Gibt es noch wirklich unabhängige Berichterstattung?

Gibt es nicht, gab es nie und wird es niemals geben.

Ich weiß nicht mehr welchen Medien man noch trauen kann.
Schließlich vertreten eigentlich alle große Zeitungen, Fernsehsender oder Ähnliches die Interessen einer Partei bzw politischen Richtung. Und selbst wenn man darüber hinweg sieht, unterscheiden sich Berichterstattung über den gleichen Konflikt doch sehr stark im internationalen Vergleich.

Gibt es noch tatsächlich unabhängige Berichte, also welche wo „objektiv und kalt“ berichten wird, ohne dabei zu werten oder schlimmer noch Tatsachen zu verdrehen?

Hallo

Solange Menschen in Medien, die Menschen gehören, publizieren wird es „objektive und kalte“ Berichterstattung in den Medien nicht geben können - Menschen sind emotionale Wesen, jeder Journalist bringt (dort wo es diesen Spielraum gibt, also bei nackten Zahlen) auch immer ein Stück weit sich selber rein.
Ich denke aber, die Medien müssen heutzutage sogar wahrheitsgetreuer berichten, als früher - denn plumpe Falschmeldungen und offensichtliche Propaganda werden im Zeitalter der schnellen Kommunikation zumindest bei uns sofort enttarnt.

Am ehesten könnten nackte, unbearbeitete Agenturmeldungen deinem Wunsch entsprechen, aber das ist nur das Gerüst, für das Fleisch am Knochen sorgt die Berichterstattung, die nach Hintergründen fragt und diverse Facetten ausleuchtet - es gibt eben fast nie ein klares „es ist so, weil…“ oder ein „man muss das so und so machen, damit…“ - zu komplex ist Politik und Wirtschaft.

Interessant finde ich, dass die Berichterstattung, die man für neutral hält in der Regel diejenige ist, die seiner Weltanschauung am meisten entspricht - alles anderen empfindet man als politisch gefärbt oder empfindet es gar als gelogen.

Solltest du also ein Medium finden, dass du für neutral hältst, wird jemand anders es als stark tendenziös empfinden.

Wer umfassend informiert sein will, muss viel Zeit mit verschiedenen Medien verbringen.

Gruss, Sama

Hallo,
Wenn man von Objektivität spricht, dann gerät man schnell in eine philosophische und wissenschaftstheoretische Diskussion. Generell würde ich mich auch dafür aussprechen, dass es eine endgültige Wahrheit oder Objektivität einfach nicht gibt (Münchausen-Trilemma, Hans Albert). Allerdings verstehe ich unter journalistischer Objektivität etwas ganz anderes. Nämlich, dass zu einer Thematik oder einem Problem möglichst viele unterschiedliche Positionen bzw. Erklärungen, Gleichwertig dargestellt werden. Meinungsvielfalt nennt man sowas. Wird von den Medien 90% der Zeit dazu genutzt Position A darzustellen, und nur zu 10% für Position B, C und D, dann kann man hier durchaus von einer verzerrten Darstellung sprechen. Natürlich führen zu viele Meinungen zur Überforderung des Medien-Konsumenten. Das ist wohl der Hauptgrund (neben Interessenkonflikten) dafür, das Medienvertreter ein Vorselektion von Informationen und Meinungen treffen. Dabei besteht aber die Gefahr einer einseitigen Berichterstattung.
Aktuell ist die Griechenland/Euro- Krise ein exzellentes Beispiel dafür, wie Meinungsvielfalt in einem Staat (Trotz rechtlich verankerter Meinungsfreiheit) dennoch verloren gehen kann. Vergleicht man die deutsche Berichterstattung, mit der Internationalen Berichterstattung und der akademischen Diskussion zu diesem Thema, so kann man klare Unterschiede erkennen. Positionen die aktuell in der Internationalen Berichterstattung und in den Wirtschaftswissenschaften einen relativ hohen „Zitierungsgrad“ aufweisen, werden in der deutschen Medienlandschaft nahezu komplett weggelassen… Was die Ursachen hierfür sind? naja, das ist ein anderes Thema…

Jedes Magazin und jeder Fernsehsender oder auch Radiosender finanzieren sich durch Werbung und andere Gelder. Um möglichst viele Zuhörer oder Zuschauer zu bekommen werden alle Informationen mundgerecht aufgearbeitet. Wenn Du wirklich sachliche Quellen und Nachrichten suchst wird es schwer, denn jeder verfolgt immer ein gewisses Interesse.

Jede Nachricht wird zumindest von dem verfälscht, der sie verbreitet. Jeder hat seine subjektive Ansicht zu etwas und sieht zb Vorteile, wo jemand anderes Nachteile sieht. Von daher gilt auch immer zu sagen „ich sehe es so:“.
Man kann im Grunde gar nichts für die ganze Wahrheit nehmen und wenn dich etwas besonders interessiert, hör dir immer beide Seiten und viele verschiedene Meinungen und Informationen an. So machst du dir dann ein Gesamtbild.

Hallo,

du erweckst mit deiner Antwort aber den Eindruck, dass ein objektive Berichterstattung möglich wäre, wenn man Werbung oder Sponsoring verzichten würde.

Ich behaupte aber mal, dass es keine objektive Berichterstattung gibt. Objektivität ist ein nicht erreichbares Ideal, jede Betrachtung, jede Berichterstattung ist subjektiv.

