Gibt es "psychisch nachhaltige" Unternehmen

Guten Morgen!

zweifellos ist es legitim, von Angestellten Leistung zu erwarten.

Man hört (und erlebt) viel bzgl. versch. Formen von Druck, mit dem Ziel,
den Umsatz zu maximieren, mehr aus den MA herauszuholen, Karrieren
zu machen, jedoch wenig (überzeugendes), um auch längerfristig die
(psychische) Gesundheit der MA zu erhalten. Ich kenne etliche sehr
leistungsbereite Fachkräfte, die leider nicht gelernt haben, klug diese
wichtige Ressource selbst zu erhalten. Es erscheint nicht nur erforderlich,
immer wieder Grenzen selbst setzen zu müssen, sondern v.a. enttäuschend,
dass gerade den regelmäßig besonders Leistungsbereiten ein solches
„Grenzen setzen“ in dem Moment oft sehr zum Nachteil ausgelegt wird.

Halbwegs anerkannt sind Ausfälle(!) im Rahmen weniger Wochen im Jahr,
teilweise wird die „Aufopferung“ geradezu gelobt. Es gar nicht so weit
kommen zu lassen, sondern konstant auf hohem, aber noch gesundem
Niveau zu arbeiten, wird aber regelmäßig, mindestens im Unterton, als
reduzierte Leistungsbereitschaft umgedeutet. Freilich gibt es MA, die
recht geschickt mit vergleichsweise wenig Leistung, und ohne übermäßig
Groll auf sich zu ziehen, „durchkommen“. Den besonders Guten wird,
wenn sie ein wenig auch auf sich achten, aber unterstellt, sie würden
geradezu boshaft Leistung vorenthalten. Das Gegenteil ist der Fall -
die „Guten“ sind wahrlich „Leistungsträger“; diejenigen von ihnen, die klug
mit ihren Kräften umgehen, längerfristig tatsächlich sogar noch mehr als
die „Burnout-Kandidaten“! M.E. werden unterschiedliche Typen nach dem
gleichen Schema bewertet und zu steuern versucht, d.h. der loyale und
leistungsbereite genau so wie derjenige, der öfters mal ein wenig Druck
von außen benötigt. Das kann bei den Eigenmotivierten aber durchaus
unerfreuliche Folgen haben. Natürlich ist es nicht immer leicht, „in die
Leute reinzugucken“. Im Zweifel unterstellt man dann lieber Minderleistung?

Ich habe erlebt, dass selbst der fast zweimonatige Komplettausfall
eines Projektleiters, der zweifellos erheblichen Schaden bedeutet hat,
weit positiver gesehen wird, als die Ablehnung der Übernahme eines
dritten Projekts durch einen ganz offensichtlich bereits gut ausgelasteten
anderen Projektleiter. Jeglicher Hinweis darauf, dass die beiden Projekte
weiterhin höchste Aufmerksamkeit erfordern, und sachliche Gründe für
Beibehaltung der aktuellen Leitungskapazität, wurden als Ausrede gesehen
und auch keine Lösungsmöglichkeiten (wenigstens kurz) besprochen.
Sehr zur Frustration und Entmutigung des Betreffenden.
Ich sehe manchmal Parallelen zum „Peter-Prinzip“. Nicht Annäherung an
einen möglichst optimalen Ressourceneinsatz, sondern Überladung bis
zum Ausfall. Immerhin hat man keine Kapazitäten verschenkt! (oder?)

Mir geht es nun gar nicht mehr um Sinn oder Unsinn einer solchen
(in meinen Augen übermäßig kurzsichtigen, mglw. gar rücksichtslosen)
Unternehmens-„Kultur“.

Ich frage mich, ob es überhaupt andere Unternehmen(skulturen) gibt.
Arbeitsschutz war in der Vergangenheit oft ein Thema, das durch einen
gesetzlichen Rahmen durchgesetzt werden musste  :-/

was meint ihr
Hauke

OT: Auszeit
Huhu,

ich gebe zu, ich war so unhöflich, den Artikel gar nicht erst zu lesen, nachdem ich gesehen habe, wie lang der ist.

