Sing. erscheinen, und so wird es den Lernern auch beigebracht.

Ich spreche auch kein Hebräisch, habe es jetzt aber mal nachgeschlagen. laut http://www.milon.li/Hebraeische_Grammatik.html gibt es eine Dualform für ein paar, die selbe Endung wird aber auch für zwei, drei, vier, etc. verwendet. Also bekommt das Wort für Auge die Dualendung, wenn man von den zwei augen der Liebsten spricht, aber auch, wenn man von den vier Augen des verliebten Paares spricht. Und „die Beine von dolores“ haben die gleiche Endung wie „die Beine ihres Lieblingsdackels“ - Hauptsache, es ist paarig, dann gibts den Dual, egal, wie viele Paare man vor sich hat. Ich vermute mal, wenn berichtet wird, dass im Kühlhauss des Metzgers soundso viel Schweinshaxen rumliegen, dann wird da der normale Plural verwendet.

Die Franzi
PS: Studierst du nicht germanistik, oder irre ich mich da?

Hi,

so viel hab ich doch gar nciht geschrieben … aber wenn ich hier zum Beweis grundlegender grammatischer angelegenheiten aufgefordert werde…

Die Franzi

Hi Franzi,

jetzt habe ich verstanden, dass mein Vergleich wirklich hinkt. Einmal muss ich dann aber doch noch nachfragen: Du meinst also, dass die Existenz von Wörtern wie „Paar“ ein Hinweis darauf ist, dass es im Deutschen mal einen Dual gab? Mein Problem damit ist das folgende:
Du hättest mich jetzt schon vollkommen überzeugt, dass „Paar“ oder „beide“ die grammatische Information „Dual“ tragen, so wie die Personalpronomen „er“, „sie“ und „es“ die Information „Genus“ tragen. Aber dann wäre das auch heute noch so, nicht nur der Rest eines ehemaligen Duals.
Wenn ich nach Resten des Duals suche, erwarte ich Morpheme oder zumindest Gruppen von Lexemen, die sich in ihrer Bedeutung nur durch den Numerus unterscheiden (so wie „beide“ und „alle“ - Dual bzw. Plural). Bei dem Wort „Paar“ fallen mir aber keine Entsprechungen ein.
Oder meintest Du (dann hätte ich Dich jetzt wirklich verstanden und könnte Deine These sogar gut nachvollziehen), dass die Existenz „paariger“ Wörter nahelegt, dass andere Wörter, welche davon in Numerus kongruent abhängen, eine eigene Form (nämlich den Dual) für diesen syntaktischen Zusammenhang bereitstellten?

PS: Studierst du nicht germanistik, oder irre ich mich da?

Nein, ich studiere nicht Germanistik: Im Moment bin ich Doktorand in der Mathematik, habe Lehramt für Mathe/Musik/Physik am Gymnasium studiert. Aber ich interessiere mich sehr für vergleichende Sprachwissenschaft, und dazu gehört auch, dass ich mich zuweilen mit einzelnen Sprachfamilien, Sprachbünden oder sogar einzelnen Sprachen beschäftige.

Liebe Grüße
Immo

P.S. Ich glaube, diese unsere Diskussion wäre weitaus interessanter und konstruktiver, wenn wir sie mündlich führen könnten, oder wenigstens im Chat. Aber vielleicht ist sie ja auch gleich zu Ende, denn wenn ich Dich jetzt richtig verstanden habe, ist ja alles geklärt.

Hi,

ich weiß nicht, woher im Deutschen diese Reste des Dual stammen. Ich habe nicht Germanistik studiert, kann nur vermuten, dass bis zurück in die germanischen Sprachen kein Dual vorhanden war. Altenglisch hatte ich, das kennt keinen Dual. Ich würde eher so früh wie Indoeuropäisch suchen.
Des weiteren kann ich nur dann von einer Sprache sagen, dass sie eine grammatische Kategorie besitzt, wenn diese Kategorie systematisch vorhanden ist. So wie es mit dem Genus im Deutschen ist: Substantive lassen sich alle hinsichtlich ihres Genus bestimmen, es gibt keine Substantive ohne Genus. er dual ist deswegen ein Rest, weil eben nicht jedes Substantiv den Dual ausdrücken kann (ein Bein, zwei Beine, drei Beine, … ein Arm, zwei Arme, drei Arme,… eine Pflanze, zwei Pflanzen, drei Planzen) und es auch keine Personalpronomen 1., 2. und 3. Person Dual gibt (wir zwei, ihr zwei, sie zwei).