Grüße
Siboniwe

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Hallo,

bspw. ein OSZE-Bericht (ist ja ein Printmedium) ist sehr objektiv und kalt. Er ist lediglich kein Massenmedium.

Gruß
vdmaster

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Nein, so zu denken ist naiv. Es gibt viele Beweggründe, warum jemand nicht objektiv ist / nicht objektiv sein kann. Geld ist nur eines davon (abgesehen davon: wenn keinerlei Geld fließt, von was finanziert sich dann der Schreiber und die Veröffentlichung? - man könnte durchaus der Meinung sein, dass eine Veröffentlichung, die keine Einkünfte aus Werbung hat (unterschiedliche Werbung), durchaus eher beeinflussbar durch Geld oder anderes ist).

Ein Beispiel, das vielleicht weit weg ist von deinen derzeiten Gedanken: die Wahrnehmung des Tores zum 3:2, England gegen Deutschland, bei der Fussballmeisterschaft in Wimbledon. Wenn ich mir die Aufnahmen ansehe, sehe ich, dass der Ball nicht drin gewesen ist. Die meisten Deutschen stimmen mit mir überein, eigentlich kenne ich keinen, der das anders sieht. Aber ich habe mit vielen Engländern zusammen darüber geredet, mit ihnen die Filmaufnahmen angesehen, und die sehen den Ball tatsächlich drin, das Tor 3:2 als richtig gegeben.

Es gibt wohl, laut Wikipedia, eine Untersuchung, die erst 2006 veröffentlicht wurde, die bestätigt, dass es kein Tor war. Aber glaube wirklich, dass die meisten Engländer den Ball drin sahen, auch bei Wiederholungen drin sahen, und viele, die das heute noch tun. Ich glaube, dass es ihnen unmöglich ist, den Ball nicht drin zu sehen.

Grüße
Siboniwe

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Nur handelt er in jedem Fall aus einer gewissen Motivation heraus, mit einem Erfahrungshorizont, er hat eine Biographie, er kann nur einem Ausschnitt des Ganzen wahrnehmen, und schon ist es mit der Objektivität wieder Essig…

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Was Armin unten schon schrub: das hat es noch nie gegeben.

(nur ums ganz deutlich nochmal zu sagen)

Grüße
Siboniwe

Hallo,
nimm die subjektiven Berichte und bilde Dir selbst eine Meinung. Zu Zeiten des kalten Krieges gab es auf Kurzwelle lokal gefaerbte Berichte aus Kanada, Prag, Schweiz, Schweden, Ungarn, Russland. Hast Du alle gehoert, konntest Du FUER DICH eine Meinung bilden.
Gruss Helmut

Hm, da hast Du einen guten Punkt. Ich stelle aber jetzt mal voran, das nicht-objektivität ein Resultat von Geldgier ist. Daraus folgere ich, wenn Berichterstattung ohne Vergütung und Gewinn geschehe, dann ist der Nutzen daraus wahrscheinlich nur der Objektivität wegen. Wenn also ein Reporter über einen Bürgerkrieg berichtet und nichts dafür bekommt, ihm auch der Ruhm der Berichterstattung nichts bedeutet und er es trotzdem macht, auf eigene Kosten und nichts dafür zurückbekommt, dann nenne ich das schon objektive Berichterstattung.

Aber es ist doch eine andere Berichterstattung, wenn er es aus sich heraus macht mit dem Gedanken auf gewisse Umstände aufmerksam zu machen, als wenn er dafür von irgendjemand Geld bekommen würde um eine politische Ansicht zu stärken.
Ich finde es immer noch objektiv, auch wenn er nur einen Ausschnitt wahrnimmt, er ist jedenfalls ohne Bezahlung weniger voreingenommen. Oder nicht?

Wenn jemand etwas tut, um auf gewisse Umstände aufmerksam zu machen, dann ist das das Subjektivste überhaupt. Er hält dies und jenes für lobens- oder tadelnswert und will es darstellen, tut es dann auch in seinem Sinne. Von Objektivität kann da keine Rede sein. Gibt für alles zwei Seiten. In Nigeria sagt die Zivilbevölkerung: „Boko Haram ist eine Bande wahnsinniger Killer, bloß weg von hier!“ Ein Angehöriger von Boko Haram sagt: „Wir sind berufen, Allahs Werk zu tun und die Ungläubigen und Lauen zur Hölle zur schicken, Gott will es!“ Beide Perspektiven sind von ihrem Standpunkt her vollkommen legitim… Wenn jemand darüber berichtet: will und soll er sich dann auf eine Seite stellen? Kann er vermeiden es zu tun?

Hallo!

Bin auch der Meinung, dass es dies nicht gibt - und nie gab! Allein die Tatsache, dass NIE alle Informationen vorliegen, um eine wirklich neutrale Version zu schreiben, belegt doch, dass dies nicht möglich ist.

Gruß
Falke

Wo kann man diesen erwerben? @vdmaster

Hallo,

Du unterliegst offenbar dem Irrtum, dass es sich bei der OSZE um eine Art Verlag handelt. Die OSZE ist ein von vielen Staaten unterhaltene Organisation, die einige Missionen durchführt. Bspw. die „Special Monitoring Mission to Ukraine“, eine Beobachtungsmission.

Sie veröffentlicht im Falle der Ukraine Tagesberichte online. Einige weitere Publikationen. Es ist aber kein Printmedium wie von mir behauptet.

Gruß
vdmaster

Ok, danke für den Tipp und Link… ist auf jeden Fall mal einen Blick drauf wert!