Ich will was ganz anderes sagen: Hattest du dich nicht mit dir selber drauf geeinigt, im Psychologie-Brett, weniger zu denken? Ich les hier deine Beiträge immer (also nicht nur deine, sondern alle, deine fallen mir da im Moment nur ins Auge) und ich bin schon immer vööööllig aus der Puste, wenn ich mir nur vorstelle, was den ganzen Tag in deinem Kopf abgehen muss. Das meine ich nun nicht als Beleidigung, dass du dir irgendwas irres ausmalst, versteh mich nicht falsch.
Einfach nur das du dir sooooo viele Gedanken machst, über Dinge, die dich scheinbar nur sekundär betreffen oder dich zwar direkt betreffen, du aber nicht ändern kannst. Du wirst die Welt nie komplett verstehen können. Und selbst wenn du sie wider Erwarten doch mal komplett verstehst, wirst du doch nichts an den Gegebenheiten ändern können. Du kannst lernen, wie dein Herz funktioniert bis ins letzte Detail und doch wirst du nie deinen Herzschlag direkt kontrollieren können.

Warum machst du dir diese Anstrengung? Musst du nicht unfassbar müde sein? (also darauf brauch ich keine Antwort, es sind eher Fragen, die du dir möglicherweise selber mal wieder ins Bewusstsein rufen kannst - falls da noch Platz ist). Damals dein Beitrag im Psychologiebrett klang ehrlich und interessiert und nicht nur theoretisch - doch keinen Bock auf laissez-faire im Kopf?

Alles nicht böse gemeint, du tust mir nur so leid (also auch das meine ich nicht als Beleidigung sondern wirklich ehrlich). Das muss furchtbar anstrengend sein!

Off Topic Ende
Entspannte Grüße
Lockenlicht

Huhu,

und vielen Dank für Deine sehr nette Antwort!

Grundsätzlich gebe ich Dir vollkommen recht!

Ich möchte aktiv werden, da wird nichts wenn ich nichts ändere.
Es passt in meinem aktuellen Job halt nicht (mehr). Vielleicht zu
viel mitbekommen, vielleicht hätte man irgendwann die Kurve
bekommen mithilfe „Laisser faire“, ja.

Aber es ist wie’s ist, ich will weg und es dann ein wenig besser
haben. Unsere Kultur hier ist nervig und übrigens die Fluktuation
wirklich recht hoch :-/

Es ist schwer, das objektiv zu erfassen, geschweige denn korrekt
darzustellen, aber irgendwann ist man soweit, dass es klar ist, man
muss was tun…

Insofern, ja, Du hast recht! Und mein Fortschritt ist (immerhin), dass
ich nicht (mehr) die Firma ändern will, sondern eine passendere
Firma für mich finden will :wink:

Danke nochmal! Und liebe Grüße
Hauke

Aber es ist wie’s ist, ich will weg und es dann ein wenig
besser
haben. Unsere Kultur hier ist nervig und übrigens die
Fluktuation
wirklich recht hoch :-/

Wo ist es besser? Interessiert mich auch.
PS: habe dein Erstpost nicht gelesen.

Gruß
Otto

leistungsbereite Fachkräfte, die leider nicht gelernt haben,
klug diese
wichtige Ressource selbst zu erhalten.

Hier triffst du den Nagel auf den Kopf. Die eigenen Kräfte erhalten ist immer die Aufgabe des Arbeitnehmers.
Damit will ich nicht aubeuterischen Arbeitsverhältnissen das Wort reden, aber in Deutschland geht viel Druck von Arbeitnehmern selber aus, und von der Konkurrenz, in die sie sich untereinander begeben.

Du kannst nur für dich entscheiden und aus dem Hamsterrad aussteigen. Was andere darüber denken, wirst du nie beeinflussen können, darum sollte es dir egal sein.
Gruß von Bixie

Danke Euch nochmal,

auch die noch folgenden Antworten / Kommentare fand ich hilfreich.
Manches muss man akzeptieren, anderes kann man selbst ändern.
Aus meinem aktuellen Job muss ich dennoch raus …
Wie sagt man so schön, „MA kommen wg. des Unternehmens und
gehen wg. des Vorgesetzten“

Viele Grüße,
Hauke