Bei dem Wort „Paar“ fallen mir aber keine Entsprechungen ein.

Einzelner - Paar - Gruppe.

Oder meintest Du […], dass die Existenz „paariger“ Wörter nahelegt, dass andere Wörter, welche davon in Numerus kongruent abhängen, eine eigene Form […] für diesen syntaktischen Zusammenhang bereitstellten?

Wenn der Dual im Deutschen noch produktiv wäre (wie es Genus sowie die anderen Numeruskaegorien Pural und Singular sind), dann gäbe es das. Dann hätten wir nicht nur ein schönes Pferd und drei schöne Pferde, sondern auch eine eigene adjektivendung für zwei schöne Pferde (und einen Dual für Pferd in letzterem Fall´
Aber das Deutsche hat eben keinen Dual mehr.

Ih habe nach dem Studienfach gefragt, weil ich noch wußte, dass du Lehramt studierst. Ich glaubte aber, du würdest Deutsch studieren, und habe mich gewundert, das du die Fahbegriffe so durcheinanderhaust. Aber als Mathematiker darfst du das :smile:

Die Franzi

oT: sprachwissenschaftliche Fachbegriffe
Hi Franzi,

jetzt weiß ich auch, wie Du es meinst.

Die Begriffe in dieser Ausführlichkeit zu erklären brauchst Du wahrlich nicht, wie gesagt, ich beschäftige mich ausgiebig mit Sprachwissenschaft, da kenne ich so ziemlich jedes morphosyntaktische Phänomen.
Was ich nicht nachvollziehen kann, ist, dass ich angeblich Fachbegriffe durcheinanderhaue. (Das darf ich als Mathematiker noch weniger als als Germanist, weil bei uns Definitionen sehr ernst genommen werden.) Ich wüsste wirklich nicht, wo mir das unterlaufen sein sollte. Wenn Du mich auf eine Stelle hinweist, dann kann ich Besserung geloben; aber das einzige, was mir einfällt, ist, dass Du einmal geschrieben hattest, ich verwechselte Genus und Numerus - wo ich doch nur einen Vergleich zog. Vielleicht noch die Sache mit natürlichem und grammatischem Geschlecht, die ich auch nie in einen Topf geworfen habe, sondern nur angeführt, dass diese in manchen Sprachen übereinstimmen können.
Vielleicht habe ich mich irgendwo auch einfach missverständlich ausgedrückt; auch dann bitte ich um einen Hinweis.

Ich meine das nicht so böse, wie es vielleicht klingt (was mir jetzt beim Durchlesen negativ auffällt, mir aber zu beheben nicht möglich erscheint). Ich will nur meine Fehler nachvollziehen können.

Liebe Grüße
Immo

Hi,

Fachbegriffe durcheinanderhauen ist vielleicht nicht ganz der treffende Begriff - aber man merkt, dass du aus einem anderen Fachbereich kommst und dir die Sprachwissenschaft „nur“ angelesen hast. Daher die mangelnde Trennschärfe zwischen Numerus und Genus und zwischen Welt und Sprache (Geschlecht vs. Genus)
Hätte ich gewußt, dass Du Mathematiker bist, dann hätte ich die Diskussion um den Zeichenbegriff aufgebaut und Dir was von Abbildung von Realität, Begriffen und Beziehungen erzählt.
Du erkennst ja auch den Unterschied zwischen Definition, die du von einem Schüler bekommst, von einem Mitstudenten oder von einem Professor. Ist ja nichts schlimmes dabei. Ich höre bei dir halt den Laien heraus, und das war für mich seltsam, weil ich einen Germanisten kurz vor dem Staatsexamen vor mir zu haben glaubte. Der hätte auch gewußt, dass das Deutsche keinen Dual hat.

Nichts für ungut,

Die Franzi

Grüß euch!

Da wo ich herkomme (Ostösterreich - Gegend um den Neusiedlersee) wird das, hauptsächlich von älteren Leuten, recht ähnlich gehandhabt.

da heißt es folgendermaßen:

zwey Meynna - zwei Männer
zwou Weiwa - zwei Frauen(bzw. Weiber)
zwoa Kina - zwei Kinder

Grüße aus dem Burgenland.

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